Urteil des LG Mönchengladbach vom 10.01.2006

LG Mönchengladbach: sicherungsabtretung, teilkaskoversicherung, vollkaskoversicherung, sicherheit, rückstufung, alter, beweislast, kreditkarte, berechtigung, form

Landgericht Mönchengladbach, 5 S 127/04
Datum:
10.01.2006
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 S 127/04
Tenor:
Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin wird
das Urteil des Amtsgerichts Viersen vom 17.11.2004, Geschäftszeichen
2 C 214/04, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 248,61 € nebst Zinsen
hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB
seit dem 22.05.2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 75 % und die
Beklagte zu 25 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Berufungswert: 983,28 €.
I.
1
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht auf Zahlung restlicher
Mietwagenkosten aufgrund eines Schadensereignisses vom 14.12.2003 in Schwalmtal-
Waldniel in Anspruch. Die alleinige Haftung der Versicherungsnehmerin der Beklagten
ist zwischen den Parteien unstreitig.
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Die Geschädigte mietete in der Zeit vom 16.12.2003 bis 29.12.2003 bei der Klägerin
einen Mietwagen an. Grundlage ist ein Formularmietvertrag. Angemietet wurde ein
Peugeot 307. Beschädigt war ein Peugeot 205 Cabrio. Für die Mietdauer stellte die
Klägerin der Geschädigten unter dem 29.12.2003 insgesamt 2.803,71 € in Rechnung.
Der Betrag setzt sich zusammen aus dem Mietzins für 15 Tage in Höhe von 1.935,21 €
netto. Dabei wurde ein Unfallersatztarif nach den AVIS. -Tabellen von 129,01 € pro Tag
zugrunde gelegt. Darüber hinaus sind der Abschluss einer Vollkaskoversicherung in
Höhe von 369,72 € netto sowie eine Haftungsreduzierung in Form einer
Teilkaskoversicherung in Höhe von 112,06 € netto berücksichtigt. Die Rechnung war
zahlbar bis zum 22.01.04. Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die tatsächlichen
Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
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Die Beklagte hat die Mietwagenkosten bis auf einen Betrag von 983,28 € gezahlt.
Dieser Restbetrag wird mit vorliegender Klage geltend gemacht. Die Beklagte rügt die
Aktivlegitimation der Klägerin. Sie macht geltend, dass die Abtretung gegen das
Rechtsberatungsgesetz verstoße. Die Beklagte rügt weiter, dass der Unfallwagen
aufgrund seines Alters und der Gebrauchsspuren in die Fahrzeugklasse 4 einzustufen
sei. Darüber hinaus seien ersparte Eigenkosten in Abzug zu bringen. Aus diesem
Grunde hätte nur ein klassenniedrigeres Fahrzeug angemietet werden dürfen. Dies
entspreche Klasse 3 bzw. C. Aber auch bei Einordnung des Fahrzeuges in Klasse 4
wäre die Anmietung zu einem günstigeren Tarif möglich gewesen. Vergleichbare
Angebote schwankten zwischen 1.304,00 € und 1.606,11 € brutto.
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Das Amtsgericht Viersen hat durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen. Das
Amtsgericht hat bereits eine Aktivlegitimation der Klägerin verneint. Die Abtretung sei
wegen Verstoß gegen § 134 BGB i.V.m. § 1 Rechtsberatungsgesetz nichtig. Die
Klägerin nutze die Sicherungsabtretung dazu, streitige und möglicherweise überhöhte
Forderungen allein im eigenen Interesse durchzusetzen. Eine Mahnung der
Geschädigten sei nur pauschal vorgetragen. Soweit sie hierzu eine Zeugin benannt
habe, sei dieser Beweisantritt mangels ausreichenden tatsächlichen Grundlagen
unzulässig.
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Im Übrigen sei auch die Berechtigung der Mietwagenrechnung nicht gegeben. Es sei
bereits nicht ausreichend vorgetragen, dass die Geschädigte über verschiedene Tarife
aufgeklärt worden sei. Auch sei die Rechnung nicht nachprüfbar. Auch die Einstufung
des unfallgeschädigten Fahrzeugs sei nicht nachvollziehbar. Dies betreffe auch die
Eigenbeteiligung. Insgesamt sei daher die Forderung nicht nachvollziehbar.
