Urteil des LG Mönchengladbach vom 10.11.2006

LG Mönchengladbach: wohnung, mangel, beweisverfahren, geschäftsführer, inhaber, komplementär, verweigerung, ware, mitverschulden, lieferung

Landgericht Mönchengladbach, 3 O 228/04
Datum:
10.11.2006
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
3. Zivilkammer des Landgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 O 228/04
Normen:
§§ 473, 447 Nr. 3, 440, 280, 251 BGB
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.125,00 Euro nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
03.07.2004 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 75 % und die
Beklagte 25 % zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils
beizutreibenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte betreibt unter der Adresse , einen Fliesenhandel mit der Bezeichnung "".
Am 30.11.2002 und am 07.12.2002 erwarb der Kläger in diesem Geschäft glänzende
Bodenfliesen für seine etwa 80 qm große Wohnung . Die Fliesen waren zuvor auf den
Hinweis eines Mitarbeiters der Beklagten, dass bei verschiedenen Teillieferungen bzw.
abholungen die Fliesen möglicherweise unterschiedlich aussähen, als eine einheitliche
Charge vom Kläger bestellt und in den beiden Teillieferungen am 30.11. und 07.12. von
ihm abgeholt und bezahlt worden. Auf den Paketen, in denen sich die Fliesen befanden,
waren seitens des Herstellers folgende Hinweise aufgedruckt: ”Bitte aus mehreren
Paketen wechselnd verlegen” sowie "Die NUANCE und MASSHALTIGKEIT ist vor
Verlegung des Materials aus mehreren Kartons zu prüfen. Unsere Garantie beschränkt
sich auf den Ersatz des evtl. als fehlerhaft anerkannten Materials VOR DER
VERLEGUNG. Reklamationen über verlegtes Material werden nicht anerkannt."
1
In der Folge verlegte der Kläger die von der Beklagten gekauften Fliesen in seiner
gesamten Wohnung. Nach Verlegung rügte er gegenüber der "Fa. ” eine
unterschiedliche Glasur der gelieferten Fliesen, weil diese teils eine glänzende, teils
eine matte Oberfläche aufwiesen. Ein Mitarbeiter der Beklagten nahm die verlegten
Fliesen in Augenschein und äußerte gegenüber dem Kläger, dass sich die
Herstellerfirma mit ihm in Verbindung setzen werde. Nachdem weitere Reaktionen
seitens der Beklagten nicht erfolgten, leitete der Kläger gegen einen der Geschäftsführer
der Komplementär-GmbH der Beklagten, der ihm von einer Mitarbeiterin in den
Geschäftsräumen der "” als Inhaber benannt worden war, vor dem Amtsgericht Erkelenz
2
unter dem Aktenzeichen 14 H 12/03, ein selbständiges Beweisverfahren ein, in dessen
Verlauf der Sachverständige ein Gutachten erstattete.
Nunmehr nimmt er die Beklagte auf Ersatz der vom Sachverständigen festgestellten
Netto-Kosten für Ausbau der alten und Neuverlegung der neuen Fliesenfläche sowie auf
Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich der mit dem Ausräumen der Wohnung zur
Durchführung der Mangelbeseitigungsarbeiten verbundenen Kosten in Anspruch.
3
Der Kläger behauptet,
4
die Fliesen wiesen eine unterschiedliche Oberflächenstruktur auf und seien daher
mangelhaft. Er habe die Fliesen während des Verlegens dem Herstellerhinweis
entsprechend aus verschiedenen Paketen gemischt entnommen. Die Abweichungen in
der Glasur seien für ihn nicht erkennbar gewesen, weil die Fliesen, als er sie den
Paketen entnommen habe, verstaubt gewesen seien.
5
Der Kläger macht geltend, die Ergebnisse des selbständigen Beweisverfahrens
entfalteten schon wegen der ihm vorprozessual erteilten Auskünfte seitens der
Mitarbeiter der Beklagten Bindungswirkung zwischen den Parteien. Darüber hinaus
lasse der Umstand, dass Hinweise auf den wahren Inhaber der Beklagten weder auf
den ihm ausgehändigten Quittungen noch sonst im Laden zu erlangen seien, nur den
Schluss zu, dass die Beklagte es darauf anlege, sich etwaigen
Gewährleistungspflichten systematisch zu entziehen. Schon von daher sei er, wie der
Kläger meint, nicht verpflichtet, der Beklagten eine Frist zur Nachlieferung zu setzen.
