Urteil des LG Mönchengladbach vom 09.12.2005

LG Mönchengladbach: auflösung der gesellschaft, erhöhung des gesellschaftskapitals, wirtschaftliche tätigkeit, gesellschaftsvertrag, gesellschafterversammlung, fälligkeit, immobilienfonds, form

Landgericht Mönchengladbach, 2 S 155/04
Datum:
09.12.2005
Gericht:
Landgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 S 155/04
Schlagworte:
Unterdeckungsfond; nachträgliche Beitragserhöhung; Obergrenze;
geschlossener Immobilienfond; unerlaubte Rechtsberatung;
Normen:
Art. 1 § 1 RBerG, §§ 139, 707 BGB
Leitsätze:
1. Die Klage der von einem Geschäftsbesorger vertretenen GbR kann
zulässig sein, wenn die Besorgung der Rechtsangelegenheiten nur ein -
sinnvoller und folgerichtiger - Nebenaspekt des
Geschäftsbesorgungsvertrages ist (Anschluss OLG Düsseldorf, U. v.
4.6.2004, I-16 U 122/03)
2. Zu den Anforderungen, die an die Regelungen des
Gesellschaftsvertrages einer als Unterdeckungsfonds konzipierten GbR
zu stellen sind, um eine Nachschussverpflichtung der Gesellschafter -
entgegen § 707 BGB - zu begründen
Tenor:
Unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Mönchenglad-bach vom
17. August 2004, Aktenzeichen: 29 C 372703, wer-den die Beklagten als
Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläge-rin 3.425,32 € nebst 12 %
Jahreszinsen aus jeweils 652,56 € seit dem 16. Februar und dem 16.
März 2002 sowie aus jeweils 530,95 € seit dem 11. September, 11.
Oktober, 11. November sowie dem 11. Dezember 2002 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als
Gesamtschuldnern auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicher-
heitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf-grund des
Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden; die Sicherheitsleistung kann
auch durch Gestellung einer Bankbürg-schaft erbracht haben.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten, die in der Zeit von 1994 bis 2002
Gesellschafter der Klägerin, eines geschlossenen Immobilienfonds, waren, zur Zahlung
von als Nachschuss- oder Sonderzahlung bezeichneten Geldbeträgen für das Jahr
2002 verpflichtet sind.
2
Die Klägerin ist eine im Jahre 1993 zum Zweck der Instandsetzung und Modernisierung
sowie anschließenden Vermietung der modernisierten und neu geschaffenen
Wohnräume in der zuvor gemeinschaftlich erworbenen Die Klägerin ist als sogenannter
Unterdeckungsfond konzipiert, das heißt, dass ein wesentlicher Teil des Kapitalbedarfs
durch die Gesellschafter fremd zu finanzieren ist und sie mit ihrem Beitritt nur einen
Teilbetrag – 30 % des von ihnen gezeichneten Anteils – in das Gesellschaftsvermögen
einzuzahlen haben.
3
Im notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 04.02.1993 heißt es unter anderem:
4
§ 4 Gesellschaftskapital:
5
"(1) Das Gesellschaftskapital wird auf insgesamt 6.195.122,00 DM …
festgesetzt. Dieser Betrag entspricht dem zur Durchführung des
Gesellschaftszwecks erforderlichen Gesellschaftseinlagen. ..... (3) Soweit die
laufenden Einnahmen die laufenden Ausgaben nicht decken, ist jeder
Gesellschafter verpflichtet, entsprechend seiner Beteiligung anteilige
Nachschüsse zu erbringen. Höhe und Fälligkeit der Nachschüsse ergeben sich
aus dem vom Geschäftsbesorger zu erstellenden Wirtschaftsplan. ...... (5) Die
Erhöhung des Gesellschaftskapitals ist nur ausnahmsweise und nur mit
Zustimmung aller Gesellschafterstimmen zulässig, sofern bei Überschreitung
der Herstellungskosten für das gesellschaftseigene Bauvorhaben aus von der
Geschäftsführung nicht zu vertretenden Gründen Eigengelder soweit zu
erhöhen sind, wie es die Beendigung des Bauvorhabens erforderlich macht.