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Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlich gestellten Klageantrag in
vollem Umfang weiter. Sie macht geltend, ein Verstoß gegen das
Rechtsberatungsgesetz liege nicht vor. Auch sei die Berechtigung des
Unfallersatztarifes gegeben.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Viersen vom 17.11.2004 – 2 C 214/04
die Beklagte zu verurteilen, an sie 983,28 € zu zahlen nebst 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz der EZB seit dem 22.05.2004.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Auf Aufforderung der Kammer hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die
Mahnschreiben vom 22.01. und 10.02.2004 vorgelegt.
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Bezüglich des Unfallersatztarifes behauptet die Beklagte in der Berufungsinstanz
erstmalig, dass folgende Umstände einen höheren Preis rechtfertigten:
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1. saisonale Schwankungen
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2. erhöhte Anforderung an Verwaltung des Unternehmens
15
3. Deckung zusätzlichen Bedarfs durch Werbemaßnahmen nicht möglich
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4. Betrugsrisiko
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5. zeitliche Verzögerung bei der Bezahlung
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6. Einsatz für Urlaubsreisen u.ä.
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7. unbegrenzte Kilometer.
20
II.
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Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
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Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht gemäß §§ 7 Abs. 1
StVG, 3 Nr. 1 PflVersG ein Anspruch auf Zahlung von 248,61 € zu. Im einzelnen:
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(1) Aktivlegitimation der Klägerin
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Die Klägerin ist aufgrund der am 16.12.2003 von der Geschädigten F. erklärten
Sicherungsabtretung aktivlegitimiert. Die Abtretung ist nicht wegen Verstoßes gegen ein
gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (NJW 2005, 135) bedarf der
Inhaber eines Mietwagenunternehmens, der es geschäftsmäßig übernimmt, für
unfallgeschädigte Kunden die Schadensregulierung durchzuführen, der Erlaubnis nach
Artikel 1, § 1 Abs. 1 RBerG, und zwar auch dann, wenn er sich die
Schadensersatzforderungen erfüllungshalber abtreten lässt und die eingezogenen
Beträge auf seine Forderungen an die Kunden verrechnet. Die Ausnahmevorschrift des
Art. 1, § 5 Nr. 1 RBerG kommt ihm nicht zugute.
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Bei der Beurteilung, ob die Abtretung den Weg einer erlaubnispflichtigen Besorgung
von Rechtsangelegenheiten eröffnen soll, ist nicht allein auf den Wortlaut der
getroffenen vertraglichen Vereinbarung, sondern auf die gesamten zugrundeliegenden
Umstände und ihren wirtschaftlichen Zusammenhang abzustellen, also auf eine
wirtschaftliche Betrachtung, die es vermeidet, dass Artikel 1, § 1 RBerG durch formale
Anpassung der geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung an den Gesetzeswortlaut und die
hierzu entwickelte Rechtsgrundsätze umgangen wird. Deshalb kommt es darauf an, wie
sämtliche Teilstücke der getroffenen Vereinbarung wirtschaftlich ineinander greifen, ob
sie sich wirtschaftlich als Teilstücke eines Verfahrens zur Entlastung des Geschädigten
von der Schadensabwicklung einschließlich der Besorgung damit verbundener
rechtlicher Angelegenheiten darstellen; insbesondere ist von maßgeblicher Bedeutung,
in welcher Eigenschaft und in welchem Verhältnis zueinander die Beteiligten an der
Geltendmachung der Schadensersatzansprüche mitwirken sollen. Geht es dem
Mietwagenunternehmen im Wesentlichen darum, die durch die Abtretung eingeräumte
Sicherheit zu verwirklichen, so besorgt es keine Rechtsangelegenheit des geschädigten
Kunden, sondern eine eigene Angelegenheit. Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, wenn
nach der Geschäftspraxis des Mietwagenunternehmens die
Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten Kunden eingezogen werden, bevor
diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen werden. Denn damit werden den
Geschädigten Rechtsangelegenheiten abgenommen, um die sie sich eigentlich selbst
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Geschädigten Rechtsangelegenheiten abgenommen, um die sie sich eigentlich selbst
zu kümmern hätten. Nach Maßgabe dieser Grundsätze verstößt die erfolgte Abtretung
nicht gegen § 134 BGB in Verbindung mit Art. 1, § 1 RBerG. Es ist nicht feststellbar,
dass der Geschädigten ein Teil der Schadensregulierung abgenommen werden sollte.
