Urteil des LG Krefeld vom 18.06.2007

LG Krefeld: sicherheitsleistung, vertreter, abgabe, bargeld, rechtsnorm, zwangsversteigerung, abrede, obliegenheit, essentialia, kaufpreis

Landgericht Krefeld, 6 T 116/07
Datum:
18.06.2007
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 T 116/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Krefeld, 423 K 21/06
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den
Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 22.5.2007 wird
kostenpflichtig zurückgewie-sen.
Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gemäß § 570 Abs. 2 ZPO
wird abgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 373.000,- €
Gründe
1
I.
2
Auf Antrag der Beteiligten zu 3) ordnete das Amtsgericht Krefeld die
Zwangsversteigerung des oben genannten Grundstücks wegen einer Hauptforderung
von 409.033,50 € an.
3
In dem auf den 22.5.2007 anberaumten Versteigerungstermin boten zahlreiche
Interessenten mit. Die Schuldnerin selbst gab ein Gebot in Höhe von 380.000,- € ab( vgl.
Nr. 34 des Protokolls vom 22.5.2007, Bl. 268 d.A. ). Nachdem sie die beantragte
Sicherheit nur in bar hätte erbringen können, wies das Amtsgericht ihr Gebot durch
Beschluss zurück. Meistbietender blieb der Beteiligte zu 6) mit einem Gebot von
373.500,- €, der den Zuschlag durch Beschluss vom 22.5.2007 ( Bl. 287 d.A. ) erhielt.
4
Gegen diesen Beschluss hat die Schuldnerin mit Anwaltsschreiben vom 29.5.2007
sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie folgenden – unstreitigen -
Sachverhalt vor: Der zuständige Rechtspfleger habe im Versteigerungstermin darauf
hingewiesen, dass seit Februar 2007 Sicherheitsleistungen nicht mehr in Bargeld
erbracht werden dürften. Sie selbst hatte jedoch für die Erbringung einer möglichen
5
Sicherheitsleistung einen Barbetrag von 400.000,- € zum Termin mitgebracht. Ihr
damaliger Verfahrensbevollmächtigter, Rechtsanwalt Guntermann aus Essen, sei
daraufhin zu dem Vertreter des Gläubigerin gegangen und habe ihn gefragt, ob die
Gläubigerin auch Bargeld, etwa unter Anrechnung auf den Kaufpreis, akzeptiere. Damit
habe der Vertreter sich einverstanden erklärt. Kurze Zeit später, als sie, die Schuldnerin,
ein Gebot habe abgeben wollen, habe sich Rechtsanwalt Guntermann erneut an den
Vertreter der Gläubigerin gewandt, um die konkreten Modalitäten zu klären. Der
Vertreter habe sodann Rechtsanwalt Guntermann gefragt, wer der Bieter sei. Nachdem
er erfahren habe, dass es sich dabei um sie, die Schuldnerin, handelte, habe er von
einer Sicherheitsleistung in Bargeld Abstand genommen und auf einer
Sicherheitsleistung in gesetzlicher Form bestanden.
Sie habe dann ihr Gebot in Höhe von 380.000,- € abgegeben, das jedoch aus den oben
dargelegten Gründen zurückgewiesen worden sei.
6
Die Schuldnerin beantragt,
7
den Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 22.5.2007 aufzuheben und
den Zuschlag zu versagen.
8
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 31.5.2007 der sofortigen Beschwerde nicht
abgeholfen und die Sache dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die zuständige
Einzelrichterin hat mit Beschluss vom 4.6.2007 das Beschwerdeverfahren gemäß § 568
Satz 2 Nr. 1 ZVG auf die Kammer übertragen.
9
II.
10
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist gemäß §§ 793, 567 ZPO, 96 ff. ZVG
zulässig. Die Schuldnerin ist insbesondere gemäß § 97 beschwerdeberechtigt und hat
die sofortige Beschwerde fristgerecht eingelegt.
11
In der Sache hat ihr Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die Schuldnerin stützt ihre
Beschwerde gemäß § 100, § 81 ZVG darauf, dass ihr als Meistbietende rechtsfehlerhaft
der Zuschlag nicht erteilt worden sei. Mit dieser Begründung kann sie jedoch nicht
gehört werden, da sie mangels Sicherheitsleistung kein wirksames Meistgebot
abgegeben hat.
