Urteil des LG Krefeld vom 14.09.2007

LG Krefeld: fahrzeug, herausgabe, anschlussberufung, polizei, obhut, aushändigung, batterie, zustand, strafanzeige, einbau

Landgericht Krefeld, 1 S 33/07
Datum:
14.09.2007
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
1. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 S 33/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Krefeld, 1 C 373/06
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Krefeld
vom 21.02.2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die
Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert für die Berufungsinstanz: € 1.750,00
Entscheidungsgründe
1
I.
2
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz hinsichtlich seines VW-
Transporters. Der Beklagte hatte das Fahrzeug im Frühjahr 2004 repariert und dem
Kläger hierfür € 1.581,50 in Rechnung gestellt. Am 10.12.2004 einigten sich die
Parteien vor dem Amtsgericht Krefeld, Az. 80 C 400/04, darauf, dass der Kläger dafür
€ 1.250,00 zu zahlen hatte, zahlbar in monatlichen Raten. Der Beklagte verpflichtete
sich, das Fahrzeug nach vollständiger Erfüllung der Zahlungspflicht herauszugeben. Am
07.03.2006 zahlte der Kläger die letzte Rate bei den Prozessbevollmächtigten des
Beklagten. Im Gegenzug wurden ihm an diesem Tag die Schüssel und
Fahrzeugpapiere ausgehändigt und der Standort des VW-Transporters genannt, der
zwischenzeitlich vom Betriebsgelände des Beklagten auf eine Privatstraße zum
Grundstück X verbracht worden war. Am 08.03.2006 verständigte der Kläger die Polizei,
die feststellte, dass die linke Seitenscheibe des Fahrzeugs eingeschlagen und aus dem
Fahrzeug die Lautsprecher, der Verbandskasten sowie Werkzeug entwendet worden
war. Der Kläger macht den Beklagten sowohl für Schäden an dem VW als auch dafür
verantwortlich, dass das Fahrzeug in der Folgezeit verschwunden ist.
3
Wegen der weiteren Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand
des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Krefeld Bezug genommen.
4
Das Amtsgericht Krefeld hat der Klage in Höhe von € 1.581,50 stattgegeben und im
Übrigen die Klage abgewiesen. Das Amtsgericht Krefeld ist davon ausgegangen, dass
es dem Beklagten nicht möglich war, die in Obhut genommene Sache unbeschädigt
zurückzugeben. Den Beweis dafür, dass diese Unmöglichkeit nicht die Folge eines von
ihm – dem Beklagten – zu vertretenen Umstandes sei, habe der Beklagte nicht erbracht.
Nach Ansicht des Amtsgerichts hat der Beklagte dem Kläger infolge des Verlustes des
Fahrzeugs den Wert des VWs in Höhe der in Rechnung gestellten Reparaturkosten zu
ersetzen. Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, der seinen Antrag
auf Klageabweisung weiterverfolgt. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der
Berufung und zugleich im Wege der Anschlussberufung, den Beklagten zur Zahlung
weiterer € 158,50 zu verurteilen, da der VW nach seinem Vortrag im März 2006
jedenfalls noch € 1.750,00 wert gewesen sei. Der Beklagte beantragt, die
Anschlussberufung zurückzuweisen.
5
II.
6
Die Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die zulässige, insbesondere
fristgerecht eingelegte Anschlussberufung ist dagegen unbegründet.
7
Der Kläger hat gegen den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch
auf Eratz des von ihm geltend gemachten Schadens.
8
Der Beklagte war zwar aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen
Prozessvergleichs vom 10.12.2004 zur Herausgabe des VW Transporters an den
Kläger verpflichtet, wenn dieser seine Zahlungsverpflichtung aus dem Prozessvergleich
erfüllt hat, d.h. bis zur Herausgabe stand das Fahrzeug nach der zwischen den Parteien
geschlossenen Vereinbarung in der Obhut des Beklagten. Damit traf ihn zugleich die
(Neben-)Pflicht, das bis zur Herausgabe in seiner Obhut stehende Fahrzeug so zu
verwahren, dass es vor Schäden geschützt war. Selbst wenn der Beklagte durch das –
nicht nur vorübergehende – Abstellen des unangemeldeten Fahrzeugs am Straßenrand
seine Obhutspflicht verletzt hat, folgt daraus nicht, dass er für den vom Kläger geltend
gemachten Verlust des Fahrzeugs bzw. die am 08.03.2006 festgestellten Schäden
haftet.