Dafür spricht zunächst die Abtretungserklärung selbst. Diese ist als
Sicherungsabtretung überschrieben. Die Abtretung soll nach der Vereinbarung der
Beteiligten an die Stelle der sonst üblichen Mietvorauszahlung treten. Abgetreten
werden auch nur Ansprüche auf Ersatz von Mietwagenkosten gegen den Schädiger und
seine Haftpflichtversicherung bis zur Höhe der Forderung der Klägerin. Weiter ist
festgehalten, dass die Geschädigte sich unabhängig von dieser Sicherungsabtretung
selbst um die Schadensregulierung kümmern muss und diese anzeigen muss. Auch ist
vereinbart, dass eine Verpflichtung zur Zahlung der Mietwagenrechnung von dieser
Abtretung nicht berührt wird und die Klägerin die Forderung jederzeit gegen die Mieterin
nach den Bestimmungen des Mietvertrages geltend machen kann. Diese vertragliche
Vereinbarung spricht gegen die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne
einer teilweisen Regulierung des Schadens durch den Autovermieter.
Gleiches gilt für die Handhabung der Sicherungsabtretung. Grundsätzlich kann auch
aus der späteren Vorgehensweise des Autovermieters auf den Sinn und Zweck der
Vereinbarung geschlossen werden. Hierzu hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass
eine unerlaubte Rechtsberatung vorliege, wenn nach der Geschäftspraxis der
Mietwagenunternehmen die Schadensersatzforderungen der unfallgeschädigten
Kunden eingezogen werden, bevor diese selbst auf Zahlung in Anspruch genommen
werden. Die Klägerin hat - nach § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO prozessual zulässig , da das
Amtsgericht entgegen seiner Hinweispflicht aus § 139 Abs. 1 ZPO diese nicht
angefordert hat - in der Berufungsinstanz die Mahnschreiben vorgelegt. Aus diesen
Schreiben ergibt sich eine ernsthafte Mahnung der Geschädigten durch die Klägerin vor
Inanspruchnahme der Beklagten.
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(2) Höhe des Unfallersatztarifes
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Der Höhe nach kann die Klägerin die nach dem Unfallersatztarif in Rechnung gestellten
Mietwagenkosten nur teilweise ersetzt verlangen.
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Der Bundesgerichtshof (BGH, NJW 2005, 1043; NJW 2005, 1041; NJW 2005, 135;
NJW 2005, 51) geht bei der Frage der Ersatzfähigkeit des sog. Unfallersatztarifes in jetzt
gefestigter Rechtsprechung von folgenden Grundsätzen aus: Mietwagenkosten gehören
regelmäßig zu den Kosten der Schadensbehebung im Sinne des § 249 Abs. 1, Abs. 2 S.
1 BGB. Zur Herstellung erforderlich sind nur die Aufwendungen, die ein verständiger,
wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und
notwendig halten darf. Der Geschädigte hat zwar unter dem Gesichtspunkt der
Geringhaltung des Schadens im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren ihm
möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen. Im
Allgemeinen ist aber davon auszugehen, dass der Geschädigte nicht allein deshalb
gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung verstößt, weil er ein Kraftfahrzeug zu
einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem Normaltarif teurer ist, solange
dies dem Geschädigten nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Dieser Grundsatz kann
jedoch keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen in Fällen, in denen sich ein
besonderer Tarif für Ersatzmietwagen nach Unfällen entwickelt hat, der nicht mehr
maßgeblich von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Insoweit kann aus
schadensrechtlicher Sicht der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag nicht ohne
Weiteres mit einem solchen Unfallersatztarif gleichgesetzt werden. Nach der
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Rechtsprechung des BGH sind die nach einem sogenannten Unfallersatztarif
geschuldeten Kosten grundsätzlich nur insoweit zu ersetzen, falls sie tatsächlich zur
Herstellung des Zustandes erforderlich sind, der ohne die Schädigung bestehen würde.
