Urteil des LG Köln vom 13.11.2008

LG Köln: einheit, einstweilige verfügung, miteigentumsanteil, mieter, miteigentümer, grundbuch, sicherheitsleistung, inhaber, herausgabe, treppenhaus

Landgericht Köln, 29 S 65/08
Datum:
13.11.2008
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
29. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
29 S 65/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Aachen, 86 C 12/08
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Aachen
vom 26.06.2008 – 86 C 12/08 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der Kläger und die Beklagten sind im Grundbuch der Wohnungseigentumsanlage X-
Straße in Aachen als Eigentümer eingetragen. Der Kläger ist im Grundbuch eingetragen
als Eigentümer der Eigentumseinheit Nr. 50.
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Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Ungültigkeitserklärung von 2 Beschlüssen (TOP
4 und 5) der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 28.1.2008.
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Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus einem 14- stöckigen Hochhaus mit 50
Eigentumseinheiten. Der Kläger erwarb im Jahre 1997 von einer Gruppe von
Wohnungseigentümern die Einheit Nr. 50. Diese Einheit Nr. 50 war zu der Zeit unbebaut
und bestand aus einem so genannten Luftgeschoss, also dem nicht bebauten
Erdgeschoss des insoweit in diesem Bereich praktisch auf Stelzen stehenden
Hochhauses. Lediglich der Aufzugschacht in das Treppenhaus war in diesem Bereich
vorhanden in der Form eines Eingangsbereichs des Hauses. Das Gebäude der
Eigentumsanlage war nach Erstellung der notariellen Teilungserklärung vom 17. 7.1968
errichtet worden. Gemäß dieser notariellen Teilungserklärung sollte die Einheit Nr. 50
bestehen aus den im Aufteilungsplan mit 50 bezeichneten Läden, Büroetagen und
Sammelgarage mit 28 Einstellplätzen. Eine genaue Aufteilung der
Teileigentumsrechten sollte später folgen, diese wurde aber nie vorgenommen. Die
außerdem der Einheit Nr. 50 zugeordneten Läden auf einer Fläche neben dem
Hochhaus wurden ebensowenig errichtet wie die in der Teilungserklärung erwähnte
Sammelgarage. Nach der notariellen Teilungserklärung sind der Einheit 50 2120/10.000
Miteigentumsanteile zugeordnet. Im Jahre 2000/2001 errichtete der Kläger in dem so
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genannten Luftgeschoss 2 Wohneinheiten und eine Büroeinheit, welche zur Zeit als
Wohnung genutzt wird.
Die Parteien streiten in einem anderen Verfahren, dem so genannten Rückbauverfahren
(12 UR II98/04 WEG AG Aachen = 2 T 164/05 LG Aachen= Wx 212/06 OLG Köln)
darüber, ob bzw. in welchem Umfang der Kläger verpflichtet ist, den von ihm
vorgenommenen Ausbau im Bereich des Luftgeschosses zurückzubauen. Durch
Beschluss vom 3.9.2007 hat das OLG Köln das Verfahren an das Landgericht Aachen
zurückverwiesen. Zugleich hat es festgestellt, dass der Kläger nicht Sondereigentümer
der Einheit Nr. 50 geworden sei, sondern nur einen isolierten, nicht mit Sondereigentum
verbundenen Miteigentumsanteil bezüglich dieser Einheit erworben habe, und zwar weil
eine gesetzlich erforderliche Trennung zwischen Gemeinschaftseigentum und
Sondereigentum mit genauer Festlegung der Grenzen des Sondereigentum der Einheit
nicht erfolgt sei beziehungsweise nicht vorliege, insbesondere wegen Unklarheiten
darüber in dem Aufteilungsplan der notariellen Teilungserklärung. Weiter führt das OLG
Köln aus, dass die Miteigentümer aufgrund des Gemeinschaftsverhältnisses verpflichtet
seien, "den Gründungsakt so zu ändern, dass der Sondereigentum mit
Eigentumsanteilen nicht weiter bestehen bleibe", wobei die Miteigentümer gehalten
sein, "ihre Vereinbarung der veränderten Lage anzupassen und eine angemessene
Lösung zu finden".
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Zwischen den Parteien waren weitere Rechtsstreitigkeiten anhängig. So war der Kläger
des vorliegenden Verfahrens durch Beschluss vom 31.10.2007 in dem Verfahren 12
II75/07 AG Aachen verpflichtet worden, unter anderem 21.200,00 € an die
Wohnungseigentümergemeinschaft zu zahlen, wobei die Zahlungsverpflichtung für die
Wohnungseigentümergemeinschaft gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent
für vorläufig vollstreckbar erklärt wurde.