Kommt ein einstimmiger Beschluss nicht zustande, so sind die zustimmenden
Gesellschafter berechtigt, ihre Einlagen – soweit erforderlich – zu erhöhen. Die
nicht zustimmenden Gesellschafter haben in diesem Falle eine Verringerung
ihres Beteiligungsverhältnisses hinzunehmen
6
§ 5 Kapitalverwendung
7
Neben den in § 4 Abs. 1 bezeichneten Einlagen, die 30 % der für die
Durchführung des Gesellschaftszwecks erforderlichen Gesamtmittel ausmachen
werden, nimmt die Gesellschaft … Fremdmittel auf, um die Investitionen dem
Gesellschaftszweck entsprechend durchführen zu können. Dabei sollen die
Gesamtkosten die bis zur vollständigen Durchführung des Bauvorhabens
geplanten 20.650.408,00 DM … nicht überschreiten.
8
§ 11Gegenstand der Beschlussfassung:
9
(1) Die Gesellschafterversammlung beschließt über
10
a) .xxx b) die Feststellung der Jahresabrechnung
11
c) .xxx
12
d) die Änderung des Gesellschaftsvertrages
13
e) die Auflösung der Gesellschaft
14
(2) Beschlüsse gemäß 1 d) und e) bedürften einer qualifizierten Mehrheit. Die
qualifizierte Mehrheit beträgt 75 % aller in der Gesellschaft vorhandenen
Stimmen.
15
§ 13 Jahresabrechnung:
16
(1) Für jedes abgelaufene Wirtschaftsjahr erstellt der Geschäftsbesorger bis
spätesten 30. September des folgenden Jahres eine Jahresabrechnung,
bestehend aus Jahresabschluss und Wirtschaftsplan. .... (3) Der Wirtschaftsplan
ist Haushaltsplan der Gesellschaft für das jeweilige Jahr. Er enthält die
voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft. Außerdem wird
darin die Höhe und Fälligkeit der erforderlichen Nachschussbeträge der
Gesellschafter sowie die Instandhaltungsrücklage verbindlich festgesetzt."
17
Zum Geschäftsbesorger für die Klägerin wurde zunächst die .xxx., später an ihrer Stelle
die .xxx. gestellt. In der Anfangsphase des Bestehens der Klägerin wurde für diese
ferner die ... als Treuhänder bestellt. Die Aufgabengebiete sowohl des Treuhänders als
auch des Geschäftsbesorgers, denen im Übrigen von jedem der Gesellschafter mit dem
Beitritt Vollmachten entsprechend ihrer Befugnisse erteilt wurden, sind in § 8 des
Gesellschaftsvertrages voneinander abgegrenzt. Weder der Geschäftsbesorger noch
der Treuhände sind Gesellschafter der Klägerin oder verfügen über eine Erlaubnis nach
dem Rechtsberatungsgesetz.
18
Die Beklagten traten der Gesellschaft mit privatschriftlicher Beitrittserklärung vom
2. Dezember 1994 bei, die sie sodann mit UR-Nr. 3139/94 des Notars xxx in Kempen
wiederholten.
19
Hierbei übernahmen sie einen Anteil an der Gesellschaft in Höhe von 250.000,- DM,
entsprechend 1,21062 % des Gesamtkapitals, verbunden mit der Verpflichtung zur
Einzahlung eines Eigenkapitalanteils von 75.000,00 DM.
20
Aufgrund des Ausscheidens verschiedener Gesellschafter und der damit verbundenen
Umlage der Anteile auf die verbleibenden Gesellschafter erhöhte sich die Beteiligung
der Beklagten bis zum Jahr 2001 auf 1,27629 %.
21
Auf der Gesellschafterversammlung vom 21. September 2001 beschloss die Klägerin
durch Mehrheitsbeschluss, dass die Gesellschafter einen Deckungsbeitrag in Höhe von
200.000,00 DM anteilig zum 15. Februar und 15. April 2002 zu zahlen hätten; aufgrund
des oben genannten Anteils entfiel auf die Beklagten ein Betrag von jeweils 652,56 €.
