Urteil des LG Landau vom 08.08.2005

LG Landau: abrechnung, vergütung, auflage, rechtsberatung, anerkennung, beratungsstelle, analogie, sonderrecht, quelle, fremder

Beratungshilfe
Kosten- und Gebührenrecht
LG
Landau in der Pfalz
08.08.2005
3 T 105/05
Kein Anspruch einer anerkannten Stelle für Verbraucherinsolenzberatung auf Abrechnung nach
Beratungshilfegrundsätzen.
Stammdaten:
Landgericht Landau in der Pfalz
3. Zivilkammer
08.08.2005
3 T 105/05
BESCHLUSS
In der Beratungshilfesache
Land Rhl.-Pf., vertreten durch die Bezirksrevisorin beim Landgericht Landau, Marienring 13,
76829 Landau
- Beschwerdeführer -
gegen
F. Sch.,
- Beschwerdegegner -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. und Koll., D.
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz durch ...
am 08. August 2005
b e s c h l o s s e n :
b e s c h l o s s e n :
I. Auf die Beschwerde hin wird der Beschluss des Amtsgerichts Landau in der Pfalz vom 16.03.2005
aufgehoben.
II. Die Entscheidung ergeht kostenfrei.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III.Der Gegenstandswert wird auf 542,88 EUR festgesetzt.
G r ü n d e
I.
Der Beschwerdegegner betreibt eine Beratungsstelle für Verbraucherinsolvenzen. Er hat eine
Gebührenrechnung an das Amtsgericht Landau geschickt, in welcher er gemäß BRAGO abgerechnet hat.
Der Rechtspfleger stellte daraufhin eine Anfrage an die Bezirksrevisorin, ob diese Abrechnung rechtens
sei. Die Bezirksrevisorin merkte daraufhin an, dass eine Anerkennung gem. § 305 InsO nicht
gleichbedeutend sei mit einer Erlaubnis gemäß dem Rechtsberatungsgesetz. Es sei vielmehr so, dass Art.
1 § 3 Nr. 9 Rechtsberatungsgesetz die Verbraucherinsolvenzberatung nur vom Erlaubniszwang
ausnehme. Dies beinhalte noch lange keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz. Erlaubt sei
lediglich Rechtsberatung ohne förmliche Erlaubnis. Damit sei aber ein wesentlicher Gesichtspunkt von Art.
9 Kostenänderungsgesetz nicht erfasst: Nur mit Erlaubnis würden dort Gebührenabrechnungen nach der
BRAGO zulässig sein. Deswegen sei hier keine BRAGO-Abrechnung zulässig.
Der Erinnerungsführer hingegen beruft sich auf den Wortlaut von Art. 9 Abs. 1 Satz 1
Kostenänderungsgesetz. Die BRAGO gelte sinngemäß, wenn man die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen
Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten habe. Zudem hätten zahlreiche Amtsgerichte Beratungshilfe
für Vertretungen durch den Antragsteller gemäß der BRAGO bewilligt. Im Übrigen seien die §§ 3 und 6
Beratungshilfegesetz zwar nicht dem Wortlaut nach, aber sinngemäß anzuwenden: Immerhin sei das
Beratungshilfegesetz auch für Rechtsbeistände analog angewandt worden. Dasselbe müsse für sonstige
Berater gelten, z.B. für die anerkannten Stellen im Sinne von § 305 InsO und Art.1 § 3 Nr. 9
Rechtsberatungsgesetz.
Das Amtsgericht hat die Abrechnung gemäß BRAGO gestattet. Das Amtsgericht sieht Art. 9 Abs. 1 des
Kostenänderungsgesetzes in der Art, dass es für Personen gelte, die in berechtigter Weise ge-
schäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgen. Diese Voraussetzungen seien auch beim
Erwiderungsführer gegeben: Dieser betreibe eine anerkannte Stelle für Verbraucherinsolvenzberatung.
Dabei müsse er gemäß der Insolvenzordnung rechtlich beraten und vertreten. Damit sei er mit Personen
wie in § 1 Rechtsberatungsgesetz gleichzustellen. Die Tatsache, dass das Rechtsberatungsgesetz in
diesem Falle von der Erlaubnispflicht freistellt, dürfe den Gebührenanspruch des Erinnerungsführers nicht
beseitigen.
Dagegen wendet sich die Bezirksrevisorin mit ihrer sofortigen Beschwerde.