12
Ohne Erfolg rügt sie, zu Unrecht habe das Vollstreckungsgericht ihr Gebot im Termin
vom 22.5.2007 nach § 70 Abs. 2 Satz 3 ZVG wegen Nichtleistung einer nach § 69 Abs.
1 ZVG zulässigen Sicherheitsleistung zurückgewiesen.
13
Die Sicherheitsleistung war gemäß § 70 Abs. 1 ZVG anzuordnen, da ausweislich des
Protokolls ( Bl. 268 ) der Gläubigervertreter – wie auch bei vorhergehenden Geboten –
Sicherheitsleistung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 ZVG verlangt hat. Dazu war die Gläubigerin
auch gegenüber der Schuldnerin berechtigt. Eine etwaige Absprache mit dem
ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten der Schuldnerin ändert hieran nichts.
14
Zum einen regelt der durch Art. 11 des 2. JuMoG vom 22.12.2006 neu eingeführte § 69
eine Sicherheitsleistung durch Barzahlung ausgeschlossen ist
Damit hat der Gesetzgeber eine nicht zur Disposition der Beteiligten der
Zwangsversteigerung stehende Rechtsnorm geschaffen. Nach dem eindeutigen
15
Wortlaut handelt es sich um eine zwingende Vorschrift.
Zum anderen übersieht die Schuldnerin die Vorschrift des § 67 Abs. 1 Satz 1 2.
Halbsatz, wonach der Beteiligte nur sofort nach Abgabe des Gebots Sicherheitsleitung
verlangen kann. Sofort bedeutet unmittelbar nach Abgabe und vor Zulassung des
Gebotes, sobald der Beteiligte sich äußern kann. Das Erfordernis der sofortigen
Sicherheitsleistung muss sehr streng ausgelegt werden ( Böttcher, Kommentar zu ZVG
§§ 67-70 Rd. 13 ). Hintergrund dieser Vorschrift ist auch, dass der Beteiligte erst nach
Bekanntwerden der Höhe des Gebotes und der Person des Bietenden über die Frage
des Verlangens einer Sicherheitsleistung nachdenken kann. Das bedeutet, dass, selbst
wenn § 69 Abs. 1 ZVG nicht als zwingende Rechtsnorm auszulegen wäre, die
Schuldnerin und die Gläubigerin sich nicht über die Essentialia ihrer Vereinbarung
geeinigt hätten. Unstreitig wusste der Vertreter der Gläubigerin nicht, dass Rechtsanwalt
Guntermann die Schuldnerin vertrat. Die Höhe des Gebotes war ebenfalls nicht bekannt.
Damit hat er keine rechtsverbindliche Erklärung abgegeben, zumal er seine
ursprüngliche Aussage nach Bekanntwerden der Person widerrufen hat.
16
Die Schuldnerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, es wäre ihr – bei einem
anderen Verhalten der Gläubigerin – möglich gewesen, eine zulässige
Sicherheitsleitung zu besorgen. Es ist mit dem Zweck des Gesetzes nämlich
grundsätzlich nicht vereinbar, einem Bieter, der seiner Obliegenheit zur Beschaffung
einer geeigneten Sicherheit vor dem Termin nicht nachgekommen ist, im Termin noch
Gelegenheit zu geben, diese während der Bietfrist zu beschaffen und – falls dafür
erforderlich – die Frist zur Abgabe von Geboten zu verlängern ( BGH, Beschluss vom
12.1.2006 in NJW-RR 2006, 715 ff. ). Demzufolge liegt auch kein Grund zur Versagung
des Zuschlags gem. § 83 Nr. 6 ZVG vor.
17
Schließlich war dem Rechtspfleger bei seiner Entscheidung nach § 70 Abs. 1 Satz 3
ZVG die angeblichen Abrede überhaupt nicht bekannt. Er hat zutreffend über den Antrag
nach § 67 ZVG entschieden.
18
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
19
Gemäß § 96 ZVG i.V.m. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO hat die Kammer die Rechtsbeschwerde
zugelassen, da zu der neuen Vorschrift des § 69 Abs. 1 ZVG noch keine
Rechtsprechung und Kommentierung vorliegt.
20