Urteil des LG Krefeld vom 08.01.2009

LG Krefeld: anleger, schuldübernahme, provision, verfügung, beweismittel, nennwert, anlageberater, lizenznehmer, zeichnung, agio

Landgericht Krefeld, 3 O 299/08
Datum:
08.01.2009
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 O 299/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche aufgrund fehlerhafter Anlageberatung
geltend.
2
Bei der Beklagten handelt es sich um ein deutsches Kreditinstitut und die Hausbank des
Klägers. Die Beklagte vertreibt unter anderem selbst entwickelte und von Dritten
konzipierte Medienfonds.
3
Nach mehreren Kundengesprächen, an denen auf Seiten der Beklagten der seit
mehreren Jahren für den Kläger zuständige Kundenberater teilnahm, zeichnete der
Kläger am 15.09.2003 einen geschlossenen Medienfond der X (X GmbH & Co. KG) in
Höhe eines Anteils von 25.000,00 Euro zuzüglich Agio in Höhe von 1.250,00 Euro.
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Der entsprechende Emissionsprospekt weist auf seinem Deckblatt in Großbuchstaben
und in Fettschrift die Bezeichnung "GARANTIEFONDS" auf.
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Auf Seite 5 des Prospekts wird hinsichtlich der Zielgruppe des Fonds ausgeführt, dass
sich das vorliegende Beteiligungsangebot ausschließlich an solche Anleger richtet, die
sich der gegenüber einer festverzinslichen Anlage mit fester Laufzeit und Rendite
deutlich höheren Risiken und Chancen bewusst sind. Es wird weiter darauf
hingewiesen, dass nicht sämtliche verfügbaren Mittel in die Beteiligung investiert
werden sollen, sondern diese ausdrücklich als Beimischung zu schon vorhandenen,
weniger riskanten Vermögenswerten zu verstehen ist. Ungeeignet sei die Anlage für
Investoren, die auf eine sichere jährliche Verzinsung angewiesen sind, oder über ihr
Geld schon nach kurzer Zeit verfügen müssen.
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Hinsichtlich der für die Anleger bestehenden Risiken wird auf Seite 13 des Prospekts
klargestellt, dass die Beteiligung eine unternehmerische Anlage ist, die im Extremfall
auch zum Totalverlust des investierten Kapitals führen kann. Zu den steuerlichen
Risiken wird ausgeführt, dass Änderungen rechtlicher, steuerlicher und anderer
gesetzlicher Vorschriften, der Rechtsprechung sowie der Verwaltungspraxis das
angestrebte Beteiligungsergebnis negativ beeinflussen können und das Fondskonzept
auf einer Auslegung und Interpretation des Medienerlasses und des
Anwendungsschreibens zum § 2 b EstG beruht, so dass nicht ausgeschlossen werden
kann, dass die Finanzverwaltung insoweit eine andere Auslegung vornimmt.
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In diesem Zusammenhang wird auf Seite 74 des Prospekts weiter erläutert, dass die der
Darstellung in dem Prospekt zu Grunde gelegten steuerlichen Konsequenzen nach
Auffassung der Verantwortlichen der X GmbH & Co. KG der derzeitigen Rechtslage
entsprechen, naturgemäß aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass von
Rechtsprechung und Finanzverwaltung trotz unveränderter Gesetzeslage zu einzelnen
Sachverhalten eine andere Auffassung vertreten wird. Weiter heißt es, dass der
Prospektherausgeber zwar davon ausgeht, dass § 2 b EStG auf das in dem Prospekt
vorgestellte Beteiligungsangebot nicht anwendbar ist, eine gegenteilige Auffassung der
Finanzverwaltung jedoch nicht ausgeschlossen werden kann. Darüber hinaus seien
negative Auswirkungen beim einzelnen Anleger durch die sog. Mindestbesteuerung (§ 2
Abs. 3 EStG) möglich. Laut den weiteren Ausführungen entspricht das
Beteiligungsangebot den im Medienerlass genannten Kriterien, so dass die
Fondsgesellschaft bzw. die Kommanditisten als die Hersteller der Filme anzusehen sind
und ihr bzw. den Kommanditisten das wirtschaftliche Eigentum zuzurechnen ist, es wird
aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass eine andere Beurteilung durch die
Finanzverwaltung möglich ist.
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Zur Absicherung der finanziellen Grundlage des Fonds wird in dem Prospekt
ausgeführt:
9
"Die X Bank AG wird bezüglich aller realisierten Filme bzw. Ersatzproduktionen der
Fondsgesellschaft (nachfolgend auch Lizenzgeber) jeweils die Verpflichtung des
Lizenznehmers (in der Regel S.R.O. Entertainment AG) zur Erbringung der
Schlusszahlungen in Höhe von 100 % des Anteils des Lizenzgebers an den
Produktionskosten aller realisierten Filme bzw. Ersatzproduktionen zzgl.
Fondsnebenkosten, ohne Agio, übernehmen. Die Schuldübernahmen erfolgen mit
schuldbefreiender Wirkung für den Lizenznehmer. Dies bedeutet, dass die
Schlusszahlungen im vorgenannten Umfang anstelle des Lizenznehmers von der X
Bank AG an die Fondsgesellschaft zu leisten sind."
