Urteil des LG Limburg vom 30.07.2009

LG Limburg: eltern, produkt, anlageberatung, anwaltskosten, vorzeitige kündigung, rendite, verzinsung, anleger, mitverschulden, kapitalanlage

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Gericht:
LG Limburg 2.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 O 41/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 BGB, § 328 Abs 1 BGB, §
195 BGB, § 199 Abs 1 BGB
Haftung bei Kapitalanlageberatung bei Werbung für
britische Lebensversicherungspolice mit falschen,
überhöhten Vergangenheitsrenditen
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 46.804,60 € nebst Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2006 sowie
vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.843,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 10 % und der Beklagte 90 %
zu tragen.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des
jeweils zu vollstreckenden Betrages und für den Beklagten ohne
Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf eine Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in
Höhe des 1,1-fachen des aufgrund des Urteils für den Beklagten vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
Höhe des 1,1-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen einer Anlageberatung auf
Schadensersatz in Anspruch.
Der Beklagte ist Inhaber der Wettengel Finanz- und Wirtschaftsberatung. Er
schaltete in der Zeitung „…“ am 22.3.2002 eine Werbung für britische
Lebensversicherungspolicen (Anlage K 1, Bl. 18 d.A.). Der Beklagte warb in der
Anzeige als unabhängiger Makler mit hohen Vergangenheitsrenditen der Policen
und bot eine ausführliche Beratung an. Auf die Anzeige hin wandte sich die Mutter
der Klägerin, Frau …, wegen der Anlage eines Kapitalbetrages von 200.000,-- € an
den Beklagten.
Den Eltern der Klägerin stand aufgrund einer notariellen Vereinbarung vom
5.9.2001 (Anlage K 2, Bl. 19 ff. d.A.) auf Lebenszeit ein Nießbrauchsrecht an einem
der Klägerin aus dem Verkauf eines Grundstücks zugeflossenen Kapitalbetrag von
800.000,-- DM abzüglich anteiliger Nebenkosten zu. Es kam in der Folgezeit zu
mehreren Besprechungen über die Anlage eines Kapitalbetrages von 200.000,-- €
aus dem dem Nießbrauchsrecht der Eltern der Klägerin unterliegenden Vermögen.
An den Besprechungen nahmen neben dem Beklagten und den Eltern der Klägerin
zum Teil auch deren Tante und die Schwester der Klägerin teil. Die Parteien
streiten darüber, ob auch die Klägerin bei den Besprechungen zugegen war.
Bei den Gesprächen wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass nur eine sichere
Kapitalanlage in Betracht komme, die gleichzeitig Chancen beinhalte, gute
Renditen zu erzielen. Dem Beklagten wurde außerdem mitgeteilt, dass die
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Renditen zu erzielen. Dem Beklagten wurde außerdem mitgeteilt, dass die
erwirtschafteten Erträge regelmäßig jährlich zur Sicherung des Lebensunterhalts
der Eltern der Klägerin entnommen werden sollten. Dem Beklagten war darüber
hinaus bekannt, dass das angelegte Kapital nach Ablauf der Anlage an die Klägerin
ausbezahlt werden sollte. Die Parteien streiten darüber, ob dem Beklagten auch
mitgeteilt wurde, dass es sich bei dem anzulegenden Kapitalbetrag bereits um
Vermögen der Klägerin handelte.
Der Beklagte stellte bei den Besprechungen die Möglichkeit einer Kapitalanlage bei
dem englischen Unternehmen … in einer Lebensversicherungspolice mit dem
Produktnamen „…“ vor. Der Beklagte erklärte, dass die Produkte des
Unternehmens … in der Vergangenheit zwischen 12 % und 30 % Jahresrendite
erwirtschaftet hätten und schlug eine jährliche Entnahme von 8 % oder 8,5 % vor.
Tatsächlich wurde sodann eine Entnahme von 7,5 % jährlich vereinbart.
Der Beklagte übergab im Zusammenhang mit den Besprechungen
Werbeunterlagen des Unternehmens … (Anlage K 3, Bl. 26 f. d.A.), die sich neben
dem Produkt „…“ auf so genannte „…“ Produkte und Produkte der „…“ bezogen.
Der Beklagte richtete außerdem ein Schreiben vom 24.3.2002 (Anlage K 5, Bl. 31
d.A.) an die Mutter der Klägerin. In dem Schreiben erklärte der Beklagte bezogen
auf eine Einmaleinlage von 100.000,-- € und eine jährliche Entnahme von 7.500,--
€, verteilt auf vierteljährliche Ausschüttungen: „Bei diesem Wert kann man damit
rechnen, falls sich die …-Policen genauso gut entwickeln, wie in den letzten
Jahrzehnten, dass Ihr eingebrachtes Kapital nicht verzehrt wird. Im Gegenteil, am
Ende der Laufzeit hätten Sie bei durchschnittlicher Wertentwicklung, trotz der
vierteljährlichen Auszahlungen, Ihr Kapital vermehrt.“
Der Beklagte fügte dem Schreiben eine unverbindliche Musterberechnung (Bl. 77
ff. d.A.) bei, in der bei einer angenommenen Wertentwicklung von 8,5 % unter
Berücksichtigung der vierteljährlichen Entnahmen eine Leistung bei Ablauf von
11.462,-- € angegeben war. Der Beklagte fügte dem Schreiben vom 24.3.2002
außerdem eine mit „Langzeitperformance von …“ überschriebene Übersicht bei,
aus der sich Vergangenheitsrenditen im Bereich von 11,36 % bis 13,30 % ergaben.
