Urteil des LG Krefeld vom 25.10.2007

LG Krefeld: treu und glauben, verjährung, datum, abrechnung, mahnkosten, vergütung, verwirkung, fälligkeit, klageänderung, mahnung

Landgericht Krefeld, 3 S 23/07
Datum:
25.10.2007
Gericht:
Landgericht Krefeld
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 S 23/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Nettetal, 19 C 31/97
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts
Nettetal vom 06.06.2007 (Az.: 19 C 31/07) teilweise abgeändert und zur
Klarstellung wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an die
Kläger 631,25 EUR nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 01.05.2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage
abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
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I.
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Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug
genommen.
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Gegen dieses Urteil, das am 08.06.2007 zugestellt worden ist, hat der Beklagte mit
einem am 26.06.2007 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit
einem weiteren am 20.07.2007 eingegangenen Schriftsatz begründet.
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In der Berufungsbegründungsschrift wiederholt der Beklagte seinen Vortrag aus der
ersten Instanz. Er ist der Auffassung, die erbrachten Leistungen seien jedenfalls verjährt.
Der Anspruch, der sich aus Dienstvertragsrecht ergebe, sei bereits zum 31.12.2005
verjährt gewesen, da für die Berechnung der Verjährung der letzte Tag der
Leistungserbringung maßgebend sei. Der Tag der Rechnungsstellung sei in diesem
Zusammenhang ohne Bedeutung. Die Klägerseite könne sich nicht auf § 12 GOÄ
berufen, da die Rechnung keinen Hinweis auf eine Abrechnung "nach GOÄ" enthalte.
Selbst wenn eine Abrechnung nach GOÄ erfolgt wäre, wäre diese nicht fällig. Darüber
hinaus sei der Anspruch aufgrund des Zeitablaufs zwischen Rechnungserstellung,
Mahnung und erneuter Abrechnung auch verwirkt.
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Der Beklagte meint, das Amtsgericht hätte die Klage bereits wegen fehlender
Aktivlegitimation als unbegründet abweisen müssen. Die erst im Urteil durch das
Amtsgericht vorgenommene Rubrumsberichtigung sei zu Unrecht erfolgt, da in dem
Antrag der Klägerseite auf Ergänzung des Rubrums um den Zusatz "der in Gesellschaft
bürgerlichen Rechts handelnden Ärzte" tatsächlich eine unzulässige Klageänderung
gelegen habe.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Amtsgerichts Nettetal vom 06.06.2007 abzuändern und die
Klage abzuweisen.
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Die Kläger treten dem Vorbringen des Beklagten entgegen und beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und
zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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II.
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Die zulässige Berufung ist begründet, soweit sie sich gegen die vom Amtsgericht
zuerkannten Mahnkosten sowie einen Teil der Zinsforderung richtet und hat im Übrigen
keinen Erfolg.
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1. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die seitens der Kläger erhobene Klage
nicht etwa mangels Prozessführungsbefugnis unzulässig. Die Kläger, die eine
Gemeinschaftspraxis betreiben, machen den hier in Rede stehenden Honoraranspruch,
wie der Schriftsatz des Klägervertreters vom 05.04.2007 zeigt, in rechtlich nicht zu
beanstandender Weise im Namen der von ihnen gebildeten Gesellschaft bürgerlichen
Rechts geltend. Das ist zulässig. Die Voraussetzungen der gewillkürten
Prozessstandschaft liegen vor. Auch eine Klageänderung im Sinne eines
Parteiwechsels ist darin, worauf bereits das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat,
nicht zu sehen.
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2. Die Klage ist mit Ausnahme der Mahnkosten und eines Teils der Verzugszinsen
begründet.
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a) Das Amtsgericht Nettetal hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht zur Zahlung der
ihm in Rechnung gestellten ärztlichen Leistungen in Höhe von 631,25 EUR verurteilt.
Die von der Berufung dagegen vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch. Den
Klägern steht aufgrund des mit dem Beklagten bestehenden Behandlungsvertrages
gem. §§ 611 Abs. 1, 612 Abs. 2 BGB die geltend gemachte Vergütung für die erbrachten
Leistungen zu.
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Entgegen der Auffassung des Beklagten ist der Honoraranspruch der Kläger nicht
verjährt. Aufgrund der Vorschriften der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjähren Ansprüche auf
Zahlung von Arzthonorar in drei Jahren mit dem Schluss des Jahres, in dem der
Anspruch entstanden ist. Wie noch im Folgenden auszuführen sein wird, ist der
Anspruch der Kläger gem. § 12 GOÄ mit Rechnungserteilung am 09.03.2003
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entstanden mit der Folge, dass Verjährung erst zum Schluss des Jahres 2006 hätte
eintreten können. Der am 23.12.2006 beantragte Mahnbescheid hat die zum 31.12.2006
drohende Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 gehemmt. Dass der Mahnbescheid erst
am 09.01.2007 zugestellt wurde, ändert daran nichts, da die Zustellung "demnächst"
erfolgte, § 167 ZPO und somit das Datum der Beantragung des Mahnbescheids, also
der 23.12.2006, für die Fristberechnung maßgebend war.