Darüber hinaus wurde auf dieser Gesellschafterversammlung ebenfalls - dies mit den
Stimmen aller dort vertretenen Gesellschafter - beschlossen, dass ein weiterer
Deckungsbeitrag in Höhe von 498.361,01 €, anteilig in 12 Raten jeweils zum 10. eines
jeden Monats gezahlt werden müssten; aufgrund des Anteils der Beklagten von 1,27629
% entfiel auf sie ein Betrag von monatlich 530,05 €; die Raten von September bis
Dezember 2002 wurden nicht gezahlt.
22
Zum Schluss des Geschäftsjahres 2002 haben die Beklagten ihren Austritt aus der
Klägerin erklärt.
23
Die Beklagen wurden letztmalig mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der
Klägerin vom 14. Oktober 2002 zur Zahlung des Gesamtbetrages von 3.425,32 €
aufgefordert, den sie mit der vorliegenden Klage geltend macht. Sie hat beantragt,
24
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 3.425,32 € nebst 12 %
Zinsen aus jeweils 652,56 € seit dem 16. Februar und dem 16. März 2002 sowie
aus jeweils 530,95 € seit dem 11. September, 11. Oktober, 11. November sowie
dem 11. Dezember 2002 zu zahlen.
25
h i l f s w e i s e,
26
27
festzustellen, dass in eine per 31. Dezember 2002 zu erstellende
Auseinandersetzungsbilanz eine Forderung der Klägerin gegen die Beklagten
in Höhe von 3.425,32 € nebst 12 % Zinsen aus einem Betrag von jeweils von
652,56 € seit dem 16. Februar und dem 16. März 2002 sowie aus jeweils 530,95
€ seit dem 11. September, 11. Oktober, 11. November sowie dem 11. Dezember
2002 einzustellen sei.
28
Die Beklagten haben beantragt,
29
die Klage abzuweisen.
30
Sie halten die Klage bereits für unzulässig, da die Klägerin durch die xxx mangels
vorliegender Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht wirksam vertreten sei.
Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 17. August 2004 die Klage als unzulässig
abgewiesen; es fehle bereits an einer ordnungsgemäßen Klageerhebung, da die dem
Geschäftsbesorger durch die Gesellschafter erfolgte Vollmacht sowie der
Geschäftsbesorgungsvertrag, der Bestandteil des Gesellschaftsvertrages ist, einen
Verstoß gegen Artikel 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RechtsberatungsG beinhalte. Die dem
Geschäftsbesorger eingeräumten Befugnisse stellten sämtlich Tätigkeiten um die
Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten dar, die der Geschäftsbesorger ohne die
nötige Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht ausüben durfte.
31
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der
sie zunächst ihr erstinstanzliches Vorbringen vertieft.
32
Darüber hinaus hat sie vorgetragen, dass die Gesellschafter der Klägerin am 17.
September 2004 die Klägervertreter mit der Prozessprüfung einschließlich der
Durchführung des Berufungsverfahrens gegen die Beklagten bevollmächtigten und alle
bisherigen Prozesshandlungen dieser Prozessbevollmächtigten im erst- und
zweitinstanzlichen Verfahren genehmigten.
33
Außerdem ist sie der Auffassung, dass die jüngste Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs - Urteil vom 4. Juli 2005, II ZR 354/03 –, zur Wirksamkeit der
Auferlegung weiterer Deckungsbeiträge für die Mitglieder eines geschlossenen
Immobilienfonds bereits deshalb nicht anwendbar sei, weil der Gesellschaftervertrag der
34
Klägerin den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Maßstäben und Kriterien genüge.
Die Klägerin beantragt,
35
die Beklagten als Gesamtschuldner unter Abänderung des Urteils des
Amtsgerichts Mönchengladbach vom 17. August 2004 zu verurteilen, an die
Klägerin 3.425,32 € nebst 12 % Jahreszinsen aus jeweils 652,56 € seit dem 16.
Februar und dem 16. März 2002 sowie aus jeweils 530,95 € seit dem 11.
September, 11. Oktober, 11. November sowie dem 11. Dezember 2002, zu
zahlen
36
h i l f s w e i s e ,
37
unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 17.