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Die außerordentliche Eigentümerversammlung vom 28. 01.2008, deren Beschlüsse
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites sind, befasste sich sowohl mit den Folgen
des Beschlusses des Oberlandesgerichts Köln vom 03.09.2007 (TOP 4) als auch mit
der Zwangsvollstreckung aus dem Zahlungstitel des Amtsgerichts Aachen (TOP 5).
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Zu Tagesordnungspunkt 4 wurde ausweislich des Protokolls folgender Beschluss zur
Abstimmung gebracht und mehrheitlich genehmigt:
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"Die Wohnungseigentümerversammlung beschließt die Beauftragung des
Rechtsanwaltes Herrn Dr. T, alle möglichen Schritte zu unternehmen, damit die
Schlussfolgerung aus dem Gerichtsurteil 16 W X.212/06 gezogen wird, insbesondere
Geltendmachung der Mietansprüche gegenüber den derzeitigen und zukünftigen
Nutzern. "
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Zu Tagesordnungspunkt 5 wurde mehrheitlich beschlossen:
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"Die Wohnungseigentümerversammlung beschließt, die Bildung einer Sonderumlage in
Höhe von 25.000 € für die Sicherheitsleistung der Zwangsvollstreckung aus dem
Gerichtsurteil vom 31.10.2007. Die Sonderumlage wird nach Miteigentumsanteilen
(MEA) gemäß der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts Aachen auf die
Eigentümer verteilt. Die Sonderumlage ist zum 03.03.2008 fällig. Ein eventueller
Fehlbetrag wird dem laufenden Konto entnommen."
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Nachdem bereits im Februar 2008 durch den Rechtsanwalt der Beklagten Ansprüche
gegenüber den Mietern des Klägers geltend gemacht wurden, hat das Amtsgericht
Aachen zu Gunsten des Klägers im Eilverfahren eine einstweilige Verfügung (AG
Aachen 86 C 11/08) erlassen.
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Das Amtsgericht Aachen ist in seiner angefochtenen Entscheidung im
Hauptsacheverfahren durch Beschluss vom 25.6.2008 dem Antrag des Klägers gefolgt,
und hat die Beschlüsse zu TOP 4 und TOP 5 der Eigentümerversammlung vom
28.01.2008 für ungültig erklärt.
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Zu TOP 4 hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Beschluss unzulässigerweise im
Nutzungsrechte des Klägers aus seinem isolierten Miteigentumsanteil eingreife und die
angeblichen Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber den Mietern
der Eigentumseinheit Nr. 50 in höchstem Maße zweifelhaft seien. Dabei geht das
Amtsgericht davon aus dass, jedenfalls dann, wenn wie hier der im Inhaber des
isolierten Miteigentumsanteils in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 WEG.
anteilig die Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums auferlegt werden, er
auch die Nutzungen allein ziehen dürfe aus der Einheit, die ihm noch nicht gehöre.
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Zu TOP 5 hat das Amtsgericht den Beschluss für rechtswidrig erklärt, weil er den Kläger
als Vollstreckungsschuldner aus dem vorangegangenen Gerichtsverfahren von der
Bildung der Sonderumlage nicht ausnehme. Für die weiteren Einzelheiten wird auf das
amtsgerichtliche Urteil verwiesen.
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Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung.
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Sie tragen vor, das Amtsgericht habe bereits im Tatbestand nicht berücksichtigt, dass
zwischenzeitlich ein Widerspruch gegen das Sondereigentum des Klägers im
Grundbuch eingetragen worden sei.
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Die Klage hätte bereits deshalb abgewiesen werden müssen, weil die vom Kläger
vorgelegte Liste der Wohnungseigentümer 4 Jahre alt sei und damit veraltet.
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Zu TOP 4:
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Die Beklagten sind der Ansicht, dass das Amtsgericht im Anfechtungsverfahren die
Berechtigung des mit dem Beschluss verfolgten Anspruches nicht hätte prüfen dürfen.
Dies ergebe sich aus der Entscheidung KG ZMR 1997, 318.
