Urteil des LG Krefeld vom 01.02.2008

LG Krefeld: rücktritt vom vertrag, bildschirm, form, verzug, zustand, rückzahlung, kaufvertrag, beschaffenheitsangabe, anwaltskosten, rücknahme

Landgericht Krefeld, 1 S 119/07
Datum:
01.02.2008
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
1. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 S 119/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Kempen, 13 C 134/06
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Kempen
vom 18.10.2007 aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.790,00 nebst 5 Pro-
zentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.02.2006 sowie
vorgerichtliche Anwaltskosten von € 120,34 Zug um Zug ge-gen
Übergabe und Übereignung des 50``Plasmamonitors Fujitsu wide ultra
Display PDS 5001 E-h zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte in Annahmeverzug be-findet.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert für die Berufungsinstanz: bis € 2.000,00
Entscheidungsgründe
1
I.
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Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen
Plasmabildschirm.
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Der Beklagte bot seinen gebrauchten Plasmabildschirm über Ebay u.a. mit der
Beschreibung "Top Zustand" sowie unter Ausschluss der Gewährleistung zu einem
Sofortpreis von € 1.790,00 an. In der Artikelbeschreibung gab der Beklagte weiter an:
"Das Display verfügt über keine nennenswerten Fehler und funktionierte immer Tad...".
Der Kläger nahm das Angebot am 20.12.2005 an. Einen Tag nach Abholung des
Plasmabildschirms am 28.12.2005 rügte der Kläger gegenüber dem Beklagten Mängel.
Mit Schreiben vom 27.01.2006 erklärte er den Rücktritt vom Vertrag.
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Der Kläger behauptet, der Bildschirm habe bereits bei Übergabe Einbrenn- bzw.
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Pixelfehler aufgewiesen. Darüber hinaus funktioniere der Lüfter nicht ordnungsgemäß;
nach 15 Minuten Betrieb werde der Lüfter immer lauter. Der Beklagte wendet dagegen
ein, die Mängel seien bei Übergabe noch nicht vorhanden gewesen; es sei davon
auszugehen, dass sie durch den Transport des Plasmabildschirms entstanden seien.
Wegen der weiteren Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand
des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Kempen vom 18.10.2007 Bezug
genommen.
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Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens. Der Sachverständigte hat in dem Gutachten vom
14.04.2007 ausgeführt, dass der Monitor Fehler in Form unterschiedlich eingebrannter
Leuchtschichten sowie eines erheblichen Laufgeräusches des Lüfters aufweise, die
auch bereits bei Übergabe vorhanden gewesen seien. Im Termin am 08.10.2007 haben
die Parteien einen Teilvergleich dahingehend geschlossen, dass sich die Parteien
verpflichtet haben, die Bewertung über den jeweils anderen bei Ebay zu löschen. Am
18.10.2007 hat das Amtsgericht die weiter auf Rückzahlung des Kaufpreises und
Feststellung eines Annahmeverzuges gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung
hat das Gericht ausgeführt, dass dem Rücktrittsbegehren des Klägers der vereinbarte
Haftungsausschluss entgegen stehe; der Beklagte habe weder eine Garantie für die
Beschaffenheit der Kaufsache übernommen noch sei dem Kläger der Nachweis
gelungen, dass der Beklagte ihn arglistig getäuscht habe.
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Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seinen Antrag erster Instanz
weiterverfolgt. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
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II.
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Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers hat
Erfolg.
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1. Der Kläger kann von dem Beklagten gemäß §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 323, 346 Abs. 1, 348
BGB Rückzahlung des Kaufpreises von € 1.790,00 Zug um Zug gegen Übergabe und
Übereignung des Bildschirms beanspruchen.
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a) Der Kläger ist nach § 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten,
da der Bildschirm bei Übergabe mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB war.
Ausweislich des vom Amtsgericht Kempen eingeholten Gutachtens heben sich die
beiden Ränder im oberen und unteren Bildschirmbereich in der Helligkeit ab, da diese
Bereiche laut Gutachten im Verhältnis zum sonstigen Display mehr beansprucht worden
seien; die beiden 6,5 cm Ränder würden eine Lichtstärke von 141 Lux aufweisen und
damit deutlich heller sein als der übrige Bildschirm mit 134 Lux. Wäre – so die
Ausführungen des Sachverständigen Krolicki – der Bildschirm mit voll ausgeleuchtetem
Bild betrieben worden, wäre die Helligkeit insgesamt auf 134 Lux gesunken. Darüber
hinaus hat der Sachverständige festgestellt, dass durch die Lüfter nach ca. 10 Minuten
ein Lagergeräusch in Form eines Schlagens und unrunden Laufens entstehe; nach 1,5
Stunden Betrieb steigere sich der Lautstärkepegel auf 58 dB. Sowohl die Einbrennfehler
im oberen und unteren Bildschirmrand als auch die übermäßige Geräuschentwicklung
(über 50 dB) stellen Sachmängel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB dar, die auch nicht
unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 BGB sind. Nach dem Gutachten lagen diese
Fehler, die sich nach den Feststellungen des Sachverständigen Krolicki nicht in ein
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paar Tagen einstellen können, auch bereits bei Übergabe vor.
b) Der Beklagte kann sich nicht auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss
gemäß § 444 BGB berufen.