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Laut Prospekt werden 87,2 % der Einlagen des Fonds (ohne Agio) in Produktionskosten
und 12,8 % in Fondsnebenkosten investiert. Hinsichtlich der Verwendung der
Fondsmittel wird in dem Prospekt auf Seite 26 weiter ausgeführt:
11
"Die Produktionskosten werden erst bezahlt, wenn alle Sicherheiten vorliegen."
12
Das zuständige Finanzamt X hob nach Zeichnung des streitgegenständlichen Fonds
die Grundlagenbescheide auf, so dass die Verlustzuweisungen für den Anleger nicht
mehr wie nach dem ursprünglichen Fondskonzept geplant möglich waren.
13
Der Kläger vertritt die Ansicht, dass zwischen ihm und der Beklagten aufgrund der mit
dem Kundenberater geführten Gespräche stillschweigend ein Beratungsvertrag
zustande gekommen sei. Aufgrund des Vertragsverhältnisses sei die Beklagte
verpflichtet gewesen, ihn umfassend aufzuklären und zu informieren. Der
Fondsprospekt sei in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Insbesondere erwecke er sachlich
unzutreffend den Eindruck, dass der Anleger das von ihm eingesetzte Kapital in jedem
Fall zurückerhalte. Fehlerhaft sei der Prospekt weiterhin deshalb, weil es an einem
Hinweis fehle, dass tatsächlich ein Barwert von 70 % des Kapitals als Entgelt für die
Schuldübernahme an die X Bank weitergeleitet und lediglich ein Anteil von 17,2 % der
eingezahlten Anlegergelder in Filmproduktionen investiert wird, was folgerichtig dazu
geführt habe, dass die Zahlungen an die X Bank nicht als Produktionskosten akzeptiert
und die jeweiligen Grundlagenbescheide vom Finanzamt widerrufen wurden. Da die
Beklagte anhand des fehlerhaften Prospekts beraten habe, habe sie sich dessen Fehler
zu eigen gemacht und sei aus diesem Grund zum Schadensersatz verpflichtet.
14
Der Kläger behauptet, dass der Kundenberater der Beklagten ihm über die Angaben im
Prospekt hinaus ausdrücklich versichert habe, dass die volle Rückzahlung des
nominalen Anlagebetrages an ihn gewährleistet sei, er also das aufgewendete
Eigenkapital in jedem Fall zurückerhalten werde. Dieser habe ihm auch zu verstehen
gegeben, dass ein Steuersparmodell, soweit die Beklagte dieses anbiete, zu 100 %
steuerlich anerkennt werde.
15
Der Kläger vertritt unter Hinweis auf die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung,
insbesondere das Urteil des BGH vom 19.12.2006 (XI ZR 56/06), die Ansicht, dass die
Beklagte verpflichtet gewesen sei, ihn über die tatsächliche Höhe der an sie
abzuführenden Innenprovision aufzuklären.
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Aufgrund dieser unzutreffenden bzw. unvollständigen Angaben treffe die Beklagte ein
über die Fehler im Prospekt hinausgehendes Beratungsverschulden.
17
Den Emissionsprospekt habe er nicht bzw. zu spät erhalten, eine Prüfung der in dem
Prospekt enthaltenen Informationen sei ihm demnach nicht möglich gewesen.
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Der Kläger beantragt:
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1. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn 26.250,00 Euro zuzüglich Zinsen
20
hieraus in Höhe von 4 Prozent seit dem 15.09.2003 bis zur Rechts –
21
hängigkeit und ab Rechtshängigkeit Zinsen hieraus in Höhe von 5
22
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu bezahlen.
23
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger
24
von allen steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen,
25
die mittelbar und unmittelbar aus der vom Kläger am 15.09.2003
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gezeichneten Beteiligung an der X GmbH & Co. KG im Nennwert von
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25.000,00 Euro resultieren.
28
3. Die Verurteilung gemäß den Anträgen zu 1- 2 erfolgt Zug um Zug
29
gegen Abgabe eines Angebots des Klägers gegenüber der Beklagten
30
auf Übertragung der vom Kläger am 15.09.2003 gezeichneten
31
Beteiligung an der X GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000,00 Euro
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sowie Abtretung aller Rechte aus dieser Beteiligung an die Beklagte.
33
Hilfsweise
34
Die Verurteilung gemäß den Anträgen zu 1 – 2 erfolgt Zug um Zug gegen
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Übertragung der vom Kläger am 15.09.2003 gezeichneten Beteiligung an
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der X GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000,00 Euro an die Beklagte.
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4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des
38
Angebots auf Übertragung der vom Kläger am 15.09.2003 gezeichneten
39
Beteiligung an der X GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000,00 Euro
40
sowie der Annahme der Abtretung der Rechte aus dieser Beteiligung in
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Verzug befindet.
42
Hilfsweise
43
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Über –
44
tragung der vom Kläger am 15.09.2003 gezeichneten Beteiligung an der
45
X GmbH & Co. KG im Nennwert von 25.000,00 Euro in Verzug befindet.
46
Die Beklagte beantragt:
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Die Klage wird abgewiesen.
48
Die Beklagte behauptet, dass dem Kläger der vollständige Emissionsprospekt bereits
bei Gelegenheit des ersten Beratungsgesprächs ausgehändigt worden sei, dies habe
der Kläger auf dem Zeichnungsschein auch so bestätigt.
