Urteil des LG Krefeld vom 20.09.2006

LG Krefeld: ware, internationale zuständigkeit, cisg, wechsel, geschäftsführer, vorleistungspflicht, kaufrecht, anlieferung, niederlassung, sparkasse

Landgericht Krefeld, 11 O 151/05
Datum:
20.09.2006
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 O 151/05
Tenor:
Die Klage wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 € vorläufig
vollstreckbar.
Streitwert: 34.431,59 €
Tatbestand:
1
Die Beklagte bestellte bei der Klägerin, einer in Argentinien ansässigen Produzentin
von Holz-kohle, im Jahre 2003 mehrfach Holzkohle, die per Seefracht, deren Kosten die
Klägerin übernahm, nach Deutschland transportiert wurde. Die Parteien hatten ein
Zahlungsziel von 60 Tagen ab Anlieferung in Deutschland bzw. 85 Tagen nach
Verschiffung vereinbart. Die Dokumente sollten gegen die Verpflichtung zur Annahme
der seitens der Klägerin überreichten Wechsel an die Sparkasse übergeben werden.
2
Die Klägerin erhielt von der Beklagten drei gegengezeichnete Wechsel, die jedoch nicht
eingelöst wurden. Es entstanden hierfür Kosten in Höhe von 390,00 €, die die Klägerin
mit ihrer Klage geltend macht. Ferner begehrt sie die Zahlung der Rechnungen Nr. 5-
155 in Höhe eines offenstehenden Betrages von 9.630,56 €,
3
die Zahlung der Rechnung Nr. 5-156 in Höhe von 11.316,95 €
4
sowie die Zahlung der Rechnung Nr. 5-158 in Höhe von 13.094,00 €.
5
Wegen einer mangelhaften Teillieferung brachte sie einen Betrag in Höhe von
14.905,68 € in Abrechnung, die sie in voller Höhe auf die Rechnung 5-147 und in Höhe
eines Teilbetrages von 2.291,19 € auf die Rechnung 5-155 anrechnete.
6
Ferner begehrt sie die Erstattung der hälftigen Geschäftsgebühr für die vorgerichtlich
aufgewandten Rechtsanwaltkosten in Höhe von in insgesamt 559,50 €, die entstanden,
7
weil dieser die Beklagte vergeblich mit Schreiben vom 13.09.2005 unter Fristsetzung bis
26.09.2005 zur Zahlung aufforderte.
Die Klägerin behauptet, die streitbefangenen Lieferungen seien ordnungsgemäß erfolgt.
Die in Rechnung gestellten Preise entsprächen den vertraglichen Vereinbarungen. Eine
Mängelrüge seitens der Beklagen sie nicht erfolgt.
8
Nachdem sie zunächst die Zahlung eines Betrages in Höhe von 34.041,59 € verlangt
hatte, beantragt sie nunmehr,
9
die Beklagte zu verurteilen, an sie 34.431,59 € nebst Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01. Juli 2004 sowie weitere
559,50 € außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.
10
Die Beklagte beantragt,
11
die Klage abzuweisen.
12
Sie rügt die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Krefeld und behauptet, es sei
für die Lieferungen ein einheitlicher Preis von 0,84 € je 3 kg Brikett inkl. Papiersack
vereinbart worden. Eine Teillieferung von zwei Containern sei völlig durchnässt
gewesen. Sie habe dies angezeigt. Es hätten tägliche Telefonate mit dem
Geschäftsführer der Klägerin stattgefunden. Dieser habe gebeten, alles Erforderliche zu
veranlassen, um nicht die gesamte Lieferung unbrauchbar werden zu lassen. Durch die
Verarbeitung und längere Standzeiten seien ihr Mehrkosten in Höhe von 3.657,00 €
entstanden, die sie an den Entlader gezahlt habe. Wegen der Durchnässung von
weiteren Containern seien zusätzliche Standgelder in Höhe von 545,20 € sowie weitere
Kosten in Höhe von 15.988,55 € entstanden. Der Geschäftsführer der Klägerin habe
zugesagt, die entstehenden Extrakosten zu übernehmen. Die Klägerin habe zudem
gleichwohl in Rechnung gestellte Schadware in Höhe von 8.905,68 € abgeholt. Die
Lieferung aus April 2003 sei nie eingetroffen. Nach Ablauf der Saison seien fünf weitere
Container angekommen, die sie wegen der verspäteten Lieferung zurückgewiesen
habe. Dies habe der Geschäftsführer der Klägerin akzeptiert und die von ihr
angenommenen Wechsel wieder an sich genommen. Sie habe diese Ware erst 2004
abgenommen. Da die Ware entgegen dem Stempelaufdruck jedoch keine DIN-Ware
gewesen sei, sei ihr durch einen entsprechenden Vergleich mit ihrem Abnehmer ein
weiterer Schaden in Höhe von 14.883,25 € entstanden. Ferner sei ein Mindergewicht
festgestellt worden. Diesbezüglich belaufe sich ihr Schaden auf 5.846,40 €. Sie habe
alle Mängel unverzüglich gerügt und ständig mit dem Geschäftsführer der Klägerin in
Verbindung gestanden. Bezüglich aller Mängelkosten erkläre sie die Aufrechnung.
