Urteil des LG Mannheim vom 17.11.2016

nachrichten, übertragung, treu und glauben, abhängigkeit

LG Mannheim Urteil vom 17.11.2016, 7 O 19/16
Verletzung eines standardessentiellen Patents: Obliegenheit des Patentinhabers bei der
vorgerichtlichen Geltendmachung der Patentverletzung gegenüber dem angeblichen Verletzer
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt,
der Klägerin in einer gesonderten Aufstellung, hinsichtlich der Angaben zu a und b unter Vorlage von
Rechnungen oder Lieferscheinen oder Quittungen, darüber Angaben zu machen, in welchem Umfang sie seit
dem 9. Juni 2012
Sekundärstationen zum Einsatz in einem Funkkommunikationssystem mit einem Übertragungskanal
zur Übertragung von Datenpaketen von einer Primärstation zu der Sekundärstation, wobei
Empfangsmittel vorgesehen sind, um ein Datenpaket von der Primärstation zu empfangen, und
Rückmeldungsmittel vorgesehen sind, um der Primärstation ein Signal zur Angabe des Status eines
empfangenen Datenpakets zu übermitteln, wobei das Signal aus einer Gruppe von mindestens zwei
zur Verfügung stehenden Signaltypen ausgewählt wird, wobei die Rückmeldungsmittel so eingerichtet
sind, dass sie den Leistungspegel auswählen, bei dem das Signal in Abhängigkeit seines Typs sowie in
Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels gesendet wird, bei dem jeder Signaltyp übermittelt
wird, wobei die Angabe von der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird
in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten
Zwecken eingeführt oder besessen hat,
und zwar unter Angabe
a. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der
Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen
Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, der jeweiligen
Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe,
Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet im Falle von Internet-Werbung der Domain, den
Zugriffszahlen und den Schaltungszeiträumen;
e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten
Gewinns,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und
Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit
verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn
ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder
Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch
die zu I. bezeichneten und seit dem 9. Juni 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen
wird.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 2/3, die Beklagte 1/3.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 50.000 in Ziffer I. und im
Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages (Ziffer IV. Kosten).
Tatbestand
1 Die Parteien streiten um die Frage einer Verletzung des Europäischen Patents EP 1 440 525 (im Folgenden:
Klagepatent) durch die Beklagte, sowie über die aus der behaupteten Verletzung abgeleiteten
Unterlassungs-, Auskunfts-/Rechnungslegungs-, Schadensersatz-, Rückruf-/Entfernungs- sowie
Vernichtungsansprüche.
2 Die Klägerin ist ein weltweit operierendes Elektronikunternehmen, das u.a. auf dem Gebiet der
Mobilfunktechnologie zahlreiche Patente hält. Die Beklagte ist die deutsche Tochtergesellschaft des
[…]ischen Unternehmens [...] Sie vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland UMTS- und LTE-fähige
Mobiltelefone und Tablets unter der Marke „[...]“ (vgl. etwa Anlage K3a und b; im Folgenden: angegriffene
Ausführungsformen).
3 Das UMTS-Netz, in dem auch die LTE-fähigen und UMTS-fähigen Mobiltelefone der Beklagten arbeiten
können, beruht u.a. auf folgenden verpflichtend einzuhaltenden Standards:
4
- ETSI TS 123 002 V5.12.0 (2003-09), Anlage KA2a,
- ETSI TS 125 211 V5.8.0 (2005-12), Anlage KA2b,
- ETSI TS 125 214 V5.9.0 (2004-06), Anlage KA2c,
- ETSI TS 125 213 V5.6.0 (2005-06), Anlage KA2d,
- ETSI TS 125 331 V5.24.0 (2009-07), Anlage KA2e.
5 Die […] hat Nichtigkeitsklage gegen das Klagepatent zum Bundespatentgericht (Az.: 5 Ni 35/16) erhoben
(Anlagen(konvolut) B15).
6 Die Klägerin wies die [...] schriftlich am 5. Juli 2014 unter Beifügung einer Liste der betroffenen Patente
darauf hin, dass sie durch den Vertrieb ihrer Mobiltelefone UMTS- und LTE- standardessentielle Patente der
Klägerin verletze (Anlage K4a). Am 15./16. September 2014 erläuterte die Klägerin der [...] gegenüber ihr
Lizenzprogramm und übergab schriftliche Unterlagen hierzu (Anlagen K4b und K4c). Die [...] bot der
Klägerin im Rahmen einer Besprechung am 25. November 2014 die Übertragung von Patenten an, die sie für
essentiell für den LTE bzw. UMTS-Standard erachtete. Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 (Anlage K4h)
unterbreitete die Klägerin der [...] ein Lizenzvertragsangebot (Anhang 4) unter Beifügung einer Liste der
patentverletzenden Produkte und standardessentielle Patente (Anhang 1 und 2) nebst technischen
Beschreibungen (Anhang 3, dort bezogen auch auf das Klagepatent als No. 34). Weitere technische
Erläuterungen zu den UMTS- und LTE-Patenten übersendete die Klägerin mit E-Mail vom 25. September
2015 (Anlagen K4i und K4j). Die [...] bot der Klägerin mit Schreiben vom 12. Januar 2016 (Anlage B5) an,
Lizenz am weltweiten LTE-/UMTS-Patentportfolio für einen Lizenzsatz von [x] % des Nettoverkaufspreises je
Einheit zu nehmen. Es kam in der Folgezeit aber nicht zum Abschluss eines Lizenzvertrages zwischen den
Parteien, weshalb die Klägerin durch Klageschrift vom 16. Oktober 2015, bei Gericht eingegangen am 19.
Oktober 2015, Klage erhob. Die Beklagte hinterlegte bei der Landesjustizkasse Bamberg im April 2016 einen
Betrag von EUR […] (vgl. Hinterlegungsschein, Anlage B27), wobei der Betrag die weltweiten Verkäufe von
LTE-/UMTS-fähigen Geräten im Zeitraum 2012 bis 30. Juni 2016 abdecken soll und auf der Grundlage des in
der Anlage B5 angebotenen Lizenzsatzes kalkuliert ist.
7 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Lizenzvertragsverhandlungen zwischen den Parteien wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
8 Die Klägerin ist Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in Kraft
stehenden Klagepatents betreffend ein Funkkommunikationssystem, das unter Inanspruchnahme einer
britischen Priorität vom 19. Oktober 2001 am 15. Oktober 2002 angemeldet wurde. Die Bekanntmachung
des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 9. Mai 2012.
9 Anspruch 10 lautet (in der deutschen Übersetzung mit Bezugsziffern):
10 „Sekundärstation (110) zum Einsatz in einem Funkkommunikationssystem mit einem Übertragungskanal
zur Übertragung von Datenpaketen von einer Primärstation (100) zu der Sekundärstation, wobei
Empfangsmittel vorgesehen sind, um ein Datenpaket (202) von der Primärstation zu empfangen, und
Rückmeldungsmittel vorgesehen sind, um der Primärstation ein Signal (204, 206) zur Angabe des Status
eines empfangenen Datenpakets zu übermitteln, wobei das Signal aus einer Gruppe von mindestens zwei
zur Verfügung stehenden Signaltypen ausgewählt wird, wobei die Rückmeldungsmittel so eingerichtet sind,
dass sie den Leistungspegel auswählen, bei dem das Signal in Abhängigkeit seines Typs sowie in
Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels gesendet wird, bei dem jeder Signaltyp übermittelt wird,
wobei die Angabe von der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird.“
11 Hinsicht des gesamten Inhalts der Klagepatentschrift wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.
12 Die Klägerin trägt vor,
die nach dem UMTS-Standard arbeitenden angegriffenen Ausführungsformen machten von allen Merkmalen
des Anspruchs 10 wortsinngemäßen Gebrauch, indem sie den nach UMTS vorgesehenen ARQ-(Automatic
Repeat Request)-Prozess durchführen könnten.
13 Dies gelte insbesondere auch für das Merkmal f2. Denn es sei insoweit ausreichend, dass im Standard der
Leistungspegel als Leistungsversatz ΔACK/ΔNACK zu einem Bezugskanal definiert sei und von höheren
Netzwerkebenen an die Mobilstation übertragen werde. Hingegen sei nicht erforderlich, dass der
Leistungspegel als absolute Größe in dB vorgegeben werde. So hebe auch die Beschreibung in Abschnitten
[0026], [0029] und [0048] auf einen Leistungsversatz ab. Unschädlich sei überdies, dass der
Leistungsversatz ΔACK/ΔNACK nicht jedes Mal mit dem Informationselement „Uplink DPCH Power Control
Info“ übertragen werde, sondern nur dann, wenn sich eine Veränderung ergebe. Denn jedenfalls müsse der
Leistungsversatz mindestens einmal übertragen werden, weil sonst eine notwendige Bedingung für eine
Übertragung auf den Kanälen HS-SCCH und HS-DSCH nach den Vorgaben des Standards ETSI TS 125 331
V5.24.0 (2009-07), Abschnitt 10.3.6.91, Seite 546 in der dortigen Tabelle (Anlage KA2e) nicht erfüllt sei.
