Urteil des LG Krefeld vom 11.04.2008

LG Krefeld: grobes verschulden, transport, grobe fahrlässigkeit, fax, leichtfertigkeit, wahrscheinlichkeit, entladung, frachtführer, unternehmer, hebebühne

Landgericht Krefeld, 7 O 10/07
Datum:
11.04.2008
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
7. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 O 10/07
Schlagworte:
Umladeverbot, grobes Verschulden
Normen:
§§ 425, 428, 425
Sachgebiet:
Handelsrecht
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 5.719,69 nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
12.10.2006 zuzüglich Nebenkosten in Höhe von EUR 278,05 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
1
Die Klägerin begehrt von der auf Grundlage der ADSp arbeitenden Beklagten
Schadensersatz aus einem Frachtvertrag. Die Beklagte transportiert seit längerer Zeit
besonders empfindliche elektronische Schaltschränke für die Klägerin. Mit
Faxschreiben vom 01.08.2007 bat die Klägerin die Beklagten um Angabe ihres
günstigsten Preises zu folgender "Auflistung":
2
Lieferung von 47906 Osnabrück nach X
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Gesamtgewicht: ca. 2.100,00 kg / 7 Paletten
4
Abmessungen: 6x 120 x 50 x 220
5
Lieferung: ohne Verladung direkt nach 41844 Wegberg !!!
6
Wir bitten um Ihre schnellstmögliche Information und Preisangabe!"
7
Auf dieses Fax setzte die Beklagte den folgenden Eintrag und faxte es sodann noch am
01.08.2006 an die Beklagte zurück:
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"Fracht netto: 230 EUR
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+ Versicherung (wenn notwendig)
10
+ MwSt."
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Daraufhin schrieb die Klägerin der Beklagten am 03.08.2007 per Fax unter anderem:
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"wir beziehen uns auf Ihre Angebot vom 01.08.2006 und bitten um die
Durchführung von nachfolgendem Frachtauftrag schnellstmöglich:
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Abholdatum: 04.08.2006
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7 Paletten
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Gesamtbruttogewicht: ca. 2.100,00 kg
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Masse: 7x 120 x 50 x 220
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Frachtrate: 230,00 € (all in) zzgl. MwSt."
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Außerdem enthielt dieses Fax die Abholadresse in X und die Lieferadresse am Sitz der
Klägerin in X.
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Die Paletten waren je mit einem elektronischen, sich in der Originalverpackung
befindlichen Schaltschrank bestückt, die der Fahrer der Beklagten verlud und auf dem
Transportfahrzeug mittels 3 Querstreben direkt an der Ladung sicherte. Nachdem die
Schaltschränke ohne vorherige Unterrichtung der Klägerin zwischenzeitlich unstreitig
umgeladen worden waren, war einer der Schaltschränke bei dessen Auslieferung an die
Klägerin beschädigt, was der Beklagten auch gemeldet wurde. Das diesbezüglich zur
Schadensbegutachtung von der Beklagten eingeschaltete Sachverständigenbüro und
Havariekommissariat X GmbH ermittelte einen in der Höhe zwischen den Parteien
unstreitigen Gesamtschaden in Höhe von insgesamt EUR 5.948,38.
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Die Klägerin behauptet, der Beklagten sei bekannt gegeben worden, dass die 7
Schaltschränke von X direkt nach X ohne Zwischenverladung geliefert werden sollten.