49
Sie beruft sich darauf, dass ihrerseits keine Pflicht zur ungefragten Mitteilung der
genauen Höhe der anfallenden Innen- bzw. Vertriebsprovision gegenüber dem Kläger
bestanden habe. Auch sei die tatsächliche Höhe der ihr zu Gute kommenden
Rückvergütung aus dem vorgelegten Emissionsprospekt ersichtlich gewesen.
50
Die Beklagte bestreitet, die steuerliche Anerkennung des Fonds als sicher dargestellt zu
haben und gibt an, dem Kläger im Rahmen von insgesamt fünf persönlichen
Beratungsgesprächen anhand des Verkaufsprospektes auch die mit der Beteiligung an
dem Fond verbundenen Risiken eingehend erläutert zu haben. Dass der
"Garantiecharakter" des Fonds im Wege einer Schuldübernahme der
Schlusszahlungsverpflichteten der Lizenznehmer durch die X Bank verwirklicht werde,
sei von ihr - entsprechend den Angaben im Prospekt - so erläutert worden. Weiterhin sei
aus ihrer Sicht nach dem Wortlaut des Prospekts eine Verwendung der Fondsmittel zur
Finanzierung der Barunterlegung der Schuldübernahme ausgeschlossen gewesen.
Hiernach sei nämlich die Zahlung an den Produktionsdienstleister erst zu erbringen
gewesen, nachdem die Schuldübernahmeerklärung der X vorliege. Sie habe demnach
keine Kenntnis einer prospektwidrigen Mittelverwendung gehabt. Die in dem Prospekt
ausgewiesen Prognoserechnungen seien wirtschaftlich und finanziell plausibel
gewesen, so dass ihrerseits keine Veranlassung bestanden habe, von einem Vertrieb
der Fondsanteile als Anlagevermittler Abstand zu nehmen oder über die in dem
Prospekt enthaltenen Hinweise hinaus Warnungen zu erteilen.
51
Die Beklagte vertritt die Ansicht, lediglich als Anlagevermittlerin, nicht als
Anlageberaterin tätig geworden zu sein. Aus diesem Grund sei sie auch nicht zu
individueller Beratung, sondern allein zur Erteilung richtiger und vollständiger
Informationen über die für den Anlageentschluss maßgeblichen Umstände verpflichtet
gewesen. Weiterhin beruft sie sich darauf, dass ein Anspruch des Klägers jedenfalls um
einen Mitverschuldensanteil zu kürzen sei, da er anhand des vor der Zeichnung
übergebenen Emissionsprospektes die Risiken der Anlage hätte entnehmen und einen
etwaigen Widerspruch zu den Vertriebsgesprächen hätte erkennen können.
52
Hilfsweise, für den Fall einer Verurteilung bezüglich des Zahlungsklageantrags, erklärt
die Beklagte die Aufrechnung mit einem auf die unrichtige Empfangsbestätigung des
Prospekts gestützten Schadensersatzanspruch.
53
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach – und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen
verwiesen.
54
Entscheidungsgründe
55
Die zulässige Klage ist unbegründet.
56
I.
57
Der Kläger kann die Beklagte nicht auf Zahlung des mit dem Antrag zu 1) geltend
gemachten Betrages von 26.250,00 Euro in Anspruch nehmen. Eine Haftung der
Beklagten nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiten Sinne, also unter dem
Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss bzw. wegen einer ihr
vorzuwerfenden Pflichtverletzung als Anlagevermittler oder Anlageberater scheidet aus.
Eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten liegt nicht vor.
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1. Zwar wurde die Beklagte für den Kläger als Anlageberater und nicht als bloße
Anlagevermittlerin tätig. Auf Grund des von den Parteien übereinstimmend
vorgetragenen Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass zwischen den Parteien ein
Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Der konkludente Abschluss eines derartigen
59
Vertrages ist immer dann anzunehmen, wenn ein Anlageninteressent an eine Bank,
oder der Mitarbeiter einer Bank an den jeweiligen Kunden herantritt und aus diesem
Anlass tatsächlich eine Beratung im Hinblick auf eine Kapitalanlage stattfindet (vgl.
BGH, Urteil vom 13.01.2004, XI ZR 355/02, WM 2004, 422; BGH NJW, 1993, 2433).
Dies ist hier der Fall. Unabhängig davon, ob die mit der Anlage verbundenen
steuerlichen und wirtschaftlichen Risiken der Anlage von dem Kundenberater zutreffend
dargestellt wurden, und ob dieser über den Prospekt hinausgehende Angaben machte,
ist jedenfalls davon auszugehen, dass im Rahmen der von beiden Parteien
vorgetragenen persönlichen Kundengespräche eine über die bloße Auskunftserteilung
hinausgehende Beratung des Klägers stattfand und eine Empfehlung hinsichtlich des
streitgegenständlichen Fonds ausgesprochen wurde.