Darüber hinaus sei aus dem gesamten vorprozessualen Verhalten der Beklagten
ersichtlich, dass diese zur Nachlieferung nicht bereit sei, so dass die Fristsetzung schon
deshalb entbehrlich sei.
6
Der Kläger beantragt,
7
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 11.961,13 EUR nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.04.2004 zu zahlen;
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger weiterhin die Kosten
zu erstatten, die dadurch entstehen, dass der Kläger zur Durchführung der
Neuverlegung des Fliesenbodens in seiner Wohnung die dort befindlichen Möbel
auslagern muss.
8
9
Die Beklagte beantragt,
10
die Klage abzuweisen.
11
Die Beklagte behauptet,
12
sie habe, sobald sie erstmals vom Mangel erfahren habe, sofort ihre Bereitschaft zur
Nachlieferung erklärt. Der Beklagte müsse sich ein erhebliches Mitverschulden
13
anrechnen lassen, welches im Ergebnis zum Ausschluss seines Anspruchs führe, weil
er zum einen die Fliesen nicht vor der Verlegung auf eine etwa vorhandene
Abweichung in der Oberfläche bzw. Farbabweichungen untersucht habe, und er zum
anderen die Fliesen beim Verlegen ganz offensichtlich - dies ergebe sich aus der
vorgefundenen Anordnung der Fliesen - nicht aus verschiedenen Paketen gemischt
habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der verlegten Fliesen,
Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und mündliche Anhörung
des Sachverständigen im Termin vom 22.09.2006. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme
wird auf Bl. 92 ff., 110 ff., 172 ff. d.A. Bezug genommen. Die Akten des Amtsgerichts
Erkelenz, Az. 14 H 12/03, lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen
Verhandlung.
14
Entscheidungsgründe:
15
Die zulässige Klage ist in Höhe von 3.125,00 Euro begründet, der Kläger kann in dieser
Höhe von der Beklagten Schadensersatz wegen mangelhafter Lieferung der Fliesen
gem. §§ 433, 447 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB verlangen.
16
Zwischen den Parteien ist unstreitig ein wirksamer Kaufvertrag hinsichtlich der in zwei
Chargen abgeholten Fliesen zustande gekommen.
17
Die von der Beklagten verkauften Fliesen sind mangelhaft, weil ihre Oberflächen,
insbesondere die Glasur, zu stark voneinander abweichen. Ein Mangel der gekauften
Sache liegt gem. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vor, wenn sie bei Gefahrübergang nicht die
vereinbarte Beschaffenheit hat. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers waren die
Fliesen in der Artikelbeschreibung mit "glänzend” bezeichnet, als solche wurden die
Fliesen von ihm auch bestellt und seitens der Beklagten geliefert. Tatsächlich aber
bestand nicht die gesamte von der Beklagten vorgenommene Lieferung aus
glänzenden, sondern nur in etwa zur Hälfte aus glänzenden, im übrigen aus matten
Fliesen. Dies konnte der Einzelrichter anlässlich der Inaugenscheinnahme der Fliesen
selbst feststellen und dies wurde auch seitens der Sachverständigen und bestätigt.
Etwas anderes ergibt sich nach Auffassung der Kammer auch nicht aus dem Umstand,
dass der Sachverständige ausgeführt hat, dass unterschiedliche Fliesenoberflächen bis
zu einem gewissen Grade produktionstechnisch bedingt, also letztlich nicht vermeidbar
sind. Denn die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich die vorgefundene
Abweichung nicht vermeiden ließ, obliegt nach Auffassung der Kammer der Beklagten.
Zwar ist es gem. § 363 BGB grundsätzlich Sache des Anspruchstellers nachzuweisen,
dass die gekaufte Sache mangelbehaftet war, indes kann diese Regel nach Auffassung
der Kammer dann nicht gelten, wenn wie im vorliegenden Fall zweifelhaft ist, ob ein
feststehender Mangel als solcher in der Produktion vermeidbar war. Hinsichtlich dieser
Frage, die das Vertretenmüssen des Verkäufers betrifft, trifft den Verkäufer die
Darlegungs- und Beweislast nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.
