Urteil des LG Krefeld vom 31.01.2006

LG Krefeld: firma, internationale zuständigkeit, anleger, örtliche zuständigkeit, verbraucher, gefahr, schiedsvereinbarung, form, auflage, broschüre

Landgericht Krefeld, 5 O 292/04
Datum:
31.01.2006
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 O 292/04
Nachinstanz:
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-17 U 256/06
Rechtskraft:
Verfahren durch Vergleich in der zweiten Instanz erledigt.
Tenor:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 450.807,58 € nebst 4 %
Zinsen aus 89.773,92 € vom 19.03.1998 bis 25.03. 1998, 108.124,94€
vom 26.03.1998 bis 09.04.1998, 126.741,08€ vom 10.04.1998 bis
25.08.1998, 255.407,68€ vom 26.08.1998 bis 10.09.1998, aus
277.186,16€ vom 11.09.1998 bis 14.09.1998, aus 353.965,33€ vom
17.09.1998 bis 24.11.1998, aus 410.712 €vom 25.11.1998 bis
10.06.1999 und aus 450.807,58 € seit dem 11.06.1999 bis zum
02.05.2004 zu zahlen, sowie Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz, nicht jedoch mehr als 6 % Zinsen aus
450.807,58 € seit dem 03.05.2004 zahlen.
Im Übrigen wird die Klage des Klägers zu 1) abgewiesen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 2)14.716,70 Euro nebst
4% Zinsen aus 5.111,92 Euro vom 05.02.1999 bis 31.05.1999, aus
10.225,84 vom 01.06.1999 bis 10.11.1999, aus 16.361,34 Euro vom
11.11.1999 bis 15.03.2000, aus 21.474,26 Euro vom 16.03.2000 bis
10.05.2000, aus 18.165,29 Euro vom 11.05.2000 bis zum 30.07.2000
und aus 14.716,70 Euro seit dem 31.07.2000 zu zahlen.
3.
Die Kosten des Rechtsstreits tragt die Beklagte
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Hohe von 120 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar
Tatbestand:
1
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Ersatz von Verlusten in Anspruch, die sie in
Zusammenhang mit Börsentermingeschäften erlitten hat.
2
Die Beklagte ist ein amerikanisches Brokerhaus ohne eigenen Firmensitz in
Deutschland. Sie führte für die Kläger Börsentermingeschäfte aus Die Firma X GmbH
stellte den Kontakt zwischen den Parteien her. In diesem Zusammenhang wurden
Konten der Kläger bei der Beklagten eröffnet, wobei zwischen den Parteien streitig ist,
ob die Eröffnung der Konten auf Vermittlung durch X GmbH vom Kläger selbst oder von
der Firma X GmbH für die Kläger erfolgte. Als von den Klägern beauftragter Anlage- und
Abschlußvermittler reichte die X GmbH in der Folge dessen Aufträge zur Ausführung an
die Beklagte weiter, wobei die einzelnen Aufträge seitens der X GmbH ausdrücklich im
Namen der Kläger erteilt wurden.
3
Zwischen der Firma X GmbH und der Beklagten bestand eine Rahmenvereinbarung
nach der die Firma X GmbH der Beklagten Kunden zwecks Eröffnung eines
Aktienkontos vermittelt. Die einzelnen Kundenkonten sollten mit einer Kommission von
US-Dollar 45 belastet werden, wozu sämtliche anderen Abgaben, (Fees, ticket-charge,
postage etc.,), welche dem Kunden ebenfalls direkt belastet werden hinzukommen
sollten Von den 45 US-Dollar sollten 35 Dollar an die X GmbH zurückvergütet werden.
In diesem Zusammenhang wird wegen der weiteren Einzelheiten auf ein Schreiben der
X AG vom 18.03.1998 (Anlage K 12 a d klägerischen Schriftsatzes vom 05.09.2005)
Bezug genommen.
4
Die Kläger zahlten im Zeitraum von 1998 bis 2000 erhebliche Beträge auf das Konto bei
der Beklagten. An den Kläger zu 2) erfolgte eine teilweise Rückzahlung. Insoweit wird
wegen der Einzelheiten auf Bl. 3 f der Klageschrift Bezug genommen.
5
Die Kläger hatten von der Firma X GmbH jedenfalls die Broschüre "Putting the investor
first", Stand Februar 1998 erhalten. Wegen des näheren Inhaltes dieser Broschüre wird
auf die Anlage K 3 vom Schriftsatz der Klägerseite vom 07.09.2005 Bezug genommen.
6
Von der Beklagten erhielten sie das in englischer Sprache verfaßte Schriftstück "Cash &
Margin Agreement", das in den Ziffern 28 und 29 eine Schiedsvereinbarungsregelung
und in Ziffer 20 eine Regelung hinsichtlich der, Vereinbarung des Rechtes des US-
Staates New York enthält. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Vereinbarung wird
auf ihre zu den Gerichtsakten gereichte Kopie (Anlage B 1 zum Schriftsatz der
Beklagtenseite vom 25.07.2005) Bezug genommen. Ebenfalls erhielten sie das
Schreiben von der Beklagten " Wichtige Termine bei Börsentermingeschäften" sowie
das Merkblatt " Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschaften".
Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 zum Schriftsatz der Kläger vom
07.09.2005 Bezug genommen.
7
Darüber hinaus erhielt der Kläger zu 2) jedenfalls das Schriftstück " Foreign Account
Tax Documents". Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die zu den Gerichtsakten
gereichten Kopien (Anlage K 4 zum Schriftsatz der Klägerseite vom 07.09.2005) Be- zug
genommen.
8
Die Kläger tragen vor, jeder einzelne Auftrag, den sie erhalten haben, sei bereits bis auf
ihre Unterschrift ausgefüllt gewesen; welche Optionsgeschäfte für sie, die Kläger, bei
der Beklagten getätigt hätte werden sollen, sei in dem jeweiligen Auftrag bereits
angegeben gewesen; die einzelnen Aufträge seien ihnen von der Firma X GmbH
lediglich zur Unterschrift durchgefaxt bzw. übersandt worden; die Firma X habe sie, die
Kläger, beim Erwerb der einzelnen Optionsgeschäfte auch nicht beraten; die Beklagte
hafte gemäß § 826 BGB wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken von
Optionsgeschäften aber auch wegen Verschleierung einer zwischen ihr und der Firma X
GmbH getroffenen kick-back—Vereinbarung. Kenntnis von ihrem Schaden und der
Person des Ersatzpflichtigen hätten sie erst in dem Moment erlangt, in dem sie ihre
jetzigen Prozeßbevollmächtigten beauftragt hätten, das Mandat gegen die Beklagte zu
übernehmen; dies sei hinsichtlich des Klägers zu 1) 30.10.2003 und hinsichtlich des
Klägers zu 2.) am 23.l0;2003 geschehen. Insoweit haben die Kläger die Kopien von auf
diese Zeitpunkte datierenden Vollmachten als Anlagen K 36 f zum Schriftsatz vom 07 09
2005 zu den Gerichtsakten gereicht
9
Der Kläger zu 1) sei Schneider, der Kläger zu 2) Baufacharbeiter.
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Die Kläger beantragen,
11
1.
12
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) 450 807,58 € nebst 6 % Zinsen aus
89.773 92€ vom 19.03.1998 bis 25.03.1998, 108.124,94€ vom26.03.1998 bis 09.04.
1998,126.741,08€ vom 10.04.1998 bis 25.08.1998 255.407,68€ vom 26.08.1998 bis
10.09.1998, aus 277.186,68 € vom 11.09.1998 bis 14.09.1998, aus 353.965,33 € vom
17.09.1998 bis 24.11.1998, aus 410.712 € vom 25.11.1998 bis 10.06.1999 und aus
450.807,58€ seit dem 11.06.1999 zu zahlen;
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2.
14
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 2)14.716,70 Euro nebst 4% Zinsen aus
5.111,92 Euro vom 05.02.1999 bis 31.05.1999, aus 10.225,84 vom 01.06.1999 bis
10.11.1999, aus 16.361,34 Euro vom 11.11.1999 bis 15.03.2000, aus 21.474,26 Euro
vom 16.03.2000 bis 10.05.2000, aus 18.165,29 Euro vom 11.05.2000 bis zum
30.07.2000 und aus 14.716,70 Euro seit dem 31.07.2000 zu zahlen.
15
Die Beklagte beantragt,
16
die Klage abzuweisen.
17
Sie rügt die Zuständigkeit des Landgerichts Krefeld und erhebt die Einrede des
Schiedsvertrages.
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Sie trägt vor, die Kläger hätten vor Erteilung des ersten Handelsauftrages schriftlich
ausdrücklich auf jegliche Beratung und Betreuung verzichtet; auch von der Firma X
GmbH hätten sie weitere Vertragsunterlagen erhalten, so einen Vermittlungsvertrag,
eine Kundenvereinbarung, eine Schrift "Risiken von Termingeschäften", im Überblick,
eine Information gemäß § 23 a Abs. 1 Satz 3 Kreditwesengesetz sowie eine
Handlungsvollmacht; für die Kläger sei es offensichtlich gewesen, daß die Zahlungen
an die Firma X GmbH über die Beklagte erfolgten; entsprechendes ergebe sich im
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übrigen auch aus den Seiten 15 ff. der Informationsschrift "Putting the investor first";
zudem seien die Kläger auch durch die Kundenvereinbarung der X GmbH über die
Form ihrer Vergütung informiert; vor allem sei die Art und Weise der Vergütung auch in
dem von den Klägern und de rX abgeschlossenen Vermittlungsvertrag ausdrücklich
geregelt gewesen; für ein kollusives Zusammenwirken der Beklagten mit derX GmbH
bestünden daher nicht die geringsten Anhaltspunkte. Im übrigen erhebt die Beklagte die
Einrede der Verjährung und trägt hierzu vor, es müsse davon ausgegangen werden,
dass die Kläger bereits seit langem mit der Verfolgung seiner vermeintlichen Ansprüche
gegen sie, die Beklagte, befaßt seien; sie seien jeden- falls bereits im Vorfeld seines
Vorgehens gegen den Zeugen X anwaltlich beraten gewesen und habe diesem
angeboten, sich zu vergleichen, um im Anschluß gegen sie, die Beklagte, vorzugehen.
Bereits vor dem Jahre 2001 seien die Kläger zudem von Herrn X auf das Bestehen
vermeintlicher Ansprüche gegen sie, die Beklagte, hingewiesen worden; Herr X
kooperiere seit Jahren mit der Kanzlei der Prozeßbevollmächtigten des Klägers und
habe seinerzeit sämtliche ehemaligen Kunden der X GmbH kontaktiert; der Kläger zu 1)
sei Bekleidungskaufmann und selbstständig; der Kläger zu 2) sei selbständig als
Außendienstberater für Finanzdienstleistungen .
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten und zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
20
Entscheidungsgründe:
21
Die Klage hat zum überwiegenden Teil Erfolg.
22
I.
23
Sie ist zulässig.
24
Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in der sich
aus dem Tenor ergebenden Höhe gemäß den §§ 826, 830 Abs. 2 BGB.
25
1.
26
Die erhobene Klage ist zulässig.
27
a)
28
Die internationale Zuständigkeit folgt aus § 32 ZPO. Nach Rechtsprechung des BGH
(BGH, NJW 1999, 1395) sind die deutschen Gerichtsstandsvorschriften grundsätzlich
doppelfunktional. Sie verteilen nicht nur die Rechtsprechungsaufgaben nach örtlichen
Gesichtspunkten, sondern legen auch den Umfang der deutschen internationalen
Zuständigkeit fest. Die Voraussetzungen von § 32 ZPO, der nach Auffassung des BGH
allerdings keine internationale Zuständigkeit Deutschlands für vertragliche Ansprüche
begründet (BGH, NJW 1974, 410; BGH, NJW 1996, 1411) liegen vor. Die Kläger
machen nämlich gegen die Beklagte deliktsrechtliche Ansprüche gemäß §§ 826, 830
BGB geltend, wobei sie - wie dies bereits für eine Bejahung von § 32 ZPO ausreichend
gewesen wäre — nicht nur schlüssige Tatsachen behaupten, aus denen sich das
Vorliegen einer im Gerichtsstand begangenen unerlaubten Handlung ergibt (vgl. zu
diesem Erfordernis BGH, NJW, 1984, 1413) . Vielmehr ist die aus §§ 826, 830 Abs. 2
29
BGB gestützte Klage, wie im folgenden darzulegen sein wird, sogar begründet.
Die hier in Rede stehenden unerlaubten Handlungen sind auch im Sinne von § 32 ZPO
in Deutschland begangen da in diesem Land der bereits durch die Überweisungen der
Kläger an die Beklagte entstandene Schaden eingetreten ist (vgl. Geimer,
Internationales Zivilprozeßrecht, 4 Auflage, 2001, Randnurrimer 1524).
30
b)
31
Der gegen die Beklagte gerichteten Klage steht auch nicht die Einrede des
Schiedsvertrages entgegen. Die Parteien haben keine wirksame Schiedsvereinbarung
geschlossen Die Schiedsvereinbarung ist nämlich bereits wegen Formmangels nach §
1031 V ZPO unwirksam. Nach dieser Vorschrift darf eine Urkunde, die eine
Schiedsvereinbarung mit einem Verbraucher enthält andere Vereinbarungen als solche,
die sich auf das schiedsgerichtliche Verfahren beziehen, nicht enthalten. Hieran fehlt es
vorliegend.
32
§ 1031 V ZPO ist auch anwendbar. Die Kläger waren Verbraucher im Sinne dieser
Vorschrift. Vorliegend steht nämlich die Anlage von eigenen Geld in Rede, die nicht den
Unternehmerbegriff erfüllt ( BGH, NJW, 2002, 368) .
33
Ob die Kläger ansonsten als Unternehmer tätig sind, was zwischen den Parteien streitig
ist, und wofür die Beklagte die Beweislast hätte ( Stein / Jonas, § 1032 ZPO, Rdnr. 17)
ist unerheblich, da die getätigten Geschäfte nach dem eben ausgeführten jedenfalls
nicht der Unternehmerischen Sphäre zuzuordnen wären.
34
Unabhangig hiervon wäre die entsprechende Klausel unwirksam. Wenn nämlich — wie
noch zu zeigen sein wird— die Rechtswahlklausel mit eines Vereinbarung des
englischen Rechtes unwirksam ist, gilt dies erst recht für die hier in Rede stehende
Schiedsvereinbarung (vgl. OLG Düsseldorf, WM, 1996, 1493). Die Schiedsvereinbarung
ist nach deutschem Recht zu beurteilen. Zwar ist in Ziffer 20 des Cash & Margin
Agreement (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagtenseite vom 21.06.2005)
vorgesehen, daß das Recht des US-Staates New York anwendbar ist. Diese
Rechtswahlklausel ist jedoch unwirksam. Nach Rechtsprechung des OLG Düsseldorf
(WM, 1994, 376, 1995, 1349, 1996, 1489), der sich das Gericht anschließt, ist die
Vereinbarung der Anwendung englischen Rechts mit einem vorformulierten Vertrag
zwischen einem englischen Broker und einem deutschen Anlageinteressenten, den ein
deutscher Vermittler in Deutschland zur Durchführung von Börsentermingeschäften
geworben hat unwirksam. Dies muß aber für den vorliegenden Fall, in dem es um einen
amerikanischen Broker geht, der wie hier im Rahmen eines Cash & Margin Agreement
das Recht des US-Staates New York zur Anwendung bringen möchte genauso gelten.
Hintergrund für die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf ist nämlich, daß ein solcher
vorformulierter Vertrag gemäß Artikel 29 EGBGB in Verbindung mit §3 EGBGB a.F.
unwirksam ist. Nach diesen Vorschriften darf bei Verträgen über die Erbringung von
Dienstleistungen, die weder beruflichen noch gewerblichen Zwecken dienen, eine
Rechtswahl nämlich nicht dazu führen, daß dem Verbraucher der durch die zwingenden
Bestimmungen des Rechts seines Heimatstaates gewährte Schutz entzogen wird (OLG
Düsseldorf, WM 1996, 1492) . Zu diesen zwingenden Bestimmungen gehört aber auch §
3 EGBGB, wonach ungewöhnliche, nach dem Erscheinungsbild des Vertrages von dem
Verbraucher nicht zu erwartende Bestimmungen in vorformulierten Verträgen nicht
Vertragsbestandteil werden. Eine das Recht des US-Staates New York für anwendbar
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erklärende Klausel in einem Vertrag über die Durchführung von
Börsentermingeschäften ist aber eine derart überraschende Bestimmung, da wie die
Beklagtenseite selber ausführt, nach dem Recht des Staates New York keine
Pflichtverletzung der Beklagten gegenüber dem Kläger vorliegt. Deshalb bietet das
Recht des Staates New York für den in Börsentermingeschäften spekulierenden
privaten Anleger im Gegensatz zum deutschen Recht mit seinen Grundsätzen
hinsichtlich einer Haftung wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken von
Börsentermingeschäften praktisch keinen Schutz. Darauf, dass das Cash & Margin
Agreement in englischer Sprache verfaßt wird kann es dabei nicht ankommen, da die
vorgenannte Rechtsprechung an die Frage der Schutzmöglichkeit privater Anleger auf
der Grundlage verschiedener Rechtsordnungen anknüpft. Gemessen an diesem
Prüfungsmaßstab läßt sich aber aus dem Umstand, daß der Text der Cash & Margin
Agreement in englisch verfaßt ist nichts gegen die Annahme einer überraschenden
Klausel herleiten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des BGH vom
25.1.2005, IX ZR 78/04, da in dieser Entscheidung der BGH gerade beanstandet hat,
dass die Vorinstanz die Anwendbarkeit von Art. 29 1 .EGBGB verneint hat. In diesem
Zusammenhang hat er ausgeführt, die Rechtswahl habe dazu geführt, dass den Klägern
der durch zwingende Bestimmungen des deutschen Rechts gewährte Schutz entzogen
werde.
