Urteil des LG Köln vom 26.10.2009

LG Köln (kläger, hotel, qualität, familie, minderung, höhe, unterbringung, zimmer, schwiegermutter, ehefrau)

Landgericht Köln, 23 O 435/08
Datum:
26.10.2009
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
23. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
23 O 435/08
Schlagworte:
unwirksame Abtretungsverbote, Reisemangel,
Informationspflichtverletzung, Anforderungen an die Mängelanzeige vor
Ort
Normen:
§§ 651d, 651g, 651f, 651d
Leitsätze:
1.
Abtretungsverbote in den AGB von Reiseanbietern sind unwirksam,
wenn bei kundenfeindlichster Auslegung das Interesse des Verwenders
daran, zu verhindern, dass ihm eine im Voraus nicht übersehbare
Vielzahl von Gläubigern entgegen tritt, geringer zu gewichten ist als die
berechtigten Belange der Reisenden aus einer Familie, die
Vertragsabwicklung - wie die Geltendmachung von Minderung oder
Schadenersatz - ebenso in einer Hand zu halten wie die
Vertragsanbahnung selbst, um so drohenden Rechtsverlust durch die
einmonatige Ausschlussfrist aus § 651g BGB zu vermeiden.
2.
Die Unterbringung einer vierköpfigen Familie in einem Zimmer mit
einem Schlafraum anstatt wie gebucht in einem Zimmer mit zwei
Schlafräumen begründet eine Reisepreisminderung um 25 %.
3.
Teilt der Reiseanbieter dem Reisenden vor Abreise die
Nichtverfügbarkeit des gebuchten Hotels wegen Überbuchung nicht mit,
begründet diese Informationspflichtverletzung eine Reisepreisminderung
um 10 %.
4.
Reisemängel, die sich aus den Unterschieden zwischen dem
Ersatzhotel und dem gebuchten Hotel ergeben, muss der Reisende in
der Mängelanzeige vor Ort nicht gesondert aufführen, denn von der
Rüge der Unterbringung im Ersatzhotel sind alle Unterschiede erfasst,
die sich aus den Abweichungen im Zuschnitt, im Leistungesangebot und
in der Ausstattung zwischen Ersatzhotel und gebuchten Hotel ergeben.
5.
Ist eine deutlich überdurchschnittliche und gehobene Qualität der
Verpflegung und des
Service geschuldet, die tatsächliche Qualität der Verpflegung und des
Service dann aber insgesamt deutlich unterdurchschnittlich, begründet
dieser Reisemangel eine Minderung i.H. von 15 % des Reisepreises.
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.738,- € nebst Zinsen in
Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2008
abzgl. am 18.11.2008 gezahlter 448,- € sowie vorgerichtliche
Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 603,93 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 27% und die Beklagte
zu 73%. Der Kläger trägt die Kosten für die Anrufung des unzuständigen
Gerichts.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger verlangt von der Beklagten aus eigenem und aus abgetretenem Recht
Minderung des Reisepreises für eine Urlaubsreise sowie Schadenersatz wegen nutzlos
vertaner Urlaubszeit.
2
Er buchte im Juni 2008 über ein Reisebüro bei der Beklagten unter deren
Veranstaltermarke K eine Flugreise nach Griechenland für seine Ehefrau, die
gemeinsamen zwei Kinder, seine Schwiegermutter Frau C sowie sich selbst. Die
7tägige Reise wurde gebucht für den Zeitraum 26.08. bis 02.09.2008, als Unterkunft
wurde das im Jahr 2004 erbaute Hotel N Beach auf Zakynthos gebucht.
3
Der Reisepreis für den Kläger, seine Ehefrau und ihre Kinder betrug 2.988,- € (2.636,- €
zzgl. Kerosinzuschlag pro Person 20,- € = 80,- € zzgl. "Zuschlag Griechenland" pro
Person 68,- € = 272,- €), der Reisepreis für Frau C betrug 1.067,- € (979,- € zzgl. 20,- €
Kerosinzuschlag zzgl. 68,- € "Zuschlag Griechenland"), insgesamt also 4.055,- €
(Reiseanmeldung Bl. 15 GA).