August 2004 festzustellen, dass in eine per 31. Dezember 2002 zu erstellende
Auseinandersetzungsbilanz eine Forderung der Klägerin gegen die Beklagten
in Höhe von 3.425,32 € nebst 12 % Zinsen aus einem Betrag von jeweils von
652,56 € seit dem 16. Februar und dem 16. März 2002 sowie aus jeweils 530,95
€ seit dem 11. September, 11. Oktober, 11. November sowie dem 11. Dezember
2002 einzustellen sei.
38
Die Beklagten beantragen,
39
die Berufung zurückzuweisen.
40
Sie halten ihre Rüge hinsichtlich der Unzulässigkeit der Klage aufrecht; darüber hinaus
sind sie der Auffassung, die in der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom
17. September 2004 gefassten Beschlüsse könnten in der Berufungsinstanz gemäß §
531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.
41
Schließlich stehe einer Verpflichtung zur Erbringung von Nachschüssen § 707 BGB
entgegen; die vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 4. Juli 2005
aufgestellten Maßstäbe führten auch bei ihrer Anwendung auf den hier
zugrundeliegenden Gesellschaftervertrag zu dessen Unwirksamkeit und zur
Unzulässigkeit nachträglicher Beitragserhöhungen.
42
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
43
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
fristgerecht eingelegt sowie entsprechend den Anforderungen des § 520 ZPO begründet
worden.
44
Die Berufung ist auch begründet.
45
Das Amtsgericht hat die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen.
46
Der Klägerin stehen gegen die Beklagten die mit der Klage geltend gemachten, der
Höhe nach unbestritten gebliebenen, Zahlungsansprüche zu.
47
I.
48
Die Klage ist zulässig.
49
1.
50
Die Klägerin ist als xxx .aktiv parteifähig. Sie wird auch ordnungsgemäß in diesem
Prozess vertreten. Die Vollmachtserteilung an ihre Prozessbevollmächtigten ist rechtlich
nicht zu beanstanden. Selbst bei einem hier zugunsten der Beklagten unterstellten
Verstoß des Geschäftsbesorgungsvertrages gegen das Rechtsberatungsgesetz
(RBerG) müssten der Auftrag an die Geschäftsbesorgerin zur Beaufragung von
Rechtsanwälten mit der Prozessführung in dem hier anhängigen Rechtsstreit sowie die
Vollmachtserteilung an diese jedenfalls über § 139 BGB als wirksam angesehen
werden, weil insoweit gerade der mit dem RBerG verfolgte Zweck erreicht wird.
51
2.
52
Abgesehen davon vermag die Kammer auch keinen Verstoß des
Geschäftsbesorgungsvertrages gegen das RBerG zu erkennen. Sie folgt insoweit der
neueren Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, beispielhaft mit Urteil
vom 4. Juni 2004, Aktenzeichen: I-16U 122/03, überreicht von der Klägerin als Anlage
BK 4 (Bl. 716 ff. d.A.) , die dem Amtsgericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung noch
nicht vorlag.
53
a)
54
Der Geschäftsbesorgungsvertrag hatte nämlich nicht die Besorgung von
Rechtsangelegenheiten zum Hauptinhalt; vielmehr stellten diese lediglich einen
(sinnvollen und folgerichtigen) Nebenaspekt der Geschäftsbesorgung dar.
55
Zutreffend beruft sich die Beklagte darauf, dass nach der neueren Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs derjenige der ausschließlich oder hauptsächlich die Abwicklung
des Grundstückserwerbes im Rahmen eines Bauträgermodells oder die Beteiligung an
einem Immobilienfond für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 RBerG
(OLG Düsseldorf a.a.O. m. w. Rechtsprechungszitaten). Dabei ist aber maßgeblich auf
die Umstände des Einzelfalls und darauf abzustellen, welche Aufgaben dem
Geschäftsbesorger im konkreten Fall zukommen. Deren Inhalt und Umfang sind am
Maßstab des Rechtsberatungsgesetzes zu messen. Die Anwendung dieser Maßstäbe
führt nicht zu einer Feststellung des Verstoßes gegen das RBerG.