Deshalb kommt es darauf an, ob und inwieweit der geltend gemachte Unfallersatztarif
nach seiner Struktur als erforderlicher Aufwand zur Schadensbeseitigung angesehen
werden kann. Dies kann nur insoweit der Fall sein, als die Besonderheiten dieses
Tarifes mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines
Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am
Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen und ähnliches)
einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis aus betriebswirtschaftlicher Sicht
rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere
Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB
erforderlich sind.
Anknüpfungspunkt für diese Prüfung kann nur ein "Normaltarif" sein, also regelmäßig
ein Tarif, der für Selbstzahler Anwendung findet und daher unter marktwirtschaftlichen
Gesichtspunkten gebildet wird. Eine Erhöhung des sich bei Anknüpfung an den
Normaltarif ergebenden Betrag ist nur gerechtfertigt, soweit sie nach den vorstehenden
Ausführungen unfallbedingt ist. Inwieweit dies der Fall ist, hat der Tatrichter aufgrund
des Vortrags des Geschädigten – gegebenenfalls nach Beratung durch einen
Sachverständigen – gemäß § 287 Abs. 1 ZPO zu schätzen. Die Beweislast für die
Berechtigung einer Erhöhung gegenüber dem Normaltarif obliegt dem Geschädigten.
Ergibt sich, dass der mit der Klage geltend gemachte Betrag den erforderlichen Aufwand
zur Schadensbeseitigung darstelle, ist der Klage stattzugeben. Zeigt sich jedoch, dass
der geltend gemachte Betrag nach den oben dargelegten Grundsätzen mit Rücksicht auf
die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der
Ersatzforderung und ähnliches) nicht zur Herstellung erforderlich war, wird es darauf
ankommen, ob dem Geschädigten ein wesentlich günstigerer "Normaltarif" zugänglich
war. Ist diese Frage zu bejahen, ist die auf den übersteigenden Betrag gerichtete Klage
abzuweisen.
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Auf der Grundlage dieser Rechtsprechungsgrundsätze ergibt sich folgende Abrechnung
der Mietwagenkosten:
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a. Normaltarif: 1.335,00 €
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b. Vollkasko- und Teilkasko: 558,86 €
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Zwischenbetrag: 1.893,86 €
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c. Unfallbedingte Erhöhung von 15 %: 284,08 €
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Zwischenbetrag: 2.177,94 €
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d. abzüglich 5 % ersparter Aufwendungen: 108,90 €
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Zwischensumme: 2.069,04 €
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e. abzüglich Abschlagszahlung: 1.820,43 €
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Rest: 248,61 €
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Im Einzelnen:
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a. Normaltarif
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Der Berechnung der angemessenen Mietwagenkosten ist im vorliegenden Fall nicht der
sog. Normaltarif der Klägerin, sondern der Normaltarif nach Schwackeliste zugrunde zu
legen. Denn die Klägerin hat ihren Normaltarif nicht plausibel dargelegt.