14 Das Klagepatent werde sich als rechtsbeständig erweisen.
15 Auf eine Lizenz der Firma [X.] könne sich die Beklagte nicht berufen, da die Lizenz nur die Chips von [X.]
erfasse, nicht aber die Produkte der Beklagten, und die standardgemäßen Funktionalitäten nicht allein durch
die lizenzierte Hardware umgesetzt würden.
16 Schließlich greife der von der Beklagten erhobene kartellrechtliche Einwand nicht durch, da sie die Beklagte
insbesondere vor Klageerhebung in ausreichender Weise über die Art und Weise der Berechnung der
Lizenzgebühr ihres FRAND-Angebots informiert und damit alle Obliegenheiten, die der Europäische
Gerichtshof in der Entscheidung Huawei./.ZTE formuliert habe, bereits vor Klageerhebung erfüllt habe.
Hierfür genüge die Mitteilung der verlangten Lizenzgebühr je Einheit aus. Jedenfalls sei ausreichend, dass
die Klägerin die von der Beklagten vermissten Erläuterungen in ihrer Replik gemacht habe. Zu näheren
Erläuterungen sei sie gegenüber der im Grundsatz lizenzunwilligen Beklagten ohnedies nicht verpflichtet
gewesen.
17 Die Klägerin
b e a n t r a g t
:
18 I. Die Beklagte wird verurteilt,
19 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes
bis zu EUR 250.000 – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle
wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem
jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
20 Sekundärstationen zum Einsatz in einem Funkkommunikationssystem mit einem Übertragungskanal zur
Übertragung von Datenpaketen von einer Primärstation zu der Sekundärstation, wobei Empfangsmittel
vorgesehen sind, um ein Datenpaket von der Primärstation zu empfangen, und Rückmeldungsmittel
vorgesehen sind, um der Primärstation ein Signal zur Angabe des Status eines empfangenen Datenpakets
zu übermitteln, wobei das Signal aus einer Gruppe von mindestens zwei zur Verfügung stehenden
Signaltypen ausgewählt wird, wobei die Rückmeldungsmittel so eingerichtet sind, dass sie den
Leistungspegel auswählen, bei dem das Signal in Abhängigkeit seines Typs sowie in Abhängigkeit einer
Angabe des Leistungspegels gesendet wird, bei dem jeder Signaltyp übermittelt wird, wobei die Angabe von
der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten,
in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.
21
- unabhängiger Anspruch 10 -
22 2. der Klägerin zu 1 in einer gesonderten Aufstellung, hinsichtlich der Angaben zu 2.a. und b. unter Vorlage
von Rechnungen oder Lieferscheinen oder Quittungen, darüber Angaben zu machen, in welchem Umfang
sie die zu I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. Juni 2012 begangen hat, und zwar unter Angabe
23 a. der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller,
Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
24 b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen
Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
25 c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, der jeweiligen
Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
26 d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe,
Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den
Zugriffszahlen und den Schaltungszeiträumen,
27 e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
28 wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und
Angebotsempfänger statt der Klägerin zu 1 einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur
Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen
Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein
bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
29 II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr
durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem 9. Juni 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch
entstehen wird.
30 III. Die Beklagte wird verurteilt,
31 1. die vorstehend unter Ziffer I.1 bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen und seit dem 9. Juni 2012 auf
den Markt gebrachten Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen
durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter
Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents DE 602 42
895.5 (deutscher Teil des EP 1 440 525) erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die
Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des
gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird,
und endgültig zu entfernen, indem die Beklagte diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt oder die
Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst,
32 2. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend zu I.1.
bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu
benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben
(alternativ an einen zur Vernichtung bereiten Gerichtsvollzieher).
33 Die Beklagte
b e a n t r a g t
,
34 die Klage abzuweisen,
35 hilfsweise:
36 den Rechtsstreit bis zur Entscheidung der Rechtsbank Den Haag über die von der [...] gegen die Klägerin
erhobene Feststellungsklage auszusetzen.
37 weiter hilfsweise:
38 den Rechtsstreit bis zur Entscheidung über die von der [...] beim Bundespatentgericht gegen das
Klagepatent eingereichte Nichtigkeitsklage (Az. 5 Ni 35/16) auszusetzen.
39 Die Beklagte trägt vor,
sie könne sich auf eine der Firma [X.] erteilte Lizenz berufen, soweit sie deren Chips in den angegriffenen
Ausführungsformen einsetze.
40 Das Klagepatent werde nicht verletzt, da es an einer Verwirklichung des Merkmals f2 fehle. Es werde nur
ein Leistungsversatz und kein Leistungspegel übertragen. Zudem sei die Übertragung der Werte ΔACK/
ΔNACK nur optional und finde nicht jedes Mal statt. Zudem sei nicht schlüssig dargelegt, dass eine
Übertragung von der Primär- an die Sekundärstation erfolge, weil nach dem Standard auch eine Festlegung
durch höhere Schichten des Mobiltelefons in Betracht komme.
41 Im Übrigen stehe der Durchsetzung der Unterlassungs-, Rückruf- und Vernichtungsansprüche der
kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand entgegen. Die Klägerin habe insbesondere vor Klageerhebung trotz
Aufforderung durch die [...] nie erläutert, weshalb die von ihr geforderte Stücklizenz FRAND-Bedingungen
entspreche.
42 Schließlich sei der Rechtsstreit auszusetzen, bis die Rechtsbank Den Haag über die von der [...]
angestrengte Feststellungsklage (Anlage B14/14a) entschieden habe, ob das Angebot der Klägerin FRAND-
Bedingungen entspricht. Die Klärung dieser Frage sei auch im hiesigen Rechtsstreit von Bedeutung und
daher vorgreiflich. Zudem werde sich das Klagepatent nicht gegenüber dem Nichtigkeitsangriff der [...]
behaupten können. Das dort eingeführte Dokument [...] 3 nehme die Lehre des Klagepatents
neuheitsschädlich vorweg, eine Kombination der Schriften [...] 7 und [...] 8 lege die Erfindung jedenfalls
nahe.
43 Hinsichtlich der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und
das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
44 Die zulässige Klage ist nur in Teilen begründet.
45 Die auf Unterlassung, Rückruf/Entfernung aus den Vertriebswegen sowie Vernichtung gerichteten Anträge
waren abzuweisen, da die Klägerin an der Durchsetzung der Ansprüche aus kartellrechtlichen Gründen
gehindert ist.
46 Da die angegriffenen Ausführungsformen indes von der Lehre des geltend gemachten Hauptanspruchs 10
unmittelbar wortsinngemäßen Gebrauch machen, war die Beklagte zur Auskunft und Rechnungslegung zu
verurteilen und ihre Schadensersatzverpflichtung festzustellen.
47 Eine Aussetzung des Rechtsstreits mit Blick auf das vor der Rechtsbank Den Haag anhängige Verfahren
war ebenso wenig angezeigt wie eine Aussetzung mit Blick auf die von der [...] erhobene Nichtigkeitsklage.
48 I. Klagepatent
49 1. Das Klagepatent betrifft ein Funkkommunikationssystem, welches insbesondere bei UMTS-Verfahren
(Universal Mobile Telecommunication System) zwischen einer Primärstation und einer Sekundärstation
Anwendung findet.