Die Übersicht enthielt den Hinweis darauf, dass Ergebnisse aus der Vergangenheit
keine Garantie für zukünftige Wertentwicklungen seien.
Aufgrund der Beratung des Beklagten schloss die Klägerin eine
Versicherungspolice … bei dem Unternehmen … mit einem Anlagebetrag von
200.000,-- € ab. Dabei waren die zu Gunsten der Eltern der Klägerin
auszuzahlenden vierteljährlichen Zinsentnahmen auf 3.750,-- € festgesetzt und
ein Anlagezeitraum von 10 Jahren vereinbart. Anstelle einer Darstellung weiterer
Einzelheiten wird auf die Kopie des Versicherungsscheins (Anlage K 4, Bl. 28 f. d.A.)
Bezug genommen.
Der deklarierte Wertzuwachs der … Police betrug nach den von der Klägerin
vorgelegten Informationsschreiben des Unternehmens … vom 28.5.2003 (Anlage
K 6, Bl. 33 ff. d.A.), 28.5.2004 (Anlage K 7, Bl. 36 ff. d.A.) und 31.5.2005 (Anlage K
8, Bl. 39 ff. d.A.) im Jahr 2003 3 %, im Jahr 2004 1,5 % und im Jahr 2005 0,5 %.
Im Jahr 2004 telefonierte der Beklagte mehrmals mit der Mutter der Klägerin und
riet ihr, die vierteljährlichen Entnahmen der aktuellen Verzinsung anzupassen. Die
Klägerin nahm keine Änderung der festgelegten vierteljährlichen Entnahmen vor.
Die Klägerin kündigte die Lebensversicherung mit Wirkung zum 5.7.2006 und
erhielt gemäß einem Schreiben des Unternehmens … vom 24.7.2006 nebst
Verkaufswertauszug (Anlage K 10 u. 11, Bl. 45 f. d.A.) aus dem Verkauf der Police
einen Auszahlungsbetrag von 144.699,21 €.
Die Klägerin hätte den Betrag von 200.000,-- € ohne die Beratung des Beklagten
in festverzinslicher Form angelegt. Bei einer Anlage des Betrages als Sparbrief
hätte sich für den Zeitraum vom 1.6.2002 bis zum 28.7.2006 unter
Berücksichtigung der tatsächlichen vierteljährlichen Entnahmen zugunsten der
Eltern der Klägerin bei einer tatsächlich erzielbaren Verzinsung von 5 % pro Jahr
gemäß der Aufstellung der Klägerin in der Anlage K 14 (Bl. 140 d.A.) ein
Kapitalbetrag von 192.719,32 € zu Gunsten der Klägerin ergeben. Üblicherweise
fällt bei Abschluss eines Sparbriefs eine Einrichtungs- oder Bearbeitungsgebühr
an, die in der Aufstellung der Klägerin nicht berücksichtigt ist.
Die Klägerin forderte den Beklagten mit Anwaltsschreiben ihrer
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Die Klägerin forderte den Beklagten mit Anwaltsschreiben ihrer
Prozessbevollmächtigten vom 27.11.2006 (Anlage K 12, Bl. 47 ff. d.A.) auf, wegen
des ihr durch den Verkauf der Anlage entstandenen Schadens bis zum 10.12.2006
52.239,14 € Schadensersatz und die in dem Schreiben mit insgesamt 1.977,22 €
berechneten Anwaltskosten zu zahlen.
Die Klägerin behauptet, sie sei dem Beklagten bereits bei dem ersten
Beratungsgespräch vorgestellt worden und auch bei den folgenden
Beratungsgesprächen anwesend gewesen. Der Beklagte sei deutlich darauf
hingewiesen worden, dass der anzulegende Betrag dem Vermögen der Klägerin
zuzuordnen sei. Der Beklagte habe ständig betont, dass eine Rendite von jährlich
8 bis 12 % zu erwarten sei. Der Beklagte habe auf Nachfrage der Klägerin, ob eine
Vermittlungsgebühr anfalle, geantwortet, dass die Gebühr durch die Erträge der
Anlage erwirtschaftet werde und überdies nicht ins Gewicht falle. Die Klägerin habe
gegenüber dem Beklagten unmissverständlich geäußert, dass sie nicht zur
Zahlung eines Ausgabenaufschlages von 7,5 % der Anlagesumme bereit gewesen
sei. Der Beklagte habe die Klägerin auch nicht über die weiteren anfallenden
Gebühren, insbesondere die jährliche Managementgebühr von 1 % des aktuellen
Wertes der Anlage sowie eine monatlich anfallende Pool-Gebühr in Höhe von 0,042
% des aktuellen Anlagewertes informiert. Der Beklagte habe vor Abschluss des
Versicherungsvertrages auch keinen Prospekt des Unternehmens …,
insbesondere nicht das Informationsheft „Verbraucherinformation und
Policenbedingungen des Unternehmens …“ ausgehändigt.