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Ungeachtet der Frage, ob dem Beklagten die Fehler bekannt waren und er sich darüber
hinaus arglistig verhalten hat (wogegen nicht von vornherein sprechen würde, dass er
eine vorherige Besichtigung angeboten hat, vgl. auch KG, Urteil vom 10.01.2005, 26 U
96/04, NJW-RR 2006, 1213), hat der Beklagte durch die Angabe, das Display verfüge
über keine nennenswerten Fehler und funktionierte immer (...), mit dem Beklagten eine
Beschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vereinbart, hinsichtlich derer der
Gewährleistungsausschluss nicht eingreift. Nach der Entscheidung des BGH vom
29.11.2006, VIII ZR 92/06 (NJW 2007, 1346) eröffnen sich auch bei einem
Gewährleistungsausschluss die gesetzlichen Käuferrechte des § 437 BGB unabhängig
von der Frage, ob im Einzelfall Arglist zu bejahen ist, wenn der Sache die in der
Beschreibung des Ebay-Angebots angegebene und somit im Kaufvertrag vereinbarte
Beschaffenheit fehlt. Eine im Vertrag enthaltene Haftungsausschlussklausel gilt
demgemäß nicht für diejenigen Eigenschaften, die durch eine Beschaffenheitsangabe
näher beschrieben worden sind (BGH, a.a.O.).
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Zwar ist dem Amtsgericht darin zuzustimmen, dass allein die Beschreibung "Top
Zustand" sowie "sieht echt klasse aus" bloße Anpreisungen sind, mit denen der
Beklagte weder eine Beschaffenheitsgarantie übernehmen wollte (vgl. LG Osnabrück,
Urteil v. 21.06.2004, 2 S 180/04, zit. nach juris) noch eine konkrete Beschaffenheit im
Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB angegeben hat. Soweit der Beklagte jedoch darüber
hinaus den Zustand des Displays mit "keine nennenswerten Fehler" bzw. "funktionierte
immer (tadellos)" beschrieben hat, ergibt sich aus dieser Beschreibung hinreichend
deutlich, dass danach keine über den normalen Gebrauch hinausgehenden Bildfehler
vorhanden sein sollten. Angesichts dieser Beschaffenheitsangabe ist der
Gewährleistungsausschluss dahin auszulegen, dass der Haftungsausschluss nicht für
das Fehlen dieser vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für solche Mängel gelten
sollte, die darin bestehen, dass die Sache sich nicht für die nach dem Vertrag
vorausgesetzte Verwendung eignet bzw. sich nicht für die gewöhnliche Verwendung
eignet und keine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und
die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Hinsichtlich der Fehler in Form
unterschiedlich eingebrannter Leuchtschichten, die ausweislich des Gutachtens aus
einer übermäßigen Beanspruchung herrühren, entspricht der Bildschirm nicht der
gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vereinbarten Beschaffenheit, so dass sich darauf nicht
der Gewährleistungsausschluss erstreckt. Demnach kann der Kläger vom Beklagten
Rückzahlung des Kaufpreises von € 1.790,00 Zug um Zug gegen Übergabe und
Übereignung des Bildschirms gemäß den §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 323, 346 Abs. 1, 348 BGB
verlangen.
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c) Die Nebenentscheidungen rechtfertigen sich aus Verzug gemäß § 286 Abs. 1 BGB.
Der Zinsanspruch in Höhe fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ist gemäß
§§ 280, 286 Abs. 1, 288 BGB seit dem 08.02.2006 begründet. Nachdem der Kläger den
Beklagten vergeblich mit Schreiben vom 30.12.2005 aufgefordert hatte, die Mängel zu
beseitigen oder das Gerät zurückzunehmen, hat er unter dem 27.01.2006 den Rücktritt
vom Vertrag erklärt und den Beklagten aufgefordert, ihm bis zum 07.02.2006 den
Kaufpreis zu erstatten. Damit befand sich der Beklagte, bevor der
Prozessbevollmächtigte des Klägers durch die Anfertigung des Schreibens vom
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28.02.2006 tätig geworden ist, gemäß § 286 Abs. 1 BGB in Verzug, so dass er dem
Kläger neben den Verzugszinsen auch die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von
€ 120,34 zu ersetzen hat.
2. Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs ist ebenfalls begründet. Nachdem
der Kläger den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 28.02.2006 vergeblich
aufgefordert hatte, den Bildschirm bis zum 11.03.2006 abzuholen, befand sich der
Beklagte auch mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß
§§ 293 ff. BGB in Verzug.
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Nach alledem hat die Berufung des Klägers Erfolg.
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III.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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