9
Eine Haftung für den Verlust des Fahrzeugs scheidet bereits deswegen aus, da der VW
unstreitig erst nach Herausgabe des Fahrzeugs an den Kläger entwendet bzw. sonst
abhanden gekommen ist. Der Beklagte hat dem Kläger mit Aushändigung der Schlüssel
und Fahrzeugpapiere und Nennung des Standortes des Transporters das Fahrzeug am
07.03.2006 herausgegeben. Ausweislich des vorprozessualen Schriftverkehrs ist der
Pkw nicht vor dem 22.03.2006, mithin frühestens zwei Wochen nach Herausgabe vom
Standort entfernt worden, an dem sich das Fahrzeug am 07.03.2006 befand. Zu dieser
Zeit wäre der Kläger ungeachtet der Frage, ob das Fahrzeug am 07.03.2006
verschlossen und fahrbereit war, selbst gehalten und in der Lage gewesen, für eine
hinreichende Sicherung des Fahrzeugs zu sorgen. Insoweit ist ein etwaiger Diebstahl
hier nicht dem Beklagten, sondern dem Kläger selbst zuzurechnen. Die auf Zahlung
weiterer € 168,50 gerichtete Anschlussberufung des Klägers ist daher unbegründet.
10
Ein Anspruch wegen der Verletzung einer Obhutspflicht aus § 280 Abs. 1 BGB, gerichtet
auf Ersatz der am 08.03.2006 festgestellten Schäden am Fahrzeug, ist ebenfalls nicht
gegeben, da nicht feststeht, dass der VW bereits bei Herausgabe des Fahrzeugs
11
beschädigt war. Der Kläger behauptet zwar, dass sein Fahrzeug bei Herausgabe
beschädigt gewesen sei: eine Fensterscheibe sei eingeschlagen und zudem sei das
Fahrzeug u.a. mit Schutt beladen gewesen; darüber hinaus seien Reparaturwerkzeug,
Ersatzreifen, Verbandskasten, Lautsprecherboxen sowie die Batterie entwendet worden.
Dem ist der Beklagte jedoch entgegengetreten, indem er eingewandt hat, dass sich das
Fahrzeug noch in einwandfreiem Zustand befunden habe, als er den Kläger nach
Aushändigung der Papiere und Schlüssel im Beisein des Zeugen X an dem Transporter
gesehen habe. Insoweit ist – anders als vom Amtsgericht angenommen – der Kläger
darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Schäden durch die Pflichtverletzung
des Beklagten hervorgerufen worden sind (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 280
Rn. 38), hier also dafür, dass die Schäden während der Verwahrzeit eingetreten sind.
Dies hat er jedoch nicht zu beweisen vermocht. Aus den von dem Kläger vorgelegten
Lichtbildern lässt sich der Zeitpunkt der Aufnahme der Bilder nicht ersehen. Etwas
anderes wird auch nicht durch die Strafanzeige des Klägers belegt. Auch wenn die
Polizeibeamtin X am 08.03.2006 vor Ort die Schäden festgestellt hat, ist damit nicht
bewiesen, dass dieser Zustand bereits einen Tag zuvor vorlag, zumal der Zeuge X
bekundet hat, dass er den Kläger an einem Dienstag Anfang März, d.h. (wohl) am
07.03.2006 am Fahrzeug gesehen hat und ihm zu diesem Zeitpunkt ein Loch in der
Scheibe nicht aufgefallen sei. Darüber hinaus hat der Kläger ausweislich der
Strafanzeige gegenüber der Polizei angegeben, dass er bereits am 07.03.2006 bei
seinem Fahrzeug gewesen sei und dort die Schäden festgestellt habe. Am Tag der
Herausgabe hat der Kläger jedoch weder die Polizei verständigt noch sonst
Maßnahmen getroffen, die belegen können, dass das Fahrzeug bereits bei Herausgabe
an ihn beschädigt war. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Schäden in
der – wie der Kläger selbst ausführt – "fraglichen Gegend", in der mit Schäden und
Diebstählen gerechnet werden muss, erst nach Herausgabe, aber vor Eintreffen der
Polizei am 08.03.2006 herbeigeführt worden sind. Nach alledem ist der Kläger für seine
Behauptung, die Beschädigungen seien bereits während der Verwahrzeit eingetreten,
beweisfällig geblieben.
Auch die Ausführungen des Klägers im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom
27.08.2007 rechtfertigen eine andere rechtliche Bewertung nicht. Selbst wenn grds. eine
über den Herausgabezeitpunkt wirkende Einstandspflicht für Schäden an einer zuvor
verwahrten Sache gegeben sein kann, hat der Kläger dazu im konkreten Fall nicht
hinreichend vorgetragen. Denn aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich insbesondere
nicht, dass es ihm nicht bereits nach Aushändigung der Schlüssel am Mittag des
07.03.2006 möglich gewesen wäre, sein Fahrzeug – ggf. nach Einbau einer neuen
Batterie – von dem Standort auf der X zu entfernen.
12
Die Klage ist demnach abzuweisen. Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.
13
Die auf Zahlung weiterer 168,50 gerichtete Anschlussberufung des Klägers ist dagegen
unbegründet.
14
III.
15
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713
ZPO.
16