Der Beklagte habe die Klägerin bei Abschluss der Versicherungspolice im Jahr 2002
mit der Angabe, dass eine Rendite von jährlich 8 % bis 12 % zu erwarten sei, falsch
beraten. Die Anlage habe zuvor in der Vergangenheit entgegen der Angabe des
Beklagten auch nicht regelmäßig Renditen im Bereich zwischen 12 % und 30 %
erwirtschaftet.
Die Klägerin hat die zunächst in Höhe einer Hauptforderung von 52.239,14 € nebst
842,25 € Anwaltskosten erhobene Klage um einen Betrag von 1.977,22 €
Anwaltskosten erweitert und die Klage sodann mit Zustimmung des Beklagten
hinsichtlich des eine Hauptforderung von 48.020,11 € und Anwaltskosten von
1.977,22 € übersteigenden Betrages zurückgenommen.
Die Klägerin beantragt nunmehr:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 49.997,33 zzgl. Zinsen in Höhe
von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 11.12.2006 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er habe in Bezug auf die Höhe der Rendite in der Zukunft
keine Versprechungen gemacht, sondern darauf hingewiesen, dass für die
zukünftige Wertentwicklung keine Garantie übernommen werden könne. Er habe
lediglich auf Werte der Vergangenheit hingewiesen und im Rahmen der
Beratungsgespräche die entsprechenden Unterlagen der Verbraucherinformation
und die Policebedingungen betreffend das Jahr 2002 ausgehändigt. Über die
Einrichtungs- oder Bearbeitungsgebühr sei ebenso gesprochen worden wie über
die weiteren Gebühren während der Laufzeit des Vertrages.
Der Beklagte beruft sich auf die Einrede der Verjährung.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin treffe ein Mitverschulden, da sie die
Entnahmen trotz des Hinweises des Beklagten im Jahre 2004 nicht an die
tatsächliche Renditeentwicklung anpasste und vorzeitig kündigte.
Das Gericht hat gemäß dem Beweisbeschluss vom 2.11.2007 (Bl. 128 f. d.A.)
durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben. Anstelle
einer Darstellung des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten
des Sachverständigen vom 8.1.2009 (Bl. 177 ff. d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen
unbegründet.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus einem Anlageberatungsvertrag ein
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Der Klägerin steht gegen den Beklagten aus einem Anlageberatungsvertrag ein
Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Höhe von 46.804,60 € zu.
Der Beklagte war durch die Inanspruchnahme seiner Beratungsleistungen für die
Anlage des Kapitalbetrages von 200.000,-- € vertraglich zur Anlageberatung
verpflichtet. Der Beklagte hatte in seiner Zeitungsanzeige vom 22.3.2002 mit der
Erbringung von Beratungsleistungen zur Wahl einer richtigen Anlagestrategie
geworben und sich selbst als unabhängiger Makler bezeichnet. Die aufgrund der
Zeitungsanzeige zustande gekommenen Beratungsgespräche über die Anlage
des Kapitalbetrages von 200.000,-- € führten damit auch ohne die Vereinbarung
eines Entgelts zum Abschluss eines Beratungsvertrages, der den Beklagten zur
anleger- und anlagegerechten Beratung bezüglich der Anlage des Kapitalbetrages
von 200.000,-- € verpflichtete.
