Urteil des LG Krefeld vom 29.10.2009

LG Krefeld (höhe, minderwert, treu und glauben, fahrzeug, betrag, rückgabe, sicherstellung, leasingvertrag, ultra petita, leasingnehmer)

Landgericht Krefeld, 5 O 414/08
Datum:
29.10.2009
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 O 414/08
Nachinstanz:
Oberlandesgericht Düsseldorf, I - 24 U 231/09
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 8.218,03 € nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
15.01.2008 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 95 % und der
Kläger zu 5 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund
des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Am 28.07.2004 schlossen die Parteien einen Leasingvertrag über den Pkw der Marke
BMW, 320TD Compact mit einer Laufzeit von 24 Monaten und einer monatlichen
Leasingrate in Höhe von € 232,76 zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Parteien vereinbarten
zudem ein Kilometerlimit von insgesamt 20.000 Kilometern während der zweijährigen
Vertragszeit und einen Aufpreis von 0,0450 € netto pro Mehrkilometer. Unstreitig sollten
bei der Berechnung von Mehrkilometern 2.500 km ausgenommen bleiben. Bei der
Auslieferung des Fahrzeugs an den Beklagten am gleichen Tag betrug der
Anfangskilometerstand 16.082 km. In Abschnitt XVI der Allgemeinen
Leasingbedingungen der Klägerin, die unstreitig Bestandteil des Leasingvertrages
geworden sind, ist u.a. folgendes geregelt:
2
"….
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2 – bei Rückgabe muss das Fahrzeug in einem dem Alter und der vertragsgemäßen
Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand, frei von Schäden und Mängeln sowie
verkehrs- und betriebssicher sein. Normale Verschleißspuren gelten nicht als Schaden."
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In Abschnitt XVII heißt es weiter:
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" 1 – Nach Rückgabe des Fahrzeuges nach Ablauf der bei Vertragsschluss vereinbarten
Leasingzeit gilt folgende Regelung:
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Entspricht das Fahrzeug bei Verträgen mit Kilometerabrechnung nicht dem Zustand
gemäß Abschnitt XVI Ziff. 2 und ist das Fahrzeug hierdurch im Wert gemindert, ist der
Leasingnehmer zum Ausgleich dieses Minderwertes verpflichtet.
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Können sich die Vertragspartner über einen vom Leasingnehmer auszugleichenden
Minderwert (…) nicht einigen (…), werden Minderwert bzw. Wert des Fahrzeuges auf
Veranlassung des Leasinggebers durch einen öffentlich bestellten und vereidigten
Sachverständigen oder ein unabhängiges Sachverständigenunternehmen ermittelt. Der
Leasinggeber gibt dem Leasingnehmer die Möglichkeit, unter mindestens zwei
Sachverständigen oder Sachverständigenunternehmen zu wählen. Die Kosten dieses
Gutachtens tragen Leasinggeber und Leasingnehmer je zur Hälfte. Durch das
Sachverständigengutachten wird der Rechtsweg nicht ausgeschlossen. ….".
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Ferner heißt es unter XVII.2:
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"Wird das Fahrzeug nicht termingemäß zurückgegeben, werden dem Leasingnehmer für
jeden überschrittenen Tag als Grundbetrag 1/30 der für die Vertragszeit vereinbarten
monatlichen Leasingrate ….und die durch die Rückgabeverzögerung verursachten
Kosten berechnet."
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Noch vor Ablauf der ursprünglich vereinbarten Vertragslaufzeit wurde der Vertrag au
Wunsch des Beklagten mit gleichbleibenden Konditionen bis zum 27.01.2007
verlängert. Ob darüber hinaus zu einem späteren Zeitpunkt eine weitere
Vertragsverlängerung stattfand, ist zwischen den Parteien streitig.
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Am 12.10.2007 wurde das Fahrzeug durch die von der Klägerin beauftragte Firma X
sichergestellt und wieder im Besitz der Klägerin überführt. Zu diesem Zeitpunkt betrug
der Kilometerstand 67.282 Kilometer. Durch die Sicherstellung sind der Klägerin Kosten
in Höhe von € 351,81 netto entstanden.