Nachdem die Anfrage vom 01.08.2006 an die Beklagte geschickt worden war, sei
festgestellt worden, dass man statt "Umladung" das Wort "Verladung" verwendet habe,
so dass sie sich durch den Zeugen X sofort mit Frau X von der Beklagten, der die
Anfrage vorgelegen habe, in Verbindung gesetzt habe. Mit dieser sei telefonisch
nochmals besprochen worden, dass die Ware direkt ohne Umladung nach X kommen
müsse, was von der Beklagten auch bestätigt worden sei. Bei der Vereinbarung der
Direktanlieferung habe es sich um eine besondere Sicherungsvorkehrung zur
Vermeidung eines sich bei einer etwaigen Umladung ergebenden erhöhten Risikos
gehandelt. Dies sei der Beklagten auch bekannt gewesen. Ein Transport mit der
Möglichkeit der Umladung wäre finanziell günstiger gewesen, worauf auch die Beklagte
anlässlich des Telefonats ausdrücklich hingewiesen habe. Eine Ablieferung der
Schaltschränke sei auch bei defekter Hebebühne des eingesetzten Fahrzeugs möglich
gewesen, da sie, die Klägerin, was der Beklagten auch bekannt gewesen sei, über
eigene Gabelstapler verfüge.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass daher jede gleichwohl – ohne vorherige Weisung
durch die Klägerin - erfolgte Umladung einen vorsätzlichen Verstoß gegen die
vertragliche Verpflichtung und daher ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten im
Sinne von § 435 HGB darstelle.
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Die Klägerin hat hinsichtlich der Hauptforderung ursprünglich beantragt, die Beklagte
zur Zahlung von EUR 5.950,00 zu verurteilen. Nachdem die Klägerin auf den Hinweis
des Gerichts vom 05.10.2007 die Klage zunächst mit Schriftsatz vom 16.10.2007 in
Höhe von EUR 228,69 und sodann auf den weiteren Hinweis des Gerichts vom
07.12.2007 um weitere EUR 1,62 zurückgenommen hat, beantragt Sie nunmehr noch,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.719,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2006 sowie
Nebenkosten in Höhe von 278,05 € zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behauptet, ein Umladeverbot sei nicht Vertragsinhalt gewesen. Zum
Schadenshergang trägt sie vor, der von ihr mit dem Transport beauftragte Unternehmer
X habe nach Übernahme der Ladung am 04.08.2006 in X festgestellt, dass die
Hydraulik der mit Blick auf die Entladung bei der Klägerin bewusst für diesen Transport
vorgesehenen Hebebühne an dem eingesetzten LKW nicht ordnungsgemäß funktioniert
habe. Danach hätte eine Entladung nur noch mittels Gabelstapler vorgenommen
werden können. Deshalb sei eine Zustellung der Sendung noch am 04.08.2006 nicht
mehr möglich gewesen, so dass, um jedes Risiko zu vermeiden und insbesondere die
Ladung nicht über das Wochenende auf dem LKW zu belassen, der Unternehmer X
diese zum Lager der Beklagten transportiert habe. Dort sei die Ladung mit Hilfe eines
Gabelstaplers seitlich aus dem LKW entladen worden. Nach dem Entladen der
Schaltschränke habe der Gabelstaplerfahrer den ersten Schaltschrank in das Lager der
Beklagten gefahren, wobei ihm trotz vorsichtiger Fahrweise der Schaltschrank von den
Gabelstaplergabeln gefallen sei. Als der Schrank auf dem Boden gelegen habe, habe
festgestellt werden müssen, dass die eingebauten Teile, insbesondere die schweren
Transformatoren, im oberen Teil des Schaltschrankes montiert gewesen seien. Der
Schwerpunkt des Schrankes sowie der übrigen Schränke habe über der geometrischen
Mitte gelegen, so dass diese kopflastig gewesen seien, ohne dass etwaige Hinweise
hierauf vorhanden gewesen wären. Dies sei auch für den Gabelstaplerfahrer nicht
erkennbar gewesen.
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Sie ist daher der Ansicht, es läge ein Schaden vor, der für sie auch bei Anwendung der
äußersten zumutbaren Sorgfalt nicht abwendbar gewesen wäre. Die Klägerin wäre
zudem verpflichtet gewesen, deutlich haltbar die für eine auftragsgemäße Behandlung
erforderliche Kennzeichen an den Schaltschränken anzubringen, insbesondere mit
Symbolen für Handhabung und Eigenschaften auszustatten. Jedenfalls sei ihre Haftung
gemäß § 431 Abs. 1 HGB begrenzt.
