Urteil des LG Krefeld vom 19.01.2006

LG Krefeld: swap, darlehensvertrag, besondere gefährlichkeit, beratung, beendigung, kapitalmarkt, gefahr, rate, kopie, abgrenzung

Landgericht Krefeld, 5 O 462/04
Datum:
19.01.2006
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
5. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 O 462/04
Nachinstanz:
Oberlandesgericht Düsseldorf, I-17 U 35/06
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 133.056,02 € nebst Zin-sen
in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus 35.601,96 € seit dem
18.05.2004, aus 36.739,09 € seit dem 16.11.2004, aus 29.849,75 € seit
dem 17.05.2005 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des je-weils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
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Die Klägerin, ein Kreditinstitut mit Vollbankerlaubnis, macht gegen den Beklagten
Anspruch aus einem Zins-Swap-Vertrag geltend.
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Im Jahre 1998 errichtete die X GbR, deren Gesellschafter der Beklagte und dessen
ehemaliger Geschäftspartner, Herr X waren, ein Geschäftshaus in X. Zweck der X GbR
war allein die Verwaltung des eigenen Vermögens, also des Vermögens der Beklagten
und des ehemaligen Geschäftspartners X.
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Zur Finanzierung des Bauvorhabens schlossen die X GbR und die Klägerin unter dem
20./27.03.1998 einen Darlehensvertrag über ursprünglich 7,7 Millionen DM, der
zunächst eine Laufzeit bis zum 30.04.2000 hatte. Durch Vereinbarung vom 17.08.1999
wurde die Kreditsumme auf 8,8 Millionen DM erhöht. Gemäß c) der Vereinbarung vom
23./27.03.1998 war ein variabler Zinssatz vereinbart.
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Wegen der weiteren Einzelheiten der Verträge wird auf ihre zu den Gerichtsakten
gereichten Kopien (Anlagen B 1 und 2 des Beklagtenschriftsatzes vom 10.03.2005)
Bezug genommen.
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Unter dem 11.11.1999 schlossen die Parteien einen Rahmenvertrag für
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Finanztermingeschäfte (Bl. 7 d.A.). Am gleichen Tag bestätigte die Klägerin dem
Beklagten und X schriftlich den telefonischen Abschluss eines sogenannten Zins-Swap-
Geschäftes auf der Grundlage des vorgenannten Rahmenvertrages. Enddatum sollte
der 16.11.2009 sein. Die Abrechnung sollte auf der Grundlage eines Festsatzes von
5,19 % liegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kopie der Bestätigung
(Anlage B 3 zum Schriftsatz der Beklagten vom 10.03.2005) Bezug genommen.
Im Januar 2000 übersandte die Klägerin dem Beklagten und X eine Informationsschrift
"Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften", die von dem
Beklagten unterschrieben wurde. Wegen der Einzelheiten dieser Informationsschrift wird
auf ihre zu den Gerichtsakten gereichte Kopie (Bl. 80 ff d.A.) Bezug genommen.
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Im Jahre 2002 wurde das Darlehensverhältnis zwischen der Klägerin und der X GbR
beendet und das Darlehen auf eine andere Bank umgeschuldet. Der Bezugsbetrag für
das Zins-Swap-Geschäft hat sich in der Zwischenzeit vertragsgemäß auf 1.994.038,34 €
reduziert.
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Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin gegen die Beklagte Ansprüche aus dem
Zins-Swap-Vertrag für die Zinsperioden vom 17.11.2003 bis 15.11.2005 geltend.
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Wegen der Einzelheiten der Berechnungen wird auf Blatt 25, 29, 31 und 117 der Akten
Bezug genommen.