50 Die Beschreibung verweist auf ein zunehmendes Bedürfnis danach, große Datenmengen im Wege der
Mobilfunkkommunikation an eine Mobilstation zu übertragen wie etwa Internetseiten, die auch Videoclips
enthalten. Zu diesem Zweck sei in UMTS das High Speed Downlink Packet Access-(HSDPA)-Verfahren
entwickelt worden. Bekannter Bestandteil eines solchen Datenübertragungssystems sei ein Automatic
Repeat Request-(ARQ)-Verfahren, das sich mit der fehlerhaften Übertragung von Daten befasse. Die
Mobilstation bestimme im HSDPA-Verfahren, ob ein Datenpaket beschädigt worden sei, indem etwa CRC-
Informationen genutzt würden. Danach würde von der Mobilstation bei korrektem Empfang eine ACK-
Nachricht, bei beschädigtem Empfang eine NACK-Nachricht gesendet. Indes könnten sich auch bei der
Übertragung der ACK- und NACK-Nachrichten Probleme ergeben, wenn diese durch den Empfänger
fehlerhaft gedeutet würden. Besonders problematisch sei der Fall, dass eine NACK-Nachricht als ACK-
Nachricht missverstanden werde, weil eine Korrektur dieses Fehlers nur unter großem Ressourcenaufwand
vorgenommen werden könne. Um die Systemleistungsfähigkeit zu erhöhen, sei es daher wünschenswert,
die Fehleranfälligkeit der ACK-/NACK-Decodierung zu kontrollieren. Dies könne in UMTS etwa bewerkstelligt
werden, indem die Mobilstation das ACK-/NACK-Codewort mit einem bestimmten Leistungsniveau, das die
Basisstation vorgebe, übertragen müsse. Das Leistungsniveau könne unter Abwägung verschiedener
Umstände gewählt werden. In der deutschen Patentanmeldung DE 10132566 werde das Problem
hingegen durch die Übersendung eines zusätzlichen Codewortes REVERT gelöst. Aus der US-Schrift
4888767 sei wiederum bekannt, ein Wiederholungsanfragesignal zu übersenden, wenn ein Datenpaket
beschädigt empfangen wurde. Die US-Schrift 5517507 übersende dagegen ACK/NACK-Nachrichten auf
besondere Weise. So werde ein NACK-Signal durch einen Energieschub repräsentiert, ein ACK-Signal sei
hingegen durch einen Ausbleiben eines solchen Energieschubs gekennzeichnet. Die Erfindung setze sich
somit zum Ziel, ein effizienteres System für die Übertragung von Datenpaketen vorzustellen.
51 Diese Aufgabe soll erfindungsgemäß durch eine Vorrichtung mit den nachfolgenden Merkmalen des
Anspruchs 10 gelöst werden:
52
a) Sekundärstation (110) zum Einsatz in einem Funkkommunikationssystem
b) Das Funkkommunikationssystem verfügt über einen Übertragungskanal zur Übertragung von
Datenpaketen von einer Primärstation (100) zu einer Sekundärstation.
c) Empfangsmittel sind vorgesehen, um ein Datenpaket (202) von der Primärstation zu empfangen.
d) Rückmeldungsmittel sind vorgesehen, um der Primärstation ein Signal (204, 206) zur Angabe des Status
eines empfangenen Datenpakets zu übermitteln.
e) Das Signal wird aus einer Gruppe von mindestens zwei zur Verfügung stehenden Signaltypen
ausgewählt.
f) Die Rückmeldungsmittel sind so eingerichtet, dass sie den Leistungspegel auswählen, bei dem das Signal
f1) in Abhängigkeit seines Typs
f2) sowie in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels gesendet wird, bei dem jeder Signaltyp
übermittelt wird, wobei die Angabe von der Primärstation zu der Sekundärstation übertragen wird.
53 2. Die angegriffenen Ausführungsformen machen von Anspruch 10 des Klagepatents wortsinngemäßen
Gebrauch.
54
a) Dies steht zwischen den Parteien bis auf das Merkmal f2 außer Streit und beruht auch nicht auf
patentrechtlich unzutreffenden Anschauungen.
55
b) Wie der Durchschnittsfachmann die Kombination der Merkmale versteht, ergibt sich ausgehend vom
Patentanspruch (§ 14 S. 1 PatG) aus dem technischen Zusammenhang seiner Merkmale, sowie aus dem
Inhalt der Beschreibung und Zeichnungen (§ 14 S. 2 PatG). Durch Heranziehung der Beschreibung zur
Auslegung der Patentansprüche wird sichergestellt, dass der tatsächliche Sprachgebrauch des Patents
hinreichende Beachtung findet. Der Fachmann orientiert sich also an dem in der Patentschrift zum
Ausdruck gekommenen Zweck eines Merkmals, womit der technische Sinn der in der Patentschrift
benutzten Worte und Begriffe – nicht die philologische oder logisch-wissenschaftliche Begriffsbestimmung –
entscheidend ist, die Patentschrift gleichsam ihr eigenes Lexikon darstellt (BGHZ 150, 149, 156 –
Schneidmesser I; BGH, Urt. v. 02.03.1999 – X ZR 85/96, GRUR 1999, 909 – Spannschraube). Dabei
schränken die Ausführungsbeispiele sowie die darauf bezogenen Beschreibungsteile einen weiter zu
verstehenden Sinngehalt der Patentansprüche nicht auf diese Ausführungsformen ein. Eine Auslegung
unterhalb des Wortlauts (im Sinne einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts) der Patentansprüche ist
generell nicht zulässig.
56
c) Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen auch Merkmal f2.
57
aa) Zur Verwirklichung des Merkmals ist es ausreichend, dass der Leistungspegel, mit dem eine ACK- oder
eine NACK-Nachricht von der Primärstation erwartet wird, als Leistungsversatz zu einem Bezugskanal und
dessen Übertragungspegel bestimmt werden kann. Denn technisch-funktional ist es ohne Belang, ob die
Primärstation die ACK-/NACK-Nachricht deshalb zutreffend als ACK- oder NACK-Nachricht erkennt, weil ihr
der Leistungspegel in dB als absolute Größe bekannt ist oder ob sie in einem Zwischenschritt diese Größe
erst bestimmt, in dem sie den konkreten Leistungspegel über eine Differenzbildung zum Leistungspegel
eines Bezugskanals errechnet. In beiden Fällen ist das technische Ziel erreicht, dass die Primärstation
weiß, welches Leistungsniveau in der konkreten Situation eine ACK-Nachricht aufweist und welches
Leistungsniveau eine NACK-Nachricht kennzeichnet, sodass eine korrekte Interpretation sichergestellt
wird.
58
bb) Der Wortlaut des Anspruchs schließt bei patentrechtlich zutreffender Würdigung auch nicht aus, dass
das funktionale Ziel über die Bestimmung eines Leistungsversatzes erreicht wird. Denn das Merkmal f2
verlangt lediglich, dass die Rückmeldungsmittel den Leistungspegel, mit dem sie die ACK-/NACK-
Nachrichten übersenden „in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels“ wählen. Damit ist allein
erforderlich, dass die ACK-/NACK-Nachrichten gleichsam durch einen bestimmten für den Typ individuellen
Bezug zum Leistungspegel gekennzeichnet und erkennbar sind, ohne dass nach dem Wortlaut zu fordern
wäre, dass die Primärstation einen absolut bestimmten Leistungspegel vorgeben müsste und eine
Bestimmung desselben durch eine Relation zu einer bekannten Bezugsgröße wie dem Leistungspegel eines
anderen Kanals ausgeschlossen wäre.
59
cc) Für eine solche Auslegung des Wortlauts streiten auch die in den Abschnitten [0026], [0029] und
[0048] der Beschreibung vorgestellten Ausführungsbeispiele, auf die die Klägerin Bezug nimmt und die auf
die Übertragung eines „ACK/NACK power offsets“ und damit eines Leistungsversatzes abheben. Diese
Ausführungsbeispiele lesen sich im Zusammenhang mit dem erteilten Anspruch 10 nicht im Sinne einer
bewussten Auswahlentscheidung des Anmelders gegen die Erteilung von Patentschutz auch für diese
Ausführungsbeispiele im Sinne der Entscheidung „Okklusionsvorrichtung“ des Bundesgerichtshofs (BGHZ
189, 330) wie die Beklagte meint. Denn die Patentschrift ist in einem sinnvollen Zusammenhang zu lesen
und der Patentanspruch im Zweifel so zu verstehen, dass sich keine Widersprüche zu den Ausführungen in
der Beschreibung und den bildlichen Darstellungen in den Zeichnungen ergeben (BGHZ 189, 330Rn. 24 –
Okklusionsvorrichtung). Nur wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung
und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen lässt und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, dürfen
diejenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben,
nicht zur Bestimmung des Gegenstands des Patents herangezogen werden (BGHZ 189, 330Rn. 23 –
Okklusionsvorrichtung). Werden in der Beschreibung mehrere Ausführungsbeispiele als erfindungsgemäß
vorgestellt, sind die im Patentanspruch verwendeten Begriffe im Zweifel so zu verstehen, dass sämtliche
Ausführungsbeispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können (BGH, Urteil vom 2. Juni 2015, X
ZR 103/13, GRUR 2015, 972 Rn. 23 – Kreuzgestänge).
60
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe lässt sich die Verwendung eines Leistungsversatzes zu einem
Bezugskanal, der eine Bestimmung des Leistungspegels der erwarteten ACK-/NACK-Nachrichten erlaubt,
wie ausgeführt ohne weiteres unter den Wortlaut des Merkmals f2 lesen.
61
dd) Soweit die Beklagte argumentiert, der Standard sei insoweit nur optional, ist dies patentrechtlich ohne
Belang, da der Anspruch nur fordert, dass die geschützten Vorrichtungen Mittel aufweisen, die geeignet
sind, entsprechend dem Merkmalen f2 zu operieren. Dass die Parameter ΔACK-/NACK indes als Bestandteil
des Informationselements „Uplink DPCH Power Control Info“ mindestens einmal zur Mobilstation
übertragen werden müssen, damit überhaupt ein Empfang von Datenpaketen über den HS-SCCH und den
HS-DSCH im Rahmen des HSDPA-Verfahrens möglich ist, ergibt sich nach Überzeugung der Kammer aus
dem von der Klägerin zitierten Standarddokument nach Anlage KB2e, Abschnitt 8.5.25, Seite 251
62
sowie sich zudem aus Anlage K2e, Abschnitt 8.6.6.11, Seite 293
63
ergibt, dass die übertragenen Parameter bei Übertragung auch verwendet werden.
64
ee) Dass sich die oben eingeblendete Passage nur auf den Frequenzduplexbetrieb (FDD) bezieht, ist
unschädlich, weil dies die Funktionalität der angegriffenen Ausführungsformen, für diesen Fall wie
beschrieben zu verfahren, nicht in Abrede stellt. Aus den nämlichen Gründen verfängt auch nicht die
Argumentation der Beklagten, die Klägerin habe unter Hinweis auf Seite 252 des Standards nichts dazu
vorgetragen, ob das die Parameter ΔACK/NACK enthaltene Informationselement nicht vielleicht auf den
angegriffenen Ausführungsformen vorgespeichert sei, denn jedenfalls kann die standardgemäß
ausgebildete angegriffene Ausführungsform entsprechend verfahren, wenn das Informationselement
übertragen wird. Dies gilt gleichfalls für den Einwand, Abschnitt 8.6.6.22 „Uplink DPCH power control
info“ sehe keine zwingende Übertragung der Parameter ΔACK/NACK vor.
65
ff) Soweit die Parameter in der Tabelle in Abschnitt 10.3.6.91 auf Seite 546 des Standards nach Anlage
KA2e als optional gekennzeichnet sind,
66
hat die Klägerin dies zutreffend lediglich als insoweit optional beschrieben, als dass die Parameter nicht bei
jeder Übersendung des Informationselements „Uplink DPCH Power Control Info“ erneut übersendet
werden müssen, soweit es hierfür kein technisches Bedürfnis gibt. Dies stellt damit nicht in Abrede, dass
für jedes übertragene Datenpaket eine Rückmeldung bezüglich des korrekten oder inkorrekten Empfanges
gegeben wird, sondern es wird lediglich bei entsprechendem Bedarf der Leistungspegel über die Mitteilung
des Leistungsversatzes verändert, den die von der Primärstation erwarteten ACK-/NACK-Nachrichten
aufweisen sollen.
67
gg) Dass wiederum das Informationselement „Uplink DPCH Power Control Info“ vom UTRAN, d.h.
netzwerkseitig, an das User Equipment, also die Mobilstation, übertragen wird, folgt aus dem in der
mündlichen Verhandlung überreichten Standarddokument K2f, dort Abschnitt 10.2.16a, S. 359, der als
Übertragungsrichtung „UTRAN → UE“ angibt und das Element „Uplink DPCH Info“ unter Downlink radio
ressources auf Seite 359 aufführt. Soweit die Beklagte insoweit lediglich auf theoretisch denkbare
andersartige Szenarien verweist, in denen die Parameter in höheren Ebenen des Mobiltelefons festgelegt
werden könnten, ist dieses Bestreiten angesichts den von der Klägerin anhand des Standards gehaltenen
konkreten Vortrags nicht substantiiert. Auch soweit die Beklagte darauf abhebt, die Standardstelle beziehe
sich nur auf den speziellen Fall eines Handovers zum Netz UTRAN etwa vom GSM-Netz, so wird hierdurch
aus Sicht der Kammer nicht substantiiert in Abrede gestellt, dass sich die Signalisierung von der Primär- an
die Sekundärstation vollzieht. Denn selbst wenn hier in die Kommunikation die Primärstation eines
anderen Netzes zwischengeschaltet ist, ändert dies nichts an der Tatsache, dass die Vorgabe insoweit
netzwerkseitig erfolgt.
68
hh) Entsprechend ändert auch der Verweis der Beklagten darauf, dass das Informationselement „Uplink
DPCH info“ nicht immer den Bestandteil „Uplink DPCH power control info“ enthalte, nichts an der Eignung
der angegriffenen Ausführungsformen, im Falle der Übersendung nach dem Standard entsprechend zu
verfahren.
69 III. Die festgestellten patentverletzenden Handlungen rechtfertigen nach Maßgabe der nationalen
Bestimmungen (Art. 64 Abs. 1, Abs. 3, Art. 2 Abs. 2 EPÜ) die zu dem Klagepatente gestellten Anträge,
soweit sie auf Erteilung von Auskünften und Rechnungslegung sowie die Feststellung der
Schadensersatzverpflichtung gerichtet sind. Diesen Ansprüchen stehen kartellrechtliche Gesichtspunkte
nicht entgegen (vgl. Huawei Technologies/ZTE: EuGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – C-170/13, GRUR 2015,
764 Rn. 72 ff. = ECLI:EU:C:2015:477 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Dezember 2015,
ECLI:EU:C:2015:817). Die gestellten Anträge legt die Kammer dabei trotz des im Antrag nur unvollständig
wiedergegebenen Anspruchs 10 im Lichte der Klagebegründung wie im Tatbestand wiedergegeben aus.
70 1. Die Beklagte ist der Klägerin aufgrund der vorliegenden Verletzung der Klagepatente zur Auskunft und
Rechnungslegung verpflichtet. Die Klägerin kann den Schadensersatzanspruch nicht ohne Kenntnis der
Umstände, über die sie Auskunft fordert, berechnen. Da diese Umstände der Klägerin als Betriebsinterna
der Beklagten naturgemäß unbekannt sind, die Beklagte hierüber aber anhand ihrer Buchhaltung ohne
unzumutbaren Arbeitsaufwand Auskunft geben kann, ist die Beklagte gem. § 140 b PatG und einer zu
Gewohnheitsrecht erstarkten Anwendung von § 242 BGB zur Auskunft verpflichtet. Diese Auskunft hat
sich für die Zeit seit Veröffentlichung der Erteilung des Klagepatents zzgl. Kenntnisnahmefrist von einem
Monat auch auf den Gewinn der Beklagten und die zu seiner Berechnung erforderlichen Daten zu
beziehen. Die Klägerin muss durch die Auskunft erst in die Lage versetzt werden, sich für eine der
möglichen Berechnungsarten ihres Schadensersatzanspruchs (Verletzergewinn, entgangener Gewinn oder
fiktive Lizenz) zu entscheiden.
71 2. Zudem war wie beantragt festzustellen, dass die Beklagte in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
zum Schadensersatz verpflichtet ist.
72 Die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO liegen vor. Die
Klägerin kennt den genauen Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen nicht. Ohne diese
Kenntnis kann sie den Antrag auf Zahlung von Schadensersatz und Entschädigung nicht beziffern. Da aber
die Beklagte Schadensersatzansprüche der Klägerin in Abrede stellt, hat die Klägerin – auch zur Hemmung
der Verjährung und Herbeiführung der 30jährigen Verjährungsfrist – ein rechtliches Interesse daran, dass
das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs alsbald festgestellt wird.
73 Der Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich aus § 139 Abs. 2 PatG. Die Beklagte hat schuldhaft, nämlich
zumindest fahrlässig gehandelt. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte sie spätestens
einen Monat nach Veröffentlichung der Mitteilung über die Erteilung des Klagepatents erkennen können
und erkennen müssen, dass das Klagepatent durch die angegriffenen Ausführungsformen verletzt wird.
74 IV. Hingegen war die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin überdies von der Beklagten Unterlassung,
Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen sowie die Vernichtung patentverletzender Produkte
begehrt. Denn insoweit stehen einer gerichtlichen Durchsetzung der Ansprüche in Anwendung der
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Huawei./. ZTE (EuGH, Urteil vom 16. Juli
2015 – C-170/13, GRUR 2015, 764 = ECLI:EU:C:2015:477 idF des Berichtigungsbeschlusses vom 15.
Dezember 2015, ECLI:EU:C:2015:817) kartellrechtliche Gründe entgegen.