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Im Folgenden ließ die Klägerin durch die Firma X – Bereich Fahrzeugbewertungen – mit
Sitz in X ein Sachverständigengutachten zur Bewertung des streitbefangenen
Leasingfahrzeuges erstellen. Bei der Untersuchung des Fahrzeuges wurden
Beschädigungen an Karosserie, Anbauteilen und Felgen sowie ein Unfallschaden am
Heck festgestellt. Außerdem kam der Sachverständige ausweislich des Gutachtens zu
dem Ergebnis, dass eine durchzuführende Inspektion mit Ölservice überfällig sei. Laut
Sachverständigengutachten belaufen sich die Kosten für die Beseitigung des
Unfallschadens auf netto € 2.775,15 und der verbleibende merkantile Minderwert auf €
1.453,00 netto (= € 1.729,07 brutto). Die Kosten für die Erstellung des Gutachtens
betrugen brutto € 342,03.
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Die Klägerin behauptet, der mit dem Beklagten geschlossene Leasingvertrag sei am
27.01.2007 ausgelaufen. Einer Vertragsverlängerung über diesen Zeitpunkt hinaus
habe sie nicht zugestimmt.
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Die Klägerin ist der Ansicht, aufgrund der verspäteten Rückgabe des Fahrzeuges sei
der Beklagte zur Erstattung der folgenden Positionen verpflichtet:
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1.Nutzungsentschädigung in Höhe der vereinbarten Leasingraten
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vom 28.01.2007 bis 12.10.2007 2.345,10 €
17
2.Vergütung für 15.796 gefahrene Mehr-Kilometer 845,88 €
18
3.Minderwert 1.729,07 €
19
4.merkantiler Minderwert 2.775,15 €
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5.anteilige Gutachterkosten 171,02 €
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6.Sicherstellungskosten netto 351,81 €
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8.218,03 €
23
Mit Schreiben vom 05.01.2008 hatte die Klägerin den Beklagten – insoweit unstreitig –
unter Fristsetzung zum 14.01.2008 aufgefordert, die durch die verspätete Rückgabe des
Fahrzeuges bedingten Kosten, die sie damals noch mit € 10.910,38 errechnet hatte,
auszugleichen.
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Am 30.06.2008 erwirkte sie gegen den Beklagten über diesen Betrag einen
Mahnbescheid.
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Unter Klagerücknahme im Übrigen beantragt die Klägerin nun,
26
den Beklagten zu verurteilen, an sie € 8.218,03 nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.01.2008 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte behauptet, er habe mit der Klägerin eine weitere Verlängerung des
Leasingvertrages bis Ende des Jahres 2008 vereinbart; die Klägerin habe von der ihr
bei Vertragsschluss erteilten Einzugsermächtigung auch nach Januar 2007 Gebrauch
gemacht und weitere Leasingraten von seinem Konto abbuchen können. Er vertritt in
diesem Zusammenhang die Auffassung, dass es an der Klägerin sei, anzugeben,
welche Beträge sie nach dem 27.01.2007 noch von seinem Konto abgebucht habe.
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Der Beklagte vertritt weiter die Auffassung, bezüglich der geltend gemachten Ansprüche
auf Ausgleich des Minderwertes sei die Klage bereits unzulässig. Er meint, dass es sich
bei der unter XVII Ziff. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Leasingvertrag
festgeschriebenen Klausel um eine Zulässigkeitsvoraussetzung handele. Da die
Klägerin dadurch, dass sie ein Sachverständigengutachten eingeholt habe, ohne zuvor
den Versuch unternommen zu haben, mit dem Beklagten eine Einigung über den
auszugleichenden Minderwert zu erzielen und ohne diesem ein Wahlrecht zwischen
mindestens zwei Sachverständigen(unternehmen) einzuräumen, gegen diese Klausel
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verstoßen habe, sei die Klage, so seine Auffassung, teilweise als unzulässig
abzuweisen. Jedenfalls, so die Ansicht des Beklagten, seien die in diesem von der
Klägerin auf unzulässige Art und Weise eingeholten Gutachten getroffenen
Feststellungen für ihn nicht verbindlich.