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Die Klägerin trägt vor, die Initiative zum Abschluss des Zins-Swap-Vertrages sei von
dem Beklagten und X ausgegangen; der abgeschlossene Zins-Swap-Vertrag habe dem
Zinssicherungsinteresse des Beklagten Rechnung getragen; er habe zusammen mit
dem Darlehen ein " Kombinationsprodukt " dargestellt; bei dem Zins-Swap handele es
sich um kein Börsentermingeschäft im Sinne der §§ 50 ff. BörsG 1999; die Kombination
zwischen Darlehen und Zins-Swap habe - wirtschaftlich gesehen - den einzigen Zweck
gehabt, sowohl für den Kläger als auch für die X GbR eine planbare Grundlage zu
schaffen, die - unabhängig von der Entwicklung des Zinsniveaus - für beide Seiten dazu
geführt habe, dass das variable verzinste Darlehen in ein Darlehen mit Festzinssatz von
5,19 % "umgewandelt" worden sei, der Vertrag habe daher lediglich die Kosten der
Kapitalaufnahme reduzieren sollen, so dass vom wirtschaftlichen Zweck her betrachtet
kein Börsentermingeschäft vorgelegen habe. Auch weitere prägende Merkmale eine
Börsenterminsgeschäfts, die Anreizwirkung durch Hebeeffekt und die jederzeitige
Glattstellungsmöglichkeit, sei nicht gegeben; der Beklagte habe die Möglichkeit gehabt
und sei auch darauf hingewiesen worden, aus dem Zins-Swap-Vertrag bei Beendigung
des Darlehensvertrages "kostenlos" auszusteigen;
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Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen,
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1.
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an sie 35.601,96 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem
18.05.2005 zu zahlen.
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2.
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Für den Fall, dass das Gericht dem Antrag in Ziffer 1 stattgeben sollte, den
Beklagten weiter zu verurteilen, an sie einen Betrag von 36.739,09 € nebst 5 %
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Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.11.2004 zu zahlen.
3.
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Für den Fall, dass das Gericht dem Antrag in Ziffer 1 und dem oben stehenden
Eventualklageantrag stattgeben sollte, den Beklagten weiter zu verurteilen, an sie
einen Betrag von 29.849,75 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus
seit dem 17.05.2005 zu zahlen.
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4.
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Für den Fall, dass das Gericht dem Antrag in Ziffer 1 und beiden oben stehenden
Eventualklageanträgen stattgeben sollte, den Beklagten weiter zu verurteilen, an
sie am 16.11.2005 einen Betrag von 30.865,22 € zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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22
Er ist der Auffassung, dass es sich bei dem Zins-Swap-Vertrag zwischen den Parteien
um ein Börsentermingeschäft im Sinne des BörsG 1999 handele. Für beide Parteien
habe ein unkalkulierbares wirtschaftliches Risiko bestanden, da sich die Höhe des
Verlustes nicht von vorneherein habe festlegen lassen und aufgrund der rechtlichen
Selbständigkeit des Zins-Swap-Vertrages nicht auf eine "Gesamtbelastung aus dem
Kombinationsprodukt" abgestellt werden könne. Der Darlehensvertrag sei 2002 von der
Klägerin beendet worden; die X GbR sei von der Klägerin auf den Abschluss eines
Zins-Swap-Geschäftes zur Absicherung der mit dem Kredit verbundenen Zinsrisiken
angesprochen worden. Die damalige Prokuristin der Klägerin, sei nicht in der Lage
gewesen, die Funktionsweise eines Zins-Swaps nachvollziehbar zu erläutern, habe
jedoch mit allen Mitteln versucht, den Beklagten und Herrn X zum Abschluss eines Zins-
Swap-Geschäftes zu bewegen; alternative Zinssicherungsmöglichkeiten,
beispielsweise durch Abschluss eines Zins-Caps, seien von ihr nicht erörtert worden;
der Abschluss eines Zins-Swap-Vertrages im allgemeinen und insbesondere in der
konkreten Ausgestaltung zwischen den Parteien sei als Zinssicherungsprodukt
ungeeignet gewesen. Bei Abschluss eines Zins-Caps-Vertrages hätte die Klägerin ein
geringeres oder gar kein Risiko getragen, so dass die Kosten für eine Zinssicherung
durch Zins-Caps-Vertrag günstiger gewesen wären, als eine Absicherung durch einen
Zins-Swap-Vertrag. Auch wegen der inkonguenten Laufzeit des Zins-Swap-Vertrages
mit dem Darlehensvertrag sei von der fehlenden Eignung als Zinssicherungsinstrument
auszugehen. Darüber hinaus erhebt der Beklagte den Differenzeinwand gemäß §§ 764,
762 BGB a.F.. Jedenfalls liege in der fehlerhaften Beratung im Zusammenhang mit dem
Abschluss des Zins-Swap-Vertrages ein außerordentlicher Kündigungsgrund im Sinne
von § 314 BGB. Dieser sei durch die Zahlungsverweigerung der im November 2004
fälligen Beträge, spätestens jedoch mit Verweigerung der Zahlung des im Mai 2004
fälligen Betrages erklärt worden; gehe man vom Darlehensvertrag und dem Zins-Swap-
Vertrag als ein "Kombinations" -Produkt aus, sei jedenfalls durch die Nichtverlängerung
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des Darlehensvertrages die Geschäftsgrundlage für den Zins-Swap-Vertrag
weggefallen; eine zumindest schlüssige Kündigung sei in der Verweigerung der im
November 2002 fälligen Rate spätestens jedoch in der Weigerung der Zahlung der im
Mai 2004 fälligen Rate zu sehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten und zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
25
Die Klage hat Erfolg.
