Urteil des LG Mönchengladbach vom 18.01.2006

LG Mönchengladbach: auflage, verwalter, beschränkung, bezirk, form, abgabe, versicherung, bedürfnis, drittschuldner, vergütung

Landgericht Mönchengladbach, 5 T 519/05
Datum:
18.01.2006
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 T 519/05
Schlagworte:
Prozesskostenhilfe, Beiordnung eines Rechtsanwalts, Zwangsvollstre-
ckungsverfahren, Insolvenzverwalter,
Normen:
ZPO §§ 119 Abs. 2, 121 Abs. 2, InsVV § 5
Leitsätze:
Leitsatz: 1. Beantragt ein Insolvenzverwalter im Rahmen der ihm
bewilligten Prozesskos-tenhilfe die Beiordnung eines Rechtsanwaltes,
so ist bei der Prüfung der Erfor-derlichkeit der Beiordnung nicht zu
berücksichtigen, dass der Insolvenzverwal-ter zugleich Rechtsanwalt ist.
Abzustellen ist vielmehr darauf, ob ein juristisch nicht Vorgebildeter für
die Mobiliarzwangsvollstreckung oder für die Vollstre-ckung in Rechte
der Beiordnung eines Rechtsanwaltes bedarf.
2. Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes kommt nur dann in Betracht,
wenn die Vollstreckung über den Normalfall hinausgehende besondere
Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist.
3. Auch die Vielzahl von Vollstreckungen gleicher Art (hier 4.000)
rechtfertigt nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts, sofern der
jeweilige Einzelfall nicht be-sonders schwierig ist. Die Anzahl der
Vollstreckungen kann im Rahmen der Vergütung des
Insolvenzverwalters berücksichtigt werden.
Tenor:
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
I.
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Der Gläubiger vollstreckt als Rechtsnachfolger des Insolvenzschuldners gegen den
Schuldner aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hagen vom 2.12.2002
einen Betrag in Höhe von 7.038,23 Euro nebst Zinsen und Kosten.
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Mit Schriftsatz vom 28.10.2005 hat der Gläubiger die Gewährung von
Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner unter
gleichzeitiger Rechtsanwaltsbeiordnung beantragt. Das Amtsgericht
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MönchengladbachRheydt hat durch den angefochtenen Beschluss vom 17.11.2005
Prozesskostenhilfe für das Vollstreckungsverfahren gewährt und die Beiordnung von
Herrn Rechtsanwalt S. aus Mönchengladbach abgelehnt.
Gegen diesen Beschluss hat der Gläubiger sofortige Beschwerde eingelegt. Er macht
geltend, dass die Führung von Prozessen bzw. die Durchführung der
Zwangsvollstreckung nicht von dem originären Tätigkeitsbereich des
Insolvenzverwalters erfasst werde. Er könne seinen eigentlichen Aufgaben als
Verwalter nicht nachkommen, wenn er zusätzlich eine Prozessvertretung zu
übernehmen hätte. Im vorliegenden Fall sei zudem die Besonderheit zu
berücksichtigen, dass 4000 Insolvenzfolgeverfahren angelegt worden seien, wobei es
sich zu einem großen Teil um die Geltendmachung von Forderungen des
Insolvenzschuldners gegen die jeweiligen Drittschuldner handele.
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Das Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt hat der sofortigen Beschwerde nicht
abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
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II.
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Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache
keinen Erfolg.
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Ist eine Vertretung durch Rechtsanwälte in dem angestrebten Verfahren nicht
vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter
Rechtsanwalt ihrer Wahl nur dann beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen
Rechtsanwalt erforderlich erscheint, § 121 Abs. 2 ZPO.
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Soweit ein Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes tätig wird, ist anerkannt, dass es für
die Beurteilung der Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwaltes nicht auf die
Person des Insolvenzverwalters ankommt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die konkrete
Tätigkeit auch von einem Nichtjuristen im Rahmen seines Amtes ohne Anwaltshilfe
erledigt werden könnte (BAG, ZinsO 2003, 722; Zöller-Philippi, Komentar zur ZPO, 25.
Auflage, § 121, Rn. 1 m.w.N.). Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass § 121 Abs.