2. Eine fehlerhafte Beratung und damit eine Pflichtverletzung der Beklagten ist indes
nicht festzustellen. Die als Anlageberaterin tätige Bank trifft grundsätzlich eine Pflicht zur
anleger- und objektgerechten Beratung (BGH, Urteil vom 06.07.1993, XI ZR 12/93; BGH
NJW 2006, 2041; BGH, Urteil vom 25.11.1981, IV a ZR 286/80 zit. nach juris). Dies
bedeutet, dass die Bank sich einerseits an der Person des Kunden zu orientieren hat,
also insbesondere dessen Wissensstand, Risikobereitschaft und Anlageziel
berücksichtigen muss, andererseits aber ihre Beratung auch anhand der allgemeinen
Risiken, insbesondere der Konjunkturlage und Entwicklung des Kapitalmarktes und den
spezifischen Eigenschaften und Risiken des Anlageobjekts ausrichten muss (BGH,
aao). Während die Aufklärung des Kunden über diese Umstände richtig und vollständig
zu sein hat (WM 2000,1441, 1442), genügt es, wenn die Bewertung und Empfehlung
eines Anlageobjektes unter Berücksichtigung der genannten Gegebenheiten ex ante
betrachtet als vertretbar einzustufen ist (Nobbe in Horn/Schimansky, Bankrecht 1998, S.
235, 248). Dass Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch
erweist, trägt grundsätzlich der jeweilige Kunde (WM 1987, 531, 532).
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a) Die Beklagte hat ihre Pflicht zur anlagegerechten Beratung nicht schuldhaft verletzt.
Anlagegerecht ist eine Beratung im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage dann, wenn
dem jeweiligen Interessenten ein zutreffendes Bild der diese kennzeichnenden
Umstände vermittelt wird. Zwar darf ein Anlageberater grundsätzlich davon ausgehen,
dass ein hierzu herangezogenes Prospekt keine unrichtigen Angaben enthält,
gleichwohl ist er verpflichtet, den im Rahmen der Beratung verwendeten Prospekt auf
seine Plausibilität zu überprüfen und den Anleger bei bestehenden Zweifeln auf diese
aufmerksam zu machen. Im Rahmen dieser Plausibilitätsprüfung ist zu klären, ob der
Prospekt ein schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die
enthaltenen Informationen, soweit mit zumutbaren Aufwand überprüfbar, sachlich
vollständig und richtig sind (BGH NJW – RR 2005, 1120, 1121; BGH NJW 2004, 1732,
1733; BGH NJW – RR 2000, 998).
61
aa) Ihrer Verpflichtung zur Durchführung einer Plausibilitätsprüfung des von ihr
verwendeten Emmissionsprospekts ist die Beklagte in ausreichendem Umfang
nachgekommen, für die Beklagte erkennbare Prospektfehler vermochte die Kammer
nicht festzustellen. Die Beklagte trägt vor, den Fonds selbst auf seine innere Plausibilität
geprüft und ergänzend entsprechende Steuer – und Prospektprüfungsgutachten
herangezogen zu haben. Keinen Bedenken begegnet es, dass die Beklagte sich im
Rahmen der Prüfung auch der von der Fondsgesellschaft bzw. Dritten zur Verfügung
gestellten Unterlagen bedient hat. Gerade im Hinblick auf komplexe steuerrechtliche
Fragen erscheint es sachgerecht, wenn sich der Anlageberater auch auf die
Überprüfung durch Experten des jeweiligen Fachgebiets stützt.
62
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers erweckt der von der Beklagten verwendete
Prospekt nicht den Eindruck, dass der streitgegenständliche Fonds "garantiert" sei und
demnach eine Investition in ihn keinerlei Risiko darstelle. Ein Prospektfehler, den die
Beklagte sich zurechnen lassen müsste, liegt insofern nicht vor. Die Absicherung des
Kommanditanteils wird in dem Prospekt zutreffend dargestellt. Aus der maßgeblichen
Sicht eines Prospektadressaten, der den Prospekt nebst seiner Anlagen sorgfältig und
eingehend liest (vgl. BGH NJW – RR, 1992, 881), erweckt dieser nicht den Eindruck,
dass die schuldübernehmende Bank – hier die X Bank – gegenüber dem einzelnen
Anleger eine Zahlungs – oder sonstige Garantie übernehme. In dem Prospekt ist
nachvollziehbar dargestellt, dass eine Absicherung des finanziellen Risikos gerade
nicht durch eine Garantie, sondern durch eine befreiende Schuldübernahme der X Bank
erfolgt. Dies ergibt sich insbesondere aus den Ausführungen auf den Seiten 9 ("Die
Schuldübernahmen erfolgen mit befreiender Wirkung für den Lizenznehmer"), 22
("Diese Garantien werden nicht durch die Schuldübernahme der X Bank erfasst"), 27
("Die Schuldübernahmen erfolgen mit schuldbefreiender Wirkung für den
Lizenznehmer") und 66 ("Schulübernahmeverträge") des Prospektes, auf die insofern
Bezug genommen wird. Bei der auf dem Deckblatt des Prospektes verwendeten,
schlagwortartigen Bezeichnung als "Garantiefonds" handelt es sich vor diesem
Hintergrund ersichtlich nicht um eine Darstellung der tatsächlichen rechtlichen
Ausgestaltung. Auch erweckt der Prospekt nicht unzutreffend den Eindruck, dass
gegenüber den einzelnen Gesellschaftern eine Kapitalrückzahlungsgarantie
übernommen werde. Vielmehr wird an verschiedenen Stellen des Prospekts deutlich
gemacht, dass die Schlusszahlung nicht an den einzelnen Anleger, sondern an die
Fondsgesellschaft geleistet wird und dementsprechend deren Kommanditkapital, nicht
aber das seitens des einzelnen Anlegers eingesetzte Kapital absichert. Auf die Seiten 9,
22, 66 und 71 des Prospekts wird insofern Bezug genommen.