26
I.
27
Da sie - wie noch zu zeigen sein wird - mit sämtlichen Anträgen begründet ist, war über
alle gestellten unechten Hilfsanträge zu entscheiden.
28
II.
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Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 133.056,02 € den
streitgegenständlichen Zeitraum von 17.05.2004 bis zum 15.11.2005 betreffend.
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1.
31
Der Zins-Swap-Vertrag ist für beide Parteien verbindlich.
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Zwar war der Beklagte im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 11.11.1999 nicht
börsentermingeschäftsfähig, § 53 BörsG 1999. Dies ist jedoch unerheblich, da es sich
nach Auffassung der Kammer bei dem vorliegenden Zins-Swap-Vertrag um kein
Börsentermingeschäft im Sinne dieser Vorschrift handelt. Dabei deffiniert die
Rechtsprechung Börsentermingeschäfte im Ausgangspunkt als standatisierte Verträge,
die von beiden Seiten erst zu einem späteren Zeitpunkt, dem Ende der Laufzeit, zu
erfüllen sind und ein Bezug zum Terminmarkt haben (BGHZ 92, 317, 320; BGZ 114,
177, 179; 142, 345, 350; 149, 294, 301; 150, 164, 168). Die besondere Gefährlichkeit
dieser Geschäfte, vor der nicht börsentermingeschäftsfähige Anleger durch die §§ 53 ff
BörsG geschützt werden, besteht darin, dass sie - anders als Kassa-Geschäfte, bei
denen der Anleger sofort Barvermögen oder einen Kreditbetrag einsetzen muss (vgl.
BGHZ 103, 84, 87) - durch den hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkt zur Spekulation
auf eine günstige, aber ungewisse Entwicklung des Marktpreises in der Zukunft
verleiten, die die Auflösung des Terminengagements ohne Einsatz eigenen Vermögens
und ohne Aufnahme eines förmlichen Kredites durch ein gewinnbringendes
Glattstellungsgeschäft ermöglichen soll (BGHZ 149, 294, 301; 150, 164, 169). Vor
diesem Hintergrund hat sich in Rechtsprechung (BGH, WM 2002, 803; WM 1998, 1281;
KG, WM, 2002, 77 und in Literatur (Dötsch/Kellner, WM, 2001, 1995; Kilgus, WM, 2001,
1325)) eine sogenannte Typuslehre herausgebildet, die es für die Zuordnung eines
Geschäfts zur Kategorie eines Börsentermingeschäftes als maßgeblich ansieht, dass
ein hinausgeschobener Erfüllungszeitraum vorliegt, die Risiken der Hebelwirkung
bestehen (BGHZ 139, 1, 6), die Gefahr des Totalverlustes des angelegten Kapitals
gegeben ist (BGHZ, 150, 164, 169) sowie das Risiko besteht, zusätzliche Geldmittel zur
Erfüllung einer eingegangenen Verbindlichkeit entgegen der ursprünglichen Absicht
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erbringen zu müssen (BGH, WM, 2002, 803). Darüber hinaus ist die jederzeitige
Glattstellungsmöglichkeit ebenfalls typisch für ein Börsentermingeschäft (vgl. BGHZ 92,
317, 320). Von besonderer, maßgeblicher Bedeutung ist nach Rechtsprechung des
