Urteil des LG Krefeld vom 07.12.2007

LG Krefeld: auflösung, rücklage, grobe fahrlässigkeit, vorteilsausgleichung, steuererklärung, vermögensvorteil, erstellung, akte, verjährungsfrist, mitverschulden

Landgericht Krefeld, 1 S 72/07
Datum:
07.12.2007
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
1. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 S 72/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Krefeld, 6 C 524/06
Tenor:
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: EUR 2.437,33
Gründe:
1
I.
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Der Kläger begehrt vom Beklagten Schadensersatz wegen Schlechtleistung aus einem
Steuerberatervertrag. Wegen der Einzelheiten des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs.
1 ZPO auf die zutreffenden Feststellungen des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts
Krefeld vom 08.06.2007, Az.: 6 C 524/06, Bezug genommen.
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Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger
EUR 2.437,33 nebst Verzugszinsen in geltend gemachter Höhe zu zahlen. Zur
Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch gegen den Beklagten
wegen einer Pflichtverletzung aus einem Steuerberatervertrag aus § 280 BGB zu, da der
Beklagte es entgegen einer entsprechenden Verpflichtung unterlassen habe, den
Kläger spätestens mit der Erstellung der Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2000
konkret auf die gesetzlich zwingend vorgeschriebene Auflösung der im Jahr 1998 durch
ihn im Auftrag des Klägers erfolgten Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 3 EStG und
die Folgen einer steuerrechtswidrigen Beibehaltung der Rücklage (erneut) hinzuweisen.
Insoweit habe der Beklagte seine Aufklärungs- und Fürsorgepflichten aus dem
laufenden Steuerberatervertrag mit dem Kläger unabhängig davon verletzt, ob er den
Kläger bereits bei der Bildung und Einbuchung der Ansparabschreibung nach § 7g
EStG für das Jahr 1998 umfassend belehrt gehabt habe. Da der Beklagte die
Steuererklärungen insbesondere auch für das Jahr 2000 bereits gefertigt hatte, komme
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es auch nicht darauf an, dass das Mandatsverhältnis im Januar 2002, also noch vor dem
letztmöglichen Termin zur rechtszeitigen Abgabe dieser Steuererklärung im April 2002,
beendet gewesen sei. Aus dem vom Kläger vorgelegten Steuerbescheid vom
10.10.2005 für das Jahr 2000 und aus dem Auszug aus dem Bericht der Betriebsprüfung
vom 12.09.2005 ergebe sich, dass der Kläger durch die zwangsweise Auflösung der
Rücklage eine entsprechende Steuernachzahlung und einen auf die
Nachzahlungsforderung berechneten Strafzins für 42 Monate zu je 0,5 % zu leisten
habe. Angebliche Zinsgewinne habe sich der Kläger im Wege der Vorteilsausgleichung
nicht anrechnen zu lassen, da der Vortrag des Beklagten, der Kläger habe die Vorteile
aus der verspäteten Auflösung der Rücklage angelegt und dabei Habenzinsen von
mehr al 6 % p. a. erzielt, ohne jede Substanz sei. Soweit der Kläger Schadensersatz in
Höhe des zusätzlich zu der erhöhten Steuer zu zahlenden Strafzinses für 42 Monate
verlangt, sei nicht ersichtlich und auch vom Beklagten nicht dargelegt, dass und in
welchem Umfang für den Kläger aus diesem Schaden ein in adäquatem
Kausalzusammenhang hiermit verbundener Vorteil resultiere. Der pauschale Hinweis
des Beklagten, der Kläger habe seit 1998 auf den Betrag der nicht aufgelösten
Rücklage und/oder der Steuernachzahlung einen Guthabenzins von durchgehend mehr
als 6 % p.a. erzielt, reiche vor dem Hintergrund, dass er im Einzelnen darzulegen und
notfalls zu beweisen habe, welche Vermögensvorteile dem Kläger im hier einzig
entscheidenden Zeitraum ab April 2002 konkret zugeflossen sind, nicht aus. Soweit der
Beklagte vorgetragen habe, der Kläger habe im Jahr 2002 aus einem Schweizer Konto
Zinserträge in Höhe von EUR 2.827,16 erzielt, sei nicht nachvollziehbar, inwieweit sich
dieser angebliche Zinsgewinn auf den Zeitraum ab April 2002 und dabei auf die Anlage
der erst im Jahre 2005 zu entrichtenden Steuermehrbeträge beziehe. Zudem sei zu
berücksichtigen, dass der Kläger seine Zinseinnahmen seinerseits zu versteuern hätte,
was einen etwaigen Zinsvorteil entsprechend reduziert gehabt hätte. Der erstmals nach
Schluss der mündlichen Verhandlung behauptete Vorteil in Form der Berücksichtigung
des "Strafzinses" als Betriebsausgabe sei verspätet vorgetragen und daher nicht zu
berücksichtigen. Zudem habe der Beklagte für diesen ohnehin unsubstantiierten Vortrag
keinen Beweis angetreten. Auch fehle es an einer Darlegung der konkreten
Auswirkungen des Vorteils für den Kläger und der Höhe des angeblich anzurechnenden
Vorteils. Die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greife nicht, da der
Kläger frühestens mit der Betriebsprüfung im Jahre 2005 Kenntnis von den den
Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners erlangt habe bzw.
ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen, so dass die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB beginnende gesetzliche Verjährungsfrist erst zum Schluss des Jahres 2005 zu
laufen begonnen habe.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Da der Kläger bereits bei
Bildung der Ansparrücklage über die Voraussetzungen und Folgen bei einer
Nichtauflösung informiert worden sei, müsse, selbst wenn man eine spätere nochmalige
Hinweispflicht des Beklagten annehme, im Rahmen des Schadensersatzanspruches
ein Mitverschulden des Klägers berücksichtigt werden, da dieser den angeblichen
Schaden mitverschuldet habe. Insoweit sei daher dem Beweisantritt hinsichtlich der
Information des Klägers bei Bildung der Ansparrücklage nachzugehen gewesen.
Steuernachzahlung und Strafzins würden auch nicht allein aus der Auflösung der
Rücklage zuzüglich des Gewinnzuschlags resultieren, da anlässlich der
Betriebsprüfung auch eine Korrektur der allgemeinen Betriebsausgaben zu Lasten des
Klägers in Höhe von EUR 2.623,00 erfolgt sei. Die Schadensersatzforderung sei zudem
verjährt, weil der Kläger von den Folgen der Nichtauflösung der Ansparrücklage und der
Verzinsungspflicht spätestens ab dem zweiten Jahr der Nichtauflösung Kenntnis gehabt
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habe, so dass nicht erst auf den entsprechenden Steuerbescheid aus 2005 abgestellt
werden könne. Auch habe der Kläger ganz erheblich Zinseinkünfte aus der Bildung der
Ansparrücklage realisiert, indem er den Betrag der Rücksparanlage auf einem Konto der
Commerzbank in der Schweiz angelegt und dort Zinsen erzielt habe. Mit dem
Berufungsbegründungsschriftsatz vom 11.09.2007 trägt der Beklagte insoweit vor, im
Jahre 2002 habe der Kläger diesbezüglich einen Zinsertrag in Höhe von EUR 2.116,95
erzielt. Mit weiterem Schriftsatz vom 06.11.2007 beziffert er, wie auch schon
erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 16.02.2007 den Zinsertrag für das Jahr 2002 auf EUR
2.827,16, den er sodann mit EUR 1.884,77 für den Zeitraum Mai bis Dezember 2002
berechnet und wovon noch konkret benannte Gebühren und Sollzinsen abzuziehen
seien. Insgesamt sei dem Kläger für den Zeitraum vom 01.05. bis 31.12.2005 ein
Zinsvorteil in Höhe von EUR 1.524,40 verblieben. Der Kläger hätte ohne weiteres eine
marktübliche Verzinsung von 6 % p.a. für den Betrag der Ansparrücklage und für den
Zeitraum deren Nichtauflösung erzielen können, was er auch realisiert habe. Es sei
zudem zu berücksichtigen, dass der Kläger durch die spätere Auflösung der
Ansparrücklage Progressionsvorteile erhalten habe. Der Kläger habe ein Interesse an
der Beibehaltung der Rücklage gehabt und eine Auflösung tunlichst vermieden. Hinzu
komme, dass spätestens mit der Übernahme des Mandats im Januar 2002 die neue
Steuerberaterin für die Auflösung der Rücklage zuständig gewesen sei, da im Rahmen
der Übernahme eines Mandats immer die Rücklagen der Vorjahre auf Auflösung zu
überprüfen seien.