Die aus dem Anlagevertrag resultierenden Beratungspflichten oblagen dem
Beklagten auch gegenüber der Klägerin. Es kann offen bleiben, ob die Klägerin
selbst Vertragspartnerin des Beklagten geworden ist, indem sie – wie von ihr
behauptet – an den Beratungsgesprächen teilgenommen und deutlich gemacht
hat, dass der anzulegende Kapitalbetrag zu ihrem Vermögen gehörte. Die Klägerin
war nämlich aus dem Anlageberatungsvertrag zumindest unter Berücksichtigung
der Grundsätze über Verträge zu Gunsten Dritter gemäß § 328 Abs. 1 BGB
berechtigt. Die Auslegung des Beratungsvertrages ergibt mit Rücksicht auf die
Umstände der Beratung, insbesondere die Zwecksetzung des Vertrages, dass
dem Beklagten die Beratungsleistungen zumindest auch gegenüber der Klägerin
obliegen sollten. Für den Beklagten konnte auch nach seinem Vorbringen kein
Zweifel daran bestehen, dass die Beratung über die Anlage des Kapitalbetrages
neben den Interessen der Eltern der Klägerin auch den eigenen Interessen der
Klägerin diente, weil der anzulegende Kapitalbetrag zumindest wirtschaftlich der
Klägerin zuzuordnen war. Der Beklagte hat zugestanden, dass ihm bekannt war,
dass das angelegte Geld nach Ablauf der Anlage an die Klägerin als begünstigte
Person ausgezahlt werden sollte. Für den Beklagten war damit erkennbar, dass die
Anlageberatung im Hinblick auf die unstreitig verfolgte Zielsetzung einer Sicherung
des anzulegenden Kapitals der Klägerin zugute kommen sollte, während die Eltern
der Klägerin wirtschaftlich ausschließlich an den Kapitalnutzungen interessiert
waren, die ihnen durch die regelmäßigen Entnahmen zufließen sollten. Es kann in
Anbetracht der vom Beklagten zutreffend erfassten wirtschaftlichen
Zwecksetzung, die die Klägerin und ihre Eltern mit der Kapitalanlage verfolgten,
offen bleiben, ob der Beklagte aufgrund der Beratungsgespräche auch erkennen
konnte, dass der anzulegende Kapitalbetrag rechtlich bereits aktuell dem
Vermögen der Klägerin zuzuordnen war.
Der Beklagte hat bei der Anlageberatung seine ihm gegenüber der Klägerin
obliegenden Pflichten verletzt, indem er zu Vergangenheitsrenditen der von der
Klägerin gewählten Anlageform unzutreffende Angaben gemacht und zudem nicht
auf die durch die Anlageform bedingten besonderen Risiken und Unwägbarkeiten
der künftigen Renditeentwicklung hingewiesen hat.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sind die Angaben, die der Beklagte bei
der Anlageberatung zu den für das von der Klägerin erworbene Produkt
maßgebenden Vergangenheitsrenditen gemacht hat, irreführend. Der
Sachverständige … hat dies im ersten Teil seines Gutachtens vom 8.1.2009
überzeugend herausgearbeitet. Der Sachverständige hat zunächst darauf
hingewiesen, dass für das von der Klägerin erworbene Produkt
Vergangenheitszahlen ohnehin nicht vorliegen können, da der Pool erst am
1.2.2001 aufgelegt worden ist. Soweit nach den Ausführungen des
Sachverständigen trotzdem die Performance anderer, früher aufgelegter Pools zur
Abschätzung herangezogen werden kann, ist die nach den eigenen Angaben von
… relevante Produktgruppe der „… Serie“ in dem Zeitraum zwischen 1992 und
2001 nie an einen Bereich von 12 bis 30 % Jahresrendite herangekommen. Der
Sachverständige hat für die … Serie aus den Werbeunterlagen der Anlage K 3, die
der Beklagte im Zusammenhang mit der Beratung überlassen hat, in dem
entsprechenden Zeitraum lediglich eine durchschnittliche Performance von 8,47 %
berechnet. Dem gegenüber sind die höheren durchschnittlichen
Performanceangaben für die so genannten „…“ Produkte von knapp 13 % in dem
Zeitraum von 1985 bis 2000 für das von der Klägerin erworbene Produkt
unerheblich, da es sich um in Deutschland nicht vertriebene britische Produkte
handelt. Dem entsprechend hat der Sachverständige auch zu der von dem
Beklagten als Anlage zu seinem Schreiben vom 24.3.2002 vorgelegten Auflistung
einer Langzeitperformance überzeugend ausgeführt, dass die im besten 25-
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einer Langzeitperformance überzeugend ausgeführt, dass die im besten 25-
Jahres-Zeitraum erwirtschaftete Rendite von 13,30 % mangels Vergleichbarkeit der
englischen Policen mit den in Deutschland aufgelegten Produkten keine Aussage
für das von der Klägerin erworbene Produkt zulässt. Entsprechendes gilt nach den
Feststellungen des Sachverständigen auch für die Renditeangabe von 14,23 % bei
Einzahlung in einen … Pool in 1995, da es sich insoweit ebenfalls um ein Produkt
mit der englischen Renditeerwartung handelt. Der Sachverständige hat ferner
auch durch Internet-Recherchen keine Renditen im Bereich von 12 bis 30 %
feststellen können. So hat der Sachverständige anhand einer Abschätzung aus
den Angaben des Unternehmens … auf dem Datenblatt Nr. 1312 für einen Pool
der „…“ im Zeitraum von Februar 1995 bis Mai 2002 lediglich eine Performance
um ca. 11,5 % feststellen können. Die Aussagekraft dieser Renditeangabe ist
zudem nach den Ausführungen des Sachverständigen dadurch eingeschränkt,
dass es sich nicht um die Anlegerrendite, sondern um die Werte vor Abzug von
Steuern und Gebühren und zudem lediglich um so genannte „ungeglättete
Erträge“ handelt.
Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ist die Angabe des
Beklagten zu Vergangenheitsrenditen von 12 bis 30 % unzutreffend. Der Beklagte
hat entsprechende Angaben nach dem unstreitig gebliebenen Vortrag der Klägerin
bei der Beratung über die Anlageentscheidung gemacht und die Angaben zudem
auch im vorliegenden Rechtsstreit aufrechterhalten. Der Beklagte hat außerdem
sowohl mit dem überlassenen Werbematerial in der Anlage K 3, als auch in
besonderem Maße mit der dem Schreiben vom 24.3.2002 (Anlage K 5)
beigefügten Aufstellung über eine Langzeitperformance mit zweistelligen
Renditeangaben für so genannte „…“ und einen … Pool von 1995 den
unzutreffenden Eindruck erweckt, dass diese Produkte Rückschlüsse auf die zu
erwartenden Renditen des von der Klägerin erworbenen Produkts zuließen.
Der Beklagte wäre nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens auch
dazu verpflichtet gewesen, bei der Anlageberatung auf die Risiken hinzuweisen, die
nach der überzeugenden Würdigung des Sachverständigen zum Zeitpunkt der
Anlageentscheidung die Prognose rechtfertigten, dass die Performance des Pools
zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu einem entsprechenden
Wertzuwachs des Kapitalkontos des Policenehmers führte. Der Sachverständige
hat dazu im Einzelnen ausgeführt, dass die sich 2002 aus den Policenbedingungen
und der Verbraucherinformation ergebenden Gebühren die von dem
Versicherungsnehmer zu erzielende Rendite wesentlich minderten. So summiert
sich nach den Feststellungen des Sachverständigen die Einrichtungsgebühr, die
über zunächst 5 Jahre dem Guthaben entnommen wird, auf insgesamt 7,5 % des
Kapitalbetrages, die zu einer Verzinsung nicht mehr zur Verfügung stehen.
Darüber hinaus mindert eine Managementgebühr von 1 % unmittelbar den Wert
des Pools. Daneben bestehen nach den Feststellungen des Sachverständigen
Switchgebühren und Auszahlungsgebühren, für deren Höhe der Sachverständige
keine nachvollziehbaren Regeln festzustellen vermochte. Nach der überzeugenden
Würdigung des Sachverständigen ergab sich für den Anleger ein weiteres Risiko
aus der dem Unternehmen … vorbehaltenen „Glättung“ der
Gesamtkapitalrendite. Der Sachverständige hat anhand der eigenen Angaben des
Unternehmens … aufgezeigt, dass die Glättung von dem
Versicherungsunternehmen ohne Bindung an diesbezügliche konkrete vertragliche
Vereinbarungen vorgenommen werden und zu erheblichen Renditeverschiebungen
führen konnte. Der Sachverständige hat dazu beispielhaft darauf hingewiesen,
dass nach den eigenen Angaben von … in dem Datenblatt 1312 für das
betreffende Produkt in einem 10-Jahres-Zeitraum vom 1.8.1998 bis 1.8.2008 eine
ungeglättete Gesamtkapitalrendite von minus 0,3 % durch die „Glättung“ auf 3,1
% angehoben worden ist. Für den Anleger ergaben sich – wie der Sachverständige
ausgeführt hat – aus der Glättung gerade im April/Mai des Jahres 2002 besondere
Risiken, weil im Hinblick auf eine mehr als zweijährige Verlustphase der wichtigsten
Aktenmärkte das Risiko bestand, dass Performance-Reserven aus den Vorjahren
für die Hochglättung von Pools verwendet worden waren, so dass sich für die
Anlage der Klägerin die Gefahr einer Renditeverminderung durch „Abglättung“
ergab. Tatsächlich führte die Glättung der Renditen nach den Feststellungen des
Sachverständigen für die abgeschlossene Lebensversicherung im Zeitraum vom
1.7.2003 bis 1.7.2008 auch zu einer „Renditeabglättung“ von 4 % auf 3,8 %.
Es kann offen bleiben, ob der Beklagte bei der Beratung tatsächlich ausdrücklich
eine Renditeerwartung von 8 bis 12 % genannt hat. Denn die Klägerin durfte eine
entsprechende Renditeprognose des Beklagten zumindest konkludent dessen
unstreitigen Angaben entnehmen. So hat der Beklagte nach dem unstreitig
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unstreitigen Angaben entnehmen. So hat der Beklagte nach dem unstreitig
gebliebenen Vortrag der Klägerin selbst eine Entnahme von 8 bis 8,5 %
vorgeschlagen und darüber hinaus in seinem Schreiben vom 24.3.2002 unter
Bezugnahme auf Vergangenheitsrenditen von …-Policen für eine Entnahme von
7,5 % pro Jahr „bei durchschnittlicher Wertentwicklung“ eine Kapitalvermehrung
prognostiziert. Da der Beklagte darüber hinaus dem Schreiben vom 24.3.2002
eine Übersicht über Vergangenheitsrenditen im zweistelligen Bereich beigefügt
und im Übrigen auch auf Vergangenheitsrenditen von 12 bis 30 % hingewiesen
hat, musste die Klägerin nach den Angaben des Beklagten davon ausgehen,
tatsächlich künftig mindestens Renditen von 8 % erzielen zu können. Der der
Übersicht zur Langzeitperformance der mit der Anlage der Klägerin nicht
vergleichbaren „…“ beigefügte Hinweis darauf, dass Ergebnisse aus der
Vergangenheit keine Garantie für zukünftige Wertentwicklungen seien, stellt die
den Angaben des Beklagten konkludent zu entnehmende Prognoseerwartung
ebenso wenig in Frage wie die entsprechende Passage am Ende des Textes der
Anlage K 3 und der von dem Beklagten behauptete Hinweis darauf, dass er – der
Beklagte – nicht in die Zukunft schauen könne.