BGH, der sich die Kammer anschließt, aber der mit dem Geschäfts verbundene
wirtschaftliche Zweck (BGHZ 133, 200, 206; 139, 1, 7; 150, 164, 171). Insoweit geht es
nämlich darum, solche Geschäfte aus dem Kreis von Börsentermingeschäften
auszuschließen, deren Zweck nicht auf die Termingeschäfte kennzeichnende
Kurssicherung und Gewinnerzielung aus Kursspekulation gerichtet ist (BGHZ, 114, 181;
ZIP, 1994, 1924; WM, 1998, 275; Assmann, ZIP, 2001, 2074). Die herausgehobene
Bedeutung des Merkmals des "wirtschaftlichen Zwecks" bei der Einordnung eines
Geschäftes als Börsentermingeschäft in der Rechtsprechung des BGH zeigt sich dabei
insbesondere in dem Umstand, dass dieser Gesichtspunkt zur Verneinung vor
Börsentermingeschäften führte, obwohl die sonstigen Merkmale von
Börsentermingeschäften durchaus erfüllt waren (vgl. Assmann, ZIP, 2001, Seite 2074).
Auch im Kontext des Stromterminhandels ist die Spekulationabsicht im Sinne eines
wirtschaftlichen Zweckkriteriums zur Abgrenzung Börsentermingeschäfte betreffend seit
langem anerkannt (BGH, WM, 2002, 805; 1998, 1281 WM, 1996, 1620). Sind nach allem
die mit dem fraglichen Geschäft verfolgten wirtschaftlichen Zwecke von besonderer
Bedeutung, sind nach Rechtsprechung des BGH insbesondere die Bedürfnisse des
Anlegers zu berücksichtigen (BGH, WM, 1998, 2332). Der Normzweck der Vorschriften
über Börsentermingeschäfte liegt nämlich im Schutz geschäftlich unerfahrener bzw.
uninformierter Kapitalanleger (Assmann, ZIP, 2001, 2076) in Bezug auf die mit
Börsentermingeschäften verbundenen Anreize und Risiken. Diese bestehen nach der
Vorstellung des Gesetzgebers und der höchstrichterlichen Rechtsprechung aber vor
allem darin, den Anleger vor den Verlockungen zu schützen, die von Termingeschäften
in Waren oder Wertpapieren ausgehen, mit denen beim Einsatz vergleichsweise
geringer Geldmittel hohe Gewinne erzielt werden können. Als typisch für
Termingeschäfte betrachtet die Rechtsprechung dabei das Risiko eines Totalverlustes
des Einsatzes in Verbindung mit der Verlockung, unter verhältnismäßig geringem
Kapitaleinsatz hohe Gewinne erzielen zu können (BGH,WM, 1998, 275; Assmann, ZIP,
2001, 2076).
Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem zwischen den Parteien
geschlossenen Zinsvorvertrag um kein Börsentermingeschäft in Sinne von § 53 BörsG
1999. Dies gilt schon unter Berücksichtigung obiger Typusmerkmale, die zur Bejahung
eines Börsentermingeschäftes zwar nicht stets zwingend vollständig gegeben sein
müssen, jedoch das Erscheinungsbild des Geschäftes als Ganzes zu prägen haben
(Schwark, Kapitalmarkt, Rechtskommentar, 3. Aufl., 2004, § 2 WpHG, Rdnr. 13). So
besteht nach Auffassung des Gerichtes die Gefahr eines Totalverlustes bei dem
streitgegenständlichen Swap-Vertrag, nicht in dem für Termingeschäfte typischen Maße.
