Urteil des LG Mainz vom 20.06.2007

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AGB-Recht
Kaufrecht
LG
Mainz
20.06.2007
72 C 369/06
Ein Verein der Fußballbundesliga kann einen Dauerkarteninhaber vom künftigen Bezug von Dauerkarten ausschließen,
wenn dieser entgegen den Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen des Vereins seine Dauerkarte bei ebay
versteigert. Die Sicherheitsinteressen des Vereins überwiegen das Interesse des Dauerkarteninhabers an dieser
Vertriebsform.
Aktenzeichen:
3 S 220/06
72 C 369/06 AG Mainz
Verkündet am: 20.06.2007
V., JSin
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
Z. T., in M.
-Kläger und Berufungskläger-
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte R., K. & F., in M.
gegen
1. F. M. e.V., vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden H. S., in M.
-Beklagter und Berufungsbeklagter-
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte S. & E., in M.
wegen
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Mainz
auf die mündliche Verhandlung vom 30.05. 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht B. als Einzelrichter
für R e c h t erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Mainz vom 31.10. 2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO); von der
Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO).
Im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen, denn dem Kläger steht aus keinem rechtlichen
Gesichtspunkt ein Anspruch gegen den beklagten Verein auf Zurverfügungstellung von vier Dauerkarten für dessen
Bundesligaheimspiele für den Block „N“ Zug um Zug gegen Übergabe des wirtschaftlichen Gegenwerts zu.
Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Ob der Kläger als Dauerkarteninhaber für die Saison 2005/2006 bereits einen Anspruch auf Überlassung von
Dauerkarten für die nachfolgende Saison oder ob er hierdurch lediglich eine Option erworben hatte, d.h. das Recht, im
Rahmen der Verfügbarkeit erneut Dauerkarten vom Beklagten angeboten zu bekommen, kann dahinstehen. Für die
Option spricht, dass für den Dauerkarteninhaber die Dauerkarten für die neue Saison lediglich reserviert werden und der
Vertrag erst mit der Zahlung zustande kommt.
Der Beklagte brauchte dem Kläger aber keine Dauerkarten zu reservieren, denn er konnte ihn vom Bezug für die
Dauerkarten ausschließen. Unstreitig hat der Beklagte eine der vier Dauerkarten, die er für die Bundesligasaison 2004/
2005 als sog. Sammelbesteller erworben hatte, über „ebay“ zu einem Preis von 153 EUR veräußert. Damit hat der Kläger
gegen Nr. 7 S. 2 Ziff. a) der Allgemeinen Ticket-Geschäftsbestimmungen (ATGB) verstoßen, wonach es dem Ticketinhaber
untersagt ist, Tickets bei Internet-Auktionshäusern zum Verkauf anzubieten. Als Sanktion sieht Nr. 7 ATGB u.a. vor, dass
sich der Club das Recht vorbehält, „Personen, die gegen die Untersagungen in Nr. 7 ATGB verstoßen, in Zukunft vom
Ticketerwerb auszuschließen.“
Wie die Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer ergeben hat, waren dem Kläger diese ATGB bekannt, denn sie
sind in den Vertrag über den Dauerkartenbezug des Klägers einbezogen worden. Dieser war unstreitig seit dem Aufstieg
des Beklagten in die 1. Fußball-Bundesliga im Jahre 2004 Bezieher von vier Dauerkarten. Der Zeuge K., Geschäftsführer
des Beklagten, hat hierzu erläutert, dass der Dauerkarteninhaber zu Beginn der neuen Saison ein
Reservierungsschreiben erhält, aus dem die Anzahl und Kategorie der Dauerkarten aus der Anlage ersichtlich ist. Auf der
Rückseite der Anlage sind die ATGB abgedruckt. Der Kläger hat auf Befragen eingeräumt, für die Saison 2005/2006 ein
solches Reservierungsschreiben und auch die Anlage, in der die vier Dauerkarten, die auf seinen Namen gelaufen sind,
aufgeführt waren, erhalten zu haben. Dass er nicht wusste, ob auf der Rückseite der Anlage die ATGB abgedruckt waren,
ist für die Einbeziehung der ATGB ohne Bedeutung. Die Kammer geht aufgrund der von dem Zeugen K. glaubhaft und
nachvollziehbar geschilderten Vertriebspraxis davon aus, dass die ATGB auf der Rückseite der Anlage, die der Kläger
unstreitig erhalten hat, abgedruckt waren. Der Kläger hatte somit gemäß § 305 Abs. 2 BGB die Möglichkeit der
Kenntnisnahme, er war auf der Vorderseite des Reservierungsschreibens auch ausdrücklich auf die „beiliegenden
Informationen (u.a. ATGB´s)“ hingewiesen worden. Sein Einverständnis mit der Einbeziehung hat der Kläger dadurch
schlüssig erklärt, dass er das schriftliche Vertragsangebot des Beklagten auf Bezug von Dauerkarten für die Saison
2005/2006 angenommen hat (Palandt-Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 305 Rdn. 43).
Das Verbot, Tickets zum Verkauf in Internetauktionshäusern anzubieten, führt nicht zu einer unangemessenen
Benachteiligung des Klägers. Die Sicherheitsinteressen des Beklagten als Klauselverwender überwiegen das Interesse
des Klägers als Vertragspartner an dieser Vertriebsform. Der Ticketinhaber, der sein Ticket in eine Internetauktion
einstellt, hat es grundsätzlich nicht mehr in der Hand, wem gegenüber er sich vertraglich binden wird. Insofern könnte er
sich auch gegenüber einer Person zur Übertragung des Tickets verpflichten, die aus Sicherheitsgründen vom Besuch von
Fußballspielen ausgeschlossen ist. Ein das Ergebnis korrekturfähig gestaltendes Widerrufsrecht aus § 312 d BGB
(Fernabsatzvertrag) stünde dem Ticketinhaber in seiner Rolle als Verkäufer von vornherein nicht zu Seite, und zwar auch
dann nicht, wenn er selbst Verbraucher ist (BGH NJW 2005, 53). Ein im Sicherheitsinteresse gesteuerter Verkauf der
Tickets durch den Beklagten, worauf dieser in Ziffer 7 S. 1 der ATGB ausdrücklich hinweist, würde durch einen Handel der
Tickets im Rahmen von Internetauktionen konterkariert (Gutzeit, Handelsbeschränkungen für Eintrittskarten, BB 2007,
113, 117 m.w.N.). Dass dem Kläger andere Vertriebswege offenstanden, um sein Ticket wirtschaftlich zu verwerten, etwa
durch eine Zeitungsanzeige, bedarf keiner näheren Erwähnung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen.