Urteil des LG Krefeld vom 24.09.2008

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Landgericht Krefeld, 2 S 28/08
Datum:
24.09.2008
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 S 28/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Krefeld, 12 C 375/07
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29.04.2008 verkündete
Urteil des Amtsgerichts Krefeld aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e :
1
I.
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Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Mieterhöhung. Das Amtsgericht Krefeld
hat der auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichteten Klage der Vermieterin
stattgegeben. Wegen des tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird auf das
angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Das Amtsgericht hat in
dem angefochtenen Urteil die unter dem 02.08.2007 von der Klägerin unter
Bezugnahme auf den örtlichen Mietspiegel erklärte Mieterhöhung für wirksam gehalten.
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Mit der Berufung verfolgen die Beklagten unter Vertiefung und Ergänzung ihres
Vorbringens ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter.
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Die Beklagten beantragen,
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das Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 29.04.2008 aufzuheben und die Klage
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abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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das am 29.04.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Krefeld
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aufrechtzuerhalten.
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II.
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Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die unter dem 02.08.2008
erklärte Mieterhöhung ist nicht wirksam. Die Beklagten sind nicht verpflichtet, der
begehrten Mieterhöhung zuzustimmen, da sie nicht gem. 558a BGB ordnungsgemäß
begründet wurde.
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Dem Mieterhöhungsverlangen wäre nämlich der in Bezug genommene aktuelle
Mietspiegel beizufügen gewesen. Da dies weder bei dem ursprünglichen
Mieterhöhungsverlangen der Fall war, noch der Mietspiegel im Verlauf des Prozesses
nachgereicht worden ist, kann dahinstehen, ob die im Laufe des Verfahrens
nachgeholten Angaben der Klägerin insbesondere zu den im Mieterhöhungsverlangen
teilweise unleserlichen bzw. unverständlich abgekürzten Einträgen im übrigen die
Anforderungen an ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen nach §§ 558 a, 558b
Abs. 3 BGB erfüllt.
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Es wäre im konkreten Fall erforderlich gewesen, dem Mieterhöhungsverlangen ein
Exemplar des Mietspiegels beizufügen. Gemäß § 558a BGB ist das
Erhöhungsverlangen dem Mieter in Textform so zu begründen, dass er die Möglichkeit
hat, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen (vgl. BGH
Urteil v. 12.12.2007, VIII ZR 11/07, NJW 2008, 573ff). Zwar ist es nach dieser
Rechtsprechung nicht generell erforderlich, dem Mieterhöhungsverlangen den in Bezug
genommenen Mietspiegel beizufügen, nämlich etwa dann nicht, wenn dieser allgemein
zugänglich ist, wofür auch die Veröffentlichung im Amtsblatt ausreicht.( BGH a.a.O.). Für
den Bereich der Stadt Krefeld ist der Mietspiegel aber nur über den Verein der Haus-,
Wohnungs- und Grundeigentümer und den Mieterverband Niederrhein zu beziehen.
Das ergibt sich wörtlich aus der entsprechenden Seite im Internetauftritt der Stadt
Krefeld, wo es weiter heißt, dass die Broschüre "ausschließlich dort käuflich zu
erwerben" ist; Mietglieder haben 3,00 € und Nichtmitglieder 4,00 € zu zahlen. Es findet
sich dort keinerlei Hinweis darauf, dass der Mietspiegel etwa bei der Stadtverwaltung
Krefeld einsehbar wäre, sondern ausschließlich der Hinweis auf die Möglichkeit des
käuflichen Erwerbs. Angesichts dessen bedurfte es keiner Beweiserhebung über die
Tatsache, dass der Mietspiegel bei der Stadt einsehbar sei. Der Vortrag der Klägerin ist
insoweit unsubstantiiert und ins Blaue hinein erfolgt. Auch war diese Tatsache in erster
Instanz nicht unstreitig. Die Klägerin hat lediglich mit Schriftsatz vom 18.03.2008
vorgetragen, der Mietspiegel sei "allgemein zugänglich" , ohne aber zu erklären, wo
denn die Mietrichtwerte abgefragt werden können. Es kann dahinstehen, wie der Fall zu
entscheiden wäre, wenn der Mietspiegel beispielsweise im Internet abzurufen wäre,
weil das in Krefeld, anders als in zahlreichen anderen Städten, nicht möglich ist. Dass er
in einem Amtsblatt veröffentlicht wurde, ist nicht vorgetragen. Die Kammer geht damit in
tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass in Krefeld nur der Erwerb von den genannten
Vereinen gegen Zahlung von 4,00 € möglich ist.
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Die Frage, wer von den beiden Parteien, diese Kosten aufzuwenden hat, hat die
Kammer zu Lasten des Vermieters entschieden. Ihm obliegt nach § 558 a. BGB die
Begründung und nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift auch die Pflicht zur
Erklärung des Erhöhungsverlangens. Erfordert die ordnungsgemäße Erklärung einen
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finanziellen Aufwand, so ist dieser dem Vermieter aufzubürden. Es ist dem Mieter nicht
zumutbar, Geld dafür ausgeben zu müssen, um festzustellen, ob das
Erhöhungsverlangen des Vermieters berechtigt ist (Börstinghaus, jurisPR-MietR
12/2008 Anm. 1; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., § 558a Rdn. 34 auch mit
Nachweisen auf anderslautende Rechtsprechung).
Danach war die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708
Nr. 10 ZPO.
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Die Revision war zuzulassen, weil die Sache angesichts der Vielzahl von unter
Bezugnahme auf einen Mietspiegel begründeten Mieterhöhungsverlangen von
grundsätzlicher Bedeutung ist, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
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Streitwert: 900,00 €
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