Urteil des LG Mönchengladbach vom 05.10.2005

LG Mönchengladbach: drittschuldner, gebühr, zahlungsverbot, zustellung, zwangsvollstreckungsverfahren, anschrift, auflage, einheit, vollstreckungstitel, datum

Landgericht Mönchengladbach, 5 T 366/05
Datum:
05.10.2005
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 T 366/05
Schlagworte:
Erinnerung des Drittschuldners, Maßnahme des
Gerichtsvollziehers, Voll-streckungsgebühr, eine Angelegenheit,
Normen:
RVG § 18, VV RVG 3309, VV RVG 3500
Leitsätze:
1. In Übereinstimmung mit der Rechtslage nach der BRAGO sind auch
nach dem RVG Vollstreckungsverfahren und Erinnerungsverfahren eine
Angelegenheit.
2. Der Drittschuldner, dem im Erinnerungsverfahren die Kosten auferlegt
worden sind, hat dem Gläubiger nur die durch das Erinnerungsverfahren
entstandenen Mehrkosten auf der Grundlage von Nr. 3500 VV RVG zu
erstatten.
Tenor:
Unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags des Gläubigers vom
14.03.2005 und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels
wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16.06.2005 teilweise
abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Mönchengladbach-Rheydt
vom 04.03.2005 sind von dem Drittschuldner an Kosten 94,10 € (in
Buchstaben: vierundneunzig 10/100) nebst 5 Prozentpunkte über dem
Basiszinssatz Jah-reszinsen seit dem 19.03.2005 an den Gläubiger zu
erstatten.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Gläubiger 57%
und der Drittschuldner 43% zu tragen.
Beschwerdewert: 219,24 €
I.
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Auf Antrag des Gläubigers wurde dem Drittschuldner am 13.10.2004 durch den
Obergerichtsvollzieher B. ein vorläufiges Zahlungsverbot unter der nicht mehr aktuellen
Anschrift M........... zugestellt. Nachdem der Drittschuldner hiergegen Erinnerung gem. §
766 ZPO wegen der unzutreffenden Anschrift eingelegt hatte, erklärte der Gläubiger, aus
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dem Zahlungsverbot keine Rechte mehr herleiten zu wollen. Mit Beschluss vom
04.03.2005 hat das Amtsgericht (Richter) die Erinnerung des Drittschuldners auf dessen
Kosten zurückgewiesen, weil dem Drittschuldner wegen der Erklärung des Gläubigers,
aus dem Zahlungsverbot keine Rechte mehr herleiten zu wollen, das
Rechtsschutzbedürfnis fehle. Mit weiterem Beschluss vom 16.06.2005 hat das
Amtsgericht (Rechtspfleger) die vom Drittschuldner an den Gläubiger zu erstattenden
Kosten in Höhe von 219,24 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
Jahreszinsen seit dem 19.03.2004 festgesetzt. Dagegen wendet sich der Drittschuldner
mit der sofortigen Beschwerde. Er macht geltend, dass der Beschluss vom 04.03.2005
keine Titulierung eines Kostenerstattungsanspruches des Gläubigers enthalte.
Außerdem stehe dem Gläubiger die 0,5-Gebühr gem. Nr. 3500 VV RVG nicht zu, weil
der Gläubiger neben der Vollstreckungsgebühr für das Erinnerungsverfahren keine
besondere Gebühr geltend machen könne. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht
abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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Die Beschwerde ist zulässig und hat teilweise in der Sache Erfolg.
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Die Auffassung des Drittschuldners, dem Beschluss vom 04.03.2005 könne nicht
entnommen werden, dass der Drittschuldner die Kosten des Gläubigers zu tragen habe,
trifft nicht zu. Mit der Tenorierung "Die Erinnerung des Drittschuldners wird auf dessen
Kosten zurückgewiesen" und dem Hinweis auf § 91 ZPO in den Gründen hat das
Amtsgericht eine Kostengrundentscheidung zu Lasten des Drittschuldners getroffen, die
nur dahin verstanden werden kann, dass der Drittschuldner als im Erinnerungsverfahren
unterlegene Partei die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten hat, soweit sie zur
zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren. Dies folgt unmittelbar aus
§ 91 ZPO.