2 ZPO im Zusammenhang mit § 5 InsVV gesehen werden müsse. Nach § 5 Abs. 1
InsVV kann der als Rechtsanwalt zugelassene Insolvenzverwalter "für Tätigkeiten, die
ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter angemessenerweise einem
Rechtsanwalt übertragen hätte, nach Maßgabe der Bundesgebührenordnung für
Rechtsanwälte Gebühren und Auslagen gesondert der Insolvenzmasse entnehmen". Es
dürfe daher bei § 121 Abs. 2 ZPO kein strengerer Maßstab angelegt werden als bei § 5
InsVV (BAG, a.a.O.)
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Kommt es danach darauf an, ob einem nicht als Rechtsanwalt ausgebildeten
Insolvenzverwalter ein Rechtsanwalt für das Zwangsvollstreckungsverfahren
beizuordnen wäre, ist nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes
(NJW 2003, 3136) festzustellen, ob die Vertretung durch einen Rechtsanwalt
erforderlich erscheint. Das heißt Schwierigkeit und Bedeutung der Sache müssen
Anlass zu der Befürchtung geben, der Antragsteller werde – gemessen an den
Fähigkeiten eines Nichtjuristen - nicht in der Lage sein, seine Rechte sachgemäß
wahrzunehmen und die notwendigen Maßnahmen in mündlicher oder schriftlicher Form
zu veranlassen.
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Beantragt ein juristisch nicht vorgebildeter Antragsteller die Gewährung von
Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen seines
Schuldners, umfasst gem. § 119 Abs. 2 ZPO die Bewilligung alle
Vollstreckungshandlungen im Bezirk des Vollstreckungsgerichts einschließlich des
Verfahrens auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Danach erstreckt sich der
Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe auf die Vollstreckung in bewegliche
körperliche Sachen und die Vollstreckung in Rechte. Um einen solchen Antrag handelt
es sich bei dem Schriftsatz des Gläubigers vom 18.10.2005. Zwar enthält der Antrag
nicht die Beschränkung auf die Mobiliarvollstreckung. Der Antrag ist aber in diesem
Sinne auszulegen, da er anderenfalls unzulässig wäre. Denn außerhalb von § 119 Abs.
2 ZPO kann Prozesskostenhilfe nur für ein konkretes Vollstreckungsverfahren gewährt
werden (Zöller-Philipi, a.a.O., § 119 Rn. 33 - 36).
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Bei der Mobiliarvollstreckung kann zwar nicht grundsätzlich ein Bedürfnis für die
Beiordnung eines Rechtsanwaltes verneint werden (BGH, a.a.O. und FamRZ 2003,
1921; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Kommentar zur ZPO, 64. Auflage, § 121
Rn. 50). Allerdings setzt die Beiordnung eines Rechtsanwalts über den Normalfall
hinausgehende Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art voraus, wie sie
beispielsweise bei der Unterhaltsvollstreckung gegeben sein können (BGH, FamRZ
2003, 1921 und ständige Rechtsprechung der Kammer, vgl. 5 T 283/03, 5 T 246/04, 5 T
313/04 und 5 T 342/04).
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Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das Amtsgericht MönchengladbachRheydt zu
Recht die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt. Der Gläubiger trägt nicht konkret
vor, dass mit der Durchführung des Vollstreckungsverfahrens besondere
Schwierigkeiten verbunden seien, die üblicherweise die Beiordnung eines
Rechtsanwalts notwendig machen.
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Der Vortrag, es seien im Rahmen des Insolvenzverfahrens Vollstreckungen in
erheblicher Anzahl notwendig, führt ebenfalls nicht dazu, dass in jedem Einzelfall ein
Rechtsanwalt für das Vollstreckungsverfahren beizuordnen ist. Allein die Vielzahl von
Verfahren begründet keine besondere Schwierigkeit des einzelnen
Vollstreckungsverfahrens. Der Insolvenzverwalter mag im Rahmen seines
Vergütungsantrages besondere Schwierigkeiten aufgrund der Vielzahl der
Vollstreckungsverfahren geltend machen. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts für
jedes einzelne Verfahren ist dagegen nicht gerechtfertigt.
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Sofern im Laufe des Vollstreckungsverfahrens besondere Schwierigkeiten tatsächlicher
oder rechtlicher Art auftreten, insbesondere im Rahmen von Rechtsbehelfen und
Rechtsmitteln, steht es dem Gläubiger frei, für diese konkrete Vollstreckungshandlung
die Beiordnung eines Rechtsanwalts erneut zu beantragen.
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III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 127 Abs. 4 ZPO.
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Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Die Sache hat keine grundsätzliche
Bedeutung. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichtes ist weder zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, noch zur Fortbildung des Rechts
erforderlich.
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