Bei Termingeschäften droht ein Totalverlust vor allem aufgrund der begrenzten Laufzeit
dieser Geschäfte (BGHZ, 150, 164, 170; 60, 58, 61). Insbesondere Optionsprämien
können durch bloßen Zeitablauf verfallen (Assmann, ZIP, 2001, 2078). Vorliegend hat
der Beklagte jedoch nur den Festzins aus dem Vertrag zu zahlen. Sein maximales
Risiko ist somit also auf diesen Festzinssatz begrenzt, bezogen auf den jeweiligen, sich
parallel zum Darlehensvertrag reduzierenden Bezugsbetrag aus dem Swap-Vertrag.
Selbst wenn der Index-Zinssatz - ein in der Realität undenkbarer Fall - auf Null fallen
würde, liege das Maximalrisiko des Beklagten daher bei 5,19 % pro Jahr, bezogen auf
den jeweils verbleibenden Bezugsbetrag.
34
Aber auch eine Hebelwirkung im Sinne einer Möglichkeit, mit verhältnismäßig geringem
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Kapitaleinsatz über proportional an auftretenden Preisveränderungen zu patizipieren zu
verneinen ist. Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite kann in diesem
Zusammenhang nicht alleine auf den Zins-Swap-Vertrag abgestellt werden. Es kann
nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass es bei diesem Vertrag nach eigenem
Vorbringen der Beklagtenseite darum ging, dass durch den variablen Zinssatz des
Darlehensvertrages bedingte Zinsrisiko abzusichern, so dass zwischen
Darlehensvertrag und dem Zins-Swap jedenfalls ein tatsächlicher Zusammenhang in
dem Sinne bestand, dass der eine Vertrag die Risiken aus dem anderen Vertrag
minimieren sollte. Dann müssen die beiden Verträge bei der Frage des Hebeleffektes
aber zusammen gesehen werden. Dann ist aber ein Hebeleffekt zu verneinen, da durch
den Zins-Swap gerade sichergestellt war, dass die X GbR unabhängig von der
jeweiligen Zinsentwicklung die gleiche Gesamtbelastung aus Darlehen und Zinssatz zu
tragen hatte. Darauf, dass sich nach Beendigung des Darlehensverhältnisses diese
Situation verändert hat, kann nach Auffassung der Kammer schon deshalb nicht
abgestellt werden, weil alleine die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
maßgeblich sind. Im Übrigen hätte der Beklagte etwa durch Abschluss eines neuen
Darlehensvertrages mit einem variablen Zinssatz die Verbindung zwischen dem Zins-
Swap und einem Darlehen dessen Zinsrisiko durch den Zins-Swap gerade
ausgeschlossen werden soll, wieder herstellen können. Kann nach dem Vorgesagten
aber weder von einer Anreizwirkung durch ein Hebeleffekt noch von einem Risiko des
Totalverlustes die Rede sein, prägen die für ein Börsentermingeschäft typischen
Merkmale den vorliegenden Zins-Swap-Vertrag jedenfalls nicht.
Letztlich kommt es auf die vorstehenden Ausführungen jedoch nicht einmal
entscheidend an.
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Aus dem wirtschaftlichen Zweck des Zins-Swap-Vertrages ergibt sich nämlich, dass es
sich vorliegend um kein Börsentermingeschäft handelt. Während Termingeschäfte
vornehmlich der Kursspekulation und Kurssicherung dienen (BGHZ 114, 177, 181; 150,
164, 171), wenn also das auszugleichende Risiko auf der Wagnis der Kurssicherung
und Kursspekulation fußt (BGH, NJW, 1991, 1967) erstrebten der Beklagte und sein
damaliger Geschäftspartner die Absicherung des Zinsänderungsrisikos aus dem
variablen verzinsten Darlehen. Damit verfolgten sie aber einen für Termingeschäfte
untypischen Zweck, nämlich eine Kapitalbeschaffung abzusichern. Insoweit hat der
BGH in WM 1998, 274 entschieden, dass Währungsoptionsscheine keine
Börsentermingeschäfte seien, da sie wirtschaftlich ein legitimes Instrument zur
Beschaffung von Kapital zu Zinssätzen unter dem Marktzins seien. Auch in WM 1994,
2232 hat der BGH darauf abgestellt, ob Optionsscheine ein Instrument zur Beschaffung
von Fremdmitteln zu einem besonders günstigen Zinssatz sind. Daraus folgt, dass unter
Berücksichtigung des maßgeblichen wirtschaftlichen Zweckes jedenfalls dann kein
Börsentermingeschäft in Rede steht, wenn es um die Kapitalbeschaffung geht (vgl.
