Urteil des LG Köln vom 08.01.2007

LG Köln: berufsunfähigkeit, zusatzversicherung, fälligkeit, bruttoeinkommen, mitwirkungspflicht, eng, anwaltskosten, vollstreckbarkeit, unverzüglich, innenausbau

Landgericht Köln, 26 O 129/06
Datum:
08.01.2007
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
26. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
26 O 129/06
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
T A T B E S T A N D:
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Der am 21.11.1950 geborene Kläger macht Ansprüche in bezug auf eine bei der
Beklagten unterhaltene Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung geltend. Der
Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung liegen u.a. die Bedingungen für
Berufunfähigkeits-Zusatzversicherungen Fassung 02190/12/90 (Bl. 60 a ff. d.A.),
zugrunde, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Der Kläger hatte ab
August 1989 einen Betrieb mit dem Tätigkeitsfeld Innenausbau. Er beantragte mit am
5.9.2005 eingegangenem Antrag (Bl. 24 ff. d.A.), auf den wegen der Einzelheiten Bezug
genommen wird, bei der Beklagten Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-
Zusatzversicherung. Zwischen den Parteien erfolgte daraufhin u.a. ein Schriftwechsel
gemäß den vorgelegten Anlagen B 3 bis B 8 und K 9, K 10 (Bl. 63 bis 75, Bl. 86-90 d.A.),
mit dem die Beklagte von dem Kläger ergänzende Angaben zu der zuletzt in gesunden
Tagen ausgeübten Tätigkeit sowie die Vorlage bestimmter im einzelnen aufgeführter
Geschäftsunterlagen nebst Einkommenssteuerbescheiden verlangte, auf den wegen
aller Einzelheiten Bezug genommen wird. Die Beklagte blieb letztlich dabei, dass der
Kläger im Rahmen der Leistungsprüfung seinen Mitwirkungspflichten gemäß § 4 BBUZ
nicht hinreichend nachgekommen sei und stellte daraufhin die Leistungsprüfung ein.
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Der Kläger trägt vor, er sei seit dem 3.4.2004 arbeitsunfähig krank geschrieben. Daraus
folge eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit wegen der Erkrankungen, die sich aus
dem mit der Klage vorgelegten Gutachten Dr. X ergäben.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen,
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1. an den Kläger 16.878,12 € nebst Zinsen in Höhe von 18 % seit dem 1.1.2006 zu
zahlen;
2. an den Kläger weitere 5.600,00 € nebst Zinsen in Höhe von 18 % seit dem
1.1.2006 zu zahlen;
3. an den Kläger mit Wirkung ab dem 1.4.2006 bis zum Ablauf der Versicherung am
1.4.2011 eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von jährlich 28.933,95 € zahlbar
jeweils vierteljährlich im voraus ab dem 1.4.2006 zu zahlen zzgl. einem jährlichen
Erhöhungsprozentsatz von 5 % zu zahlen sowie den Kläger mit Wirkung ab April
2006 eine monatliche Beitragsbefreiung in Höhe von jeweils 840,00 € zu
gewähren;
4. dem Kläger vorgerichtliche Kosten in Höhe von 1.264,75 € zu erstatten.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte macht geltend, die Klage sei jedenfalls derzeit unbegründet. Sie beruft
sich insoweit auf fehlende Fälligkeit nach § 11 VVG. Dazu trägt sie vor, die Grundlagen
in beruflicher und betrieblicher Hinsicht hätten aufgrund fehlender Mitwirkung des
Klägers im Rahmen der Leistungsprüfung nicht hinreichend geklärt werden können, so
dass mangels hinreichender Vorgaben ein medizinisches Sachverständigengutachten
nicht habe in Auftrag gegeben werden können. Weder Vorgaben zur konkreten Tätigkeit
des Klägers noch zu sämtlichen Aspekten betrieblicher Umorganisation, und zwar
sowohl in bezug auf die betrieblichen Abläufe in tätigkeitsbezogener Hinsicht als auch
in aufwandsbezogener Hinsicht hätten mangels hinreichender Angaben des Klägers
einem Gutachter vorgegeben werden können. Insbesondere hätte der Kläger auch die
Fragen der Beklagten nach dem Bruttoeinkommen der letzten 5 Jahre und zum
Betriebsumsatz beantworten müssen, was er jedoch nicht getan habe. Äußerst
hilfsweise beruft sich die Beklagte auf Leistungsfreiheit nach §§ 4, 8 BB-BUZ wegen
Verletzung der Mitwirkungsobliegenheit.
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Ergänzend wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst
vorgelegter Unterlagen Bezug genommen.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
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Die Klage ist unbegründet.
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Die Klage ist, wie die Beklagte zu Recht geltend macht, mit Rücksicht auf § 11 VVG
wegen fehlender Fälligkeit der geltend gemachten Leistungsansprüche als jedenfalls
derzeit unbegründet abzuweisen, weil das Leistungsprüfungsverfahren wegen des
Verhaltens des Klägers nicht zu Ende geführt werden konnte.