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cc) Im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung erkennbare Prospektfehler vermochte die
Kammer auch nicht hinsichtlich der steuerlichen Konzeption des Fonds zu erkennen.
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Insbesondere der Einwand des Klägers, dass ein Prospektfehler deshalb anzunehmen
sei, weil nicht darauf hingewiesen wird, dass ein Barwert in Höhe von 70 % des
Kommanditkapitals für die Finanzierung der Schuldübernahme an die X Bank
weitergeleitet wird, vermag eine Haftung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der
Prospekthaftung im weiteren Sinn nicht zu begründen. Der Vorwurf des Klägers bezieht
sich hier gerade darauf, dass die Weiterleitung eines Großteils des Fondskapitals an die
X Bank zur Finanzierung der Schuldübernahme aus dem Prospekt nicht ersichtlich ist.
Insoweit hätte die Beklagte aber weder erkennen können noch müssen, dass eine
Finanzierung der Schuldübernahmeentgelte aus den Mitteln des Fonds erfolgen würde
und demnach die Anerkennung des Steuerkonzepts in Frage gestellt war. Auf Seite 26
des Prospekts heißt es ausdrücklich "Die Produktionskosten werden erst bezahlt, wenn
alle Sicherheiten vorliegen und der Mittelverwendungskontrolleur die Gelder freigibt."
Entsprechend diesen Angaben war nach der prospektgemäßen Konzeption des Fonds
nicht anzunehmen, dass Anlegergelder für die Finanzierung der Schuldübernahme
verwendet werden sollten. Es wurde vielmehr der Eindruck erweckt, dass das
Wirksamwerden der Schuldübernahme der Freigabe des Kommanditkapitals zeitlich
vorauszugehen hat. Inwiefern das aus dem Prospekt ersichtliche Fondskonzept im
späteren Verlauf tatsächlich umgesetzt werden würde, war für die Beklagte im Zeitpunkt
der Plausibilitätsprüfung nicht ersichtlich. Umstände, die durchgreifende Einwände
gegen die Verwirklichung der aus dem Prospekt ersichtlichen Vorgaben begründet
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hätten, liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor. Auf Grund des von ihr geprüften
Fondsprospekts konnte die Beklagte davon ausgehen, dass die Fondsmittel
entsprechend den Angaben im Prospekt zu 87,2 % für die Filmproduktion verwendet
und dementsprechend die Zahlungen der einzelnen Anleger als Produktionskosten
akzeptiert würden. Dies wird auch durch die im Rahmen des staatsanwaltlichen
Ermittlungsverfahrens erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe bestätigt. Die Vorwürfe der
Ermittlungsbehörden beruhen hier gerade darauf, dass ein von den Angaben im
Prospekt abweichender Geldfluss organisiert und umgesetzt worden sein soll.
dd) Eine Pflichtverletzung der Beklagten ist weiterhin nicht deshalb anzunehmen, weil
sie dem Kläger den ihrer Beratung zu Grunde gelegten Prospekt nicht bzw. zu spät
ausgehändigt hätte. Der seitens des Klägers unterschriebene Zeichnungsschein des
Fonds weist als Datum der Zeichnung den 15.09.2003 aus. Unter demselben Datum hat
der Kläger auch den Empfang des Fondsprospekts durch seine Unterschrift bestätigt.
Eine Aushändigung des Prospekts bei der Zeichnung ist aber rechtzeitig, soweit dem
Anleger ein entsprechendes Widerrufsrecht eingeräumt wird. Nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs ist für den maßgeblichen Informationsstand des Anlegers und
seine Anlageentscheidung nicht der Zeitpunkt der Anteilszeichnung, sondern der Ablauf
der Widerrufsfrist maßgeblich, soweit – wie hier – ein freies Widerrufsrecht eingeräumt
wird (BGH, III ZR 219/06, Urteil vom 06.03.2008, zit. nach juris). Die
streitgegenständliche Beteiligung gewährte dem Kläger ein zweiwöchiges
Widerrufsrecht ohne Angabe von Gründen. Aus der seitens des Klägers vorgelegten
Kopie des Zeichnungsscheines geht hervor, dass der Kläger mit Datum vom 15.09.2003
neben dem Empfang des Prospekts die entsprechende Widerrufsbelehrung durch seine
Unterschrift bestätigt hat, so dass ihm ab diesem Zeitpunkt ein Zeitraum von zwei
Wochen für die eingehende Prüfung des Prospekts zur Verfügung stand. Vor diesem
Hintergrund kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass er keine Möglichkeit gehabt
habe, die in dem Prospekt erhaltenen Informationen sachgerecht zu prüfen.