Der Beklagte beantragt (Bl. 114 d. Akte),
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unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Krefeld vom 08.06.2007 zum
Aktenzeichen – 6 C 524/06 – die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt (Bl. 129 d. Akte),
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er nimmt, dieses wiederholend, auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und
verteidigt das angefochtene Urteil.
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II.
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Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft und form- und fristgerecht
eingelegt und begründet worden.
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In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender
Begründung hat das Amtsgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen
den Beklagten wegen Verletzung der Pflichten des zwischen den Parteien bis Januar
2002 bestehenden Steuerberatungsvertrages bejaht.
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1.
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Zutreffend ist das Amtsgericht nach Auffassung der Kammer davon ausgegangen, dass
der Beklagte den Kläger spätestens bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung
für das Jahr 2000 darauf hätte hinweisen müssen, dass die nach § 7g Abs. 3 EStG im
Jahr 1998 gebildete Ansparabschreibung nach § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG
gewinnerhöhend aufzulösen ist. Dies gilt insbesondere unabhängig von der strittigen
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Frage, ob der Beklagte - wie von ihm behauptet - den Kläger bereits bei der Einstellung
der Ansparabschreibung 1998 umfassend über die Voraussetzungen und vor allem über
die Folgen einer Nichtauflösung informiert hat. Entscheidend ist insoweit, dass der
Beklagte die Einkommenssteuererklärung unstreitig selbst erstellt hat. Berücksichtigt er
dabei nicht die von ihm persönlich gebildete, nunmehr aber nach dem Gesetz zwingend
aufzulösende (vgl. Drenseck, in: Schmidt, EStG, 22. Aufl., § 7g, Rn. 24)
Ansparabschreibung, so erstellt er eine unrichtige Steuererklärung mit der Folge einer -
wie hier - später unter Umständen notwendig werdenden Steuernachzahlung. Hierauf
hatte er den Kläger daher zwingend hinzuweisen. Insbesondere durfte er - ohne erneute
Rücksprache bzw. zumindest Hinweis - nicht etwa davon ausgehen, dass der Kläger
nur wegen der vermeintlich im Jahr 1998 erfolgten Belehrung eine Unterschrift unter
einer nicht dem Gesetz entsprechenden Steuererklärung setzt. Zutreffend hat das
Amtsgericht bereits in der Sitzung vom 11.05.2007 darauf hingewiesen, dass in einem
solchen Fall ein (nochmaliger) Hinweis allenfalls dann entbehrlich gewesen wäre, wenn
der Beklagte davon ausgehen durfte, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Abgabe der
Steuererklärung anderweitig fachkundig beraten worden ist, wozu allerdings jeglicher
Vortrag fehlt.
2.
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Der Kläger hat sich, unabhängig von einer eventuellen Beratung im Jahr 1998,
insbesondere auch kein Mitverschulden im Sinne von § 254 BGB anrechnen zu lassen.
Nicht nur, dass schon fraglich ist, ob der Kläger sich nicht bei der vom mit allen
steuerlichen Angelegenheiten des Klägers über mehrere Jahre umfassend beauftragten
Beklagten erstellten Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2000 darauf verlassen
durfte, dass die von ihm zu unterschreibende Steuererklärung, wenn nicht der Beklagte
auf eine entsprechende Abweichung ausdrücklich hinweist, den gesetzlichen
Anforderungen entspricht und daher auch die nach § 7g Abs. 4 Satz 2 BGB
gewinnerhöhende Auflösung der Rücklage berücksichtigt wurde. Zumindest träte ein
entsprechender Verursachungsbeitrag des Klägers jedenfalls hinter dem deshalb ganz
überwiegenden Verursachungsbeitrag des Beklagten zurück.
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3.