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Dabei bedarf es für die vorliegende Entscheidung keiner weiteren Ausführungen dazu,
ob der Kläger durch Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom
23.11.2005 (Bl. 88 ff. d.A.) hinreichende Angaben zu der von ihm zuletzt in gesunden
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Tagen ausgeübten Berufstätigkeit selbst gemacht hat oder nicht.
Denn der Kläger hat beginnend mit seinem Antrag auf Leistungen wegen
Berufsunfähigkeit (Bl. 24 ff. d.A), dort S. 4 und 5 (Bl. 27, 28 d.A.) die geforderten
Angaben zu dem Umsatz seines Betriebes und seinem jährlichen Bruttoeinkommen
nicht gemacht. Trotz wiederholter konkreter Schreiben der Beklagten auch zu diesen
Punkten hat er dazu auch nachfolgend keine Angaben gemacht, sondern diese
ausdrücklich verweigert (vgl. z.B. Schreiben vom 29.9.2005 = Bl. 63 a d.A.).
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Soweit dies deshalb erfolgt ist, weil der Kläger der Ansicht ist, daß er nicht mit Rücksicht
auf § 4 Abs. 1 d) BB-BUZ (Bl. 60 a d.A.) zur Erteilung solcher Auskünfte verpflichtet
gewesen sei, kann dem nach Auffassung des Gerichts nicht gefolgt werden.
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Gemäß § 4 Abs. 1 d) BB-BUZ sind unverzüglich Unterlagen über den Beruf des
Versicherten, dessen Stellung und Tätigkeit im Zeitpunkt des Eintritts der
Berufsunfähigkeit sowie über Veränderungen vorzulegen.
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Gerade bei einem Selbständigen wie dem Kläger ist zunächst ein substantiierter Vortrag
des Versicherungsnehmers zu der konkreten zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten
beruflichen Tätigkeit erforderlich, der auch die Möglichkeit der Prüfung etwaiger
Umorganisationsmöglichkeiten umfaßt. Dazu gehört auch die von der Beklagten hier
geforderte Vorlage betriebswirtschaftlicher Unterlagen.
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Daß § 4 Abs. 1 d) BB-BUZ diese Unterlagen nicht ausdrücklich aufführt, steht der
Beurteilung hinsichtlich einer entsprechenden Mitwirkungspflicht des Klägers nicht
entgegen. Es genügt vielmehr, daß diese jedenfalls von dem Sinn dieser Regelung
erkennbar erfaßt wird.
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Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 4 Abs. 1 d) BB-BUZ bestehen auch unter
Berücksichtigung von § 305 c und § 307 BGB für das Gericht nicht. Insbesondere ändert
auch die bereits in der mündlichen Verhandlung angesprochene und nun vom Kläger
ausführlich herangezogene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom
23.10.2006 an dieser Beurteilung nichts. Daß durch § 4 Abs. 1 d) BB-BUZ oder die
vorstehende Auslegung in das verfassungsrechtlich geschützte Recht des Klägers auf
informationelle Selbstbestimmung eingegriffen würde, kann nicht festgestellt werden. Es
wird von dem Kläger nur die Vorlage bestimmter konkret bezeichneter Unterlagen für
einen relativ eng begrenzten und durch die vorzunehmende sachliche Prüfung der
Ansprüche des Klägers durch die Beklagte bedingten Zeitraum verlangt.
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Auf den Vortrag des Klägers im vorliegenden Rechtsstreit zu erzielten Umsätzen und
Erlösen nebst Beweisantritt auf Vernehmung des Zeugen T (Bl. 5 d.A.) kommt es
dagegen für die Entscheidung überhaupt nicht an.
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Ganz abgesehen davon, dass bereits der diesbezügliche Vortrag des Klägers auch
unsubstantiiert ist, war es nach dem Vorstehenden Sache des Klägers, rechtzeitig im
Leistungsprüfungsverfahren die geforderten Angaben gegenüber der Beklagten zu
machen. Da dies nicht erfolgt ist, ist die Klage allein deshalb mit Rücksicht auf § 11 VVG
wegen fehlender Fälligkeit unbegründet und könnten auch etwaige hinreichende
Angaben den Klägers in dem vorliegenden Rechtsstreit an dieser Beurteilung nichts
mehr ändern.
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Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben vom 8.9.2005 (Bl. 63 d.A.), 6.10.2005 (Bl. 65
d.A.), 31.10.2005 (Bl. 72 f. d.A.), 12.12.2005 (Bl. 74 d.A.) und 21.2.2006 (Bl. 75 d.A.)
auch nicht nur zur Vorlage konkret bezeichneter Unterlagen aufgefordert, sondern den
Kläger auch hinsichtlich der Folgen der Nichtvorlage der Unterlagen wiederholt
unmissverständlich belehrt.
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Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, daß der Kläger auch nicht gemäß § 286
BGB den geltend gemachten Ersatz vorprozessualer Anwaltskosten oder die Zahlung
von Zinsen verlangen kann.
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Es bestand kein Anlaß, auf die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Klägers vom
29.11.2006 und 12.12.2006 die prozeßordnungsgemäß geschlossene mündliche
Verhandlung wieder zu eröffnen. Der damit geänderte Zinsantrag konnte danach bei der
Darstellung keine Berücksichtigung mehr finden .
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Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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