5
Mit dieser Kostenentscheidung ist jedoch noch nicht gesagt, welche Kosten der
Drittschuldner dem Gläubiger zu erstatten hat. Diese Entscheidung ist dem
Kostenfestsetzungsverfahren vorbehalten. Nur dieser Kostenfestsetzungsbeschluss auf
der Basis der Kostengrundentscheidung im Beschluss vom 04.03.2005 bildet den
Vollstreckungstitel für die im Erinnerungsverfahren entstandenen Kosten.
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Insofern rügt der Drittschuldner zu Recht, dass der Gläubiger eine 0,5-Gebühr geltend
macht, Rechtsgrundlage ist gleichwohl die vom Gläubigervertreter genannte
Bestimmung Nr. 3500 VV RVG . Während nach der alten Rechtslage bis zum
30.06.2004 der Rechtsanwalt gem. § 61 BRAGO nur im Verfahren über die Erinnerung
gegen die Kostenfestsetzung und gegen den Kostenansatz eine 5/10-Gebühr geltend
machen konnte und seine Tätigkeit in den übrigen Erinnerungsverfahren von der 0,3-
Gebühr des § 57 Abs. 1 BRAGO abgegolten wurde (Zöller, ZPO, 24. Auflage, § 766
Rdn. 39; Landgericht Berlin, JurBüro 1986, 885; Landgericht Tübingen, Rpfleger 1984,
478), erfasst die für Erinnerungsverfahren nunmehr maßgebliche Bestimmung der Nr.
3500 VV RVG alle Arten der Erinnerung, z.B. auch solche nach 766 ZPO (vgl.
Gesetzesmotive zu VV 3500 zit. nach Gerold/ Schmidt/ v.Eicken/Madert/Müller-Rabe,
RVG, 16. Aufl., 3309 VV Rdn. 68). Der Gläubigervertreter kann seiner
Kostenberechnung im Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO also die Vorschrift Nr.
3500 VV RVG zugrunde legen.
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Es ist allerdings zu beachten, dass die Maßnahme des Gerichtsvollziehers (hier
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Zustellung des vorläufigen Zahlungsverbots) und das Erinnerungsverfahren gem. § 18
Nr. 3 RVG als eine Angelegenheit anzusehen ist. Die Bestimmung des § 18 Nr. RVG für
Erinnerungen als besondere Angelegenheit ist nicht einschlägig, weil sich diese
Vorschrift nur auf Erinnerungen gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers bezieht,
während hier der Drittschuldner sich gegen eine Maßnahme des Gerichtsvollziehers
gewendet hat. Die angegriffene Vollstreckungsmaßnahme und das
Erinnerungsverfahren bilden also eine Einheit. Dies war im Rahmen von § 766 ZPO zur
BRAGO einhellige Auffassung und daran hat sich im RVG nichts geändert. (Gerold/
Schmidt u.a. 3309 VV Rdn. 76 und 69 m.w.N.). Die ursprüngliche Gebühr für das
Zwangsvollstreckungsverfahren gem. Nr. 3309 VV RVG in Höhe von 3/10 wurde also
nach der neuen Gesetzeslage durch das Erinnerungsverfahren auf 5/10 gem. Nr. 3500
VV RVG erhöht. Nur mit diesen im Erinnerungsverfahren entstandenen Mehrkosten
kann der Drittschuldner belastet werden. Denn die Gebühr für das
Zwangsvollstreckungsverfahren gem. Nr. 3309 VV in Höhe von 3/10 hatte der
Verfahrensbevollmächtigte bereits mit dem Antrag auf Zustellung des vorläufigen
Zahlungsverbotes verdient, für die der Schuldner gem. § 788 ZPO einzustehen hat. Dem
Gläubiger steht deshalb gegen den Drittschuldner lediglich die durch das
Erinnerungsverfahren entstandene 2/10-Erhöhungsgebühr nach dem unstreitigen
Gegenstandswert von 5.500 € zu.
Die vom Drittschuldner dem Gläubiger zu erstattenden Kosten berechnen sich danach
wie folgt:
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0,2 anteilige Verfahrensgebühr gem. Nr. 3500 VV RVG 67,60 €
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20% Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 13,42 €
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Zwischensumme 81,12 €
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16% Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG 12,98 €
13
Summe 94,10 €
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
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Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht keine Veranlassung, da die
Voraussetzungen gem. § 574 ZPO nicht vorliegen.
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