Gerade dieses Argument spricht aber nach dem Vorgesagten für die Unwirksamkeit der
Rechtswahl.
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Der vorstehenden Betrachtung steht auch nicht die Vorschrift des Artikel 29 Abs. 4 Nr. 2
EGBGB entgegen, wonach Artikel 29 EGBGB für Verträge über die Erbringung von
Dienstleistungen, wenn die dem Verbraucher geschuldeten Dienstleistungen
ausschließlich in einem anderen als dem Staat erbracht werden müssen, in dem der
Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, nicht anwendbar ist. Das Gericht hält
es bereits für zweifelhaft, ob Artikel 29 Abs. 4 Nr. 2 EGBGB für Börsentermingeschäfte
überhaupt gilt. Immerhin ist den Gesetzesmaterialien zu ent- nehmen, daß insoweit nur
an Hotelunterbringung und an Sprachkurse im Ausland gedacht war (vgl. BGHZ 123,
388) . Deshalb spricht mit Rücksicht auf die Entstehungsgeschichte viel dafür die
Vorschrift einschränkend in dem Sinne auszulegen, daß Finanzdienstleistungen, wie
sie vorstehend von der Beklagten er- bracht worden sind, nicht von Artikel 29 Abs. 4
erfaßt werden (Staudinger—Reinhart, 13. Auflage, Artikel 29, Randnummer 112).
Letztlich bedarf diese Frage vorliegend aber keiner Entscheidung, da die
Voraussetzungen von Artikel 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2
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EGBGB, selbst wenn man ihn für anwendbar halten würde, nicht vorliegen. An ein
Durchgreifen dieser Vorschrift sind nämlich strenge Anforderungen zu stellen, die sich
an dem "ausschließlich,, im Wortlaut der Norm fest machen: Bereits das kleinste
Dienstleistungselement, das sich im Aufenthaltsstaat des Verbrauchers verwirklicht,
schließt eine Anwendung dieser Vorschrift aus (Mankowski, Anwaltsblatt, 2001, Seite
252; Soergel/van Hoffmann, Artikel 29 EGBGB, Randnummer 27) . Es darf während des
Erfüllungsstadiums überhaupt keine Berührung zum Aufenthaltsstaat des Verbrauchers
vorliegen (Mankowski, Anwaltsblatt, 2001, Seite 252; Soergel/van Hoffmann, Artikel 29
EGBGB, Randnummer 27) . Derartige Berührungen fanden vorliegend aber gerade statt.
Schon die Einzelanweisungen der Kläger an die Beklagte, bestimmte Geschäfte
durchzuführen stellten nämlich nichts anderes dar als eine grenzüberschreitende
Koordination des Artikel 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGBGB ausschließt (vgl. Markowski,
a.a.O.) . Schließlich ergibt sich die fehlende An- wendbarkeit von Artikel 29 Abs. 4 Satz
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1 Nr. 2 EGBGB aber auch aus dem Umstand, daß diese Vorschrift nur Verträge erfaßt
bei der Dienstleistungen ausschließlich in einem anderen Staat erbracht werden
müssen, als demjenigen, in dem der Verbraucher seinen gewohnten Aufenthalt hat. Im
Hinblick auf die zwischen der Beklagten und der Firma X GmbH getroffenen
Rückvergütungsvereinbarung bestand aber seitens der Beklagten gegenüber dem
Erblasser eine eigenständige Auskunftspflicht unabhängig von den die Firma X GmbH
treffenden Offenlegungsverpflichtungen (vgl. BGHZ 146, 239; Barta, BKR, 2004, Seite
438; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht 2002, .Randnumrner 8.51) . Darüber
hinaus besteht im Hinblick der auch bei Offenlegung der Rückvergütungsvereinbarung
geschaffenen Gefährdung für die Interessen des Anlegers eine Verpflichtung Vorsorge
gegen den Mißbrauch dieser Vertragskonstruktion durch den Vermögensverwalter zu
treffen und in diesem Zusammenhang den Anleger gegebenenfalls zu warnen(vgl. BGH,
WM 2004, 1771). Dabei ändert sich an dieser Betrachtung auch nichts, wenn man das
Beklagtenvorbringen als wahr unterstellt, wonach der Erblasser eine Erklärung
unterschrieben hat, wonach er keine Beratung wünscht, geht es doch bei den oben
beschriebenen Verpflichtungen nicht um Beratungsleistungen, sondern um Informa-
tionen über die Preisgestaltung und hiermit verbundene Warnpflichten, die unabhängig
von einer Beratungspflicht bestehen (Lenenbach, Kapitalmarkt— und Börsenrecht,
2002, Randnummer 8.12, Barta, BKR, 2000, Seite 438). Bestanden aber gegenüber den
Klägern die oben beschriebenen Hinweis— und Warnpflichten, waren diese durch
etwaige Hinweise an den Erblasser in dessen Aufenthaltsstaat, also in der
Bundesrepublik Deutschland zu erfüllen. Dann musste die Beklagte ihre
Dienstleistungen aber gerade nicht nur in den USA, sondern auch in der
Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Kläger erbringen, so daß für eine An-
wendbarkeit von Artikel 29 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EGBGB kein Raum ist.
c)
39
Das Landgericht Krefeld ist hinsichtlich des Anspruches aus §§ 826, 830 BGB auch
örtlich zuständig.
40
Insoweit reicht die Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmale im Bezirk des
angerufenen Gerichtes aus ( Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl.,
2004, § 32, Rdnr. 17).
41
Wie noch darzulegen sein wird gehört zum Tatbestand der §§ 826, 830 BGB aber eine
nicht ausreichende Aufklärung der Kläger durch die Fa. X, die ihren Sitz gerade in
Krefeld hatte. Begehungsort i.S.v. § 32 ZPO ist aber auch der Ort an dem ein einen
deliktischen Anspruch begründenden Schriftstück abgesandt wird (vgl. BGH, NJW,
1964, 970).
42
Dann ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes aber aus dem
Umstand das von Krefeld aus unzureichenden Aufklärungsmaterial an die Kläger
abgesandt wurde
43
2
44
Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen
Schadensersatzanspruch in der sich aus dem Tenor ergebenden Höhe.
45
a.)
46
Es kann dahinstehen, ob sich die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten gemäß §
826 BGB bereits aus dem Umstand ergibt, daß sie ihre, nach dem oben Gesagten
bestehende, Pflicht zur Offenbarung der Rückvergütungsvereinbarung nicht
nachgekommen ist — immerhin hat der BGH bereits entschieden, daß eine vorsätzliche
Verheimlichung einer kick-back-Vereinbarung in Bereicherungsabsicht einen
Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 Abs. 1
StGB auslöst (BGH, MDR, 1990, 715). Dabei erscheint es fraglich, ob es darauf ankäme,
ob man den zwischen der Firma X GmbH und der Beklagten getroffene Vereinbarung
als "Kick back,, bezeichnet, ergeben sich doch jedenfalls aus ihr, wie noch zu zeigen
sein wird, beträchtliche Gefahren für den Anleger Ebenfalls kann offen bleiben, ob sich
die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten gemäß § 826 BGB unter dem
Gesichtspunkt der Verletzung von Überwachungspflichten begründen lässt, wofür
spricht dass eine Verletzung derartiger Pflichten ebenfalls ein eigenständiges
Rechtswidrigkeitsurteil begründet (Barta, BKR, 2000, Seite 439) .
47
b.)
48
Jedenfalls ergibt sich die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten aus § 826 BGB in
Verbindung mit § 830 Abs. 2 BGB.
49
Die Beklagte hat der Firma X GmbH bei deren vorsätzlich sittenwidriger Schädigung
gegenüber den Klägern nämlich jedenfalls Beihilfe im Sinne von § 830 Abs. 2 BGB
geleistet.
50
(1)
51
Seitens der X GmbH liegt der Tatbestand des § 826 BGB vor.
52
Nach der Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, macht sich derjenige nach §
826 BGB schadensersatzpflichtig, der einen Anleger ohne hinreichende
Risikoaufklärung zu dessen Warentermingeschäften veranlaßt (BGH, MDR 1994, 367,
MDR 1999, 621, OLG Düsseldorf, WM 1996, 1494) . Zu einer ausreichenden
Risikoerklärung in diesem Sinne ist es dabei erforderlich, daß über die wesentlichen
Grundlagen sowie die wirtschaftlichen Zusammenhänge und Risiken des
Optionsgeschäfts aufgeklärt wird (BGH, WM 1991, 128; WM 1994, 150; WM 1994, 454) .
53
Zu der notwendigen Aufklärung gehört es unter anderem, daß dem Anleger die Höhe
der Optionsprämie genannt und er ferner darauf hingewiesen wird, daß die Prämie den
Rahmen eines Risikobereiches kennzeichnet, der vom Markt noch als vertretbar
angesehen wird, weil die Option nach Einschätzung der Kursentwicklung durch den
Börsenhandel eine Gewinnchance hat, die den Optionspreis wert ist. In diesem
Zusammenhang muss der Käufer auch darüber aufgeklärt werden, daß jeder Aufschlag
auf die Börsenprämie — wie etwa eine zusätzliche Provision oder Gebühr — die
Gewinnaussichten verschlechtert, weil ein höherer Kursschlag als der vom
Börsenfachhandel für realistisch angesehen und notwendig ist, um überhaupt in die
Gewinnzone zu kommen. Die insoweit erforderliche Darstellung muß zutreffend,
vollständig, gedanklich geordnet und auch von der Gestaltung her geeignet sein, einem
unbefangenen, mit derartigen Geschäften nicht vertrauten Leser einen realistischen
Eindruck von deren Eigenarten und Risiken zu vermitteln (vgl. BGH, NJW, 1992, 1880) .
Wichtige Hinweise, wie etwa solche auf die geschäftsspezifischen Risiken und die
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Verschlechterung der Gewinnaussichten durch höhere als die üblichen Gebühren,
dürfen dabei drucktechnisch oder durch ihre Plazierung nicht in den Hintergrund treten
(BGH, NJW, 1992, 1880), sondern müssen schriftlich und in einer für den flüchtigen
Leser auffälligen Form erfolgen, wobei die Hinweise weder durch Beschönigungen,
noch durch Werbeaussagen noch auf andere Weise beeinträchtigt werden dürfen (BGH,
WM, 1994, 454; WM, 1994, 1747) . Diesen Anforderungen wird der den Klägern von der
Firma X GmbH unstreitig zur Verfügung gestellte Prospekt mit dem Titel "Putting the
investor first,, Stand Februar 1991, nicht gerecht.
Das Gericht folgt insoweit der vom OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 05.07.2002,
55
Aktenzeichen 17 U 200/01 vertretenen Auffassung, wonach dieser Prospekt nicht
ausreicht. Einerseits fehlt es an drucktechnisch hervorgehobenen Warnhinweisen mit
markantem und einfachem verständlichen Hinweis. Andererseits werden die
Warnhinweise durch Werbeaussagen wieder entkräftet So lautet das Vorwort "Wir
möchten Ihnen mittels dieser Broschüre Aufklärung über die Risiken geben und ih- nen
zeigen, was sie bei ihrem ganz persönlichen Börsengang erwartet. Wir bieten Ihnen,
unter dem Motto "zuerst der Investor" eine faire und erfolgreiche Partnerschaft an".
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Bereits durch dieses Vorwort wird aber der Eindruck erweckt, die mit den Optionsge-
schäften verbundenen Risiken seien durch Anleger bzw. die X GmbH aufgrund ihrer
Seriösitätserfahrungen im Anlagegeschäft beherrschbar. Aber auch in der unter 6.3.
"Selbsterkenntnis" im Prospekt gewählten Formulierung, die Spekulation sei ein Spiel,
dieses Spiel habe in der wirklichen Welt der Wirtschaft einen hohen Unterhaltungswert
und Reiz, es sei auch lehrreich, verharmlost die Risiken angesichts der tatsächlichen
Chancen und Risikoverteilung der von der Firma X GmbH angebotenen
Anlagegeschäfte. Ist es doch tatsächlich so, daß das Verlustrisiko exorbitant hoch, ein
Verlust daher kaum vermeidbar und eine Gewinnerzielung nahezu ausgeschlossen ist.
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Unerheblich ist der Vortrag der Beklagtenseite zu den angeblichen Erfahrungen der
Kläger bei Warentermingeschäften. Eine Aufklärung in obigem Sinne wäre nämlich nur
dann entbehrlich, wenn den Klägern auch die spezifischen Risiken, die in obiger
Broschüre verharmlost wurden bekannt gewesen wären. Dies trägt aber nicht einmal die
Beklagtenseite selbst in substantiierter Form vor, abgesehen davon, dass sie die
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Kenntnis der Beklagten nicht unter Beweis gestellt hat, was zu ihren Lasten als in-
soweit beweisbelasteter Partei geht.
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Nach alledem haftet die Firma X GmbH daher wegen unzureichender Risikoaufklärung
dem Kläger auf Schadensersatz gemäß § 826 BGB. Zu ersetzen sind dabei die von den
Klägern an die Beklagte getätigten Zahlungen. Die entsprechenden Wechselkurse von
US—Dollar in DM lassen sich dabei ohne weiteres der Internetseite www.oanda.com
entnehmen. Entsprechende Ausdrucke haben die Kläger mit Schriftsatz vorn 08.12.2005
( Bl. 236 ff d.A.) vorgelegt. Ihr Inhalt ist von der Beklagten nicht bestritten worden.
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Soweit die Beklagte vorträgt, es seien Ersatzleistungen erfolgt, die nicht von den
Klägern berücksichtigt sind, fehlt es an einem Beweisangebot, was zu Lasten der
insoweit beweisbelasteten — letztlich geht es um die Erfüllung eines bereits ent-
standenen Schadensersatzanspruches - Beklagten geht.
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Die zwischen dem schädigenden Verhalten der Firma X GmbH und der Einzahlung der
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Beträge, also dem entstandenen Schaden erforderlichen Kausalität wird im Falle einer
hier in Rede stehenden Aufklärungspflichtverletzung vermutet (BGHZ 61,
118, 121; BGH, NJW-RR, 1998, 1271) . Diese Kausalitätsvermutung hat die Beklagte im
vorliegenden Fall nicht widerlegt.
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(2)
64
Die Beklagte haftet gemäß § 830 Abs. 2 BGB wegen ihrer Beteiligung an der vorsätzlich
sittenwidrigen Schädigung der Kläger durch die Firma X GmbH, in dem letztere die
Kläger durch nicht ausreichende Aufklärung zur Auszahlung der ent- sprechenden
Beträge an die Beklagte veranlaßte.
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Die Voraussetzungen für die Teilnahme an einer unerlaubten Handlung im Sinne des §
830 Abs. 2 8GB richten sich nach den für das Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Die
Teilnahme verlangt demgemäß neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens in
groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich
mit anderen auszuführen oder sie als fremde Tat zu fördern. Objektiv muß eine
Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren
Begehung fördert und für diese relevant ist. Für den einzelnen Teilnehmer muß ein
Verhalten festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in das fremde
Rechtsgut unterstützt hat und das von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die
Rechtsgutverletzung gerichteten Willen getragen war (BGH, NJW, 1998, 377; NJW,
2004, 3425) . Da in Fällen der vorliegenden Art sich nur ausnahmsweise eine
ausdrückliche Verabredung der Be- teiligten zur Vornahme der sittenwidrigen Handlung
ohne eine ausdrückliche Zusage eines Beteiligten zur Hilfeleistung feststellen lassen,
ist es entscheidend, ob sich aus den gesamten Umständen des konkreten Einzelfalls
ausreichende Anhaltspunkte für die Beteiligung an einem sittenwidrigen Verhalten
ergeben (BGH, NJW, 2004, Seite 3425) . Vorliegend ergibt sich aufgrund dieser
Umstände zur Überzeugung des Gerichtes (§ 286 ZPO), daß sowohl die objektiven als
auch die subjektiven Merkmale einer nach § 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB
haftungsrechtlich relevanten Teilnahmehandlung vorliegen.