Die den Angaben des Beklagten zu entnehmende Prognose einer Zukunftsrendite
der Anlage von mindestens 8 % stellt sich als Verletzung der vertraglichen
Pflichten des Beklagten dar, weil der Beklagte die Prognose auf nach dem Ergebnis
der Beweisaufnahme unzutreffende bzw. nicht vergleichbare zweistellige
Vergangenheitsrenditen gestützt und nicht auf die die Anlegerrendite betreffenden
Anlagerisiken hingewiesen hat. Entsprechende Hinweise waren nach der mit der
Anlage verfolgten Zwecksetzung in besonderem Maße notwendig, weil mit der
Anlage einerseits zu Gunsten der Klägerin eine Sicherheit des angelegten
Kapitalbetrages gewährleistet sein sollte und andererseits den Eltern der Klägerin
regelmäßige Entnahmen für ihren Lebensunterhalt möglich sein sollten. Gerade
die kumulative Sicherheit des angelegten Kapitalbetrages und der auf 7,5 %
festgelegten regelmäßigen Entnahmen war durch die gegebenen Risiken für die
Anlegerrendite gefährdet.
Die Einwendungen des Beklagten gegen das Gutachten des Sachverständigen
stellen die für die rechtliche Würdigung maßgebenden Ergebnisse nicht in Frage
und bieten damit auch keinen Anlass, das Sachverständigengutachten ergänzen
oder erläutern zu lassen. In Bezug auf die Vergangenheitsperformance von …-
Policen ergeben sich aus der von dem Beklagten vorgelegten Stellungnahme
keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich höhere als die von dem
Sachverständigen berechneten Renditen erzielt worden sein könnten. Die
vorgelegte Stellungnahme stellt insbesondere nicht in Frage, dass die so
genannten „…“ Produkte keine Rückschlüsse auf das von der Klägerin erworbene
Produkt zulassen. Soweit in der Stellungnahme die Ansicht vertreten wird, dass
auch die Wertentwicklung der „…“ für die Renditeerwartung des von der Klägerin
vorgelegten Produkts unergiebig sei, lässt dies lediglich den Rückschluss zu, dass
der Beklagte für das von der Klägerin erworbene Produkt aussagekräftige Angaben
zu Vergangenheitsrenditen vergleichbarer Produkte auch insoweit nicht machen
konnte und durfte. Aus der Stellungnahme des Beklagten ergeben sich schließlich
auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Performanceangaben in der dritten
Tabelle der Anlage K 3 abweichend von den Feststellungen des Sachverständigen
Rückschlüsse auf das von der Klägerin erworbene Produkt zulassen könnten.
Vielmehr geht auch die von dem Beklagten vorgelegte Stellungnahme davon aus,
dass es sich bei den Tabellenangaben nicht um historische Jahresrenditen,
sondern um erzielte Gesamtrenditen, das heißt um Ergebnisse von Anlagen
bestehend aus den deklarierten Wertzuwächsen und den Fälligkeitsboni, handelt.
Die Stellungnahme stellt ferner auch nicht in Frage, dass die dritte Tabelle gemäß
den Feststellungen des Sachverständigen nur Produkte mit der „englischen“
Renditeerwartung betrifft.
Die von dem Beklagten vorgelegte Stellungnahme stellt auch die von dem
Sachverständigen festgestellten Risiken, die sich für den Anleger aus den
vertraglich vorgesehenen Gebühren ergaben, nicht in Frage. Soweit in der
Stellungnahme ausgeführt ist, dass Switchgebühren nur unter bestimmten
Bedingungen erhoben werden und von der Möglichkeit zur Erhebung von
Auszahlungsgebühren bislang kein Gebrauch gemacht worden sei, bestätigt dies
ein für den Anleger gegebenes latentes Risiko der Erhebung einer weiteren
Gebühr. Ferner wird auch die von dem Sachverständigen festgestellte erhebliche
Höhe der Einrichtungsgebühr und der Managementgebühr nicht in Zweifel
gezogen. Die von dem Beklagten vorgelegte Stellungnahme räumt außerdem
ausdrücklich ein, dass die von dem Sachverständigen festgestellte „Glättung“
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ausdrücklich ein, dass die von dem Sachverständigen festgestellte „Glättung“
tatsächlich vorgenommen wird. Soweit in der Stellungnahme ausgeführt ist, dass
der jährlich deklarierte Wertzuwachs von dem Lebensversicherer einseitig jährlich
neu festgelegt werde, aber nicht der Glättung, sondern dem Schutz des Pools
diene, kann sich daraus für den Anleger allenfalls ein neben der Glättung
bestehendes weiteres Risiko ergeben.