75 1. Die Kammer hat ihr Verständnis des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache
Huawei Technologies/ZTE im Urteil vom 29. Januar 2016 – 7 O 66/15 (veröffentlicht bei juris) dargelegt und
hält nach nochmaliger Überprüfung der dort vertretenen Rechtsauffassung an dieser Begründung fest. Aus
Sicht der Kammer betont der Gerichtshof, dass das aus einem Patent fließende Ausschließlichkeitsrecht nur
unter ganz besonderen Umständen nicht mit der Verletzungsklage durchsetzbar ist. Daraus folgt, dass die
entsprechenden tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Suspendierung des Patentrechts ergeben soll,
von dem in Anspruch genommenen (angeblichen) Verletzer vorzutragen und wenn die Umstände im Streit
stehen, auch zu beweisen sind.
76 Der Gerichtshof entwickelt aus Sicht der Kammer in seinem Urteil ein Konzept, dass es dem zur
Entscheidung berufenen Gericht ermöglichen soll, das Verhalten des Inhabers des SEP auf der einen Seite
sowie des angeblichen Verletzers auf der anderen Seite daraufhin zu bewerten, ob sich die Durchsetzung
der auf das SEP gestützten Unterlassungs- und Rückrufanträge als ungerechtfertigter Marktmissbrauch
und Aufbau eines insoweit zu unterbindenden Drucks in der Verhandlungssituation zu bewerten ist oder
als gerechtfertigte Reaktion auf eine vom (angeblichen) Verletzer verfolgte Verzögerungstaktik. Hingegen
zielt die Entscheidung des Gerichtshofs nach der Überzeugung der Kammer nicht darauf ab, die
Verletzungsgerichte mit der Bestimmung der FRAND-Bedingungen zu belasten, wenn im Verfahren der
Unterlassungs- und Rückrufanspruch durchgesetzt werden soll und es nicht gerade um die Zahlung einer
FRAND-Lizenzgebühr im Betragsverfahren geht. Dass der Gerichtshof diesen Gesichtspunkt, den der
Generalanwalt in seinen Schlussanträgen angesprochen hat, in seiner Urteilsbegründung nicht
ausdrücklich erwähnt, bedeutet nach Ansicht der Kammer entgegen den Darlegungen des
Oberlandesgerichts Karlsruhe (Beschl. v. 31.5.2016 - 6 U 55/16, MittdtschPatAnw 2016, 321) nicht, dass
das vom Gerichtshof für Recht erkannte System nicht praxisgerecht sein soll.
77 Zu diesem Zweck hält es der Gerichtshof für erforderlich, dass der Patentinhaber in einem ersten Schritt
vor der Erhebung einer auf Rückruf und Unterlassung gerichteten Klage, die für den angeblichen Verletzer
einen erheblichen Verhandlungsdruck aufbaut, einen angeblichen Verletzer auf die ihm vorgeworfene
Patentverletzung hinweist und dabei das SEP bezeichnet sowie angibt, auf welche Weise es verletzt sein
soll. Jedenfalls wird der Patentinhaber das mit der Klage geltend gemachte und von ihm als
standardessentiell deklarierte Patent mit seiner Patentnummer bezeichnen und angeben müssen, dass
dieses Patent bei der betreffenden Standardisierungsorganisation als standardessentiell deklariert wurde.
Soweit der Patentinhaber zudem angeben soll, auf welche Weise das Patent verletzt sein soll, muss der
Hinweis dem Verletzer deutlich machen, für welchen Standard das Patent essentiell ist und aufgrund
welcher Umstände der Patentinhaber davon ausgeht, dass der angebliche Patentverletzer von der Lehre
des Patents Gebrauch macht. Jedenfalls ist dafür erforderlich, dass der Patentinhaber benennt, welche
technische Funktionalität der angegriffenen Ausführungsform vom Standard Gebrauch macht. Der
angebliche Verletzer wird regelmäßig nämlich im Bilde darüber sein, dass sein Produkt einem Standard
gemäß ausgebildet ist. Daher dürfte ein bloßer Hinweis, der angebliche Verletzer stelle nach dem Standard
arbeitende Produkte her oder vertreibe diese und verletze deshalb das Patent, nicht ausreichend sein.
Vielmehr muss der angebliche Verletzer durch den Hinweis in die Situation versetzt werden, die
Schutzrechtslage selbständig prüfen (lassen) zu können. Aufgrund der Vielzahl der technischen
Funktionalitäten, die regelmäßig in einem Standard enthalten sind und die gerade die vom Gerichtshof
angesprochene Unübersichtlichkeit bei der Beurteilung der Schutzrechtslage begründet, wird es
erforderlich sein, dass der SEP-Inhaber jedenfalls die Kategorie der technischen Funktionalität des
Standards in einer solchen Weise benennt, dass der vermeintliche Verletzer nun wieder der grundsätzlich
ihm obliegenden Pflicht, die Schutzrechtslage zur prüfen, gerecht werden kann. Wie detailliert dieser
Hinweis zu erfolgen hat, kann nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls entschieden werden.
Hierbei wird insbesondere einzustellen sein, welche Technologiekenntnisse beim Patentverletzer
vorhanden sind bzw. inwieweit er sich solche Kenntnisse in zumutbarer Weise durch professionellen Rat zu
verschaffen hat. Aus Sicht der Kammer sind zur Darlegung des Verletzungssachverhalts in einer den
Anforderungen des Gerichtshofs entsprechenden Weise grundsätzlich jedenfalls die auch im Rahmen von
Lizenzvertragsverhandlungen nach den geschäftlichen Gepflogenheiten sonst üblichen Claim-Charts
ausreichend, die den geltend gemachten oder einen ihm verwandten Anspruch des Klagepatents, der
gleichfalls die entscheidenden Merkmale aufweist, gegliedert nach Anspruchsmerkmalen den
entsprechenden Stellen im Standard gegenüberstellen, ohne dass hierbei die Anforderungen der
Schlüssigkeitsprüfung einer Verletzungsklage erfüllt werden müssen. Insoweit ist in der Regel ausreichend,
dass der angebliche Verletzer den vom SEP-Inhaber erhobenen Vorwurf jedenfalls bei Hinzuziehung
externen oder internen technischen Sachverstandes nachvollziehen kann.
78 Entsprechendes gilt für die weitere Obliegenheit des SEP-Inhabers, der zudem vor Klageerhebung dem
angeblichen Patentverletzer – sofern dieser im Grundsatz seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat,
überhaupt Lizenz nehmen zu wollen – ein konkretes schriftliches Lizenzangebot zu FRAND-Bedingungen
zu unterbreiten hat und insbesondere die Lizenzgebühr und die Art und Weise ihrer Berechnung
anzugeben hat. Vor dem Hintergrund des zuvor geschilderten Verständnisses, das die Kammer zu der
Entscheidung des Gerichtshofs entwickelt hat, ist hierfür erforderlich, dass es sich um ein annahmefähiges
Vertragsangebot handelt, das die vertragswesentlichen Bedingungen enthält. Soweit der Gerichtshof
ausführt, dass der Patentinhaber ein konkretes schriftliches Lizenz-Angebot zu FRAND-Bedingungen
unterbreiten hat, bedeutet dies nicht, dass das Verletzungsgericht für den Fall, dass der (angebliche)
Patentverletzer – wie regelmäßig – in Abrede stellt, dass dieses Angebot FRAND-Kriterien entspricht,
gehalten ist, nunmehr nach objektiven Gesichtspunkten zu entscheiden, ob das Angebot des SEP-Inhabers
tatsächlich FRAND ist oder nicht. Denn hierdurch würde der Verletzungsprozess gerade wieder mit der
Bestimmung belastet, welche Lizenzhöhe exakt und sonstigen Vertragsbedingungen ganz genau diesen
Kriterien entsprechen, was aus Sicht der Kammer nicht das Anliegen des Gerichtshofs war.
Kartellrechtswidrig und ersichtlich nicht FRAND ist ein Angebot erst dann, wenn es sich unter
Berücksichtigung der konkreten Verhandlungssituation und insbesondere der Marktgegebenheit als
Ausdruck von Ausbeutungsmissbrauch darstellt. Dies bedeutet freilich nicht, dass der Patentinhaber sich
mit der bloßen Behauptung begnügen dürfte, seine Forderung sei fair, vernünftig und nicht diskriminierend.