56
b)
57
Entgegen der Auffassung der Beklagten, der sich das Amtsgericht angeschlossen hat,
handelte es sich bei den auf die Geschäftsbesorgerin übertragenen Aufgaben, wie sie
aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag und der auf dessen Grundlage erteilten Vollmacht
vom 4. Oktober 2000 (Anlage K 26, Blatt 314 ff d.A.) ersichtlich sind, um typische
Tätigkeiten, die nach Art und Umfang denen eines Baubetreuers, Vermögensverwalters
oder Hausverwalters vergleichbar sind, und bei denen rechtsbesorgende Tätigkeiten
nur eine untergeordnete Rolle spielen.
58
Im Vordergrund der Tätigkeit der Geschäftsbesorgerin steht vielmehr eine spezifisch
wirtschaftliche Tätigkeit, nämlich vor allem die steuerliche und finanzielle Ausschöpfung
59
der Möglichkeit der Klägerin als Verlustbeteiligungsgesellschaft in Form eines
geschlossenen Immobilienfonds.
Die Klägerin ist ein Unterdeckungsfond, dessen Konzeption sich dadurch auszeichnet,
dass die Erträge aus der Immobilie, also in erster Linie die Mieteinnahmen, zunächst
nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten zu erfüllen.
60
Die Gesellschafter haben zum Erwerb der Immobilie und zu den beabsichtigten
Bauvorhaben nur einen geringen Teil in Eigenkapital aufgebracht (hier 30 %). Der
überwiegende Teil wurde planmäßig durch Fremdkapital aufgebracht, welches in der
Folgezeit zurückgeführt werden musste. Die insoweit planmäßig auftretenden Verluste
sollten der steuerlichen Abschreibung durch die Gesellschafter dienen. Der
Geschäftsbesorgerin oblag und obliegt es, die erforderlichen Liquiditätsplanungen und
Wirtschaftspläne zu erstellen, außerdem ist sie für die technische Abwicklung des
Objekts, die Bewirtschaftung und die Vermietung zuständig. Hinzu kommt die
Koordination der Vertragspartner zum Zweck der bestmöglichen Wahrung der
Interessen der Gesellschaft und die Organisation und Durchführung der
Gesellschafterversammlungen. Diese sind ganz überwiegend Tätigkeiten
wirtschaftlicher Art. Nach dem gesamten Katalog der der Geschäftsbesorgerin
übertragenen Tätigkeiten liegt der Schwerpunkt im technischen, kaufmännischen und
wirtschaftlichem Bereich, zu welchem auch der Abschluss von auf den
Gesellschaftszweck bezogenen Verträgen und die Einholung von
Behördengenehmigungen und ähnlichem notwendigerweise gehören (OLG Düsseldorf,
a.a.O., m.w.N.).
61
II.
62
Die Klage ist auch – und zwar hinsichtlich des Hauptantrages - begründet.
63
1.
64
Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch auf der Grundlage der
wirksam gefassten Gesellschafterbeschlüsse in der Gesellschafterversammlung vom
21. September 2001 in Höhe von insgesamt 3.425,32 € zu; insbesondere steht einer
solchen Verpflichtung der Beklagten zu Nachschussleistungen und Sonderzahlungen
nicht § 707 BGB entgegen.
65
a)
66
Nach § 707 BGB besteht eine Nachschusspflicht der Gesellschaft über die vereinbarte
Einlage hinaus regelmäßig nicht, wobei die Regelung des § 707 BGB jedoch dispositiv
ist (BGH WM 2005, 1608 f.). Nach dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4.
Juli 2005 greift die Schutzvorschrift des § 707 BGB, die die Erhöhung eines
vereinbarten Beitrages der Gesellschafter verbietet, dann nicht ein, wenn im
Gesellschaftsvertrag die Höhe der Beiträge zwar nicht ziffernmäßig fixiert ist, aber in
objektiv bestimmbarer, künftigen Entwicklungsmöglichkeiten Rechnung tragender
Weise ausgestaltet ist.