18
Der Kläger war nicht gehalten, der Beklagten eine Frist zur Nachlieferung gem. §§ 437
Nr., 440, 281 Abs. 2 BGB zu setzen. Zum einen hat die Beklagte die Nacherfüllung gem.
§ 440 BGB verweigert. Denn sie hat sich auf darauf berufen, dass der Kläger allenfalls
einen Minderwertausgleich verlangen könne, weil er durch ein unterlassenes Mischen
der Fliesen aus mehreren Paketen und das Unterlassen einer Prüfung der Fliesen vor
Verlegung den Mangel der Fliesenoberflächen selbst entscheidend verstärkt habe.
19
Wenn indes die Beklagte sich darauf beruft, dass der Kläger allein eine Minderung
verlangen könne, so liegt darin die Verweigerung der Nacherfüllung i.S.d. § 439 Abs. 3
BGB. Zum anderen liegt eine Verweigerung der Nacherfüllung auch in dem seitens der
Beklagten gestellten unbedingten Klageabweisungsantrag, aus dem sich die
Auffassung der Beklagten, nicht zur Nacherfüllung verpflichtet zu sein, zweifellos ergibt
(vgl. BGH NJW 1984, 1460 – zitiert nach juris). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus
dem Umstand, dass die Beklagte sich im weiteren Verlauf des Prozesses darauf berufen
hat, zur Nachbesserung bereit zu sein, denn insoweit ist sie an die einmal erklärte
Verweigerung gebunden, weil diese als gestaltende Willenserklärung unwiderruflich ist
(Palandt/Putzo, § 439, Rn. 16 m.w.N.).
Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs des Klägers ist zunächst nicht von den im
Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens seitens des Sachverständigen , sondern
von den im hiesigen Verfahren seitens des Sachverständigen geschätzten Kosten
auszugehen. Denn das im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eingeholte
Sachverständigengutachten bindet die Beklagte nicht, weil diese am selbständigen
Beweisverfahren nicht beteiligt war. Denn der vom Kläger gestellte Antrag auf Einleitung
des selbständigen Beweisverfahrens richtete sich gegen einen der Geschäftsführer der
Komplementär-GmbH der Beklagten, nicht also gegen die Beklagte selbst. Bei
Verschiedenheit der Parteien von selbständigem Beweisverfahren und sich
anschließendem Hauptsacheverfahren kommt jedoch eine Bindung des Beklagten an
die Ergebnisse des selbständigen Beweisverfahrens gem. § 493 Abs. 1 ZPO nicht in
Betracht (Zöller/Herget, § 493, Rn. 1). Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Beklagte
an die Ergebnisse des selbständigen Beweisverfahrens auch nicht wegen eines
vorangegangenen treuwidrigen Verhaltens gebunden. Abgesehen davon, dass
derartige Überlegungen allenfalls im Rahmen der Anwendung der Grundsätze über die
Beweisvereitelung gem. § 286 ZPO berücksichtigt werden könnten, liegt ein
treuwidriges Verhalten der Beklagten schon deshalb nicht vor, weil sie nicht
Antragsgegnerin im selbständigen Beweisverfahren war. Auch der Antragsgegner im
selbständigen Beweisverfahren hat sich nicht treuwidrig verhalten, weil er bereits mit
dem auf die Antragsschrift eingereichten Schriftsatz vom 21.07.2003 mitgeteilt hat, nicht
der Inhaber der Fa. zu sein. Dann hätte es dem Kläger oblegen, etwaigen Zweifeln an
der Identität seines Vertragspartners in geeigneter Weise, etwa durch Einholung einer
Gewerberegisterauskunft, nachzugehen.
20
Dies vorausgeschickt errechnet sich die Höhe des dem Kläger zustehenden Anspruchs
mit 3.125,00 Euro im einzelnen wie folgt:
21
Hinsichtlich der vom Sachverständigen angesetzten Kosten für die Beseitigung der in
die Wohnung eingebrachten Fliesen in Höhe von
1.680,00 Euro
der Berechnung BS. 4 des Gutachtens, Bl. 113 d.A.) ist die Beklagte zum Ersatz gem.