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Keinesfalls sei dieser Anspruch offenkundig unhaltbar, vielmehr sei niemand in
Rechtsprechung und Literatur der Auffassung, dass dem isolierten
Wohnungseigentümers Nutzungsrechte zustehen. Vielmehr fehle dem isolierten
Miteigentumsanteil gerade das Sondereigentum. Damit sei an den Einheiten
Gemeinschaftseigentum entstanden. Die Nutzungsrechte stünden deshalb gemäß § 16
Abs. 1 WEG der Gemeinschaft zu. Dies ergebe sich zum einen aus dem Urteil BGH
NJW 1990,447, insbesondere aber auch aus dem Beschluss des OLG Köln ZMR
2004,623.
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Auch folge das Nutzungsrecht nicht zwingend als Umkehrschluss aus der
Kostentragungspflicht des isolierten Miteigentümers. Im übrigen könne im vorliegenden
Fall nicht geklärt werden, welche Nutzung eigentlich genau dem Kläger zustehen solle.
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Insbesondere sei der isolierte Miteigentumsanteil vorliegend auch deshalb begründet
worden, weil gegen § 5 Abs. 2 WEG verstoßen worden sei durch Einbeziehung von
Teilflächen, die in dem Plan zwingend als Gemeinschaftseigentum angesehen werden
z.B. Treppenhaus.
Zu TOP 5
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Hierzu vertreten die Beklagten die Auffassung, dass das Wohngeldverfahren nicht zu
den Verfahren gemäß § 16 Abs. 8 WEG neuer Fassung gehöre. Die Beteiligung des
Klägers an der Sonderumlage sei rechtmäßig. Dies ergebe sich auch aus dem
Beschluss des bayerischen Obersten Landesgerichts vom 29.04. 2 ZR 04/04 (BayOblG
NZM 2001,766).
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Die Beklagten beantragen,
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unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Aachen vom 25.06.2008- 86 C
12/08-die Klage abzuweisen,
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hilfsweise
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die Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen wegen grundsätzlicher
Bedeutung,
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äußerst hilfsweise die Revision zuzulassen wegen Abweichung zu KG ZMR 1997,
318, BayOblG NZM 2001,766 und /oder OLG Köln ZMR 2004,623.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Kläger ist der Ansicht, dass die Berufungsbegründung zu TOP 5 im Hinblick auf
§520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht ausreichend sei.
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Zu TOP 4 ist der Kläger der Ansicht, ihm stehe ein Anfechtungsrecht zu, da nicht darauf
verwiesen könne, dass der betroffene Mieter sich im Falle seiner originären
Inanspruchnahme gerichtlich wehren könne. Durch den Beschluss werde er selbst in
seinem Miteigentum betroffen. Auch sei die Frage, ob der isolierte Miteigentümer
Nutzungen ziehen dürfe, entgegen der Ansicht der Beklagten bisher höchstrichterlich
nicht geklärt. Dem Amtsgericht sei zuzustimmen, dass nicht einsehbar sei, warum er
einerseits die Nutzungen tragen solle, andererseits aber nicht die Früchte ziehen dürfe.
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Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen
verwiesen.
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Die Akten des einstweiligen Verfügungsverfahrens AG Aachen 86 C 11/08- LG Köln 29
O 36/08 waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Dieses Verfahren ist
inzwischen im Hinblick auf die Entscheidung im hiesigen Hauptsacheverfahren erledigt
und wurde durch Rücknahme der Berufung beendet.
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.
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Entscheidungsgründe
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1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt.
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Die Berufung auch nicht wegen Verstoßes gegen § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO wegen
unzureichender Berufungsbegründung unzulässig. Anders als in dem vom Kläger
herangezogenen Fall des BGH NJW 2000, 1576, in dem nicht erkennbar war, was der
Berufungskläger angreifen wollte, ist die Berufungsbegründung vorliegend ausreichend.
Sie lässt insbesondere auch zu TOP 5 eine Auseinandersetzung mit dem Urteil des
Amtsgerichts erkennen, insoweit als die Beklagten TOP 5 für rechtmäßig halten, weil
§16 Abs. 8 WEG entgegen der Auffassung des Amtsgerichts nicht anwendbar sei.
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2. Die Berufung hat in der Sache allerdings keinen Erfolg.
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Soweit die Beklagten sich auf einen Verstoß gegen § 44 Abs. 1 S. 2 WEG berufen, da
zum letzten Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht lediglich eine
veraltete und keine gültige Wohnungseigentümerliste vorgelegen habe, so ergibt sich
hieraus keine Begründetheit der Berufung.
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Zum einen steht eine fehlerhafte Liste einem Prozessrechtsverhältnis nicht entgegen,
sie kann sogar nachträglich durch Beschluss nach § 319 ZPO berichtigt werden (vgl.