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Die objektiven Merkmale liegen vor. Die insoweit erforderliche Förderung der Tat ergibt
sich bereits aus dem Umstand, daß durch nicht ausreichenden Informationen bedingt
die Zahlungen der Kläger an die Beklagte erfolgten, also ohne Mitwirkung der Beklagten
als Broker die von der Firrma X GmbH beabsichtigte Vorgehensweise, die gem. Ziffer 9
des Prospektes "Putting the investor first,, die Beteiligung eines Brokers mit einschloß
überhaupt nicht möglich gewesen wäre. Es kommt hinzu, daß infolge der zwischen der
Firma X GmbH und der Beklagten vereinbarten Rückvergütungsabrede die aufgrund
des sittenwidrigen Vorgehens, nämlich der nicht ausreichenden Risikoaufklärung,
erzielten Provisionen der Firma X GmbH zufielen. Der Gesamtvorgang war also durch
die Mitwirkung der Beklagten mitgeprägt.
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Auch das Vorliegen der subjektiven Merkmale für die Teilnahmehandlung der Beklagten
ist zu bejahen.
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Das Gericht ist davon überzeugt, daß der Beklagten die mit der
Rückvergütungsvereinbarung verbundene Gefahr, daß die Firma X unter außer
Achtlassung der Anliegerinteressen im eigenen Provisionsinteresse möglichst häufig
Provisionen wechselte, bekannt war. Die Beklagte macht insoweit selbst nicht konkret
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geltend, dieser Gefahr in irgendeiner Weise durch geeignete Schutzmaßnahmen
entgegengewirkt zu haben und dies, obwohl bereits das Bestehen dieser Vereinbarung
für die Beklagte die Verpflichtung begründete, Vorsorge gegen den Mißbrauch dieser
Vertragskonstruktion durch die Firma X zu treffen, insbesondere die Seriosität der Firma
X zu überprüfen (vgl. BGH, NJW, 2004, Seite 3427) . Dabei wäre eine solche
Überprüfung schon aufgrund der zwischen der Beklagten und der Firma X GmbH
getroffenen Rückvergütungsvereinbarung, angesichts des Umstandes, daß sie eine vom
Anleger kaum zu kontrollierende Möglichkeit des churning, also der Möglichkeit für die
Firma X ohne Rücksicht auf die Anlage- und Investmentziele des Anlegers durch eine
übermäßige Anzahl von Transaktionen Provisionen zu erzielen beinhaltete, geboten.
Dabei ergab sich diese für die Beklagte ohne weiteres erkennbare Gefahr, auch wenn
die Beklagte insoweit nur Zahlstelle war. Der Umstand, dass gem. der
Rückvergütungsvereinbarung ein Betrag an die Beklagte gezahlt wird und diese dann
die Provisionen an die Firma X GmbH zurückzahlt birgt nämlich die naheliegende
Gefahr mit sich, dass dem Anleger die Höhe der Provisionen bei Auftragserteilung und
damit auch deren Auswirkung auf die Gewinnaussicht genauso wenig bewusst wird, wie
das —auf Grund der Provisionshöhe- anlegerwidrige Interesse der Firma X GmbH an
möglichst vielen Transaktionen.
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Insoweit wird dem Anleger durch die Rückvergütungsvereinbarung daher verschleiert,
dass von gezahlten 45 US-Dollar, 35 US- Dollar als Provisionen rückvergütet werden.
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Nach allem hätte sich der Beklagten aber hinsichtlich der Seriositat der Firma X GmbH
die Frage aufdrängen müssen, ob die Kläger von der Firma X GmbH in ausreichender
Weise aufgeklärt worden ist. Erscheint es doch angesichts des Umstandes, daß das
Verlustrisiko so exorbitant hoch ist, daß ein Verlust kaum vermeidbar und eine
Gewinnerzielung nahezu ausgeschlossen ist, kaum verständlich, daß jemand der
hierüber eindeutig und unmißverständlich ohne jegliche Verharmlosungen und
Beschönigungen aufgeklärt worden ist, überhaupt entsprechende Anlagen tätigt. Ein
Brokerhaus, wie die Beklagte, das unter den gegebenen Umständen die naheliegende
Gefahr der praktizierten Rückvergütungsvereinbarung für den Anleger kennt und sie
gleichwohl ohne jedwede Schutzmaßnahme praktiziert, nicht einmal die Seriosität des
Beratungsunternehmens überprüft, leistet aber zumindest bedingt vorsätzliche Hilfe zu
dem sittenwidrigen Handeln des Beraters (vgl. auch BGH, NJW 2004, Seite 3425). Ob
die Hilfeleistung der eigentliche oder einzige Beweggrund des Brokers ist, ist dabei für
die Haftung unerheblich (BGHZ 70, 277, 286).
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Diese Betrachtungsweise wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß die
Rückvergütungsvereinbarung durch die Firma X GmbH offengelegt war und wie die
Beklagtenseite vorträgt, derartige Provisionsabreden absolut üblich sein mögen. Die
Gefahr, daß die vorliegend getroffene Vereinbarung dem Berater die vom Anleger nicht
zu kontrollierende Möglichkeit eines churning bot, bestand nämlich gleichwohl.
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Gleiches gilt angesichts des Vorgesagten hinsichtlich der nicht ausreichenden
Risikoabklärung, die auch für die Beklagte auf der Hand liegen mußte.
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(3)
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Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Eine Verjährung ergibt sich nicht aus § 37 a
WpHG, da diese Norm nur deliktsrechtliche Schadensersatzansprüche wegen
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fahrlässiger Fehlberatung erfaßt. Vorliegend stehen jedoch Ansprüche wegen
Vorsatzes der Beklagten in Rede.