Der Beklagte bestreitet den geltend gemachten Minderwert sowie den merkantilen
Minderwert dem Grunde und der Höhe nach. Ferner bestreitet er, dass die in dem
Sachverständigengutachten aufgeführten Mängel bereits bei Sicherstellung des
Fahrzeuges vorgelegen haben. Jedenfalls, so die Auffassung des Beklagten, handele
es sich bei diesen festgestellten Mängeln um gewöhnliche Gebrauchsspuren, die dem
Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung des Fahrzeuges entsprächen. Auch der
Unfallschaden am Heck sei als merkantile Wertminderung nicht erstattungsfähig, da es
sich dabei lediglich um einen optischen Schaden handele, der die Verkehrs- und
Betriebssicherheit des Fahrzeuges nicht beeinträchtige. Zudem sei zu berücksichtigen,
dass die Klägerin diese Schadensposition auch gegenüber ihrer Vollkaskoversicherung
geltend machen könne.
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Der Beklagte beruft sich bezüglich der Ansprüche auf Minderwertausgleich zudem auf
die Einrede der Verjährung. Da es sich dabei, so die Ansicht des Beklagten, um
Schadenersatzansprüche handele, sei § 548 BGB einschlägig, wonach die
Verjährungsfrist 6 Monate betrage.
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Weiterhin ist der Beklagte der Ansicht, die Klägerin könne jedenfalls einen Ersatz der
Mehrwertsteuer nicht beanspruchen, da sie nicht vorgetragen habe, das Fahrzeug
tatsächlich repariert zu haben und sie zudem vorsteuerabzugsberechtigt sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen, namentlich auf den Leasingvertrag vom 28.07.2004, die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin und das Gutachten der Firma X
GmbH & Co. KG vom 15.11.2007 (Anlagen K 1, 2 und 4 zur Antragsschrift vom
04.11.2008) Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Der Zulässigkeit der Klage steht die unter XVII Ziff. 1 der dem Leasingvertrag
beigefügten Allgemeinen Geschäftsbedingungen getroffene Vereinbarung nicht
entgegen. Bei der Klausel handelt es sich nicht um einen Schiedsvertrag i.S.d. §§ 1025
ff. ZPO, sondern um eine Schiedsgutachtenvereinbarung, welche die staatliche
Gerichtsbarkeit nicht mit der Rechtskraftwirkung des § 1055 ZPO ausschließt. Dies
ergibt sich bereits aus ihrem Wortlaut, wonach durch das einzuholende
Sachverständigengutachten der Rechtsweg nicht ausgeschlossen wird.
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1.Nutzungsentschädigung
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Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Nutzungsersatz für die Zeit
vom 28.01. bis 12.10.2007 in Höhe von € 2.345,10 gemäß § 546 a BGB.
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Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Vorschrift des § 546 a BGB auf
Finanzierungsleasingverträge anwendbar, und zwar unabhängig davon, ob und
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inwieweit dem Leasinggeber durch die Vorenthaltung des Leasinggutes ein Schaden
erwachsen ist und ob der Leasingnehmer aus dem Leasinggegenstand einen Nutzen
ziehen konnte (BGH, NJW 1989, 1730: NJW-RR 2004, 558; NJW-RR 2005, 1081; NJW
2007, 1594).
Die Voraussetzungen, an deren Vorliegen § 546 a BGB einen Anspruch auf
Nutzungsentschädigung knüpft, sind erfüllt. Der Beklagte hat das Fahrzeug nach
Beendigung des Leasingvertrages nicht zurückgegeben. Eine Rücküberführung des
Fahrzeuges an die Klägerin erfolgte unstreitig erst am 12.10.2007. Nach Überzeugung
des Gerichts ist der zwischen den Parteien geschlossene Leasingvertrag jedoch bereits
am 27.01.2007 abgelaufen. Der Beklagte ist für die von ihm zu beweisende
Behauptung, die Parteien hätten sich auf eine weitere Verlängerung des Vertrages bis
Ende des Jahres 2008 geeinigt, beweisfällig geblieben. Dem Beweisantritt des
Beklagten auf Vernehmung des Zeugen X war nicht weiter nachzugehen. Dieses
Beweismittel war nicht mehr zu benutzen, nachdem die dem Beklagten mit Beschluss
vom 27.08.2009 gesetzte dreiwöchige Frist fruchtlos verstrichen war, innerhalb derer er
die ladungsfähige Anschrift des Zeugen hätte beibringen sollen, § 356 ZPO. Auch bis
zum Schluss der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Anschrift des Zeugen
nicht nachgereicht.