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ee) Der Kläger hat weiterhin nicht bewiesen, dass die Beklagte über den Inhalt des
Prospekts hinausgehende, unzutreffende Angaben gemacht hat. Soweit der Kläger
vorträgt, dass der für die Beklagte tätige Zeuge X ihm gegenüber geäußert habe, dass er
das aufgewendete Eigenkapital in jedem Fall zurückerhalten werde und eine
steuerliche Anerkennung garantiert sei, ist er für diese von ihm zu beweisenden
Umstände beweisfällig geblieben. Die zum Beweis angebotene Vernehmung des
Klägers als Partei scheidet mangels Vorliegen der Voraussetzungen des § 448 ZPO
aus. Eine Vernehmung des Klägers nach dieser Vorschrift würde die vorherige
Ausschöpfung der verfügbaren Beweismittel und weiterhin das Bestehen einer
hinreichenden Anfangswahrscheinlichkeit für die zu beweisende Tatsache
voraussetzen (vgl. nur BGH NJW 1989, 3223; Zöller/Greger, § 448 Rn. 3 und 4). Zwar ist
entsprechend den Ausführungen des Klägers davon auszugehen, dass die Beweismittel
hinsichtlich einer zu beweisenden Tatsache bereits dann im Sinne des § 448 ZPO
ausgeschöpft sind, wenn keine Zeugen von der beweispflichtigen Partei angeboten
wurden und deshalb die Parteivernehmung das einzige weiterhin in Betracht kommende
Beweismittel ist. Hier liegt der Fall aber so, dass dem Kläger ein Zeuge zur Verfügung
stand, dessen Benennung ihm auch "zuzumuten" war. Der bloße Umstand, dass es sich
bei dem Zeugen X um einen Mitarbeiter der Beklagten handelt und er von dieser
ebenfalls als Zeuge benannt wurde, führt nicht dazu, dass es sich um ein, wie der
Kläger meint, "ungeeignetes Beweismittel" handeln würde. Etwas anderes ergibt sich
auch nicht aus der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss
vom 21.02.2001 – 2 BvR 140/00, NJW 2001, 2531). Im Hinblick auf die
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Parteivernehmung der beweispflichtigen Partei wird dort gerade ausgeführt, dass diese
hätte durchgeführt werden müssen, nachdem zuvor der Mitarbeiter der Gegenpartei als
Zeuge vernommen worden war. Ob hier davon auszugehen ist, dass es an der
notwendigen vorherigen Ausschöpfung der sonstigen Beweismittel fehlt, oder ob die
Weigerung des Klägers, den Zeugen X als Beweismittel zu benennen, erst im Rahmen
des dem Gericht eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens zu berücksichtigen ist, kann
dahin stehen, da es jedenfalls an dem weiteren Erfordernis einer gewissen
Wahrscheinlichkeit für die vom Kläger behaupteten Umstände fehlt. Eine solche
Anfangswahrscheinlichkeit würde voraussetzen, dass die richterliche Gesamtwürdigung
von Verhandlung und bisheriger Beweisaufnahme eine gewisse, nicht notwendig hohe
Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung erbringt, was wiederum
bedeutet, dass mehr für als gegen sie spricht (BGH NJW 1989, 3223). Die Anwendung
des § 448 ZPO kommt mithin dann in Betracht, wenn sich das Gericht durch die
Parteivernehmung die Ausräumung noch bestehender, restlicher Zweifel verspricht.
BGH NJW 1994, 320 ff.; Musielak/Huber, Zivilprozessordnung, 4. Auflage, § 448 Rn. 3).
Hier spricht indes keine höhere Wahrscheinlichkeit für das Zutreffen der Ausführungen
des Klägers. Eine Parteivernehmung des Klägers würde nicht darauf abzielen, "restliche
Zweifel" auszuräumen, sondern die beweispflichtige Partei im Fall sich
gegenüberstehender widersprüchlicher Behauptungen von den Folgen der bisherigen
Beweisfälligkeit zu befreien. Das ist jedoch nicht Zweck der Parteivernehmung gemäß §
448 ZPO. Insbesondere durch die Schilderungen des Klägers selbst im Rahmen der
mündlichen Verhandlung vom 13.11.2008 werden seine Behauptungen nicht
hinreichend gestützt. Er gab in diesem Zusammenhang lediglich an, dass der für die
Beklagte tätige Anlageberater geäußert habe, dass er "mit dem Fonds Steuern spare
könnte". Dies entspricht aber gerade der aus dem Prospekt ersichtlichen Konzeption
des Fonds und belegt nicht die schriftsätzlich aufgestellte Behauptung, dass der Zeuge
X gegenüber dem Kläger abweichend von den Angaben im Prospekt geäußert habe,
dass ein Steuersparmodell, soweit es von der Beklagten angeboten werde, auch
hundertprozentig steuerlich anerkannt werde und der Kläger das aufgewendete
Eigenkapital in jedem Fall zurückerhalten werde.
ff) Eine Pflichtverletzung der Beklagten ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil sie die
an den Kläger vermittelte Beteiligung – zwischen den Parteien unstreitig – als
insgesamt sehr positiv darstellte. Die Beklagte durfte aufgrund der ihr zur Verfügung
stehenden Informationen und der positiven Erfahrungen mit dem Vorgängerfonds davon
ausgehen, dass der X für die Zielsetzung des Klägers, Steuern zu sparen, eine
angemessene Rendite zu erzielen und dabei kein allzu hohes Risiko einzugehen, ein
empfehlenswertes Produkt war.
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b) Auf der Grundlage des Parteivortrags ist weiter davon auszugehen, dass der Kläger
bei der Beklagten anlegergerecht beraten wurde. Wie bereits ausgeführt, stellte sich der
Fonds aus der damaligen Sicht der Beklagten tatsächlich als eine für die Ziele des
Klägers geeignete Anlageform dar. Die Beklagte ging zum damaligen Zeitpunkt zu
Recht davon aus, dass der Fonds dem Kläger eine relativ risikoarme Möglichkeit zum
Sparen von Steuern bieten würde.