79 Der Patentinhaber hat vielmehr dabei die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr so anzugeben,
dass hierin deutlich wird, aus welchen darzulegenden Gründen er von einer Erfüllung der FRAND-Kriterien
ausgeht. Nach Auffassung der Kammer wird der SEP-Inhaber den angeblichen Verletzer deshalb in die Lage
versetzen müssen, anhand objektiver Kriterien nachzuvollziehen, warum der SEP-Inhaber zu der
Überzeugung gelangt, dass das von ihm unterbreitete Angebot FRAND-Kriterien entspricht. Hierfür ist
nicht ausreichend, dass der SEP-Inhaber bei einem Stücklizenzvertrag schlicht den pro Einheit zu
zahlenden Betrag angibt, ohne zu erläutern, weshalb dieser Betrag nach seiner Ansicht FRAND-
Bedingungen entspricht. Insoweit wird er den Betrag gegenüber dem vermeintlichen Verletzer in
geeigneter Weise transparent zu machen haben, etwa durch Vortrag zu einem in der Vertragspraxis
gelebten und von Dritten akzeptierten Standardlizenzprogramm oder unter Heranziehung anderer
Bezugsgrößen, aus dem die geforderte Lizenzgebühr abgeleitet wird, wie etwa aus einer Poollizenzgebühr,
die in der Praxis für einen Patentpool von Dritten gezahlt wird, der auch für den fraglichen Standard
relevante Patente umfasst.
80 Der Verletzer muss auf dieses, auf konkret dargelegten Tatsachen fußende Angebot reagieren, selbst wenn
es seiner Auffassung – wie regelmäßig – nicht den FRAND-Kriterien entspricht (ebenso im Ergebnis LG
Mannheim, Urteil vom 27.11.2015 – 2 O 106/14 Seite 51 bei (bb) und LG Düsseldorf, Urteil vom 3.
November 2015 – 4a O 144/14). Eine Ausnahme hiervon ist nach der Auffassung der Kammer allein in
solchen Fällen zu machen, in denen sich das Angebot des SEP-Inhabers bereits bei summarischer Prüfung
evident als nicht FRAND und mithin als Missbrauch einer beherrschenden Stellung des SEP-Inhabers
darstellt. Dieses Gegenangebot ist alsbald zu unterbreiten, da der Gerichtshof dem angeblichen
Patentverletzer keine Verzögerungstaktik zugestehen will. Mithin muss vom angeblichen Verletzter auf
das konkrete schriftliche Angebot des SEP-Inhabers so schnell reagiert werden, wie dies nach den
Umständen des Einzelfalls bei Anwendung der in dem Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten
und des Grundsatzes von Treu und Glauben von ihm erwartet werden kann.
81 Schlägt der SEP-Inhaber dieses Angebot aus und hat der angebliche Verletzer das SEP bereits benutzt,
bevor ein Lizenzvertrag geschlossen wurde, verlangt der Gerichtshof, dass er ab dem Zeitpunkt der
Ablehnung des Gegenangebots eine angemessene Sicherheit etwa durch Beibringung einer Bankgarantie
oder durch Hinterlegung leistet. Die Berechnung der Sicherheit muss unter anderem die Zahl der
vergangenen Benutzungshandlungen in Bezug auf das SEP umfassen, für die der angebliche Verletzer eine
Abrechnung vorlegen können muss. Diese Sicherheit muss zudem den in dem betreffenden Bereich
anerkannten Gepflogenheiten entsprechen.
82 2. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Klägerin vorliegend aus kartellrechtlichen Gründen
gehindert, die mit der Klage verfolgten Ansprüche durchzusetzen.
83
a) Ob diese Maßstäbe der Kammer vor dem Hintergrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Karlsruhe
vom 31. Mai 2016, Az.: 6 U 55/15, der meint, dass eine Evidenzkontrolle des Angebots des SEP-Inhabers
einerseits nicht ausreichend sei, andererseits aber ausführt, dem SEP-Inhaber sei bei der Beurteilung, was
FRAND sei, ein Entscheidungsspielraum zuzugestehen, und der lediglich eine summarische Prüfung im
Rahmen eines Antrags auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem erstinstanzlichen
Urteil betrifft, im Detail einer Überprüfung unterzogen werden müssen, kann vorliegend offen bleiben.
84
b) Denn die Klägerin hat vorliegend ihre Obliegenheit nicht erfüllt, gegenüber der Beklagten transparent
zu machen, aufgrund welcher Tatsachen sie den von ihr im Lizenzvertragsangebot geforderten Lizenzsatz
von US$ 1,-- pro Stück für FRAND hält – bzw. warum dieser in der Diktion des Oberlandesgerichts
Karlsruhe im Rahmen des zuzugestehenden Entscheidungsspielraums FRAND ist. Sie hat sich vielmehr
darauf beschränkt, in ihrem Angebot pauschal zu behaupten, dass die angemessene Lizenz US$ 1,-- pro
Stück sei. Insoweit ist nach Auffassung der Kammer die bloße Angabe der Multiplikatoren nicht annähernd
ausreichend, um die Vorgaben der Entscheidung des Gerichtshofs zu erfüllen. Die allgemeine Präsentation
des UMTS-Lizenzprogrammes nach Anlagen K4b und 4c enthält insoweit auch keine weitergehenden
Informationen, die diese Obliegenheit erfüllen könnten.
85
c) Soweit die Klägerin darauf hinweist, die Kammer würde sich in Widerspruch zur Spruchpraxis ihrer
Schwesterkammer setzen, ist die Kammer unter Beachtung des zwischenzeitlich ergangenen und zuvor
zitierten Beschlusses des Oberlandesgerichts Karlsruhe der Auffassung, dass eine bloße Angabe der
Multiplikatoren, die der Berechnung der Lizenzgebühr zugrunde liegen, nicht ausreichend sind. Denn
anhand dieser Parameter ist es dem vermeintlichen Verletzer nicht möglich zu beurteilen, ob das Angebot
– entweder im Sinne einer Evidenzkontrolle wie sie die Kammer vertritt oder im Sinne einer objektiven
Bestimmung unter Berücksichtigung eines auch vom Oberlandesgericht zugestandenen
Entscheidungsspielraums – FRAND ist und gegebenenfalls ein Gegenangebot zu FRAND-Bedingungen zu
machen, da es ihm, wie der Gerichtshof ausführt, regelmäßig gerade an den hierzu nötigen Informationen
über den Lizenzmarkt fehlt, über die der SEP-Inhaber verfügt.
86
d) Soweit die Klägerin entsprechende Erläuterungen erstmals in der Replik gemacht und ein
Sachverständigengutachten von Professor [Y.] (Anlage K5/5a) vorgelegt hat, das nachweisen soll, dass die
Klägerin keine diskriminierende Lizenzrate von der Beklagten verlangt, sind diese nach Klageerhebung
erfolgt und damit nicht mehr geeignet, die vom Europäischen Gerichtshof verfolgte Intention zu erfüllen,
die Verhandlungen unbelastet von der Erhebung einer auf Unterlassung, Rückruf, Entfernung und
Vernichtung gerichteten Klage führen zu können. Insoweit sind die Ausführungen des Europäischen
Gerichtshofs nach Auffassung der Kammer vor dem Hintergrund der Intention, die der Gerichtshof mit
seinem Pflichtenprogramm verfolgt, zu verstehen, dass nicht nur vor Klageerhebung auf die Art und Weise
der vorgeworfenen Patentverletzung hingewiesen werden soll. Sondern dieses zeitliche Erfordernis
bezieht sich gleichfalls auf die Angabe, auf welche Art und Weise sich die Lizenzgebühr im Angebot des
SEP-Inhabers berechnet, also aufgrund welcher Tatsachen die konkret geforderte Gegenleistung für die
Lizenzierung fair, vernünftig und nicht diskriminierend sein soll. Denn nur wenn auch die Art und Weise
der Berechnung der Lizenzgebühr vor Klageerhebung substantiiert wurde, kann sich der angebliche
Verletzer, ohne dem Druck einer bereits erhobenen Unterlassungsklage ausgesetzt zu sein, im
Verhandlungswege entscheiden, ob er gewillt ist, die so transparent gemachten Bedingungen als FRAND
entsprechend anzuerkennen und Lizenz zu nehmen. Soweit die Klägerin auf einen jüngst ergangenen
Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Mai 2016 (Az.: I – 15 U 36/16, Anlage K12) hinweist,
in dem das Gericht erwägt, ob es in allen Fällen erforderlich ist, dass die vom Gerichtshof aufgestellten
Obliegenheiten, hier insbesondere die Verpflichtung zur Erläuterung der Gebührenberechnung, vor
Klageerhebung zu erfüllen sind und ob dies gegebenenfalls als zu formaljuristisches Verständnis der
Entscheidung abzulehnen ist, hält die Kammer an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest. Denn selbst wenn
es prozessual möglich sein sollte, dass die Klägerin, die ihre Obliegenheiten bislang nicht vor
Klageerhebung erfüllt hat, dies nachholt, die zunächst erhobene Klage zurücknimmt und dann unter
Beachtung der Obliegenheiten erneut erhebt, ist zu sehen, dass in diesem Fall in der Zeit zwischen der
Rücknahme der zunächst erhobenen Klage und erneuter Erhebung der Klage Zeit für Verhandlungen
bleibt, in denen die Verhandlungen ohne den unmittelbaren Druck eines gerichtlichen Verfahrens geführt
werden können. Denn selbst wenn der SEP-Inhaber entsprechend im ersten Verfahren die zunächst
unterlassene Erläuterung nachholt, so wird er dem vermeintlichen Verletzer vor erneuter Klageerhebung
eine gewisse Zeit zuzugestehen haben, in der der Beklagte die Argumente prüft, die der SEP-Inhaber zur
Untermauerung der Art und Weise der Berechnung der Lizenzhöhe sowie der Frage, ob die angesonnene
Lizenzgebühr FRAND entspricht, vorgebracht hat. Würde man es uneingeschränkt zulassen, dass der SEP-
Inhaber seine vorprozessual nicht erfüllten Obliegenheiten im Verlauf des Verfahrens sanktionslos
nachholen kann, so würde nach Ansicht der Kammer der Leitgedanke der Entscheidung des Gerichtshof,
Verhandlungen unbelastet von einem anhängigen Verfahren führen zu können und zu diesem Zeitpunkt
über alle Informationen zu verfügen, die eine Beurteilung zulassen, ob das angesonnene
Lizenzvertragsangebot FRAND-konform ist oder nicht, verfehlt. Die Kammer sieht sich in dieser Auffassung
dadurch bestärkt, dass der Gerichtshof insoweit durch Berichtigungsbeschluss klargestellt hat, dass sich
die Worte „vor Klageerhebung“ sowohl auf die Erläuterung zur Patentverletzung als auch auf die
Erläuterung der geforderten Lizenzgebühr beziehen.