67
b)
68
Die Überprüfung des Gesellschaftsvertrages vom 4. Februar 1993 (Bl. 12-16 d.A.) ergibt,
69
dass dieser den Anforderungen genügt, die der Bundesgerichtshof für die wirksame
nachträgliche Erhöhung von Beiträgen aufgestellt hat.
aa)
70
Aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt sich, dass Nachschüsse einen entsprechenden
Gesellschafterbeschluss erfordern.
71
Im Gesellschaftsvertrag sind die Einlagen der Gesellschafter zunächst betragsmäßig
festgelegt. In § 4 Nr. 1 GV wird nicht nur das Gesellschaftskapital auf 6.195.122,00 DM
festgesetzt, sondern zugleich bestimmt, dass "dieser Betrag dem zur Durchführung des
Gesellschaftszwecks erforderlichen Gesellschaftereinlagen entspricht". Damit ist
festgelegt, dass der Vertrag selbst eine über den bezifferten Eigenkapitalanteil
hinausgehende, der Höhe nach nicht festgelegte Einlage nicht vorsieht.
72
bb)
73
Offensichtlich abweichend von der Vertragsgestaltung, die dem Bundesgerichtshof in
der bereits mehrfach angesprochenen Entscheidung vom 6. Juli 2005 zur Beurteilung
ihrer Wirksamkeit vorlag, regelt § 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin
ausdrücklich, dass jeder Gesellschafter verpflichtet ist, entsprechend seiner Beteiligung
anteilige Nachschüsse zu erbringen, soweit die laufenden Einnahmen die laufenden
Ausgaben nicht decken und die Höhe und Fälligkeit der Nachschüsse auf dem vom
Geschäftsbesorger zu erstellenden Wirtschaftplan ergeben.
74
Hiermit ist – anders als in der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs
zugrundeliegendenden Konstellation – nicht "verborgen im Unterabschnitt über
Jahresabrechnungen" (so BGH a.a.O.), sondern im unmittelbaren Zusammenhang mit
den Verpflichtungen des Gesellschafters zur Leistung von Zahlungen auf das
Gesellschaftskapital geregelt, dass die Gesellschafter über den beim Beitritt
vereinbarten Betrag hinaus gegebenenfalls weitere Beiträge im Rahmen des laufenden
Geschäftes nach Maßgabe des Wirtschaftsplanes zu leisten haben.
75
cc)
76
Die Ausführungen in § 13 Abs. 3 GV, wonach der Wirtschaftsplan als Haushaltsplan für
das jeweilige Jahr die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der Gesellschaft
sowie die Höhe und Fälligkeit der erforderlichen Nachschussbeiträge der Gesellschafter
und die Instandhaltung zur Rücklage verbindlich festsetzt, stellen damit keine
überraschende erstmalige Erwähnung von Nachschüssen dar, sondern lediglich eine
Erläuterung der Verpflichtung, die sich bereits aus § 4 Abs. 3 GV ergibt.
77
c)
78
In dem der Kammer zur Entscheidung vorliegenden Gesellschaftervertrag ist auch
abweichend von dem der Prüfung des Bundesgerichtshofs unterliegenden – eine
Obergrenze der möglichen Belastungen des einzelnen Gesellschafters und einer
Absicherung gegen eine Erhöhung dieser Belastung gegen oder ohne seinen Willen
vorgesehen.
79
Zum einen ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag, dass die mögliche
80
Nachschusspflicht auf die Aufbringung der in § 5 Abs. 1 vorgesehen Gesamtkosten
beschränkt ist.
Die Gesamtkosten des Bauvorhabens bilden – anders als in dem vom
Bundesgerichtshof zu entscheidenden Sachverhalt – hier auch eine sicher kalkulierbare
Obergrenze, weil deren Erhöhung gemäß § 4 Abs. 5 nicht durch Mehrheitsbeschluss,
sondern nur ausnahmsweise und nur mit Zustimmung aller Gesellschafterstimmen (und
beim Vorliegen weiterer wirtschaftlicher Voraussetzungen) zulässig ist.