Eine Haftung des Beklagten für die vorstehend festgestellte Verletzung seiner
Beratungspflichten ist nicht gemäß § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen. Es sind
keine Umstände dargelegt oder sonst ersichtlich, die begründen könnten, dass der
Beklagte die Pflichtverletzungen nicht zu vertreten hat.
Die Pflichtverletzungen des Beklagten bei der Anlageberatung sind für die
Anlageentscheidung der Klägerin der Lebenserfahrung nach kausal geworden.
Unabhängig von der bei der Verletzung von Aufklärungspflichten auch bei der
Anlageberatung bestehenden Vermutung eines „aufklärungsrichtigen“ Verhaltens
des Geschädigten, bestehen unter Berücksichtigung der mit der Anlage verfolgten
Zielsetzung keine Zweifel daran, dass die Klägerin bei einer Aufklärung über die
Risiken der Prognose der zu erzielenden Anlegerrendite eine andere Kapitalanlage
mit höherer Renditesicherheit gewählt hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die
Zielsetzung der Anlageentscheidung der Klägerin, sowohl den angelegten
Kapitalbetrag als auch regelmäßige Entnahmen ihrer Eltern für deren
Lebensunterhalt zu sichern, durch die gewählte Form der Anlage gefährdet war,
weil nach den Umständen zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung der Klägerin
nicht gewährleistet war, dass die nach einer ersten Laufzeit von einem Jahr
festgelegten regelmäßigen Entnahmen von insgesamt 7,5 % jährlich ohne
Beeinträchtigung des angelegten Kapitals möglich waren. Zu der relativen
Unsicherheit der Renditeprognose bei der von der Klägerin gewählten Anlageform
tritt hinzu, dass die Klägerin nach ihrem unstreitig gebliebenen Vortrag bei einer
Anlage des Kapitalbetrages in einem festverzinslichen Sparbrief zum Zeitpunkt der
Anlageentscheidung eine Verzinsung von 5 % jährlich hätte erreichen können. Es
ist in Anbetracht der mit der Anlage erstrebten regelmäßigen Zahlungen für den
Lebensunterhalt der Eltern der Klägerin davon auszugehen, dass die Klägerin bei
Aufklärung über die bestehenden Risiken bei der Prognose einer Rendite im
Bereich von 8 % eine risikolose Verzinsung mit 5 % bevorzugt hätte.
Der Klägerin ist durch die Pflichtverletzung des Beklagten ein Schaden in Höhe von
46.804,60 € entstanden. Der Schaden ergibt sich unter Berücksichtigung des der
Klägerin gemäß § 252 BGB zustehenden entgangenen Gewinns aus dem Vergleich
zwischen der Entwicklung des Vermögens der Klägerin aufgrund der durch die
Pflichtverletzung des Beklagten bedingten Anlageentscheidung mit einer von der
Klägerin bei ordnungsgemäßer Beratung gewählten Anlage in Form eines
festverzinslichen Sparbriefs. Der Berechnung kann danach die Aufstellung der
Klägerin in der Anlage K 14 zur hypothetischen Entwicklung einer festverzinslichen
Anlage als Sparbrief mit einer jährlichen Verzinsung von 5 % zugrunde gelegt
werden. Die Aufstellung der Klägerin berücksichtigt neben der unstreitigen
Verzinsungshöhe insbesondere auch Entnahmen der Eltern der Klägerin in der
auch tatsächlich vorgenommenen Höhe. Es ergibt sich allerdings eine
Verminderung des errechneten Betrages von 48.020,11 € auf 46.804,60 €, weil in
der von der Klägerin angestellten Berechnung eine Einrichtungsgebühr
unberücksichtigt geblieben ist, die nach dem unstreitig gebliebenen Vortrag des
Beklagten auch bei der Anlage des Kapitalbetrages in einem festverzinslichen
Sparbrief angefallen wäre. Mangels Angaben der Parteien zur Höhe einer solchen
Einrichtungsgebühr schätzt das Gericht diese gemäß § 287 ZPO auf 0,5 % des
verfügbaren Betrages von 200.000,-- €, das heißt auf 1.000,-- €. Es ist außerdem
davon auszugehen, dass die Einrichtungsgebühr bereits bei Vertragsabschluss
hätte gezahlt werden müssen, so dass in Höhe des Teilbetrages von 1.000,-- € die
Verzinsung von 5 % jährlich nicht mehr hätte erzielt werden können. Es ist daher
gegenüber der Berechnung der Klägerin auch der für eine Laufzeit von rund vier
Jahren anfallende Zins- und Zinseszinsverlust von 215,51 € aus dem Kapitalbetrag
von 1.000,-- € von dem von der Klägerin errechneten Schaden in Abzug zu
bringen.