Anders, als der Beklagte meint, begann die Verjährung des Honoraranspruchs erst mit
Rechnungserteilung am 09.03.2003 zu laufen. Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die
Verjährung eines Anspruchs mit seiner Entstehung, d.h. grundsätzlich dann, wenn er
von dem Gläubiger geltend gemacht werden kann. Dieser Zeitpunkt ist, soweit es um
Honoraransprüche von Ärzten geht, mit dem Eintritt der Fälligkeit gleichzusetzen (vgl.
BGH, Urt. vom 21.12.2006, III ZR 117/06, zit. nach juris; OLG Düsseldorf, Urt. vom
09.07.1992, 8 U 111/91). Das ärztliche Honorar ist mit Erteilung der Rechnung am
09.03.2003 fällig geworden. Nach § 12 GOÄ wird die Vergütung fällig, wenn dem
Zahlungspflichtigen eine der GOÄ entsprechende Rechnung erteilt worden ist.
Entgegen der Auffassung des Beklagten genügt die Rechnung vom 09.03.2003 den
Anforderungen der GOÄ. Fälligkeit tritt nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs nämlich bereits dann ein, wenn eine Rechnung erteilt wird, die die
formellen Voraussetzungen des §§ 12 Abs. 2 bis 4 GOÄ erfüllt (vgl. BGH, Urt. vom
21.12.2006, III ZR 117/06, aaO). Hierzu gehört insbesondere das Datum der Erbringung
der Leistung, die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistungen, deren Zuordnung
zu einer bestimmten Gebührennummer sowie der jeweilige Betrag und der
Steigerungssatz. Diesen Anforderungen wird die Rechnung vom 09.03.2003 gerecht.
Die Rechnung gibt für jede einzelne Behandlung jeweils Datum, Bezeichnung der
jeweils erbrachten Leistung, die Gebührennummer, den Betrag und den
Steigerungssatz an. Soweit der Beklagte beanstandet, aus der Rechnung als solcher
sei für ihn nicht erkennbar gewesen, dass die Leistungen nach der GOÄ abgerechnet
worden seien, so greift diese Einwendung nicht durch. Nach § 12 Abs. 2 bis 4 GOÄ
gehört die Angabe, dass auf der Grundlage der Gebührenordnung für Ärzte abgerechnet
wurde, nicht zu den notwendigen Mindestangaben, die nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs vorliegen müssen, um die Vergütung fällig werden zu lassen.
Zudem hat bereits das Amtsgericht Nettetal zutreffend ausgeführt, dass die Ziffern in der
Abrechnung exakt dem Leistungskatalog der GOÄ entsprechen, so dass der Zweck der
Regelung des § 12 GOÄ, dem Zahlungspflichtigen eine Grundlage für eine Überprüfung
der in Rechnung gestellten Leistungen zu geben (vgl. BGH, Urt. vom 21.12.2006, aaO),
auch ohne die Angabe "nach GOÄ" erfüllt ist.
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Der Anspruch auf das geltend gemachte Honorar ist auch nicht etwa verwirkt. Die
Voraussetzungen für die Annahme einer Verwirkung des Vergütungsanspruchs der
Kläger sind auf der Grundlage des Vortrags des Beklagten nicht festzustellen. Für die
Annahme einer Verwirkung wäre erforderlich gewesen, dass seit der Möglichkeit, das
Recht geltend zu machen, eine längere Zeit verstrichen ist ("Zeitmoment") und der
Verpflichtete sich aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet hat,
dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass infolge des geschaffenen
Vertrauenstatbestands ("Umstandsmoment") die verspätete Geltendmachung des
Rechts als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheint (vgl. Heinrichs, in:
Palandt, BGB, 66. Aufl. 2007, § 242 Rdn. 93 und 95). Es kann zwar nicht abstrakt
festgelegt werden, welche Zeitspanne bereits ausreichend ist, um in den Bereich der
Verwirkung zu gelangen. Dies kann hier letztlich jedoch offen bleiben. Denn der
Beklagte hat bereits keinerlei Umstände dargetan, die die Annahme rechtfertigen
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würden, er habe sich in irgendeiner Weise darauf eingerichtet, dass die Kläger ihre
Rechnung vom 09.03.2003 nicht mehr durchsetzen würden.
b) Hinsichtlich der vorgerichtlichen Mahnkosten in Höhe von 9,00 EUR hat die Berufung
Erfolg. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass den Klägern Mahnkosten in der
vorgenannten Höhe entstanden sind. Auch im Hinblick auf die Verzugszinsen ist das
angefochtene Urteil teilweise abzuändern. Den Klägern stehen erst ab dem 01.05.2003
Verzugszinsen gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 2, 288 Abs. 1 BGB zu. Der
Beklagte gelangte spätestens nach Ablauf von 30 Tagen ab dem Monatsersten des auf
die Rechnung folgenden Kalendermonats in Verzug. Dies ergibt sich aus dem
rückseitigen Hinweis auf der Rechnung vom 09.03.2003. Dort ist bestimmt, dass die
Rechnung ab dem 1. des auf das Rechnungsdatum folgenden Kalendermonats fällig
wird mit einer Frist von 30 Tagen. Einer Mahnung bedurfte es insoweit nicht, da sich die
Leistungszeit aufgrund des gegebenen Hinweises auf der Rechnung eindeutig
berechnen ließ, was für § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB genügt.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Streitwert: 631,25 EUR
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