§§ 439, 280 BGB. Denn jedenfalls die vom BGH zu § 467 BGB a.F. entwickelten
Grundsätze zur Erfüllung der Rücknahmeverpflichtung des Verkäufers bei einer
vertragsgemäß eingebauten Ware (BGHZ 87, 104 "Dachziegelfall" – zitiert nach juris),
gelten nach unbestrittener Ansicht auch nach Inkrafttreten des
Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes fort (OLG Karlsruhe MDR 2005, 135 f.; OLG Köln
NJW-RR 2006, 677 f. – beide zitiert nach juris). Demnach hat der Verkäufer seine
Rücknahmeverpflichtung dort zu erfüllen, wo und in dem Zustand wie sich die verkaufte
Ware nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag befindet. Die
Rücknahmeverpflichtung erfüllt der Verkäufen mithin erst durch Ausbau der gelieferten
Ware. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, macht er sich schadensersatzpflichtig
22
(OLG Köln a.a.O.). Gleiches gilt für die seitens des Sachverständigen darüber hinaus
angesetzten Schuttentsorgungskosten in Höhe von
100,00 Euro
Der Kläger hat auch einen Anspruch auf den Ersatz der zur Anschaffung von
Ersatzfliesen erforderlichen Kosten. Diese wurden vom Sachverständigen – insoweit
von den Parteien unangegriffen – mit 15,00 Euro je qm, bei unstreitigen 80 qm somit mit
1.200,00 Euro
Kammer davon aus, dass aus einem Quadratmeter Fliesen (neun Fliesen mit den
Maßen 33 x 33 cm) etwa 9 m Sockelfliesen geschnitten werden können, so dass an
Material für die Sockel gem. § 287 ZPO geschätzt weitere
135,00 Euro
23
Soweit der Sachverständige im Rahmen seines Gutachtens darüber hinaus Kosten für
die Neuverlegung des Fliesenbelags angesetzt hat, sind diese aus Rechtsgründen nicht
erstattungsfähig. Denn soweit diese Ansprüche auf §§ 280, 281 BGB gestützt werden,
fehlt es am erforderlichen Verschulden der Beklagten. Denn diese ist, worauf sie zu
Recht hinweist, nicht verpflichtet, die Fliesen, die sie selbst vom Fliesenleger geliefert
bekommen hat, auf etwaige Abweichungen in Farbe oder Glasur zu untersuchen. Ein
etwaiges Verschulden im Rahmen der Herstellung bzw. Verpackung der Fliesen ist der
Beklagten nicht zuzurechnen. Insbesondere ist der Hersteller nicht Erfüllungsgehilfe der
Beklagten als Verkäuferin (vgl. Palandt/Heinrichs, § 278, Rn. 13 m.w.N.).
24
Auch aus dem Umstand, dass die Beklagte sich geweigert hat, ihre
Nachlieferungspflicht zu erfüllen, ist ihre Schadensersatzpflicht nicht begründet. Denn
insoweit ist die vom BGH im sog. "Dachziegelfall" (BGHZ 87, 104 – zitiert nach juris)
entwickelte Rechtsprechung entgegen der Auffassung des OLG Karlsruhe (MDR 2005,
135 f. – zitiert nach juris) nicht mehr anwendbar. Denn der Einbau der Fliesen gehört –
anders als die Rücknahmepflicht – nicht zum Pflichtenkreis des Verkäufers. Soweit der
BGH früher die Einbaukosten als frustrierte Aufwendungen im Rahmen einer weiten
Auslegung als Vertragskosten i.S.d. § 467 S. 1 BGB a.F. angesehen hat, ist diese
Vorschrift vom Gesetzgeber bewusst gestrichen worden, so dass diese Auffassung nach
Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes tatsächlich nicht mehr aufrecht
erhalten werden kann (so zu Recht OLG Köln NJW-RR 2006, 677 unter Verweis auf
BGH NJW 2005, 2848 – beide zitiert nach juris).