Jennißen- Suilmann WEG 2. Aufl. § 44 Rn 29). Dies ist auch noch in der
Berufungsinstanz möglich.
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Zum anderen hätte es an den Beklagten bereits im erstinstanzlichen Verfahren gelegen,
im einzelnen vorzutragen, in wieweit die vom Kläger vorgelegte Liste der Korrektur
bedarf, da sie über entsprechende Kenntnisse verfügen.
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Zu TOP 4
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Ebenso wie das Amtsgericht geht die Kammer davon aus, dass der zu TOP 4 gefassten
Beschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht und deshalb für ungültig zu
erklären war.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten war die Beschlussfassung zu TOP 4 nicht bereits
deshalb eine gerichtliche Überprüfung entzogenen, weil sie nur einer Beauftragung
eines Rechtsanwalts darstellt, um Ansprüche geltend zu machen. Die Beklagten
berufen sich insoweit auf den Beschluss des KG Berlin vom 8.1.1997 ZMR 1997, 318. In
der Entscheidung (Leitsatz und Rn 21 zitiert nach juris) heißt es: "Machen die
Wohnungseigentümer Ansprüche gegen einen Miteigentümer unter Fristsetzung und
Klageandrohung gelten, ist ein dahingehender Eigentümerbeschluss regelmäßig nicht
als konstitutive Festlegung der Miteigentümerpflichten, sondern nur als Vorbereitung
eines Gerichtsverfahrens auszulegen. Die sachliche Berechtigung des Anspruchs ist
dann nicht in dem Beschlussanfechtungsverfahren, sondern erst in dem gegebenenfalls
sich anschließenden Gerichtsverfahren zu prüfen." Allerdings ist diese Entscheidung
vorliegend nach Auffassung der Kammer nicht einschlägig. Sie betrifft nur Ansprüche,
die gegen den Wohnungseigentümer selbst unmittelbar erhoben werden sollen und
nicht ein Vorgehen gegen Dritte, das den Wohnungseigentümer beeinträchtigt. Bei
Ansprüchen gegen den Wohnungseigentümer kann zu Recht argumentiert werden,
dass ihm ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage fehlt, weil er sich ja
gegen die folgende Klage selbst wehren kann. Hier ist es aber gerade so, dass
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unmittelbar gegen die Mieter des Klägers vorgegangen werden soll. Es ist durchaus
möglich, dass sich diese nicht wehren und sofort zahlen an die
Wohnungseigentümergemeinschaft. In diesem Fall droht dem Kläger ein
möglicherweise nicht wieder gut zumachender Schaden. Im vorliegenden Fall, in dem
über ein Vorgehen gegen den Mieter des Klägers entschieden wird, das in die
Eigentumsrechte des Klägers eingreift, kann eine Beschlussanfechtung nicht von
vorneherein ausgeschlossen sein.
Die Beschlussanfechtung hat auch Erfolg, weil das beabsichtigte Vorgehen der
Eigentümergemeinschaft gegen die Mieter jedenfalls derzeit rechtlich nicht zulässig ist.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich weder aus der Entscheidung des OLG
Köln vom 20.10.2003 ZMR 2004,623 noch aus der Entscheidung des BGH vom
3.11.1989 BGH NJW 1990,447, dass der Wohnungseigentümergemeinschaft die
Nutzungen auch für den gescheiterten Sondereigentumsanteil des isolierten
Miteigentümers zu stehen.
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Das OLG Köln führt in seiner Entscheidung aus: " Es kann daher viel dafür sprechen, in
Bezug auf Rechte und Pflichten den Inhaber eines isolierten Miteigentumsanteils wie
einen Wohnungseigentümer zu behandeln."(Rn 17 zitiert nach Juris). "Welcher der
beiden Meinung grundsätzlich zu folgen ist, kann indes letztlich offen bleiben" (Rn 18).
Im Falle des BGH ging es um die Abrechnung nach erfolgter Herausgabe des isolierten
Miteigentumsanteils. Das Berufungsgericht hatte der Eigentümergemeinschaft analog §
988 BGB ein Anspruch auf Herausgabe der Nutzungen zu gesprochen, der BGH hat in
diesen Anspruch im konkreten Fall verneint und auch die Frage der generellen
Anwendbarkeit des § 988 BGB im Falle des isolierten Miteigentumsanteils nicht
abschließend entschieden (vgl. Rn 47, 48 zitiert nach juris).
