Urteil des LG Mönchengladbach vom 21.09.2005

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Landgericht Mönchengladbach, 4 S 184/04
Datum:
21.09.2005
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
4. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 S 184/04
Schlagworte:
Auslegung; Garantie
Normen:
§§ 133; 157; 444 BGB
Leitsätze:
Erklärt ein Verkäufer ausdrücklich, keine Garantie übernehmen zu
wollen, können zugleich gemachte Angaben über den Zustand der
Kaufsache nicht als Garantie ausgelegt werden.
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 02.12.2004 verkündete
Urteil des Amtsgerichts Erkelenz (Az.: ..........) abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des
Berufungsverfahrens, trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
(Ohne Darlegung der tatsächlichen Feststellungen gemäß §§ 540 Abs.2, 313a Abs.1
ZPO)
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Die Berufung ist zulässig und begründet.
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Der Beklagte haftet nicht aus den kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln, weil die
Parteien diese wirksam abbedungen haben (§ 444 BGB). Eine Garantieerklärung im
Sinne dieser Vorschrift liegt nicht vor.
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Die Parteien haben den Kaufvertrag bereits durch Betätigung der entsprechenden
Befehle im e-bay Interface geschlossen. Grundlage ist demnach der Anzeigentext,
wonach eine Gewährleistungshaftung ausgeschlossen ist, was gemäß § 444 BGB ohne
Weiteres möglich ist. Die Garantie im Sinne des § 444 BGB entspricht dem Begriff der
zugesicherten Eigenschaft im § 463 BGB a.F. (Palandt-Putzo, 64. Auflage, § 444 Rn.
12). Es muss sich demnach um eine Erklärung handeln, die bei Auslegung anhand
eines objektiven Empfängerhorizontes den Willen des Verkäufers erkennen lässt, für
das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft die Gewähr zu übernehmen und für
die Folgen ihres Fehlens verschuldensunabhängig einzustehen. Für eine Auslegung in
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diesem Sinne spricht die Bedeutung der fraglichen Eigenschaft. Der Beklagte wollte
(unstreitig) das Fahrzeug "zum fahren" erwerben, so dass die Eigenschaft "fahrbereit" im
Sinne von verkehrssicher und zulassungsfähig von großer Bedeutung für die
Kaufentscheidung des Klägers war. Entscheidend gegen die Auslegung als Garantie
sprechen jedoch mehrere andere Umstände. Zunächst ist festzuhalten, dass der
fragliche Begriff in dem schriftlichen Vertrag nicht aufgenommen worden ist, während
sich eine ausdrückliche Erklärung zur Unfallfreiheit dort wiederfindet. Wäre also aus
Sicht der Vertragsparteien die Frage der Fahrbereitschaft von elementarer Bedeutung
gewesen, wäre es nahliegender gewesen, auch dies in den nachträglich erstellten
Vertrag aufzunehmen. Ebenfalls zu bedenken ist, dass der Beklagte kein gewerblicher
Verkäufer ist. Bei einem privaten Verkäufer liegt die Annahme einer Garantie gerade
nicht nahe, schon weil regelmäßig nicht zu erwarten ist, dass der private Verkäufer
fachmännische Kenntnisse über den Zustand eines gebrauchten Fahrzeuges haben
müsste. Dies gilt hier umso mehr, als es sich um ein "exotisches" Fahrzeug handelt,
nämlich Nachbauten deutscher Modelle aus den 30er Jahren aus der ehemaligen
Sowjetunion. Es liegt bei einem solchen Fahrzeug erst Recht nicht nahe, fachliche
Kenntnisse über den technischen Zustand zu erwarten. Entscheidend gegen eine
Auslegung als Garantie spricht jedoch der Text der Anzeige. Dort heißt es wörtlich: "wird
von Privat verkauft also lt. Gesetz ohne jegliche Garantien und Gewährleistungen".
Damit hat der Beklagte ausdrücklich erklärt, gerade keine Garantie erklären zu wollen.
Damit ist zum Ausdruck gebracht, dass der Beklagte eben gerade nicht die Gewähr für
einen bestimmten Zustand des Fahrzeuges im Sinne einer Garantie übernehmen wollte.
Dieser Wille ist klar und ausdrücklich zum Ausdruck gebracht worden und schließt eine
genau gegenteilige Auslegung aus (BGH, NJW 1992, 170). Die vorgenannte
Entscheidung des Bundesgerichtshofes betrifft zwar eine andere Formulierung, bringt
aber hinreichend klar zum Ausdruck, dass eindeutige Erklärungen nicht in genau
entgegen gesetzter Weise ausgelegt werden können. Äußerste Grenze für jede
Auslegung ist der mögliche Wortsinn. Die ausdrückliche Erklärung, keine Garantie
übernehmen zu wollen, kann daher nicht dahingehend ausgelegt werden, doch eine
Garantie übernehmen zu wollen.
Gleiches gilt hinsichtlich der Frage der Laufleistung. Auch hier fehlt es an der
erforderlichen Garantieerklärung. Auch im späteren schriftlichen Kaufvertrag findet sich
hierzu nichts, da es dort ausdrücklich heißt "Anzeige d. gef. Km". Diese Angabe bezieht
sich demnach ausdrücklich auf die unstreitige Tachoanzeige.
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Soweit der Kläger in erster Instanz vorgetragen hat, der Beklagte habe ihm telefonisch
"garantiert" bzw. "zugesichert", dass das Fahrzeug fahrbereit sei, ist dieser Vortrag
mangels näherer Substantiierung einer Beweisaufnahme nicht zugänglich. Zudem
wären dies Erklärungen nach Vertragsschluss, weil der Vertrag bereits durch Annahme
des Angebots per Internet geschlossen worden war.
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Für ein arglistiges Verhalten des Beklagten ist nichts erkennbar.
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Soweit der Kläger sich auf mangelnde Unfallfreiheit berufen hat, kann dahin stehen, ob
die Erklärung des Beklagten als Garantie anzusehen ist. Ein Vorunfall ist nicht
bewiesen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10 analog, 713 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.750 €.
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