Sie trägt vor, dass eine Anerkennung einer Beratungsstelle nicht gleich einer Erlaubnis nach dem
Rechtsberatungsgesetz zu setzen sei. Im Übrigen sage das Rechtsberatungsgesetz, dass die In-
solvenzberatung gerade nicht berührt wäre, dies heiße aber noch lange nicht, dass es der
Rechtsberatung gleichgestellt sei. Es sei gerade keine Abrechnung nach der BRAGO für alle Personen in
Art. 1 § 3 Rechtsberatungsgesetz gegeben. Die BRAGO sei gerade nicht anwendbar, da eine Erlaubnis
nicht erteilt worden ist und auch nicht werden kann. Die Beschwerdeführerin zitiert zudem das
Bundessozialgericht, welches eine Bevorzugung der Rechtsanwälte aus ihrer Stellung als unabhängige
Organe der Rechtspflege heraus sieht. Des Weiteren dürften andere Personen nicht in den Genuss von
Abrechnungen nach BRAGO kommen, nur weil sie eine erlaubte Tätigkeit ausüben würden. Dies machte
sie noch nicht zu Rechtsanwälten. Im Übrigen verweist sie darauf, dass Art. 9 Abs. 2 des
Kostenänderungsgesetzes gerade nicht alle Personen aufzählt, für welche die BRAGO nicht gilt. Es fehlen
viele andere Berufsgruppen, die ebenfalls erlaubte, bzw. erlaubnisfreie Tätigkeiten im Sinne des
Rechtsberatungsgesetzes ausüben, für die aber die BRAGO nicht gilt und die im Rechtsberatungsgesetz
deswegen auch nicht genannt werden.
Sie beantragt, den Antrag des Erinnerungsführers auf Festsetzung der Beratungshilfe zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Der Erinnerungsführer hat keinen Anspruch auf Vergütung nach der BRAGO.
Es geht hier um Abrechnungen nach der BRAGO, da der Antrag der S. S. vor dem 01.07.2004 gestellt
wurde.
Die BRAGO ist nicht direkt anwendbar: Der Erinnerungsführer ist kein Rechtsanwalt.
Ebenfalls nicht anwendbar ist § 3 BerHG.
Der Beschwerdegegner ist weder Rechtsanwalt noch Mitglied einer Rechtsanwaltskammer und daher
nicht einmal als Rechtsbeistand anzusehen. Auch existiert keine gesonderte Vereinbarung mit der Lan-
desjustizverwaltung, die den Beschwerdegegner betrifft. Bisher getroffene Vereinbarungen betrafen stets
nur rechtsanwaltliche Beratungsstellen.
Die Berufung auf eine sinngemäße Anwendung von § 3 BerHG kann nicht durchgreifen. Die Position des
Verbraucherinsolvenzberaters ist aufgrund der aufgezeigten Sonderstellung der Rechtsanwälte gerade
nicht vergleichbar und wird auch nicht durch ein Gesetz gleichgestellt.
Auch entspricht die Sonderstellung, welche Art.1 § 3 Nr. 9 RBerG dem Beschwerdegegner gewährt, keiner
Sondervereinbarung im Sinne von § 3 Abs. 1 BerHG, auch nicht sinngemäß. Die eingerichteten Be-
ratungsstellen, welche bisher durch Sondervereinbarungen geschaffen werden, werden allesamt durch
Rechtsanwälte betrieben und aufrechterhalten. Deren Vergütung entspricht dabei in der Regel gerade
nicht den Sätzen der Gebührenordnung. Eine auch nur annähernde Vergleichbarkeit ist somit auch in
dieser Hinsicht zu verneinen.
Die BRAGO ist auch nicht über Art. 9 Abs. 1 Satz 1 des Kostenänderungsgesetzes anwendbar: Dort
existiert keine Verknüpfung derart, dass das Kostenänderungsgesetz mit seiner Formulierung eine Er-
laubnis erteilen würde, oder eine Tätigkeit einer erlaubten gleichstellen würde. Vielmehr lautet das
Kostenänderungsgesetz folgendermaßen: Die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte gilt für die
Vergütung von Personen, denen die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder
Rechtsangelegenheiten erteilt worden ist, sinngemäß.
Somit eine Erlaubnis erteilt wird, oder eine andere Tätigkeit einer erlaubten gleichgestellt werden könnte.
Somit nimmt das Kostenänderungsgesetz nur auf den Umfang der tatsächlich erteilten Erlaubnis Bezug
(Hartmann, 33. Auflage, Art. 9 Kostenänderungsgesetz, Rdn. 1). Die Anwendbarkeit der BRAGO
beschränkt sich somit auf die Tätigkeiten, für die die Rechtsberatungserlaubnis gilt (Hartmann, a.a.O, Rdn.
5). Hier liegt eine Erlaubnis gemäß des Rechtsberatungsgesetzes für den Erinnerungsführer nicht vor.
Eine Freistellung von der Erlaubnispflicht, wie sie Art. 1 § 3 Nr. 9 des Rechtsberatungsgesetzes vornimmt,
steht einer Erlaubnis gerade nicht gleich.
Die BRAGO ist zudem nicht analog anwendbar, da die Voraussetzungen für eine Analogie fehlen. Bei der
BRAGO handelt es sich um nicht analogiefähiges Sonderrecht. Es wird außerdem in einschlägigen
Kommentaren darauf verwiesen, dass Schuldnerberatung bei der Verbraucherinsolvenz eigentlich
kostenlos zu erfolgen habe und die gewerbliche Schuldenregulierung einen unerwünschten Nebeneffekt
darstelle (Frankfurter Kommentar zur InsO, 3. Auflage, § 305 Rdn 16). Somit besteht auch keine
Regelungslücke. Der Nichtanwendung der BRAGO auf die Verfügungsansprüche von gewerblichen
Schuldenregulierern begegnen darüber hinaus auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 13 a FGG, 131 KostO.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 30 KostO.