Assmann, ZIP, 2001, 2075; Kilgus, WM, 2001, 1325). So liegt der Fall aber gerade hier,
stand der Zins-Swap-Vertrag doch gerade im Zusammenhang mit der
Darlehensgewährung, also einer Kapitalbeschaffung und wurde mit dem Zins-Swap
doch nichts anderes bezweckt, als dass mit dem im Darlehensvertrag vereinbarten
variablen Zinssatz verbundene Risiko auszuschalten. Dann kann der Zins-Swap-
Vertrag bei gebotener tatsächlicher, wirtschaftlicher Betrachtung - auch wenn er dem
Darlehensvertrag zeitlich nachfolgte - als nichts anderes angesehen werden, als ein
Mittel, die mit der Darlehensbeschaffung verbundenen Kosten planbar zu machen. Ein
derartiges Geschäft dient aber genauso wenig der Erzielung von Differenzgewinnen aus
Marktschwankungen, wie ein Geschäft das die Kosten einer Kapitalaufnahme
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reduzieren soll und stellt daher genauso wenig wie ein solches Geschäft (vgl. BGHZ
142, 345, 350 f) ein Börsentermingeschäft dar. Diese Sichtweise wird durch die nach
dem BGH vorzunehmende Berücksichtigung des Schutzbedürfnisses des
Geschäftspartners (WM, 1998, 2332) bestätigt. Während es nämlich bei
Börsentermingeschäften nach den Vorstellungen des Gesetzgebers und der
höchstrichterlichen Rechtsprechung vor allem darum geht, den Anleger vor
Verlockungen zu schützen, die von Termingeschäften in Waren und Wertpapieren
ausgehen, mit denen beim Einsatz vergleichsweise geringer Geldmittel hohe Gewinne
erzielt werden können (vgl. Assmann, ZIP, 2002, Seite 2076) ging es dem Beklagten
vorliegend gerade nicht um solche Verlockungen. Der ausschlaggebende Grund, für ihn
den Zins-Swap-Vertrag abzuschließen bestand gerade nicht darin Gewinne zu erzielen.
Vielmehr war der Swap-Vertrag zur Absicherung des Zinsrisikos gedacht. Ein derartiger
auf Sicherung und bzw. Planbarkeit von Kosten gerichteter Vertrag ist aber gerade
untypisch für Termingeschäfte und lässt sich auch nicht unter den oben skizzierten
Schutzzweck der Vorschriften über Börsentermingeschäfte subsumieren. Dann ergibt
sich aber bereits aus dem wirtschaftlichen Zweck des Vertrages, dass kein
Börsentermingeschäft in Rede steht.
2.
38
Auch der beklagtenseits erhobene Differenzeinwand greift nicht durch.
39
Fraglich ist bereits, ob die Vorschrift des § 764 BGB a.F. überhaupt anwendbar ist, steht
bei dem Zins-Swap-Vertrag doch ein Dauerschuldverhältnis in Rede, auf das gemäß
Art. 229 EGBGB § 5 Satz 2 ab dem 01.01.2003 das neue Schuldrecht das die
ursprüngliche Regelung in § 764 BGB nicht mehr vorsieht anwendbar ist. Jedenfalls
steht aber kein Differenzgeschäft in Rede. Hierunter fallen nämlich keine wirtschaftlich
berechtigten Geschäfte (BGHZ 105, 263). Um ein solches Geschäft handelt es sich,
angesichts seiner oben beschriebenen Zwecksetzung aber gerade.
40
3.
41
Der Vertrag ist auch im hier maßgeblichen Zeitpunkt nicht wirksam gekündigt worden.