25
Aus diesem Grunde erweist sich auch der Feststellungsantrag des Klägers in der Sache
als unbegründet, weil die Kosten im Zusammenhang mit einer Auslagerung der Möbel
Kosten sind, die im Zusammenhang mit dem Einbau neuer Fliesen entstehen und als
solche nicht zu erstatten sind.
26
Der Anspruch des Klägers ist nicht gem. § 439 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, denn der
Ersatz seines Schadens ist nicht unverhältnismäßig. Zwar handelt es sich bei den
unterschiedlichen Glasurarten lediglich um einen optischen Mangel der Fliesen, der
überdies nicht in allen Räumen der Wohnung des Klägers sofort sichtbar zu Tage tritt.
Allerdings fallen die unterschiedlichen Glasuren gerade auch im Wohnbereich,
wenngleich abhängig vom Standort des Betrachters unmittelbar ins Auge. Vor diesem
Hintergrund kann nicht davon gesprochen werden, dass i.S.d. § 439 Abs. 3 S. 2 BGB
ohne erhebliche Nachteile auf eine andere Art der Nacherfüllung zurückgegriffen
werden kann. Die Neuherstellung der Fliesen ist die einzige Art der Mangelbeseitigung.
27
Soweit die Beklagte sich darauf beruft, der Kläger müsse sich ein Mitverschulden gem.
§ 254 BGB anrechnen lassen, greift dieser Einwand im Ergebnis nicht durch. Denn nach
28
§ 254 BGB anrechnen lassen, greift dieser Einwand im Ergebnis nicht durch. Denn nach
den Ausführungen des Sachverständigen ist es dem Verleger im Zuge der Arbeiten
nicht möglich, unterschiedliche Glasuren als solche zu erkennen. Dies ist für die
Kammer schon deswegen ohne weiteres nachvollziehbar, weil die unterschiedlichen
Oberflächen selbst bei den gereinigten Fliesen nur bei einem bestimmten
Lichteinfallswinkel ins Auge fallen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden,
dass dem Verleger eine unterschiedliche Glasur ins Auge fällt, zumal die Fliesen zu
diesem Zeitpunkt erfahrungsgemäß nicht gründlich gereinigt sind. Soweit die Beklagte
das fehlende Mischen der Fliesen aus unterschiedlichen Paketen durch den Kläger rügt,
wäre dies – ein unterlassenes Mischen unterstellt – für den Schaden nicht kausal
geworden, denn es hätte nach Auffassung der Kammer nicht zu einem wesentlich
besseren optischen Ergebnis geführt. Zwar hat der Sachverständige in diesem
Zusammenhang darauf verwiesen, dass die Oberfläche bei einem Mischen der Fliesen
eher die Wirkung eines gewünschten "lebhaften" Effekts gehabt hätte. Die
Abweichungen in den Fliesen sind aber nach Auffassung des Einzelrichters so groß,
dass der Effekt, wie der Sachverständige im Rahmen des selbständigen
Beweisverfahrens ausgeführt hat, eher den Eindruck einer gesprenkelten und unruhigen
Fläche ergeben hätte. Eine "lebhafte" Fläche war auch nicht Gegenstand des
Kaufvertrags zwischen den Parteien.
Die Mehrwertsteuer wird vom Kläger ausdrücklich nicht geltend gemacht, es ist also
davon auszugehen, dass der Kläger vorsteuerabzugsberechtigt ist.
29
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284, 286 BGB, wobei der Kläger allerdings nur
Rechtshängigkeitszinsen geltend machen kann. Insbesondere ist die Mahnung des
Klägers vom 23.03.04 nicht geeignet, einen Verzug der Beklagten herbeizuführen, weil
sie zwar an die Prozessbevollmächtigten der Beklagten gerichtet ist, die sich zu diesem
Zeitpunkt für die Beklagte aber noch nicht bestellt hatten, sondern allein für den
Geschäftsführer der Komplementär-GmbH tätig waren. Es kann daher nicht davon
ausgegangen werden, dass sie mit zur Empfangnahme von Erklärungen für die
Beklagte bevollmächtigt waren.
30
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
31
Streitwert: 12.361,13 Euro (Klageantrag zu 1: 11.861,13 Euro
Klageantrag zu 2): 500,00 Euro)
32