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Die Beklagte hat die Aufrechnung mit der von der Beklagten für den Transport unstreitig
nicht gezahlten Fracht zunächst in Höhe von brutto EUR 266,80 und sodann nur noch in
Höhe von EUR 228,69 erklärt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
wechselseitigen Schriftsätze und die zur Akte gereichten Unterlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig und, soweit sie noch geltend gemacht wird, auch begründet.
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I.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des noch geltend
gemachten Schadensersatzbetrages in Höhe von EUR 5.719,69 aus den §§ 425, 435
HGB.
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1.
35
Zwischen den Parteien ist ein Frachtvertrag über den Transport von 7 Schaltschränken
von X nach X zustande gekommen. Da in der Zeit von der Übernahme bis zur
Ablieferung bei der Klägerin einer der transportierten Schaltschrank unstreitig
beschädigt worden ist, haftet die Beklagte nach § 425 Abs. 1 HGB für den insoweit
entstandenen Schaden.
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2.
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Die Beklagte kann sich wegen dieser Beschädigung nicht auf eine Haftungsbefreiung
bzw. Haftungsbegrenzung nach den §§ 426 ff. HGB berufen, da der Schaden auf eine
Handlung bzw. eine Unterlassung im Sinne von § 435 HGB zurückzuführen ist, die der
Frachtführer oder eine in § 428 HGB genannte Person zumindest leichtfertig und in dem
Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.
Dies ist im konkreten Fall deshalb zu bejahen, weil die Schaltschränke trotz
ausdrücklich vereinbarten Umladeverbots mit einem Gabelstapler im Lager der
Beklagten umgeladen worden sind und der streitgegenständliche Schaltschrank
deswegen beschädigt worden ist.
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a)
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Ein solches Umladeverbot ist entgegen der Ansicht der Beklagten zwischen den
Parteien - auch für den streitgegenständlichen Transport – ausdrücklich vereinbart
worden. Dies ergibt sich bereits aus den von den Parteien vorgelegten
Vertragsurkunden. Die Klägerin hatte die Beklagte mit Fax vom 01.08.2006 aufgefordert,
ein Angebot für einen Transport der 7 Paletten von X "ohne Verladung direkt nach X"
abzugeben. Auf dieses Fax hatte die Beklagte den geforderten Frachtlohn von netto
EUR 230,00 aufgedruckt und noch am 01.08.2006 an die Klägerin zurückgefaxt, so dass
sich die Angabe des Frachtlohnes ausdrücklich (auch) auf die von der Klägerin
angegebene Direktlieferung bezog. Dieses Angebot hat die Klägerin sodann mit dem
Fax vom 03.08.2006 angenommen. Dass hierin die Direktlieferung selbst nicht
nochmals erwähnt wird, ist unschädlich, da sich das Annahmefax ausdrücklich auf das
Angebot der Beklagten vom 01.08.2006 zu dem dort genannten Preis bezieht. Etwas
anderes ergibt sich auch nicht etwa daraus, dass im Fax vom 01.08.2006 nicht das Wort
"Umladung", sondern lediglich "Verladung" verwendet wird. Denn es heißt dort
ausdrücklich, dass die Ware ohne Verladung direkt nach Wegberg geliefert werden
sollte, so dass sich schon aus dem Zusammenhang ergibt, dass die Lieferung ohne
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Umladung unmittelbar zur Lieferadresse bei der Klägerin zu erfolgen hatte. Hinzu
kommt, dass der im Termin vom 14.03.2008 vernommene Zeuge X glaubhaft bekundete,
dass er bezüglich dieses Frachtauftrages nochmals mit der bei der Beklagten tätigen
Frau X telefoniert habe, die auf seine Nachfrage ausdrücklich bestätigt habe, dass - wie
immer - eine Direktlieferung durchgeführt werde. Der nach Auffassung des Gerichts
ohne Zweifel glaubwürdige Zeuge X hat hierbei die Hintergründe der Beauftragung
anschaulich, widerspruchsfrei und sehr nachvollziehbar geschildert, so dass für das
Gericht kein Grund besteht an der Wahrhaftigkeit seiner Aussage zu zweifeln. Dass die
Beklagte selbst auch von der Vereinbarung des Umladeverbots ausging, ergibt sich
schließlich auch aus dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Schadensgutachten
des Sachverständigenbüros X GmbH. Denn dort heißt es auf Seite 2 zur
Schadensursache, dass der Schaltschrank "nach Aussage der Spedition" (also der
unzulässigen
50 d. Akte).
b)
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Gegen das mithin vereinbarte Umladeverbot ist durch die Beklagte verstoßen worden,
indem die Schaltschränke nach ihrem eigenen Vortrag in ihrem Lager seitlich aus dem
Transportfahrzeug durch einen Gabelstaplerfahrer der Beklagten entladen worden sind.