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Der geltend gemachte Schaden, der in dem für die Zeit vom 01.04.2002 bis zum
10.10.2005 zu zahlenden Strafzins auf die vom Kläger substantiiert dargelegte
Steuernachforderung in Höhe von EUR 11.638,03 besteht, ist auch durch den Kläger
nach dem zu berücksichtigenden erstinstanzlichen Vortrag substantiiert dargelegt
worden. Zwar weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass auch eine vom Beklagten
nicht zu vertretende Korrektur der Betriebsausgaben zu Lasten des Klägers um EUR
2.623,00 zu einer Erhöhung der mit dem Steuerbescheid vom 10.10.2005 neu
festgesetzten Einkommenssteuer für das Jahr 2000 geführt hat. Dies ist aber vom
Amtsgericht bereits berücksichtigt worden, indem gerade nicht der im Steuerbescheid
von 10.10.2005 ausgewiesene Steuernachzahlungsbetrag in Höhe von EUR 12.313,96
für die Berechnung des vom Beklagten zu ersetzenden Teils der Strafzinsen, sondern
lediglich ein Betrag in Höhe von EUR 11.683,03 berücksichtigt worden ist. Diesen
Betrag hat der Kläger bereits mit Schriftsatz vom 27.11.2006 und durch die mit
Schriftsatz vom 12.12.2006 erfolgte Vorlage der entsprechenden Berechnung seiner
Steuerberaterin Holzke vom 02.06.2006 substantiiert dargelegt, ohne dass der Beklagte
diesem Parteivortrag qualifiziert entgegen getreten ist.
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4.
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Der Kläger muss sich aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung
auch keine Vorteilsausgleichung auf den geltend gemachten Schadensersatzanspruch
anrechnen lassen. Zunächst ist hierbei klarzustellen, worauf auch das Amtsgericht im
angefochtenen Urteil zu Recht letztlich abgestellt hat, dass es insoweit nur auf den
Zeitraum vom 01.04.2002 bis zum 13.10.2005 ankommt, nämlich auf den Zeitraum, für
den das Finanzamt Bottrop die Strafzinsen nach §§ 233a, 238 AO für die nicht gezahlte
Steuer berechnet hat. Nur insoweit kommt es auf die vom Beklagten behaupteten,
möglicherweise im selben Zusammenhang erwachsenen anderen Vermögensvorteile,
insbesondere durch die Möglichkeit zur Nutzung eines zunächst nicht durch die sonst
fällige Steuerzahlung geminderten Vermögens, an. Solche Zuflüsse zum Vermögen
sind auch grundsätzlich im Wege der Vorteilsausgleichung nach § 249 BGB als
schadensmindernd zu berücksichtigen, weil sie in einem adäquaten
Ursachenzusammenhang mit dem Schadensereignis stehen und ihre Anrechnung dem
Zweck des Schadensersatzes sowie der Billigkeit entspricht (vgl. BGH, WM 1983, 790
(791); BGH NJW-RR 1991, 794 ff., m. w. N.). Jedoch hat der Beklagte insoweit konkret
darzutun, dass und gegebenenfalls in welcher Höhe der Geschädigte tatsächlich einen
auszugleichenden Vermögensvorteil erlangt hat (RG JW 1909, 455 f.; BGH VersR 1963,
1163; BGH WM 1982, 758 (759); BGH NJW 1983, 1053; BGH NJW-RR 1991, 794 ff., m.
w. N.). Soweit er, trotz der Ausführungen im angefochtenen Urteil, auch noch in der
Berufungsinstanz auf vermeintliche Zinsvorteile für die Jahre 1998 bis 2001 abstellt, ist
dies für die geltend gemachte Vorteilsausgleichung demnach unerheblich. Während
eine vermeintliche Vorteilsausgleichung für die Jahre 2003 bis 2005 durch den
Beklagten darüber hinaus auch weiterhin nicht dargelegt wird, hat er bereits
erstinstanzlich und nunmehr erneut behauptet, im Jahr 2002 habe der Kläger einen zu
berücksichtigenden Zinsgewinn in Höhe von EUR 2.827,16 erzielt. Lediglich insoweit
bezieht sich der Beklagte überhaupt auf einen hier zeitlich relevanten Vermögensvorteil,
der aber vom Amtsgericht zu Recht deshalb unberücksichtigt geblieben ist, weil nicht
nachvollziehbar sei, inwieweit sich dieser angebliche Zinsgewinn auf den Zeitraum ab
April 2002 und dabei auf die Anlage der erst im Jahre 2005 zu entrichtenden
Steuermehrbeträge beziehe und zudem zu berücksichtigen sei, dass der Kläger diese
Zinseinnahmen wiederum zu versteuern gehabt habe, was einen etwaigen Zinsvorteil
reduziert hätte. Zwar konkretisiert der Beklagte seinen Vortrag diesbezüglich mit