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Da der Beklagte den Gebrauch der Leasingsache nach Vertragsablauf fortgesetzt hat,
obwohl ihm eine Rückgabe der Sache möglich gewesen wäre und das Unterlassen der
Herausgabe erkennbar dem Willen der Klägerin widersprach, liegt auch ein
Vorenthalten i.S.d. § 546 a BGB vor. Damit kann die Klägerin für die Dauer der
Vorenthaltung unter Berücksichtigung der in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen
unter Abschnitt XVII. 2. Getroffenen Regelung für jeden überschrittenen Tag als
Grundbetrag 1/30 der für die Vertragszeit vereinbarten monatlichen Leasingrate
berechnen, die für das Jahr 2007 unter Berücksichtigung des Mehrwertsteuersatzes von
jetzt 19 % brutto € 276,98 beträgt. Für die Zeit vom 28.01.2007 bis zum 12.10.2007 (8
Monate 16 Tage) hat die Klägerin danach einen Betrag von € 2.363,52 zu
beanspruchen, wovon sie allerdings nur € 2.345,10 geltend macht.
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Soweit der Beklagte vorträgt, die Klägerin habe auch nach Vertragsende noch weitere
Leasingraten von seinem Konto abgebucht, handelt es sich um einen
Erfüllungseinwand, für welchen der Beklagte darlegungs- und beweispflichtig ist. Aus
dem Vorbringen des Beklagten ist indes schon nicht ersichtlich, für welchen Zeitraum
und in welcher Höhe er bereits Zahlungen geleistet haben will, so dass dieses zu
unsubstantiiert ist, um Berücksichtigung zu finden.
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2.Mehrkilometervergütung
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Die Klägerin kann zudem gemäß IV Ziff. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
wegen gefahrener Mehrkilometer Zahlung von € 845,88 verlangen.
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Für die sich unter Berücksichtigung der einmaligen Vertragsverlängerung bis zum
27.01.2007 ergebende vertragliche Laufzeit von 32 Monaten ergibt sich ein zulässiger
Kilometerstand von 43.582 Kilometern (16.082 Anfangskilometer + 25.000 Freikilometer
+ zulässiges Überschreitungslimit von 2.500 Kilometern). Da die Klägerin für die Zeit der
Überschreitung der vertragsgemäßen Leasingzeit die vereinbarten Leasingraten als
Nutzungsentschädigung geltend macht, sind für diesen Zeitraum weitere Freikilometer
hinzuzurechnen. Bei einer vereinbarten jährlichen Kilometerbleistung von 10.000
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Kilometern ergibt sich eine tägliche Kilometerleistung von 27,4 Kilometern (10.000
Kilometer: 365 Tage). Multipliziert man diesen Betrag mit der Leasingzeitüberschreitung
von 258 Tagen, so ermitteln sich zusätzliche 7.069 Freikilometer. Damit ergibt sich unter
Berücksichtigung der Gesamtnutzungszeit ein zulässiger Kilometerstand von 50.651
Kilometern. Subtrahiert man diesen Betrag von der bei Rückgabe des Fahrzeuges
unstreitig vorliegenden Kilometerleistung von 67.282 Kilometern, errechnen sich damit
zu vergütende Mehrkilometer in Höhe von 16.631. Unter Zugrundelegung des
vereinbarten Satzes von 0,0450 € zuzüglich Mehrwertsteuer pro Mehrkilometer steht der
Klägerin eine Mehr-Kilometer-Vergütung in Höhe von € 890,60 zu. Nach dem Grundsatz
ne ultra petita ist der Klägerin jedoch lediglich der eingeforderte Betrag in Höhe von €
845,88 zuzusprechen.