Zwar beinhaltet ein Verstoß gegen ein vereinbartes Umladeverbot nicht ohne weiteres
zwingend ein grobes Verschulden im Sinne von § 435 HGB. Die nach dieser Vorschrift
zumindest geforderte Leichtfertigkeit ist erst bei einem besonders schweren
Pflichtenverstoß anzunehmen, bei dem sich der Frachtführer oder seine Leute in krasser
Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen (vgl. BGHZ
158, 322 ff., m. w. N.; OLG Stuttgart VersR 2007, 859 ff.; OLGR Schleswig 2007, 60 ff.).
Im Falle des Verstoßes gegen ein ausdrücklich vereinbartes Umladeverbot liegt die
demnach zu fordernde gesteigert grobe Fahrlässigkeit nach Auffassung des Gerichts
aber jedenfalls dann vor, wenn der Frachtführer oder einer seiner Leute gegen ein
solches Umladeverbot verstößt, das ihm erkennbar wegen des besonders gefährdeten
Transportgutes bzw. des besonderen Sicherungsinteresses des Vertragspartners erteilt
worden ist (vgl. auch OLG Köln VersR 2003, 88). So war es aber hier. Nach
Durchführung der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass das
Umladeverbot gerade wegen des besonderen Sicherungsinteresse der Klägerin und
des aus einer Umladung resultierenden erhöhten Risikos des besonders gefährdeten
Transportgutes (empfindliche elektronische Schaltschränke) vereinbart worden und dies
für die Beklagte auch erkennbar war. Der hierzu vernommene Zeuge X hat
diesbezüglich lebensnah und glaubhaft geschildert, dass und warum schon zu Beginn
der Geschäftsbeziehung darauf hingewiesen worden war, dass die Transporte unter
besonderer Sicherung der jeweiligen Ladung vorzunehmen waren und auf einer
Direktlieferung von Anfang an gerade deswegen bestanden worden war, weil es sich
um besonders sensible Schaltschränke gehandelt habe. Dass bezüglich des konkreten
Frachtauftrages auf das besondere Sicherungsinteresse nicht noch mal ausdrücklich
hingewiesen worden ist, wie der Zeuge X selbst einräumt, ändert daher an der Kenntnis
der Beklagten vom besonderen Sicherungsinteresse nichts. Hinzu kommt, dass der
Zeuge X noch am Tage der endgültigen Auftragserteilung bei der Beklagen angerufen
und sich nochmals ausdrücklich den Direkttransport bestätigen lassen hat. Auf das auch
dieser Direktlieferung demnach zugrundeliegende besondere Sicherungsinteresse
musste nach alledem hierbei nicht mehr ausdrücklich hingewiesen werden.
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Gleichwohl ist das Umladeverbot weder durch die Beklagte selbst, noch durch die von
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ihr eingeschalteten Personen beachtet worden. Es kann insoweit dahin stehen, ob dem
von der Beklagten zur Durchführung des eigentlichen Transportes eingesetzte
Unternehmer X oder dem die Umladung im Lager der Beklagten nach ihrem eigenen
Vortrag vornehmende Gabelstaplerfahrer, dem Zeuge X, das Umladeverbot und das
dahinterstehende Sicherungsinteresse der Klägerin selbst auch bekannt gewesen sind.