13
Die Zahlungen seien jeweils lediglich auf Anweisung des Geschäftsführers der
Beklagen erfolgt. Die Wechsel seien nicht vorgelegt worden, da zwischen den beiden
Geschäftsführern vereinbart worden sei, zunächst Forderungen und Gegenforderungen
gegenüber zu stellen.
14
Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst
Anlagen verwiesen.
15
Entscheidungsgründe:
16
Die Klage ist unzulässig, da das angerufene Landgericht Krefeld international nicht
zuständig ist. Zuständig ist vielmehr gemäß Art. 57 Abs. 1 a CISG das Gericht am Ort
der Niederlassung des Verkäufers, mithin ein argentinisches Gericht.
17
Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien ist das einheitliche UN-Kaufrecht (CISG)
anwendbar, da die Parteien, die ihre Niederlassungen in unterschiedlichen
Vertragsstaaten unterhalten, Kaufverträge über Waren abgeschlossen haben (Art. 1
CISG). Das UN-Kaufrecht hat als vereinheitlichtes Recht vor jeder konkurrierenden
Kollisionsnorm und internationalem Privatrecht Vorrang (vgl. Ferrari in
Schlechtriem/Schwenzer, Kom. zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4. Aufl., vor ARTT. 1-6,
Rdnr. 34; Oberster Gerichtshof Wien, Entscheidung vom 29.03.2004, 5 OB 313/03).
18
Unerheblich für die Entscheidung des Rechtsstreites ist, ob die Parteien Lieferung nach
Incoterms 2000 CFR oder – was nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien
wahrscheinlicher ist – "geliefert ab Schiff" vereinbart haben. Nach dem Vortrag der
Klägerin, die Parteien hätten CFR vereinbart, wäre die Lieferung und damit der
Gefahrübergang der Ware bereits in Argentinien mit der Verladung erfolgt. Die Klägerin
hätte damit ihre Pflichten gemäß Art. 31 Abs. 1 CISG mit diesem Zeitpunkt erfüllt. Die
Gegenleistung – nämlich die Zahlung des Kaufpreises – sollte nach den vertraglichen
Vereinbarungen 85 Tage nach Verschiffung erfolgen. Damit hätten die Parteien eine
Vorleistungspflicht der Klägerin vereinbart. Nach dem Vortrag der Beklagten wäre die
Lieferung und Übergabe der Waren an Bord des Schiffes mit Erreichen des
Bestimmungshafens erfolgt. Die Zahlungsvereinbarung lautete in diesem Falle 60 Tage
Zahlungsziel ab Anlieferung Deutschland. Auch in diesem Falle hätte mithin eine
Vorleistungspflicht der Klägerin bestanden, da die Übergabe der Ware nicht an die
Zahlung geknüpft wurde (vgl. hierzu Art. 58 Abs. 1 CISG).
19
Damit ist für die Zuständigkeit auf Art. 57 Abs. 1 a CISG abzustellen. Mithin ist der
Kaufpreis am Ort der Niederlassung des Verkäufers zu zahlen.
20
Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich die Zuständigkeit nicht aus Art. 57 Abs. 1
b CISG, selbst wenn unterstellt wird, dass die Dokumente erst gegen Annahme der der
Sparkasse Krefeld vorgelegten Wechsel übergeben werden sollten. Zu diesem
Zeitpunkt war die Ware an die Beklagte bereits übergeben und damit die
Vorleistungspflicht – die im Übrigen den vertraglichen Vereinbarungen, wie bereits
dargestellt, entsprach – bereits begründet.
21
Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht aus Art. 58 Abs. 2 CISG, der vorsieht,
dass der Verkäufer bei zu befördernder Ware bestimmen kann, dass die Ware oder die
Dokumente, die zur Verfügung berechtigen, nur gegen Zahlung des Kaufpreises zu
übergeben sind. Diese Vorschrift stellt die Ware gleichrangig neben die Dokumente. Die
Klägerin hatte nach ihrem Vortrag zwar die Übergabe der Dokumente an die Annahme
der Wechsel geknüpft, bereits zuvor die Ware jedoch übergeben, ohne daran eine
Bedingung zu knüpfen. Da die Klägerin von der ihrem Schutz dienenden Vorschrift
keinen Gebrauch gemacht hat, ist die Vorleistungspflicht gegeben (vgl. dazu Hager in
Schwenzer/Schlechtriem, a.a.O., Art. 58, Rdnr. 8).
22
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung und die
vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus § 709 ZPO.
23