81
Für den Fall, dass ein solch einstimmiger Beschluss nicht zustande kommt, sind die
zustimmenden Gesellschafter berechtigt, ihre Einlagen zu erhöhen, während die nicht
zustimmenden Gesellschafter eine Verringerung ihres Beteiligungsverhältnisses
hinzunehme haben, wodurch andererseits allerdings gewährleistet ist, dass die auf die
einzelnen, nicht zustimmenden Gesellschafter keine bezifferte höhere Belastung als
beim Beitritt in die Gesellschaft absehbar zukommen kann.
82
2.
83
Da der Gesellschaftsvertrag damit die Anforderungen erfüllt, die der Bundesgerichtshof
für die Möglichkeit, Beiträge nachträglich zu erhöhen, aufgestellt hat, haben auf die
Gesellschafterbeschlüsse vom 21. September 2001 eine Nachzahlungsverpflichtung
der Beklagten wirksam begründet.
84
a)
85
Hieran vermag auch das Ausscheiden der Beklagten aus der Gesellschaft zum
Jahresende 2002 nichts zu ändern, da es vorliegend ausschließlich um
Zahlungsverpflichtungen geht, die zurückliegende Zeiträume, also solche, während der
die Beklagten Gesellschafter der Klägerin waren, betreffen und während dieser
begründet worden sind.
86
Dem steht auch nicht der Grundsatz entgegen, dass nach dem Ausscheiden eines
Gesellschafters aus einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft einzelne
Zahlungsansprüche nicht mehr einzeln geltend gemacht werden können, sondern in
eine zu erstellende Auseinandersetzungsbilanz einzustellen sind.
87
Hier greift nämlich die anerkannte Ausnahme ein, dass die Gesellschaft einen einzelnen
Anspruch dann eigenständig einklagen oder durchsetzen kann, wenn es nur noch um
diesen einen Anspruch geht und bereits jetzt feststeht, dass dieser Anspruch in jedem
Fall in voller geltend gemachter Höhe unabhängig von dem Ergebnis einer
durchzuführenden Auseinandersetzung von dem in Anspruch Genommenen zu erfüllen
ist (BGH NJW RR 1993, 1187, OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. Juni 2004, I―16 U 122/03,
Anlage B K4). Bereits jetzt steht fest, dass die Gesellschaft auf die Zahlung der von
ihren Gesellschaftern angeforderten Beiträge angewiesen ist, um ihre bestehenden
Zahlungsverpflichtungen erfüllen zu können, während demgegenüber zum derzeitigen
Zeitpunkt auch von den Beklagten keine Zahlungsansprüche vorgetragen werden, die
ihrer Zahlungspflicht entstehen könnten.
88
Insoweit ist nämlich seitens der Beklagten nicht der im Bericht des Geschäftsbesorgers
vor der Gesellschafterversammlung vom 21. September 2001 enthaltene Vortrag
bestritten worden, dass seinerzeit ein Auseinandersetzungsverlust der Gesellschaft von
89
7,8 Millionen DM bestehe; da auch die Beklagten selbst vortragen, dass es sich um
einen maroden Immobilienfond handele, kann nicht davon ausgegangen werden, dass
ihnen ein Auseinandersetzungsguthaben zustehen wird.
3.
90
Einwände gegen die Höhe der Klageforderung haben die Beklagten nicht erhoben; sie
haben sich weder gegen die von der Klägerin in Ansatz gebrachte Beteiligungsquoten
gewandt noch bestreiten sie die rechnerische Richtigkeit der von der Klägerin
ermittelten Beiträge. Damit schulden die Beklagten die Beiträge von 652,56 € zum 15.
Februar und 15. April 2002 sowie von 530,05 € zum 10. September, 10. Oktober,
10. November und 10. Dezember 2002.
91
III.
92
Der Zinsanspruch steht der Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß § 4
Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages zu.
93
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 99 Abs. 1, 708 Ziffer 10, 711 ZPO.
94
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.425,32 € festgesetzt.
95
Die Revision war gem. § 543 Abs.2 S. 2 ZPO zuzulassen.
96
Hinz Dr. Oudijk Schiffer
97
Richterin am Landgericht Dr. Oudijk ist im Mutterschutz und daher an der
98
Unterschriftsleistung gehindert
99
Hinz
100