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c) Eine Pflichtverletzung der Beklagten wird auch nicht durch das Fehlen eines über die
Angaben im Prospekt hinausgehenden Hinweises auf die an sie fließende Provision
begründet. Die Beklagte war entgegen der Auffassung des Klägers nicht verpflichtet, ihn
darauf hinzuweisen dass sie für ihre Tätigkeit beim Vertrieb des Fonds eine Provision
erhielt.
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aa) Soweit der Kläger auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2006
(WM 2007, 487) Bezug nimmt, ist zunächst festzustellen, dass in dem dort
entschiedenen Fall die beratende Bank aus dem von ihr vertriebenen Aktienfondsanteil
laufende Zahlungen in Form von versteckten Rückvergütungen aus den
Ausgabeaufschlägen und den jährlichen Verwaltungsgebühren einer konzerneigenen
Fondsgesellschaft erhielt. Hier hat demgegenüber die Beklagte den Vertrieb von
Anteilen einer fremden Fondsgesellschaft übernommen und für ihr Tätigwerden, wie es
dem Regelfall entspricht, eine Innenprovision erhalten. Die vom BGH am 19.12.2006
entschiedene Konstellation ist mit der hier gegebenen Situation der Zahlung einer
(Innen-) Provision an einen mit dem Vertrieb einer bestimmten Anlage beauftragten
Dritten bereits aus diesem Grund nicht vergleichbar (so auch OLG München, Beschluss
vom 29.10. und Verfügung vom 05.10.2007, Az. 19 U 3123/07; LG München I, Urteil vom
31.07.2008, Az. 32 O 4765/08, Seite 49). Darüber hinaus ist zumindest zweifelhaft, ob
die zu § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG (a.F.) ergangene Entscheidung auf die von der
Beklagten ausgesprochene Empfehlung hinsichtlich einer nicht wertpapiermäßig
verbrieften Kapitalanlage übertragen werden kann (vgl. hierzu auch Rößler, NJW 2008,
554, 556). Der Vertrieb von Beteiligungen wie der streitgegenständlichen auf
Provisionsbasis ist üblich, das Provisionsinteresse der Vertriebsorganisation demnach
dem Interessenten regelmäßig bekannt.
71
bb) Auch die nachfolgend ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom
25.09.2007 (BGH, Urteil vom 25.09.2007, XI ZR 320/06, zit. nach juris), spricht dafür,
dass die Feststellungen des vorgenanten Urteils auf die Fälle des Erwerbs von
Produkten nach dem WpHG zu beschränken sind. Der 11. Zivilsenat hat hier
entschieden, dass eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Anleger dann besteht, wenn
an den Vermittler eines Immobilienfonds eine Innenprovision von 15 % und mehr
gezahlt wird und der entsprechende Anlageprospekt diese nicht ausweist. Gleichzeitig
wird in dieser Entscheidung klargestellt, dass es für die Offenlegung der Innenprovision
in diesem Sinne genügt, wenn die entsprechenden Kosten als "Kosten der
Eigenkapitalbeschaffung" im Prospekt ausgewiesen sind. Dies spricht jedenfalls dafür,
dass eine Verpflichtung zur ungefragten Aufklärung über eine Innenprovision bei
Finanzinstrumenten außerhalb des Anwendungsbereichs des WpHG erst ab einer
bestimmten Grenze anzunehmen ist und auch dann nur für den Fall, dass diese Kosten
nicht ohne weiteres aus dem Anlageprospekt erkennbar sind. Hier ist aber gerade
davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund der Angaben im Fondsprospekt in
nachvollziehbarer Weise über diese Aufwendungen informiert wurde und demnach eine
Pflicht der Beklagten, darüber hinaus einen ausdrücklichen Hinweis zu erteilen, nicht
bestand. Aus den Ausführungen auf Seite 40 des dem Kläger vorgelegten Prospekts
ergibt sich, dass von 100 % des Kommanditkapitals 87,2 % für die Filmproduktion
verwendet werden sollten und insgesamt 11,89 % der zur Verfügung stehenden Mittel
auf emissionsbedingte Nebenkosten entfallen. Ausgewiesen werden im Einzelnen
Aufwendungen in Höhe von 8,9 % für die Eigenkapitalvermittlung, 2,9 % für eine
Geschäftsbesorgungsgebühr, 0,09 % für Gründungs – und Eintragungskosten sowie
zusätzlich ein Agio in Höhe von 5 % des Kommanditkapitals. Die Provision für die
Beklagte wird insoweit, für den Anleger erkennbar, von den Angaben im Prospekt
erfasst. Ebenso ergibt sich aus dem Prospekt die Berechtigung der VIP Beratung für
Banken AG, Dritte – wie die Beklagte – für den Vertrieb der Kommanditanteile
einzusetzen. Insofern war der Kläger bereits aufgrund des ausgegebenen Prospekts
zutreffend über das anzunehmende finanzielle Interesse der Beklagten an dem Vertrieb
des Fonds informiert, eine darüber hinausgehende Informationspflicht der Beklagten
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bestand nicht.
cc) Auch soweit man eine Verpflichtung der Beklagten zur ungefragten Offenlegung des
Umstandes, dass sie für ihre Tätigkeit eine Provision erhielt, annehmen würde, fehlt es
jedenfalls an einer schuldhaften Pflichtverletzung ihrerseits. Ein vorsätzliches Handeln
der Beklagten scheidet ersichtlich aus. Der Kläger trägt nicht vor, dass dem für die
Beklagte als Erfüllungsgehilfe im Sinne des § 278 Abs. 1 BGB tätigen Zeugen X
bewusst gewesen sei, dass er im Rahmen der Beratungsgespräche verpflichtet war, den
Kläger auf die an die Beklagte Provision abzuführende Provision hinzuweisen. Auch
handelte die Beklagte nicht fahrlässig gemäß §§ 276 Abs. 2, 278 Satz 1 BGB.
