Urteil des LG Mönchengladbach vom 06.11.2007

LG Mönchengladbach: wiederbeschaffungswert, verkehrsunfall, ersatzfahrzeug, ersatzbeschaffung, verzug, vollstreckbarkeit, gutachter, haftpflichtversicherung, alter, datum

Landgericht Mönchengladbach, 5 S 47/07
Datum:
06.11.2007
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 S 47/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt, 11 C 495/06
Tenor:
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach auf die
mündliche Verhand-lung vom 25.9.2007 durch den Vizepräsidenten des
Landgerichts Jopen, die Richterin am Landgericht zum Bruch und den
Richter am Landgericht Fuchs
für R e c h t erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 27.3.2007 verkünde-te Urteil
des Amtsgerichts Mönchengladbach-Rheydt – 11 C 495/06 – unter
Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmit-tels teilweise
abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 994,14 Euro nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.7.2006
sowie weitere 87,29 Euro nicht anrechenba-rer Rechtsanwaltskosten
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem Basiszinssatz
seit dem 6.9.2006 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 63 %
und die Beklagte zu 37 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 24 % und die
Beklagte zu 76 %.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Berufungswert: Bis zum 1.8.2007: 1.488,14 Euro,
seit dem 2.8.2007: 1.124,14 Euro.
G r ü n d e :
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I.
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Der Kläger nimmt die beklagte Haftpflichtversicherung auf restlichen Schadensersatz
aus einem Verkehrsunfall vom 26.5.2006 in Anspruch, den er fiktiv auf Gutachtenbasis
geltend macht. Die volle Haftung der Beklagten für den Unfallschaden steht außer Streit.
Die Parteien streiten sich lediglich noch über die Höhe des Restwertes, die
Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteuer und die Schadenhöhe eines angeblich
beschädigten Handys.
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Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Restwertes hat es
ausgeführt, der Kläger müsse sich den Restwert aus dem von ihm vorgelegten
Gutachten in Höhe von 4.090,00 Euro inklusive Mehrwertsteuer anrechnen lassen. Es
sei nicht zu erklären, warum er das Fahrzeug nicht zu diesem Restwert verwertet habe.
Der Schaden des Handys sei nicht ermittelbar, da der Kläger das Alter nicht angegeben
habe.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er rügt, das Amtsgericht habe
seinen Vortrag erster Instanz, aus welchem Grunde der Restwert lediglich 3.900,00 Euro
betrage, unberücksichtigt gelassen. Es sei bereits in erster Instanz vorgetragen worden,
dass der Gutachter bei der Ermittlung des Restwertes versehentlich ein Automatik
betriebenes Fahrzeug berücksichtigt habe. Tatsächlich habe es sich bei dem Fahrzeug
des Klägers um ein Fahrzeug mit Gangschaltung gehandelt, für das er lediglich einen
Restwert in Höhe von 3.900,00 Euro erhalten habe.
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Der Kläger trägt mit der Berufung erstmals vor, dass er sich am 9.6.2006 ein
Ersatzfahrzeug für 12.500,00 Euro inklusive Mehrwertsteuer angeschafft habe. Ferner
trägt er mit der Berufung erstmals vor, dass sich das Handy im Fahrzeug befunden habe.
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Der Kläger hat zunächst angekündigt zu beantragen,
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das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn
1.488,14 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 27.7.2006 sowie weitere 122,85 Euro nicht
anrechenbarer Kosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 6.9.2006 zu zahlen.
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Mit Schriftsatz vom 31.7.2007, bei Gericht eingegangen am 2.8.2007, hat der Kläger die
Berufung in Höhe von 364,00 Euro zurückgenommen.
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Er beantragt nunmehr,
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das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn
1.124,14 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 27.7.2006 sowie weiterer 122,85 Euro nicht
anrechenbarer Kosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 6.9.2006 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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II.
14
Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
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Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem Verkehrsunfall vom 26.5.2006 aus § 3
Nr. 1 PflVG ein restlicher Schadensersatzanspruch in Höhe von 994,14 Euro zu.