Es fehlt bereits an einer ausreichenden Kündigungserklärung. Die in diesem
Zusammenhang vorgetragenen Zahlungsverweigerungen im November 2002 bzw. im
Mai 2004 reichen nicht. Abgesehen davon, dass Zahlungsverweigerungen viele
Ursachen haben können und sich dem Beklagtenvorbringen auch nicht entnehmen
lässt, welchen Inhalt die Zahlungsverweigerungen genau gehabt haben, hätte auch ein
etwaiges Berufen auf eine fehlerhafte Beratung in diesem Zusammenhang nicht
ausgereicht, könnte dieses Berufen doch auch der Realisierung eines
Schadensersatzanspruches, gerichtet auf Vertragsaufhebung, dienen und wäre daher
nicht in ausreichender Weise eindeutig (vgl. für den Fall der Rücknahme einer
gelieferten Sache auch BGH, NJW, 1988, 2877). Die Frage ob ein Kündigungsgrund
gemäß § 313 BGB bzw. § 314 BGB vorliegt, kann daher auf sich beruhen.
42
4.
43
Dem Beklagten steht gegen die Klägerin auch kein Schadenersatzanspruch, gerichtet
auf Aufhebung des Vertrages wegen Falschberatung, den er der Klageforderung
entgegenhalten könnte gemäß den §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB zu.
Diese Vorschriften sind gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB anwendbar.
44
Insoweit kann dahin stehen, ob Frau X Aufklärungs- bzw. Beratungspflichten verletzt
hat. Rechtsfolge einer fehlerhaften Beratung wäre nämlich lediglich, dass der Beklagte
so gestellt werden müsste, als wenn richtig beraten worden wäre (vgl.
Schimansky/Bunte/Lwowski, Bank, Rechtshandbuch III, § 11 2 Rdn. 62). Dann hätte
Frau Barbic nach eigenem Beklagtenvorbringen aber einen Zins-Swap-Vertrag
vorschlagen müssen. Daraus folgt, dass im Falle einer fehlerhaften Beratung der
Beklagte nur so zu stellen wäre, wie wenn ein Zins-Swap-Vertrag geschlossen worden
wäre. Dann muss aber ein Schadenersatzanspruch gerichtet auf Aufhebung des
Vertrages ausscheiden.
45
Es kann dahinstehen, ob etwas anderes gelten würde, wenn der vom Beklagten
beabsichtigte Zweck durch den Zins-Swap überhaupt nicht zu erreichen gewesen wäre
(vgl. BGHZ, 115, 221; OLG Nürnberg, NJW-RR 94, 1515). So liegt der Fall hier nämlich
nicht. Dass nämlich der geschlossene Zins-Swap-Vertrag gemessen am Ziel des
Beklagten das Risiko von Zinsschwankungen auszuschließen ungeeignet war, ist nicht
ersichtlich. Immerhin trägt der abgeschlossene Zins-Swap-Vertrag dem Wunsch nach
Absicherung des Zinsrisikos doch dadurch Rechnung, dass die Zahlungsverpflichtung
des Beklagten an einen festen Zinssatz aus dem Bezugsbetrag geknüpft war, während
die Zahlungsverpflichtung der Klägerin von einem variablen Zinssatz entsprechend der
Zinsentwicklung am Kapitalmarkt abhing. Damit war aber der Beklagte gegen steigende
Zinsen dergestalt abgesichert, dass er bei steigenden Darlehenszinsen Zahlungen von
der Beklagten aus dem Zins-Swap-Geschäft erhalten konnte, die er zur Tilgung der
Darlehenszinsen einsetzen konnte. Umgekehrt ergab sich bei sinkenden
Kapitalmarktzinsen zwar eine Zahlungsverpflichtung aus dem Zins-Swap-Vertrag,
allerdings steht dieser auch eine niedrigere Zinsbelastung aus dem Darlehensvertrag
gegenüber.
46
III.
47
Die Zinsentscheidung folgt aus den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 288 Abs. 1
BGB i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB. Die Fälligkeitstage für die Zahlungen aus dem
Zins-Swap-Vertrag sind kalendermäßig bestimmt, so dass eine Verzugs begründende
Mahnung gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB n.F. entbehrlich war.
48
IV.
49
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
50
Maßgeblicher Streitwert: 133.056,02 €
51