3. Minderwert
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Die Klägerin hat ferner Anspruch auf Erstattung des merkantilen Minderwertes in Höhe
von brutto EUR 1.729,07.Der Anspruch folgt aus der unter Abschnitt XVII Ziffer 1 der
Allgemeinen Leasingbedingungen der Klägerin getroffenen Regelung. Hiernach ist der
Leasingnehmer zum Ausgleich des Minderwertes verpflichtet, der auf Mängel und
Schäden an dem Leasingfahrzeug zurückgeht. Unter Bezugnahme auf das Gutachten
des X GmbH & Co. KG trägt die Klägerin vor, dass der Kotflügel des Fahrzeuges vorne
rechts, die Tür links im hinteren Bereich unter dem Türgriff und der Radlauf hinten rechts
beschädigt seien, hier befänden sich Dellen in der Karosserie. Außerdem sei die
Stoßstange vorne rechts eingedrückt und gestaucht, sie müsse instandgesetzt und
teilweise neu lackiert werden. Ferner sei der Kunststoffinnenkotflügel vorne rechts
zerbrochen und müsse erneuert werden; die Leichtmetallfelge vorne rechts sei
abgeschliffen, die Leichtmetallfelge hinten rechts nicht vorhanden. Zwar bestreitet der
Beklagte, dass diese Mängel bereits im Zeitpunkt der Sicherstellung des Fahrzeuges
vorgelegen haben. Dieses Bestreiten ist indes nicht beachtlich. Aus seinem weiteren
Vortrag nämlich, dass, sofern diese Beschädigungen vorgelegen haben, es sich
insoweit um gewöhnliche Gebrauchsspuren gehandelt habe, ergibt sich, dass seine
Behauptung, die Beschädigungen hätten bei Sicherstellung nicht vorgelegen, rein ins
Blaue hinein aufgestellt worden ist. Wenngleich es einer Prozesspartei grundsätzlich
unbenommen ist, ihre Verteidigung auch auf Hilfserwägungen zu stützen, ist sie
dennoch gehalten, substantiiert zu Haupt- und Hilfsargumenten vorzutragen. So hätte
der Beklagte hier angesichts der Vielzahl der von dem Gutachter aufgeführten Mängel
angeben müssen, welche der genannten Beschädigungen im Zeitpunkt der
Sicherstellung noch nicht vorhanden gewesen sind und welche seiner Meinung nach
vorhanden, aber lediglich Gebrauchspur gewesen sein sollen.
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Nach den Feststellungen des Gutachters gehen die vorgenannten Beschädigungen,
anders als der Beklagte meint, über die normale Abnutzung und über das übliche
Verschleißmaß bei Fahrzeugen dieser Art und dieses Alters hinaus und mindern nach
seinen Feststellungen den Wert des Fahrzeuges.
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An diese Feststellungen des Sachverständigen ist auch der Beklagte gebunden, § 319
BGB. Das von der Klägerin eingeholte Sachverständigengutachten des X GmbH & Co.
KG ist als Schiedsgutachten im Sinne der unter Abschnitt XVII.1. der Allgemeinen
Leasingbedingungen der Klägerin getroffenen Regelung zu bewerten, auch wenn das
dort beschriebene Verfahren im vorliegenden Fall nicht eingehalten worden ist.
Tatsächlich war dem Beklagten – abweichend von der getroffenen Regelung – nicht die
Möglichkeit gegeben worden, unter mindestens zwei öffentlich bestellten und
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vereidigten Sachverständigen(unternehmen) zu wählen, weil die Klägerin diese Wahl
hier allein getroffen hatte. Indes entspricht es einhelliger Auffassung, dass ein
Vertragspartner berechtigt ist, den Schiedsgutachter alleine zu beauftragen, wenn der
andere Vertragspartner sich weigert, bei der Beauftragung mitzuwirken (vgl. nur OLG
Frankfurt, IBR 2002, 458). Diese Rechtsprechung knüpft an die Vertragsuntreue des
anderen Vertragspartners an. Nicht anders liegt es hier. Nach dem Beweisergebnis hat
der Beklagte das Fahrzeug noch monatelang nach dem regulären Vertragsablauf weiter
genutzt und es auf die dann tatsächlich auch erfolgte Sicherstellung des Fahrzeuges
ankommen lassen. In diesem Fall kann er sich nach Treu und Glauben nicht mehr
darauf berufen, an der Auswahl des Sachverständigen nicht teilgenommen zu haben.