87
e) Die Klägerin war auch vorliegend nicht etwa von dieser Obliegenheit entbunden, weil sich die Beklagte
als lizenzunwillig gezeigt hätte. Denn selbst wenn im Zuge der Verhandlungen zwischen den Parteien
vereinzelt eine Zahlung von Lizenzgebühren durch die Beklagte in einzelnen Aussagen abgelehnt worden
sein sollte, so hat die Beklagte sich nach Auffassung der Kammer nicht grundsätzlich lizenzunwillig
gezeigt. Dies kommt etwa in dem als Anlage B1 vorgelegten Schreiben der [...] vom 20. November 2015
zum Ausdruck, in dem die Muttergesellschaft der Beklagten, mit der die Verhandlungen seitens der
Klägerin stets geführt wurden, beanstandet, dass die Klägerin es bislang verabsäumt habe, im Einklang mit
der Entscheidung des Gerichtshofs darzulegen, weshalb sie meint, dass die von ihr geforderte
Lizenzgebühr FRAND ist (vgl. ebenda, 2. Seite bei c und letzte Seite bei 5.). Diese Aufforderung
wiederholte die Beklagte in einem Schreiben vom 4. Dezember 2015 (Anlage B2). Sie zeigte sich zudem
bereit, eine Lizenz zu einem Lizenzsatz von [x] % des Nettoverkaufspreises je Einheit zu zahlen
(Schreiben vom 12. Januar 2016, Anlage B5 ). Zudem kommt die Bereitschaft der Beklagten Lizenz zu
nehmen darin zum Ausdruck, dass sie der Klägerin vorprozessual die Übertragung bestimmter eigener
Patente im Austausch vorgeschlagen hat, selbst wenn die Klägerin dieses Angebot als für sie uninteressant
verworfen hat. Ihre Bereitschaft, sich im Grundsatz mit der Klägerin über eine Lizenznahme
auszutauschen, belegt zudem der Umstand, dass die Beklagte das umfängliche, als Anlage B11 vorgelegte
Gutachten hat erstatten lassen, um die von ihr für FRAND erachtete Lizenzgebühr zu untermauern. Denn
selbst wenn dies erst nach Klageerhebung erfolgt ist, so reflektiert dies dennoch nach Ansicht der Kammer
die grundsätzliche Bereitschaft, über eine Lizenznahme zu verhandeln auch dann, wenn die von der
Klägerin behaupteten und unter Beweis gestellten Äußerungen von Vertretern der [...] im Zuge der
Verhandlungen gefallen sein sollten.
88
Als Indiz für die grundsätzliche Bereitschaft der Beklagten, in Lizenzvertragsverhandlungen mit der
Klägerin einzutreten, wertet die Kammer dabei auch den Umstand, dass die Beklagte inzwischen einen
namhaften Betrag bei Gericht hinterlegt hat, der die Umsätze mit ihren LTE-/UMTS-fähigen Produkten
weltweit abdecken soll. Denn selbst wenn dies erst nach Klageerhebung geschehen ist, lässt dieser
Umstand dennoch indizielle Rückschlüsse auf die Lizenzwilligkeit der Beklagten vor Klageerhebung zu, die
das gefundene Ergebnis aus Sicht der Kammer bestätigen, dass es sich bei der Beklagten bzw. deren
Muttergesellschaft nicht um einen von vornherein gänzlich lizenzunwilligen Verletzer handelt.
89
Diese Umstände, die teils Vorgänge nach Klageerhebung betreffen, sind gleichwohl aus Sicht der Kammer
mit in die Beurteilung der potentiellen Lizenzwilligkeit der Beklagten einzubeziehen, soweit sie
Rückschlüsse auf die Intention der Beklagten in der Zeit vor Erhebung der Klage zulassen. Die
geschilderten Umständen dokumentieren mithin, dass es sich bei der Beklagten nicht um einen
Verhandlungspartner handelt, der erst und allein unter dem Eindruck der Klageerhebung erstmals eine
angebliche Lizenzwilligkeit vorspiegelt.
90 V. Die Beklagte kann gegenüber der Klägerin auch nicht mit Erfolg den Einwand der Erschöpfung führen.
91 Zum einen hat die Beklagte insoweit vorgetragen, dass in ihren Mobiltelefonen neben Chips der Firma [X.]
ohnehin auch Chips der Firma [...] zum Einsatz kämen. Dass hinsichtlich dieser Chips Erschöpfung
eingetreten wäre, trägt die Beklagte nicht vor, sodass selbst für den Fall, dass sich die Beklagte hinsichtlich
der Chips der Firma [X.] auf Erschöpfung berufen könnte, der Vorwurf der Patentverletzung nicht
ausgeräumt ist.
92 Zum anderen hat die Beklagte mit Blick auf die Lizenz der Firma [X.] lediglich vorgetragen, dass diese mit
der Klägerin einen Kreuz-Lizenzvertrag über UMTS-Patente abgeschlossen habe, wobei sie derzeit nicht
substantiierter zu der Frage weiter vortragen könne, ob sie aus dieser Vertragsbeziehung eigene Rechte
ableiten könne. Dies müsse zuwarten, bis sie den im US-Discovery-Verfahren erlangten, indes mit einer
Protective Order belegten Vertrag auf Anordnung der Kammer im hiesigen Verfahren vorlegen könne. Aus
dem Vertrag folge, dass die Chips autorisierten Käufern wie der Beklagten Rechte an den UMTS-Patenten
vermittelten. Die Chips setzten als Hardware jedenfalls die hier wesentlichen Funktionalität des UMTS-
Standards um, selbst wenn es einen „überschießenden“ Teil der geltend gemachten Ansprüche geben
sollte, die durch andere Teile des Mobiltelefons verwirklicht werden sollten. Demnach würden die Chips
jedenfalls die erfindungswesentlichen Schritte umsetzen.
93 Diesbezüglich hat die Klägerin vorgetragen, dass es zwar vertragliche Beziehungen zwischen der Firma
[X.] und ihr gebe, allerdings lediglich Produkte von [X.] selbst und hier auch nur die Hard- nicht aber die
Software lizenziert worden seien und sich der Vertrag nicht auf Mobiltelefone Dritter erstrecke, in denen
[X.]-Chips zum Einsatz kämen. Die standardgemäßen Prozeduren würden allein durch die Software in
Form eines Protokoll-Stacks implementiert, die auf diese Hardware durch einen Lohnfertiger der [...]-
Gruppe aufgespielt werde. Überdies seien die Chips von [X.] ohnehin allenfalls in den USA oder in Asien mit
Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht worden, nicht aber im Europäischen Wirtschaftsraum.
94 Die Beklagte hat ihren diesbezüglichen Vortrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht weiter
substantiiert, weshalb der Einwand der Erschöpfung nicht greift. Schon nach ihrem eigenen Vortrag setzen
die [X.]-Chips nicht alle Aspekte der technischen Lehren der geltend gemachten Ansprüche um.