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Er berechnet sich wie folgt:
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Wiederbeschaffungswert 10.500,00 Euro
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./. Restwert 3.980,00 Euro
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Gutachterkosten 629,09 Euro
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Kostenpauschale 25,00 Euro
21
Handy 50,00 Euro
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Nutzungsausfall 602,00 Euro
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Gesamtschaden 7.826,09 Euro
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./. Zahlungen 6.831,95 Euro
25
Restschaden 994,14 Euro
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Im Berufungsverfahren streiten sich die Parteien lediglich noch über die
Erstattungsfähigkeit der Umsatzsteuer und die Erstattungsfähigkeit eines angeblich
beschädigten Handys. Die Frage, in welcher Höhe Nutzungsausfall zu erstatten ist, hat
sich erledigt, da der Kläger die Berufung insoweit teilweise, nämlich in Höhe der
streitigen Nutzungsausfalldifferenz von 364,00 Euro, zurückgenommen hat. Ebenso
steht die Höhe des Restwertes nicht mehr in Streit, da die Parteien in der Sitzung vom
25.9.2007 den Restwert dergestalt unstreitig gestellt haben, dass er inklusive
Mehrwertsteuer 3.980,00 Euro beträgt.
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1. Mehrwertsteuer:
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Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 9.5.2006 – VI ZR 225/05 – Juris) kann
der Geschädigte die im Wiederbeschaffungswert enthaltene Mehrwertsteuer nur dann
verlangen, wenn Mehrwertsteuer bei der Ersatzbeschaffung konkret angefallen ist. Das
wird vom Kläger in zweiter Instanz durch Vorlage eines Kaufvertrages vom 16.6.2006
erstmals vorgetragen. Dieser Vortrag ist zwar neu, da in erster Instanz von einer
Ersatzbeschaffung nicht die Rede war. Jedoch ist dieser neue Vortrag unabhängig von
den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da er unstreitig ist (BGH, Urteil
vom 13.7.2005 – IV ZR 47/04 – Juris). Die Beklagte hat in zweiter Instanz nicht
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bestritten, dass der Kläger ein Ersatzfahrzeug beschafft hat. Demnach ist die im
Wiederbeschaffungswert enthaltene Umsatzsteuer in Höhe von 884,14 Euro von der
Beklagten zu erstatten.
2. Handykosten:
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Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung restlicher Handykosten in Höhe von
50,00 Euro. Die Beklagte hat in erster Instanz mit Schriftsatz vom 27.2.2007 bestritten,
dass das Handy im Fahrzeug gewesen ist. Trotz Schriftsatzfrist für den Kläger im Termin
vom 6.3.2007 hat er dazu nicht mehr Stellung genommen. Soweit er in zweiter Instanz
erstmals vorträgt, seine Ehefrau habe das Handy am Vorabend des Unfalls im Fahrzeug
zurückzulassen, so ist dieser – auch in zweiter Instanz bestrittene – Vortrag neu und
nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO für die Zulassung
neuen Vorbringens in 2. Instanz nicht vorliegen. Dementsprechend kann der Kläger
über die von der Beklagten zuerkannten 50,00 Euro hinaus keinen weiteren Ersatz für
das Handy verlangen.
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3. Nebenforderungen:
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Der Kläger kann aus Verzug den Ersatz der nichtanrechenbaren außergerichtlichen
Rechtsanwaltsgebühren verlangen, die sich bei einem Streitwert von 994,14 Euro auf
87,29 Euro (0,65 Geschäftsgebühr in Höhe von 55,25 Euro zuzüglich
Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 Euro zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer in Höhe
von 12,04 Euro) belaufen.
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Der Zinsanspruch ist aus §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB gerechtfertigt.
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III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711,
713 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassenen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist weder zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung noch zur Fortbildung des Rechts erforderlich.
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Jopen zum Bruch Fuchs
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