Von der Klägerin kann in einer solchen Situation redlicherweise nicht mehr erwartet
werden, dass sie eine Zustimmung ihres Vertragspartners zur Auswahl des
Sachverständigen einholt. Sie ist in einer solchen Situation aber gleichfalls nicht darauf
zu verweisen, sich auf ein bloßes Privatgutachten zu beschränken. Denn schließlich
entspricht es ihrem berechtigten Interesse, etwaige Schäden und hieraus folgende
Ansprüche durch ein für beide Vertragsparteien verbindliches Schiedsgutachten
feststellen zu lassen, so wie es bei Vertragsschluss von den Parteien auch vereinbart
worden ist. Dass der Sachverständige im vorliegenden Fall offensichtlich unrichtige
Feststellungen zum Umfang der Beschädigungen und/oder zum Minderwert des
Fahrzeuges gemacht hatte, ergibt sich auch aus dem Vortrag des Beklagten nicht.
Hiernach hat der Beklagte der Klägerin unter Einschluss einer nach Feststellung des
Sachverständigen überfälligen Inspektion mit Ölservice einen Minderwert von brutto
1.729,07 auszugleichen.
Auch den hierin enthaltenen Mehrwertsteueranteil von EUR 276,07 schuldet der
Beklagte der Klägerin. Auch der entstandene Minderwert ist eine Leistung aus dem
Leasingvertrag und unterliegt damit der Umsatzsteuerpflicht.
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Ferner sind Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten nicht ausgeschlossen, weil
dieser eine Vollkaskoversicherung über das Fahrzeug abgeschlossen hatte. Selbst
wenn diese Versicherung für Rechnung der Klägerin abgeschlossen gewesen sein
sollte, hindert sie das nicht, unmittelbar gegen ihren Vertragspartner, hier den Beklagten,
vorzugehen.
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Schließlich ist die Forderung der Klägerin nicht verjährt. Der Anspruch auf
Minderwertausgleich wegen Rückgabe des Fahrzeuges in nicht vertragsgerechtem
Zustand verjährt nach §§ 195, 199 BGB in drei Jahren, nicht gem. § 548 BGB in sechs
Monaten. Es entspricht höchstrichterlicher Rechtssprechung, dass ein solcher Anspruch
beim Kraftfahrzeugleasing mit Kilometerabrechnung leasingtypischer Erfüllungs-, nicht
Schadensersatzanspruch ist (BGH, ZMR 2000, 443). Dies ergibt sich aus dem
Amortisationsanspruch der Klägerin als Leasinggeberin, der sich hier aus den
vereinbarten Leasingraten zusammensetzt.
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In Gang gesetzt worden ist der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist damit frühestens
am 12.10.2007 bei Sicherstellung des Fahrzeuges und ist mithin bei Beantragung des
Mahnbescheides am 12.06.2008 längst nicht abgelaufen gewesen.
55
4. Reparaturkosten
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Aus dem Vorgesagten folgt, dass die Klägerin ferner Erstattung der Kosten, die für eine
Reparatur des von dem Sachverständigen festgestellten Heckschadens anfallen,
57
verlangen kann, die sie den Feststellungen des Sachverständigen entsprechend in
Höhe von netto EUR 2.775,15 geltend macht. Insoweit folgt ihr Anspruch aus der unter
Abschnitt XVI Ziffer 2 der Allgemeinen Leasingbedingungen getroffenen Regelung.
Hiernach hat die Klägerin einen Anspruch auf Überlassung des Fahrzeuges bei
Vertragsende in einem unbeschädigten Zustand. Tatsächlich war das Fahrzeug im
Heckbereich beschädigt, wie der Sachverständige des X GmbH & Co. KG auch insofern
verbindlich festgestellt hat. Auch insofern gilt, dass der Beklagte nicht substantiiert dazu
vorgetragen hat, dass dieser Heckschaden im Zeitpunkt der Sicherstellung noch nicht
vorgelegen hatte und auch nicht dazu, dass die Feststellungen des Sachverständigen
offensichtlich unrichtig sind im Sinne des § 319 BGB. Entsprechend bindend sind damit
auch die Feststellungen des Sachverständigen zur Höhe der Reparaturkosten.
Dabei kann insofern offen bleiben, ob die Klägerin berechtigt wäre, auch eine auf die
Reparaturkosten entfallende Umsatzsteuer geltend zu machen, da sie diese in diesem
Zusammenhang nicht verlangt.