Der Anspruch ist auch nicht nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften verjährt.
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Gemäß Artikel 229 § 6 EGBGB Abs. 2 richtet sich die Verjährung nach § 852 BGB a.F.
da es sich deswegen um eine gegenüber §§ 195, 199 BGB n.F. kürzere Verjährung
handelt, weil nach § 199 Abs. 1 BGB n.F. die Verjährungsfrist erst mit dem Schluß des
sich aus dieser Vorschrift ergebenden maßgeblichen Jahres beginnt. Eine Verjährung
gemäß § 852 BGB liegt jedoch nicht vor. Die insoweit beweisbelastete Beklagte (vgl.
Palandt-Heinrichs, 62. Auflage, 2002, § 199 Randnummer 46) hat nicht bewiesen, daß
die Kläger vor dem 30.10.2003 bzw. dem 23.10.2003 Kenntnis von seinem Schaden
und der Person der Beklagten als Ersatzpflichtigen erlangt hat. Zwar verlangt § 852 Abs.
1 BGB nicht die Kenntnis des Schadenshergangs in allen Einzelheiten, es reicht für den
Verjährungsbeginn im allgemeinen eine solche Kenntnis aus, die es dem Geschädigten
erlaubt, eine hinreichend und aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose und ihm daher
zumutbare Feststellungsklage zu erheben (BGH, NJW 1988, 1446; NJW 1994, 3093).
Erforderlich ist jedoch, daß der Geschädigte aufgrund seines Kenntnisstandes in der
Lage ist, eine auf einer deliktischen Anspruchsgrundlage gestützte
Schadensersatzklage schlüssig zu begründen (BGH, NJW, 1994, 3093) . Dabei ist zu
berücksichtigen, daß die wirtschaftlichen Abläufe und Zusammenhänge, die bei
Warenterminoptionsgeschäften zu Verlusten führen für den Nichteingeweihten in der
Regel nicht durchschaubar sind (BGH, NJW, 1994, 3093) . Dann kann aber
offenbleiben, ob gemäß dem Beklagtenvorbringen der "Sachverständige, X und der
Zeuge X die Kläger auf das Bestehen vermeintlicher Ansprüche gegen die Beklagte
bereits vor dem Jahre 2001 hingewiesen haben. Angesichts der Komplexheit der
wirtschaftlichen Abläufe und Zusammenhänge bei Warentermingeschäften könnte eine
Kenntnis der Kläger nämlich frühestens bejaht werden, wenn durch diese beiden
Personen die Sachverhaltselemente klar herausgestellt worden wären, aus denen sich
die Tatumstände für die objektive und subjektive Seite der Haftung der Beklagten ergibt
(vgl. BGH, NJW 1994, 3093) . Hierfür läßt sich dem Vorbringen der insoweit darlegungs-
und beweisbelasteten Beklagten jedoch nichts entnehmen. Auch eine Zurechnung der
Kenntnis der maßgeblichen Umstände durch die jetzigen Prozessbevollmächtigten der
Kläger kommt vorliegend vor dem zugestandenen Zeitpunkt, nämlich dem 23.10.2003
bzw. 30.10.2003 nicht in Betracht. Erst ab diesem Zeitpunkt lag nach dem Klägervortrag
nämlich eine Beauftragung vor. Einer Partei kann das Wissen seines
Prozeßbevollmächtigten aber erst ab dem Zeitpunkt von dessen Beauftragung
zugerechnet werden (LG Frankfurt, WN 1993, 331) . Soweit die Beklagtenseite vorträgt,
die Kläger seien jedenfalls bereits im Vorfeld eines Vorgehens gegen den Zeugen X
anwaltlich beraten und hätten diesem entsprechend der üblichen und der Beklagten
mittlerweile bekannten Vorgehensweise ihrer Prozeßbevollmächtigten angeboten, sich
zu vergleichen, um im Anschluß gegen die Beklagte vorzugehen, läßt sich diesem
Vorbringen schon nicht entnehmen, wann Herrn X das Angebot genau unterbreitet
worden ist. Es ist nicht einmal ersichtlich, ob das Angebot von den ‘Klägern selbst oder
seinem Prozeßbevollmächtigten abgegeben worden sein soll. Im übrigen könnte eine
Zurechnung gemäß § 852 Abs. 1 BGB nach dem oben Gesagten auch nur dann
erfolgen, wenn der Kläger seine Prozeßbevollmächtigten zum damaligen Zeitpunkt
auch bereits hinsichtlich eines Vorgehens gegen die Beklagte mandatiert hätte. Nicht
einmal dies wird aber beklagtenseits behauptet
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Schließlich kehrt sich entgegen der Auffassung der Beklagtenseite hinsichtlich der
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Verjährungsfrage auch nicht die Darlegungslast um. Diese liegt vielmehr bei der
Beklagten, da diese sich auf den Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist berufen hat (
vgl. nur Baumgärtel, Handbuch der Beweislast, 2. Auflage, § 852 BGB, Rdnr. 1).
II
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Die Zinsentscheidung folgt aus den §§ 849, 291, 288, 246 BGB.
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Dabei war zu berücksichtigen, daß die Zinsvorschrift des § 849 lediglich auf den
gesetzlichen Zinsfuß des § 246 BGB verweist, so daß nur eine Verzinsung von 4 % in
Betracht kommt Erst ab Rechtshängigkeit kann der Kläger zu 1) daher einen höheren
Zinssatz geltend machen.
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Weiterhin ist zu beachten, dass sich für den Zeitraum vom 11.09.1998 bis zum
14.09.1998 nur ein Schaden in Höhe von 277.186,16 € errechnet.
83
III
84
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 II, 709
ZPO.
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Relevanter Streitwert: 465.524,28 Euro.
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