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Sie hat der Geschädigten als Unfallersatztarif (ohne Zusatzkosten) einen Betrag in Höhe
von 1.935,21 € zuzüglich Mehrwertsteuer gleich 2.244,84 € in Rechnung gestellt. Nach
dem Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 24.08.2005 wäre auf der Grundlage der
Standardpreisliste ein Normalmietzins von 2.235,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer gleich
2.592,60 € für 15 Tage zu zahlen gewesen. Auch wenn in diesem Preis nach dem
späteren Vortrag der Klägerin die Kosten der Vollkasko- und der Teilkaskoversicherung
enthalten sind, ist der Vortrag der Klägerin zur Höhe des Normaltarifes weiterhin nicht
plausibel. Nach Abzug der Prämien für die Vollkasko- und die Teilkaskoversicherung
beträgt der Normaltarif 1.753,22 € gleich 116,88 € pro Tag. Der in Rechnung gestellte
Unfallersatztarif beträgt dagegen 129,01 € täglich. Dies stimmt mit den zu den Akten
gereichten Unterlagen nicht überein. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 08.06.2005
eine Berechnung des Normaltarifes konkret für das vermietete Fahrzeug zur Akte
gereicht. Danach ergibt sich ein notwendiger Tagesmietpreis von 129,15 € im
Normaltarif. Die Klägerin beruft sich weiter auf ein Gutachten des Prof. Dr. Claus
Neidhardt. Legt man dies zugrunde, so sollen Zuschläge für den Unfallersatztarif in
Höhe von 64 % gerechtfertigt sein. Ausgehend von dem in Rechnung gestellten
Unfallersatztarif von 129,01 € täglich würde sich so rechnerisch ein Normaltarif von
78,66 € täglich ergeben, der ebenfalls nicht mit dem behaupteten Normaltarif in Einklang
zu bringen ist.
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Der Normaltarif laut Schwackeliste beträgt für das Postleitzahlengebiet 413..., Gruppe 5
bzw. E 89,00 € pro Tag inklusive Mehrwertsteuer. Bei einer Mietdauer von 15 Tagen
ergibt dies 1.335,00 €.
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b. Abschluss der Teilkasko- und Vollkaskoversicherung
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Hinzuzurechnen sind die Zusatzkosten für den Abschluss einer Voll- und
Teilkaskoversicherung von 558,86 € brutto.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH NJW 2005, 1041) kann der
durch einen fremdverschuldeten Unfall geschädigte Kfz-Eigentümer bei
Inanspruchnahme eines Mietwagens die Aufwendungen für eine der
Vollkaskoversicherung ohne Selbstbeteiligung entsprechende Haftungsfreistellung
grundsätzlich insoweit ersetzt verlangen, als er während der Mietzeit einem erhöhten
wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt war. Dies sei insbesondere anzunehmen, wenn das
geschädigte Fahrzeug schon älter war und als Ersatzfahrzeug ein wesentlich
höherwertiges Fahrzeug angemietet wird. Im Übrigen werde die Anmietung eines
Ersatzfahrzeugs mit Vollkaskoschutz in der Regel eine adäquate Schadensfolge sein.
Ob im Einzelfall Abzüge unter dem Gesichtspunkt eines Vorteilsausgleichs in Betracht
kommen, unterliege der tatrichterlichen Beurteilung gemäß § 287 ZPO.
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Danach ist der Abschluss einer Teilkasko- und einer Vollkaskoversicherung
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grundsätzlich adäquate Schadensfolge. Eine Anrechnung hat hier nicht zu erfolgen, da
es sich bei dem beschädigten Fahrzeug um einen älteren Peugeot 205 handelte und die
Geschädigte bei der Anmietung eines neuwertigen Fahrzeugs damit einem höheren
wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt war.
c. Unfallbedingte Erhöhung
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Dieser Normalmietpreis von 1.893,86 € ist um 15 % aufgrund der Anmietung in der
Unfallsituation auf insgesamt 2.177,94 € zu erhöhen.