58
In Hinblick auf den Einwand der Verjährung gilt das zuvor Gesagte.
59
5. anteilige Gutachterkosten
60
Ferner kann die Klägerin die Hälfte der Kosten, die für die Einholung des
Sachverständigengutachtens der Fa. X GmbH & Co. KG angefallen sind, gem. der unter
XVII Ziffer 1 getroffenen Regelung der Allgemeinen Leasingbedingungen von dem
Beklagten verlangen. Dort heißt es, dass die Parteien die Kosten für ein einzuholendes
Schiedsgutachten je hälftig tragen. Wie ausgeführt ist das Gutachten der Fa. X GmbH &
Co. KG ein Gutachten im Sinne dieser Bestimmung. Unstreitig belaufen sich die Kosten,
die der Klägerin von dem Gutachter in Rechnung gestellt worden sind, auf brutto EUR
342,03. Damit ist der Beklagte zur Zahlung von EUR 171,02 an die Klägerin verpflichtet.
Der Erstattungsanspruch schließt dabei die gesetzlich anfallende Umsatzsteuer mit ein,
weil die Begutachtung des Leasingfahrzeuges in den unter XVII. Ziffer 1 der
Leasingbedingungen der Klägerin bestimmten Fällen eine Nebenleistung aus dem
Leasingvertrag ist, wenngleich sie durch einen Dritten erbracht wird. Damit unterliegt
aber auch sie der Umsatzsteuerpflicht.
61
6. Sicherstellungskosten
62
Schließlich hat die Klägerin Anspruch auf Erstattung der für die Sicherstellung des
Fahrzeuges angefallenen Kosten in Höhe von netto 351,81. Der Anspruch folgt aus §§
280 Abs. 1, 286 BGB. Der Beklagte war mit der Rückgabe des Fahrzeuges den
vorstehenden Ausführungen entsprechend bereits seit dem 28.01.2007 in Verzug. In
den Allgemeinen Leasingbedingungen war insoweit geregelt, dass das Fahrzeug nach
der Beendigung des Vertrages unverzüglich zurückzugeben ist, so dass die Leistung
des Beklagten kalendermäßig bestimmt gewesen ist (XVI Ziffer 1 der Allgemeinen
Leasingbedingungen). Eine Mahnung war damit gem. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB
entbehrlich. Durch die verzögerte Rückgabe des Fahrzeuges ist der Klägerin der
Schaden in Form der Sicherstellungskosten, deren Höhe zwischen den Parteien
unstreitig ist, entstanden und ist entsprechend von dem Beklagten zu ersetzen.
63
Damit schuldet der Beklagte der Klägerin aus den oben aufgeführten Positionen 1 – 6
insgesamt einen Betrag von EUR 8.218,03, mithin den mit der Klage noch geltend
gemachten Betrag.
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Schließlich kann die Klägerin gem. §§ 280 Abs. 1, 286 BGB aus diesem Betrag Zinsen
in beantragter Höhe seit dem 15.01.2008 verlangen. Unstreitig hatte sie den Beklagten
mit Schreiben vom 05.01.2008 unter Fristsetzung zum 14.01.2008 aufgefordert, einen
Betrag von EUR 10.910,38 an sie zu zahlen, der gleichfalls unstreitig den jetzt geltend
gemachten Klagebetrag einschließt. In diesem Schreiben ist damit eine Mahnung des
Beklagten enthalten. Diese ist wirksam, obschon die Klägerin den die nunmehrige
Klageforderung übersteigenden Betrag zu viel gefordert hatte. Denn anhand der ihm
überlassenen Unterlagen konnte der Beklagte die einzelnen Positionen, die von der
Klägerin abgerechnet waren, im Einzelnen nachvollziehen und war damit in die auch
selbst in die Lage versetzt, die wirklich geschuldete Leistung zuverlässig festzustellen.
Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin zur Annahme dieser gegenüber ihren
ursprünglichen Vorstellungen geringeren Leistung nicht bereit gewesen wäre.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 269 Abs. 3, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1 und 2, 711 S. 1 und 2
ZPO.
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Streitwert:
67
bis 04.11.2008 EUR 10.910,38
68
ab 05.11.2008 EUR 8.227,31
69
ab 02.03.2009 EUR 8.218,03
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