Hatten diese selbst Kenntnis hiervon, weil sie von der Beklagten hierüber informiert
worden sind, sind ihre wie oben erläutert nach alledem leichtfertige Handlungen im
Sinne von § 435 HGB der Beklagten nach § 428 Satz 1 HGB zuzurechnen, da sie in
Ausführung der Beförderung nach § 428 Satz 2 HGB bzw. in Ausübung ihrer
Verrichtung nach § 428 Satz 1 HGB gehandelt haben.
Hatten sie von dem ausdrücklich vereinbarten Umladeverbot mangels Information durch
die Beklagte hingegen keine Kenntnis, dann ist der Leichtfertigkeitsvorwurf nach § 435
HGB der Beklagten selbst zu machen. Da Hintergrund des Umladeverbots
bekanntermaßen insbesondere war, jedes Risiko für die sensiblen Schaltschränke
durch eine Umladung zu vermeiden, musste die Beklagte zur Vermeidung des Vorwurfs
der Leichtfertigkeit alles tun, um die von ihr eingeschalteten Personen, die mit der
Durchführung des Frachtauftrages betraut waren, von dem Umladeverbot zu
informieren. Ein Frachtführer handelt nämlich schon dann leichtfertig, wenn er das
Erfordernis zuverlässig ineinander greifender, verlässlich funktionierender
Sicherungsvorkehrungen unbeachtet lässt und augenscheinlich auf eine in sich
geschlossene Sicherheitsplanung verzichtet (vgl. OLG Köln, a. a. O), so dass sich die in
§ 435 HGB geforderte Leichtfertigkeit insbesondere auch aus einer mangelhaften
Organisation des Betriebsablaufs ergeben kann, die keinen hinreichenden Schutz der
zu befördernden Frachtgüter gewährleistet (BGHZ 158, a. a. O., m. w. N.). Hat die
Beklagte ihre eigenen Leute bzw. die anderen zur Durchführung des Transports nach §
428 Satz 2 HGB eingesetzten Personen jedoch nicht über das Umladeverbot
unterrichtet, dann unterlässt sie eine elementare Vorkehrung zum Schutz der
Transportgüter der Klägerin. Dies ist der Beklagten umso mehr vorwerfbar, als ihr die
besonderen Risiken einer Umladung und die konkrete Gefahrenlage wegen der
besonders empfindlichen Schaltschränke bekannt gewesen ist (vgl. OLG Köln, a. a. O.,
m. w. N.). Wusste der den Transport durchführende Unternehmer X bzw. der die
Umladung tatsächlich durchführende Gabelstaplerfahrer mithin nichts von dem
Umladeverbot im konkreten Fall, dann lag dies an der ihr vorwerfbaren und ein im
konkreten Fall qualifiziertes Verschulden darstellenden mangelhaften
Sicherungsvorkehrung der Beklagten selbst.
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c)
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Die Beklagte bzw. die für sie tätigen Personen haben auch in dem Bewusstsein
gehandelt, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Zwar reicht die
Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf
das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu
können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann
anzunehmen, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den
Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt. Mithin muss
sich der Beklagten bzw. den von ihr eingeschalteten Personen aus dem jeweils eigenen
leichtfertigen Verhalten die Erkenntnis aufdrängen, es werde wahrscheinlich ein
Schaden eintreten (vgl. BGHZ 158, 322 ff.; OLGR Schleswig 2007, 60 ff.). Insoweit ist
allerdings ausreichend, wenn das Risiko eines Schadenseintritts bei der gehandhabten
Betriebsorganisation naheliegend ist. Wird – wie hier – ein Umladeverbot in voller
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Kenntnis gerade wegen des bei einer Umladung bestehenden Risikos einer
Beschädigung unter Berücksichtigung der spezifischen Besonderheiten des
Transportgutes, dass sich im konkreten Fall daraus ergibt, dass es sich um besonders
empfindliche elektronische Schaltschränke handelt, vereinbart und wird gegen dieses
Umladeverbot gleichwohl verstoßen, ist nach Auffassung des Gerichts ohne weiteres
anzunehmen, dass bei der Beklagten bzw. den von ihr eingesetzten Personen auch das
Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts gegeben war, Denn es ist
genau das risikobehaftete und schadensträchtige Verhalten ausgeübt worden, was
durch das Umladeverbot gerade vermieden werden sollte.