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Eine Erhöhung des Normaltarifes ist aufgrund folgender Umstände gerechtfertigt:
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fehlende Sicherheit
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nicht feststehende Mietzeit
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mittlere Zahlungsverzögerung
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Fehlende Sicherheit
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Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Vermietung im Unfalltarif ohne Gestellung
einer Sicherheit eine unfallbedingte Zusatzleistung der Autoversicherer ist. Der
Bundesgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 19.04.2005 (NJW 2005, 1933)
dahingehend geäußert, dass festzustellen ist, ob dieser Punkt entfällt, weil der
Geschädigte zur Vorfinanzierung des Schadens durch Einsatz einer EC-Karte oder
Kreditkarte in der Lage ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es
darauf an, ob dem Geschädigten eine derartige Form der Vorfinanzierung, zu der auch
der Einsatz einer EC-Karte zur Stellung einer Kaution gerechnet werden könne, möglich
und zumutbar ist. Die Darlegungs- und Beweislast trägt zunächst die
Haftpflichtversicherung des Unfallgegners. Die Anforderungen an die Substantiierungen
sind dabei herabgesetzt. Das klagende Vermietungsunternehmen trifft eine sogenannte
sekundäre Darlegungs- und Beweislast.
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Die Klägerin hat hier unwidersprochen vorgetragen, dass eine Kautionsgestellung nach
ihrer Geschäftspraxis nur durch eine Kreditkarte, nicht aber durch eine EC-Karte möglich
ist. Unstreitig ist die Geschädigte nicht im Besitz einer Kreditkarte, so dass dieser
Umstand hier zu berücksichtigen ist.
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Nicht feststehende Mietdauer
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Dieser Umstand ist unfallbedingt. Im Normalfall der Anmietung steht die Dauer der
Mietzeit bei Vertragsschluss fest. Der Autovermieter kann sich darauf einstellen und das
Fahrzeug ggf. weiter vermieten.
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Mittlere Zahlungsverzögerung
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Aufgrund der Zahlung des vereinbarten Mietzinses erst nach Rückgabe des Fahrzeugs,
hat der Vermieter einen Zinsnachteil gegenüber der normalen Anmietung. Bei einer
"normalen" Anmietung wird der Mietzins im voraus entrichtet.
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Dagegen sind nachfolgende Umstände nicht geeignet, eine Erhöhung des Normaltarifes
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zu rechtfertigten:
Saisonale Schwankungen
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Saisonale Schwankungen sind nach Auffassung der Kammer nicht unfallbedingt. Sie
kommen auch im normalen Tagesgeschäft vor. Dies gilt auch für sog. Zustelldienste.
Hierunter ist das Bringen und Holen des Mietwagen zu verstehen. Diesbezüglich ist
nicht ersichtlich, dass diese Position unfallbedingt ist. Sog. Zustelldienste gibt es auch
im normalen Anmietgeschäft.
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Erhöhte Anforderungen an das Verwaltungspersonal
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Nach dem Vortrag der Klägerin sollen erhöhte Anforderungen an das
Verwaltungspersonal bestehen, weil Abrechnungen von den
Versicherungsgesellschaften in verschiedener Form verlangt würden. Haftungsfragen
und Anspruchserhebungen führten zu umfangreicher Korrespondenz mit
Versicherungsgesellschaften und häufig zu Rechtsstreitigkeiten. Daher werde besser
qualifiziertes Personal benötigt.
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Dies sind keine Umstände, die eine zusätzliche, unfallbedingte Leistung des
Mietwagenunternehmens an den Geschädigten beinhalten. Es handelt sich um
unerlaubte Rechtsberatung oder bestenfalls um die Wahrnehmung eigener Interessen
aufgrund einer Sicherungsabtretung.
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Fehlende Anwerbemöglichkeit von Kunden
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Die Klägerin begründet die Erhöhung auch damit, dass sie keine gezielten
Werbeaktionen an Unfallkunden richten könne, da bei diesen der Bedarf plötzlich
auftrete. Dies stellt ebenfalls keine unfallbedingte Zusatzleistung des
Mietwagenunternehmens an den Geschädigten dar.
72
Erhöhter Pflegeaufwand
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Die Nutzung der Fahrzeuge durch Unfallkunden soll nach dem Vortrag der Klägerin
intensiver sein als bei Normalkunden. Dies soll zu einem erhöhten Wartungs- und
Pflegeaufwand führen. Auch hier ist keine zusätzliche Leistung des
Mietwagenunternehmes für den Geschädigten erkennbar. Vielmehr handelt es sich um
das allgemeine Verwendungsrisiko eines Vermieters. Welchem Nutzungszweck der
Pkw zugeführt wird, steht auch bei einer normalen Anmietung nicht fest.