Fahrlässigkeit setzt voraus, dass der Handelnde die im Verkehr erforderliche Sorgfalt
außer Acht lässt, obwohl aus seiner Sicht die Pflichtwidrigkeit des Tuns vorhersehbar
und vermeidbar ist. Nach Auffassung der Kammer war es für die Beklagte im Zeitpunkt
der Beratung des Klägers hinsichtlich der Anlageentscheidung nicht erkennbar, dass sie
über die von ihr erzielte, unterhalb von 15 % liegende Innenprovision aufklären musste,
obwohl sich die maßgeblichen Informationen ja bereits aus dem Fondsprospekt
ergaben. Aus Sicht der Beklagten bzw. des für diese tätigen Zeugen X hätte sich eine
solche Pflicht nicht aus § 31 Abs. 1 Nr. 2 WpHG (a.F.), sondern allein aus dem zwischen
den Parteien konkludent geschlossenen Beratervertrag ergeben können. Zwar führt der
Kläger zu Recht an, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom
19.12.2006 die angenommene Aufklärungspflicht nicht ausdrücklich auf den
Anwendungsbereich des § 31 WpHG (a.F.) beschränkt hat, abzustellen ist hier aber auf
die Situation im Zeitpunkt der im Jahr 2003 vorgenommenen Beratung. Zu diesem
Zeitpunkt musste die Beklagte nicht davon ausgehen, ungefragt auf eine von ihr zu
erzielende Innenprovision bzw. deren Höhe hinweisen zu müssen. Es ist nicht
ersichtlich, dass in Rechtsprechung oder Literatur für den Vertrieb von Kapitalanlagen
wie der streitgegenständlichen eine solche Hinweispflicht gefordert wurde, so dass der
Zeuge Fornahl nicht damit rechnen musste, sich durch das Unterlassen eines
entsprechenden Hinweises pflichtwidrig zu verhalten.
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dd) Die unterlassene Aufklärung wäre weiterhin nicht kausal für die Beteiligung des
Klägers an dem Fonds geworden. Der Kläger trägt zwar vor, dass er den X nicht
gezeichnet hätte, wenn die Beklagte sie über die Höhe der Innenprovision und das
demnach ihrerseits bestehende Interesse an der Vermittlung einer Beteiligung an dem
Fond aufgeklärt hätte. Eine Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens greift zu
Gunsten des Klägers jedoch nicht ein (vgl. BGH, WM 2004, 1774, 1777; BGH, Urteil
vom 16.11.1996 - XI ZR 214/92). Voraussetzung hierfür wäre, dass bei einer
ordnungsgemäßen Aufklärung für den jeweiligen Anleger nur eine Möglichkeit der
Reaktion gibt und ein Entscheidungskonflikt demgemäß ausscheidet. Dies ist
vorliegend nicht anzunehmen. Insbesondere liegt hier kein Fall vor, in dem eine
signifikant überhöhte Innenprovision die Werthaltigkeit der Anlage insgesamt beeinflusst
und in Frage gestellt hätte (vgl. hierzu etwa BGH NJW – RR 2006, 685). Die von der
Beklagten vereinnahmte Innenprovision in Höhe von 8,25 % überschreitet nicht die in
vergleichbaren Fällen zu erwartende Größenordnung. Für den Kläger wären demnach
auch bei entsprechender Aufklärung durch die Beklagte mehrere
Entscheidungsmöglichkeiten in Betracht gekommen (so z. B. auch OLG Köln, WM 2006,
2133; Schäfer/Schäfer, BKR 2007, 163, 166). Mangels Eingreifen einer Vermutung zu
Gunsten des Klägers hätte dieser in vollem Umfang darlegen müssen, dass er bei
ordnungsgemäßer Aufklärung den Fonds nicht gezeichnet hätte. Ein solcher Nachweis
ist vom Kläger nicht geführt worden. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass die
Frage einer etwaigen Innenprovision bei der Anlageentscheidung ein maßgebliches
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Kriterium darstellte. Der Kläger hat sowohl schriftsätzlich als auch in der mündlichen
Verhandlung vom 13.11.2008 vorgetragen, dass es ihm bei der Entscheidung über die
Beteiligung vorrangig darum ging, steuerliche Vorteile zu erzielen. Auf Grund der
eigenen Angaben des Klägers hinsichtlich seiner Anlageziele ist daher davon
auszugehen, dass er auch bei Kenntnis der genauen Höhe der Provision der
Anlageempfehlung der Beklagten gefolgt wäre.
Mangels Bestehen eines Schadensersatzanspruchs des Klägers sind auch die
weiterhin gestellten Anträge unbegründet.
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Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 05.01.2009 gab der Kammer
keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
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II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und Satz 2
ZPO.
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Streitwert: 28.750,00 Euro
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