d)
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Dass die Schaltschränke nach der streitigen Behauptung der Beklagten kopflastig
gewesen seien, ist für die Entscheidung des Falles nach alledem unerheblich, da die
Kopflastigkeit überhaupt nur deshalb schadensursächlich geworden sein kann, weil die
Beklagte bzw. ihre Leute im Sinne von § 428 HGB gegen das bestehende
Umladeverbot verstoßen haben. Hätte sich die Beklagte an das Umladeverbot hingegen
gehalten, wäre die vermeintliche Kopflastigkeit, unabhängig von der Frage, ob die
Schaltschränke überhaupt kopflastig gewesen sind, nicht zum Tragen gekommen, so
dass man dies der Klägerin nicht haftungsbeschränkend vorwerfen kann.
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e)
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Auch soweit die Beklagte einen vermeintlichen Defekt der Hydraulikhebebühne des
zum Transport eingesetzten Lastkraftwagens anführt, ändert dies nichts an ihrer
unbeschränkten Haftung für den eingetretenen Schaden. Anders als die Beklagte
vorträgt, ist schon nicht nachvollziehbar, warum wegen dieses Defekts eine Umladung
zwingend notwendig gewesen sein soll. Denn sie trägt nicht vor, dass das eingesetzte
Fahrzeug deswegen die vereinbarte Direktlieferung von Osnabrück nach Wegberg nicht
hätte durchführen können. Denn fahrtüchtig war das Fahrzeug offensichtlich noch.
Soweit die Beklagte erstmals im nachgelassenen Schriftsatz vorträgt, dass die Klägerin
aber ausdrücklich ein Hebebühnenfahrzeug bestellt habe, führt auch dieser Vortrag,
unabhängig davon, dass das Vorbringen nicht ohnehin nach den §§ 296, 296a ZPO als
verspätet zurückzuweisen sein dürfte, zu keiner anderen Entscheidung. Einerseits ist
schon die Schlussfolgerung der Beklagten, sie habe deswegen davon ausgehen
müssen, dass eine Entladung nur mittels Hubwagen möglich sei, nicht nachvollziehbar.
Wie bis zum nachgelassenen Schriftsatz unstreitig war, wusste die Beklagte, dass die
Klägerin über eigene Gabelstapler verfügt, was auch nachvollziehbar ist, da beide
Parteien unstreitig schon seit Jahren in Geschäftsbeziehungen stehen. Doch selbst
wenn auch diese (neue) Behauptung, es sei nicht bekannt gewesen, dass die Klägerin
über eigene Gabelstapler verfüge, zutreffend wäre, hätte die Beklagte vor Durchführung
einer eigenen Umladung vor dem Hintergrund des ausdrücklich vereinbarten
Direkttransportes und des damit verbundenen Umladeverbots zwingend die Klägerin
zunächst Fragen bzw. um Weisung bitten müssen, ob eine Entladung bei der Klägerin
auch ohne Hebebühne möglich gewesen wäre oder ob sie selbst unter Abweichung
vom ursprünglichen Auftrag eine Umladung vornehmen durfte. Da sie dies jedoch nicht
getan hat, bleibt es - ihren Vortrag zur defekten Hebebühne als zutreffend unterstellt –
jedenfalls bei einem leichtfertigen Verhalten im Sinne von § 435 HGB.
50
3.
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Die Höhe des noch geltend gemachten Anspruchs der Klägerin ist unstreitig. Soweit die
mit Blick auf den noch zu zahlenden Frachtlohn erklärte Aufrechnung der Beklagten
(unabhängig von Ziff. 19 ADSp) überhaupt greifen könnte, hat die Klägerin die Klage
zurückgenommen.
52
II.
53
Die geltend gemachten Nebenforderungen sind nach den §§ 280 Abs. 1 und Abs. 2,
286, 288 Abs. 2 BGB begründet.
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III.
55
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs.
3 Satz 2, 709 ZPO.
56
Streitwert: EUR 5.950,00
57
Buschfort
58
Richter am Landgericht
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