Schriftsatz vom 11.09.2007 dahingehend, dass er durch Vorlage entsprechender
Bescheinigungen nicht nur nachweist, dass der Kläger diesen Zinsgewinn tatsächlich
erzielt hat. Auch setzt er nunmehr lediglich 8/12 (Mai – Dezember 2002) des
Gesamtsbetrages an und reduziert diesen um weitere Gebühren. Dies führt nach
Auffassung der Kammer aber weiterhin nicht dazu, dass sich der Kläger diese
Zinsgewinne anrechnen lassen muss. Mit Blick auf § 287 ZPO ist es zwar unerheblich,
dass schon nicht ersichtlich ist, dass der nachgewiesene Jahreszinsertrag sich
tatsächlich gleichmäßig auf die einzelnen Monate verteilt hat. Weiterhin ist aber nicht
substantiiert vorgetragen, dass es sich bei dem auf dem angegebenen Konto
angelegten Betrag um den gerade wegen der Steuerersparnis noch im Vermögen des
Klägers befindlichen Betrag handelt. Dagegen spricht bereits, dass der Kläger auf
diesem Konto offensichtlich bereits vor 2002 und wohl auch vor 1998 Beträge angelegt
hatte und darüber hinaus nicht dargelegt worden ist, inwieweit tatsächlich der hier
streitgegenständliche Betrag in Höhe von EUR 11.638,03 diesen oder überhaupt einen
konkreten Zinsgewinn und damit einen adäquat zu berücksichtigenden
Vermögensvorteil für den Kläger erbracht hat. Soweit sich der Beklagte darauf beruft,
insofern sei aber zu berücksichtigen, dass es der Kläger in zurechenbarer Weise
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unterlassen habe, den Betrag anzulegen, ist dies kein Fall der Vorteilsausgleichung, da
kein Vermögensvorteil zugeflossen ist, sondern allenfalls ein Fall des im Hinblick auf
eine Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 Alt. 2 BGB zu berücksichtigenden
Mitverschuldens. Ein solches kommt aber nicht nur aus den oben unter Ziffer 2.
genannten Gründen, sondern auch deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagte insoweit
Kenntnis von dem geltend gemachten konkreten Zinsschaden gehabt haben müsste,
die er allerdings, unabhängig von der bestrittenen Belehrung über die Folgen einer
Nichtauflösung der gebildeten Ansparabschreibung, nicht vor Erlass des
Steuerbescheides vom 10.10.2002 gehabt haben kann.
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Zutreffend ist das Amtsgericht letztlich auch davon ausgegangen, dass der geltend
gemachte Schadensersatzanspruch nicht verjährt ist, weil es richtigerweise einen
Beginn der nunmehr nach § 195 BGB dreijährigen Verjährungsfrist (vormals § 68
StBerG) gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst zum Schluss des Jahres 2005 angenommen hat.
Denn erst im Jahr 2005 war der hier relevante Schadensersatzanspruch wegen der vom
Finanzamt geltend gemachten Strafzinsen im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB
entstanden. Entstanden ist ein Anspruch, wenn seine Tatbestandsvoraussetzungen
gegeben sind, was bei Schadensersatzansprüchen gegen steuerliche Berater dann der
Fall ist, wenn sich die Vermögenslage des Auftraggebers infolge der Pflichtverletzung
des Beraters objektiv verschlechtert hat (vgl. BGH NJW 1987, 1887 (1888); BGH NJW
2002, 1421 (1424); OLG Düsseldorf, OLGR 2002, 332 ff. , m. w. N.). In einer
Steuersache hat der Steuerpflichtige jedoch grundsätzlich keine Vermögenseinbuße
erlitten, solange sich die Pflichtverletzung nicht in einem belastenden Bescheid der
Finanzbehörde ausgewirkt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt hängt die Entstehung des
Schadens insbesondere noch davon ab, ob die Finanzbehörde einen steuerrechtlich
bedeutsamen Sachverhalt überhaupt aufdeckt (vgl. BGH NJW 1992, 2766 ff.). Es liegt in
der Regel bei ihr, ob sie bestimmte Tatbestände aufgreift und welche Rechtsfolgen sie
daraus zieht, so dass vor Erlass des Steuerbescheides nur das Risiko, dass infolge des
Fehlers des Steuerberaters ein Schaden eintritt, besteht. Dies ist lediglich eine
Gefährdung, nicht aber eine Verschlechterung des Vermögens (vgl. BGH, a. a. O.).
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6.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10
ZPO.
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