Die Klägerin trifft hinsichtlich der Schadenshöhe kein Mitverschulden im Sinne des
§ 254 BGB. Die Klägerin war insbesondere trotz des durch die vorzeitige Kündigung
der Anlage entstandenen Verlustes nicht verpflichtet, die Anlage zur Vermeidung
eines solchen Verlustes bis zum Ablauf der Laufzeit zu halten. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass der Klägerin im Verhältnis zu einer festverzinslichen Anlage
zu einem Jahreszinssatz von 5 % durch die Wertentwicklung der
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zu einem Jahreszinssatz von 5 % durch die Wertentwicklung der
Versicherungspolice schon in den ersten drei Jahren der Laufzeit erhebliche
Schäden entstanden waren. So lag der deklarierte Wertzuwachs im Jahr 2003 bei 3
%, im Jahr 2004 bei 1,5 % und im Jahr 2005 bei nur noch 0,5 %. Es war der Klägerin
in Anbetracht dieser negativen Wertentwicklung nicht zumutbar, für die weitere
Laufzeit an der Anlage festzuhalten.
Die Klägerin trifft ferner auch nicht deshalb ein Mitverschulden an der Höhe des
entstandenen Schadens, weil sie von der Möglichkeit einer Anpassung der ihren
Eltern zufließenden Entnahmen trotz der im Jahr 2004 erfolgten entsprechenden
Hinweise des Beklagten an ihre Mutter keinen Gebrauch gemacht hat. Der Klägerin
war eine wesentliche Verminderung der Entnahmen nicht zumutbar, weil diese den
Lebensunterhalt der Eltern der Klägerin sichern sollten. Im Übrigen wäre ein
etwaiges Mitverschulden der Klägerin wegen einer überproportionalen Höhe der
Entnahmen bei der Schadensberechnung in angemessenem Umfang dadurch
berücksichtigt, dass die Klägerin entsprechende Entnahmen bei der
Schadensberechnung auch in Bezug auf die hypothetische Anlage als Sparbrief
berücksichtigt hat.
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten ist nicht verjährt.
Die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren gemäß § 195 BGB begann gemäß §
199 Abs. 1 BGB frühestens mit Ablauf des Jahres 2004, da für die Klägerin
frühestens zu diesem Zeitpunkt aufgrund des gegenüber dem Jahr 2003 von 3 %
nochmals auf 1,5 % gesunkenen Wertzuwachses Anhaltspunkte dafür bestanden,
dass der Beklagte seine ihm bei der Anlageberatung obliegenden Pflichten verletzt
hatte, weil die Anlage über einen längeren Zeitraum nicht die prognostizierte
Rendite erbrachte. Die regelmäßige Verjährungsfrist war damit bei Klageerhebung
im Jahre 2007 noch nicht abgelaufen.
Eine Anwendung der spezialgesetzlichen Verjährungsregelung des § 37 a WPHG
kommt nicht in Betracht. Der Beklagte hat trotz Hinweises auf die Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs (NJW-RR 2006, S. 630 ff.) die Voraussetzungen für eine
Anwendbarkeit dieser Verjährungsvorschrift nicht dargelegt. Es fehlt insbesondere
an dem nach der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlichen
Vortrag dazu, dass der Beklagte, soweit er ein
Wertpapierdienstleistungsunternehmen betrieb, über die nach § 32 Abs. 1 KWG
erforderliche Erlaubnis verfügte.
Der der Klägerin zuerkannte Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Anwaltskosten
folgt in der Höhe von 1.843,24 € aus § 280 Abs. 1 BGB. Die Klägerin war aufgrund
der Pflichtverletzung des Beklagten zur adäquaten Verfolgung ihrer Rechte
berechtigt, vorprozessual die Hilfe eines Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen.
Die Höhe des Anspruchs auf Ersatz vorprozessualer Anwaltskosten errechnet sich
entsprechend der Berechnung in dem Anwaltsschreiben der Bevollmächtigten der
Klägerin vom 27.11.2006 aus einem Gegenstandswert in Höhe des in der
Hauptsache gerechtfertigten Betrages.
Die bezüglich der Hauptforderung und der vorprozessualen Anwaltskosten jeweils
zuerkannten Zinsansprüche ergeben sich ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der im
Anwaltsschreiben vom 27.11.2006 gesetzten Zahlungsfrist aus Verzug gemäß den
§§ 286, 288 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die
Entscheidung berücksichtigt zu Lasten der Klägerin neben deren Unterliegen auch
die konkludent erfolgte teilweise Klagerücknahme, der der Beklagte zugestimmt
hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO bzw.
aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.