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Fahrleistung
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Die Fahrleistung werde beim Unfallersatztarif nicht festgelegt. Dies führe zu erheblichen
Fahrleistungsrisiken. Dies hält die Kammer ebenfalls nicht für unfallbedingt. Bei einem
Normalgeschäft erfolgt eine Zuzahlung pro gefahrenem Kilometer.
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Die berechtigte Erhöhung der Normaltarifes schätzt die Kammer nach § 287 Abs. 2 ZPO
auf insgesamt 15 %. Auf die Einzelheiten sind die Parteien im Beschluss der Kammer
vom 16.11.2005 hingewiesen worden, so dass es der Einholung eines
Sachverständigengutachtens zur Höhe nicht bedarf.
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d. Abzug ersparter Aufwendungen
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Von diesem Zwischenwert in Höhe von 2.177,94 € sind wiederum 5 % wegen ersparter
eigener Aufwendungen abzuziehen.
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Der Geschädigte ist grundsätzlich berechtigt, sich ein gleichwertiges Fahrzeug
anzumieten. Er muss sich in diesem Fall aber ersparte Eigenaufwendungen im Wege
des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen. Dies kann er vermeiden, wenn er ein
Fahrzeug anmietet, dessen Mietkosten 10 % unter den Kosten der Anmietung eines
gleichwertigen Fahrzeugs liegen (Palandt-Heinrichs, Kommentar zum BGB, 64. Auflage,
§ 249 BGB Rn. 32).
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Ursprünglich war der beschädigte Peugot 205 in Fahrzeugklasse 5 eingeordnet. Dies
entspricht der angemieteten Fahrzeugklasse. Nach Auffassung des Beklagten ist bei
Fahrzeugen mit einem Alter von mehr als 5 Jahren eine Rückstufung vorzunehmen.
Demgegenüber vertritt die Klägerin die Auffassung, dass das Alter bereits bei der
Einstufung berücksichtigt sei. Nach den Bemerkungen zur Liste von Sanden/Danner in
NJW 2003, 803 erfolgt bei älteren Fahrzeugen eine Rückstufung von mindestens einer
Gruppe. Daraus folgt, dass das Alter bei der Einstufung grundsätzlich nicht
berücksichtigt wird, sondern bei der Schadensschätzung eine Rückstufung zu erfolgen
hat. Soweit in den Listen die einzelnen Modellreihen des Typs Golf aufgelistet sind,
dürfte dies daran liegen, dass aufgrund der langen Herstellungsdauer dieses Fahrzeugs
die einzelnen Baureihen bereits als eigenständige Fahrzeugtypen aufgefasst werden.
Da das verunfallte Fahrzeug mehr als 5 Jahre alt war, ist eine Herabstufung
vorzunehmen. Das Fahrzeug ist der Gruppe 4 zuzurechen. Aus diesem Grunde sind
ersparte Aufwendungen abzuziehen. Die Höhe ist in der Rechtsprechung streitig, vgl.
Palandt,a.a.O. Mit dem OLG Düsseldorf, VersR 1998, 1523, hält die Kammer den Abzug
von 5 % der erstattungsfähigen Mietkosten für gerechtfertigt. Nach Abzug von 108,90 €
ergibt sich ein Zwischenbetrag von 2.069,04 €.
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e. Abzug der vorprozessualen Zahlung
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Von diesem Betrag in ist die vorprozessuale Zahlung der Beklagten von 1.820,43 €
abzuziehen, so dass sich ein noch auszuurteilender Betrag von 248,61 € ergibt.
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(3) Zinssatz
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Die zugesprochenen Zinsen beruhen auf §§ 284, 288 BGB.
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III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711,
713 ZPO.
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Die Revision wird nicht zugelassen. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist im Hinblick auf die bereits ergangenen
Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur Erstattungsfähigkeit des
Unfallersatztarifes nicht erforderlich.
89
Jopen
zum Bruch
Dr. Biermann
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