95 VI. Eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO mit Blick auf das von der [...] vor der Rechtsbank
Den Haag angestrengte Verfahren ist nicht angezeigt, da die dort zur Klärung anstehende Frage nicht
vorgreiflich für das hiesige Verfahren ist.
96 Zum einen ist es die Aufgabe der erkennenden Kammer erforderlichenfalls festzustellen, ob das Angebot
der Klägerin FRAND-konform ist, sodass sie die Auffassung der Rechtsbank Den Haag allenfalls nach Erlass
einer Entscheidung in ihre Erwägungen einzustellen hätte, zum anderen kommt es auf die Frage, ob das
Angebot der Klägerin tatsächlich – sei es im Sinne einer Evidenzkontrolle, sei es im objektiven Sinne bei
Anwendung eines der Klägerin zuzugestehenden Entscheidungsspielraums – FRAND ist, vorliegend nicht
an, da die Klägerin wie ausgeführt bereits vor Klageerhebung Erläuterungen dazu, warum der von ihr
geforderte Lizenzsatz FRAND sein soll, unterlassen hat.
97 VII. Schließlich ist auch keine Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits mit Blick auf die von der [...]
erhobene Nichtigkeitsklage geboten.
98 1. Eine solche Aussetzung suspendiert die Durchsetzung der Rechte aus dem Klagepatent. Da der
Verletzungsrichter im Grundsatz an den Erteilungsakt gebunden ist, kommt eine Suspendierung der aus
erteilten Ausschließlichkeitsrecht folgenden Befugnisse nur unter besonderen Umständen in Betracht. Die
bloße Möglichkeit, dass das Klagepatent vernichtet wird, ist insoweit nicht ausreichend. Vielmehr ist
erforderlich, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BGH, Urteil vom 16. September 2014 – X ZR
61/13, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten) für die Vernichtung des Klagepatents besteht.
99 2. Es kann vorliegend offen bleiben, ob die Beklagte durch ihre pauschale Bezugnahme auf den Vortrag der
[...] in einem weiteren, bei der Kammer geführten Verfahren hinreichend dargetan hat, warum eine
Vernichtung aus fachmännischer Sicht hinreichend wahrscheinlich ist. Denn die in Bezug genommene
Nichtigkeitsklage vermag diesen Maßstäben nicht zu genügen.
100 a) Unabhängig von dem zwischen den Parteien bestehenden Dissens über das Veröffentlichungsdatum der
Entgegenhaltung „Optimal Antipodal Signaling“ (Anlage [...] 6 / [...] 3) kann sich die nicht fachmännisch
besetzte Kammer keine hinreichende Überzeugung davon bilden, dass die Lehre des Klagepatents
hierdurch neuheitsschädlich getroffen wird.
101 aa) Eine neuheitsschädliche Offenbarung erscheint bereits deshalb fraglich, weil die Nichtigkeitsklage der
[...], die sich die Beklagte zu eigen machen will, hinsichtlich der Merkmal a, b, c und d nur darlegt, der
Fachmann lese diese Merkmal als selbstverständlich mit, wohingegen eine explizite Offenbarungsstelle in
der Entgegenhaltung nicht benannt ist. Die nicht fachmännisch besetzte Kammer kann naturgemäß nicht
abschließend beurteilen, ob diese Lesart tatsächlich diejenige des angesprochenen Fachmannes ist und die
Schrift daher durch eine implizite Offenbarung als neuheitsschädlich zu bewerten ist.
102 bb) Dies kann im Ergebnis aber offen bleiben, da die Schrift aus Sicht der Kammer jedenfalls nicht
hinreichend deutlich für einen Nicht-Fachmann zeigt, dass die dort verwendeten Parameter pfack und
pfnack, die nach der Darlegung der Nichtigkeitsklägerin „seitens der Basisstation ein bestimmtes
Qualitätserfordernis an die tolerierten Wahrscheinlichkeiten falsch erkannter ACK- bzw. NACK-Nachrichten
an das Endgerät in Form erforderlicher Wahrscheinlichkeiten“ stellen sollen, – bei Zugrundelegung
derselben Maßstäbe an die Auslegung des Merkmals f2 wie bei der Beurteilung der Verletzung – als
Angabe eines – sei es auch nur mittelbar bestimmbaren – Leistungspegels verstanden werden können.
Denn selbst wenn die in der Schrift erwähnten Verstärkungsparameter k und l für den Fall, dass die
überwachten Werte für pfack und pfnack nicht dem durch die Basisstation in Form von pfack_req und
pfnack_req vorgegebenen Qualitätserfordernis entsprechen, dazu führen sollten, dass die
Verstärkungsparameter k und l angepasst werden und hierdurch wiederum die Sendeleistung der ACK- und
NACK-Signale angepasst wird, so kann seitens der nicht fachmännisch besetzten Kammer insoweit nicht
hinreichend sicher beurteilt werden, ob der Fachmann hierdurch als in der Schrift offenbarten Lehre
unmittelbar und eindeutig offenbart entnimmt, dass die beschriebene Leistungsanpassung für jeden
Signaltyp im Sinne des Merkmals f2 in Abhängigkeit einer Angabe des Leistungspegels seitens der
Primärstation zu der Sekundärstation vorgenommen wird und mithin die nach dem Vortrag der
Nichtigkeitsklägerin stattfindende Leistungsanpassung als Mittel zur sicheren Detektion der ACK-/NACK-
Nachrichten durch die Primärstation eingesetzt wird. Zwar könnte somit die Ausführungen der
Nichtigkeitsklägerin als zutreffend unterstellt in der Schrift faktisch eine Leistungsanpassung stattfinden,
diese sich aber lediglich als Vorgang gelegentlich der Anpassung der erwarteten
Fehlerwahrscheinlichkeiten darstellen und vom Fachmann nicht hinreichend eindeutig als Mittel zur
Lösung der Fehldetektion des ACK-/NACK-Signals durch Vorgabe eines Leistungspegels zu erkennen sein.
Dies zu beurteilen, muss vorliegend dem Rechtsbestandsverfahren vorbehalten bleiben, ohne dass deshalb
der Verletzungsstreit auszusetzen wäre.
103 b) Soweit die Nichtigkeitsklägerin, auf deren Argumentation sich die hiesige Beklagte bezieht, weiter
argumentiert, die klagepatentgemäße Lehre erweise sich vor dem Hintergrund einer Kombination der
Schriften [...]6 / [...] 7 und [...] 8 als nicht erfinderisch, ist die nicht fachmännisch besetzte Kammer nicht in
der Lage eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür festzustellen, dass sich insoweit keine vernünftigen
Argumente mehr für eine erfinderische Tätigkeit finden lassen.
104 Der Kammer erscheint bereits fraglich, ob die Schrift [...] 6 / [...] 7 überhaupt eine gesonderte
Verstärkungssteuerung für ACK-Nachrichten einerseits und NACK-Nachrichten andererseits zeigt, sodass
offen ist, ob der Fachmann der Schrift das Merkmal f1 entnimmt. Zwar wird auf deren Seite 2, Absatz 1
davon gesprochen, dass eine gesonderte Verstärkungssteuerung für die ACK-Bits verwendet werden
könne, ob dies aber wie die Nichtigkeitsklägerin meint den weitergehenden Schluss zulässt, dass damit
eine gesonderte Verstärkungssteuerung für ACK-Nachrichten im Gegensatz zu einer anderen
Leistungspegelsendung von NACK-Nachrichten offenbart ist, kann die Kammer nicht hinreichend sicher
beurteilen. Denn insoweit könnte es zutreffend sein, dass der Fachmann den Begriff „ACK-Nachricht“ der
Schrift im Sinne eines
pars pro toto versteht, der ACK- und NACK-Nachrichten gleichermaßen erfasst, wie
die hiesige Klägerin mit Blick darauf vorträgt, dass die in der Figur 1 der Schrift vorgeschlagene DPCCH-
Struktur sowie die Tabelle 1 auf Seite 2 der Schrift lediglich ein Feld Ack mit einer Anzahl Nack bits bzw
nur eine Anzahl von 4 oder 6 Bits zur Übertragung der Nachricht Nack zeigt, hingegen aber kein
eigenständiges Feld für NACK-Nachrichten, sodass es naheliegen könnte, dass die Schrift, die sowohl ACK-
als auch NACK-Nachrichten kennt, hierdurch beide Typen von Nachrichten kennzeichnet. Denn ansonsten
wäre gar keine Übermittlung von NACK-Nachrichten in der vorgeschlagenen DPCCH-Struktur vorgesehen,
was im Widerspruch zur vorher vorgenommenen Differenzierung von ACK-und NACK-Nachrichten stehen
würde.
105 VIII. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 S. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.