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Den Beklagten ist insoweit Recht zu geben, als das isolierte Miteigentum des Klägers in
seinem Umfang derzeit noch nicht geklärt ist. Im Rahmen des Rückbauprozesses steht
noch nicht fest, was mit dem isolierten Miteigentumsanteil passieren wird. Es ist
insbesondere nicht klar, ob und welches Sondereigentum der Kläger einmal erlangen
wird. Zwischen den Parteien sind hier noch zahlreiche tatsächliche Fragen offen,
insbesondere dazu, ob der Kläger bei seinen Ausbauten auch etwa 30 m²
Gemeinschaftseigentum in Anspruch genommen hat.
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Nach Auffassung der Kammer kann es jedoch für den vorliegenden Prozess
dahinstehen, ob und in welchem Umfang dem Kläger im Verhältnis zur
Eigentümergemeinschaft
letztendlich
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Denn die derzeitige ungeklärte Rechtslage zwischen den Parteien über das endgültige
Schicksal des isolierten Miteigentumsanteils verbietet es nach Ansicht der Kammer,
dass die Wohnungseigentümergemeinschaft sich bereits jetzt durch Beschluss anmaßt,
in das bestehende Vertragsverhältnis des Klägers mit seinen Mietern einzudringen. Es
handelt sich hier um eine schuldrechtliche Beziehung zwischen dem Kläger und seinen
Mietern. § 566 e BGB greift nicht ein, da der Kläger noch im Grundbuch steht. Auch steht
dem Kläger derzeit noch das Recht zum Besitz zu, so dass die Beklagten auch nicht
unter dem Gesichtspunkt des Eigentümer- Besitzer- Verhältnisses auf die Nutzungen
zugreifen können. Es ist keineswegs geklärt, dass der Kläger die Wohnungen in Zukunft
wird herausgeben müssen. Da die Beklagten den Kläger auch für die Lasten seiner
Wohneinheiten heranziehen, sieht es die Kammer als treuwidrig an, wenn die Beklagten
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sich- unter Umgehung eines ungewissen Prozesses gegen den Kläger - unmittelbar an
dessen Mieter wenden. Die Beklagten sind vielmehr gehalten, zunächst die Klärung im
Innenverhältnis zum Kläger vorzunehmen.
Top 5
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Auch der Beschluss zu TOP 5 entsprach nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
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Die Beteiligung des Klägers an der Sonderumlage zur Sicherheitsleistung ist nicht
statthaft. Denn dann würde der Kläger für die gegen ihn selbst gerichtete Vollstreckung
Sicherheit leisten müssen. Insofern folgt die Kammer den überzeugenden Ausführungen
des Amtsgerichts zu § 16 Abs. 8 WEG n. F.
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Der von den Beklagten zitierte Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts
vom 11.4.2001 ist nicht einschlägig. Er betrifft einen Bauträger, der einerseits von der
Gemeinschaft in seiner Funktion als Bauträger verklagt ist und andererseits zugleich
auch Eigentümer einer Wohnung ist. Dann kann er als Wohnungseigentümer an den
Kosten des Verfahrens beteiligt werden, da er in dieser Funktion nicht Gegner des
Verfahrens ist. Der Kläger war aber gerade in seiner Funktion als Wohnungseigentümer
Gegner des damaligen Verfahrens, in dem es um einen Beitrag zur Dachsanierung ging.
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Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gem. § 97 ZPO den Beklagten aufzuerlegen.
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Die Revision war nicht zuzulassen.
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Eine Zulassung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO scheidet aus. Nach herkömmlicher
Definition hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung dann, wenn eine
klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten
Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der
Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Zöller-
Gummer § 543 Rn 11). Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine besondere seltene
Fallgestaltung, insbesondere erfolgt auch gerade keine abschließende Klärung zur
Frage des isolierten Miteigentumsanteils.
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Auch eine Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung gem. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO scheidet aus. Die Kammer
weicht, wie in den Entscheidungsgründen im einzelnen dargelegt, nicht von den
Urteilen ab, auf welche die Beklagte in ihrem Zulassungsantrag Bezug nimmt.
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Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, wie im Schreiben der Klägerseite
vom 31.10.2008 hilfsweise beantragt, war nicht geboten, da der Schriftsatz der
Gegenseite vom 19.09.2008 nur Rechtsausführungen zu bereits vorher
angesprochenen Fragen enthält.
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Berufungsstreitwert: 22.912,50 € (entsprechend dem nicht beanstandeten Streitwert des
erstinstanzlichen Verfahrens)
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