4
Im Wesentlichen waren vom Reisepreis der Flug, die Hotelzimmer und die Verpflegung
Halbpension für alle umfasst. Der Kläger erhielt am 17.07.2008 eine
Buchungsbestätigung (Bl. 16 GA), aus der dies hervorging und es weiter hieß: "Der
Family Room Maisonette Style ist confirmed ohne Aufpreis". Handschriftlich war
darunter vermerkt: "2 getrennte Schlafräume". Diese handschriftliche Notiz hatte die
Mitarbeiterin Frau S des Reisebüros gemacht. Für die Schwiegermutter war ein
5
Doppelzimmer zur Alleinnutzung gebucht worden.
In der Katalogbeschreibung der Beklagten heißt es zum Hotel N Beach:
"Familienzimmer: Für 4 Personen. Mit zusätzlichem Schlafraum." Dort wird das Hotel mit
viereinhalb Punkten kategorisiert und beschrieben mit den Worten "komfortabel",
"elegant eingerichtet", "ansprechende Atmosphäre", "im Stil eines ionischen Dorfes
erbaute, komfortable Hotelanlage bestehend aus Haupthaus und sieben 2stöckigen
Gebäuden in gepflegter Gartenanlage", "Landeskategorie: A-Klasse" (Bl. 72 GA).
6
Auf der Homepage des Hotels (
http://www.anonym1
damals (wie heute) unter der Rubrik Unterkunft das Zimmer Typ "Maisonetten bis zu 4
Personen" mit dem Text beschrieben: "Hier befindet sich ein mit einem Doppelbett
ausgestattetes Schlafzimmer im oberen Geschoss und ein mit zwei Einzelbetten
ausgestattetes Schlafzimmer im Untergeschoss. Das marmorverlegte Badezimmer
verfügt über eine Badewanne." Das Hotel stellte sich dort als zur Kategorie "Luxus"
zugehörig vor (Bl. 17 GA). Hinsichtlich der weiteren Beschreibung wird auf den
Ausdruck in der Akte Bezug genommen (Bl. 17-20 GA).
7
Auf
www.anonym2.de
(Ausdruck Bl. 23 GA) und auf
www.anonym3.de
hervorragenden Komfort in geschmackvoll eingerichteten Zimmern, Familienzimmern,
Maisonette-Wohnungen und Suiten." Weiter wurden dort ein "imposanter
Eingangsbereich" und ein "elegantes Restaurant" erwähnt. Hinsichtlich der weiteren
Beschreibung wird auf den Ausdruck in der Akte Bezug genommen (Bl. 24 GA). Weiter
wird auf die zur Akte gereichten Buntfotos des Hotels N Beach Bezug genommen (Bl. 31
– 33 GA).
8
Bei der Ankunft der Familie auf Zakynthos wurde ihr am Flughafen mitgeteilt, dass das
gebuchte Hotel für die gesamte Reisedauer überbucht war und als einzige Unterkunft
wurde das Hotel B angeboten. Der Kläger und seine Familie protestierten dagegen,
aber es standen kein anderes Ersatzhotel und kein früherer Rückflug zur Verfügung,
daher bezog die Familie gegen ihren Willen das Hotel B. Dort wurden der Kläger, seine
Frau und seine Kinder in einem Doppelzimmer mit zwei beigestellten Einzelbetten
untergebracht.
9
Die Schwiegermutter Frau C gab für die Familie gegenüber der örtlichen Reiseleiterin
Frau M eine Mängelanzeige ab, in der notiert wurde: "Gäste wurden am AP ZTH
darüber informiert, dass Hotel N Beach überbucht ist à daher Unterbringung in
1FZZ+1DA, HP im Hotel B im gleichen Ort. Ein sofortiger Rückflug am Ankunftstag war
nicht möglich. Die Überbuchung im N Beach war vor unserer Ankunft K bekannt. Es war
kein gleichwertiges Hotel verfügbar. Gäste bemängelten im B: schlechter Service im
Restaurant, Essen entsprach nicht d. Erwartungen, Matratzen sind hart +
geräuschintensiv. Gäste hätten B nicht ausgewählt. Frau C u. Enkelin X nahmen
Entschuldigung vom Hotel N wahr (Inselschifffahrt "Navagio"). Entspricht nicht einer
Entschädigung." (Bl. 44 GA).
10
In der Katalogbeschreibung der Beklagten wird das Hotel B mit dreieinhalb Punkten
kategorisiert und beschrieben mit den Worten "familiär", "weitläufig", "Zimmer
zweckmäßig und elegant eingerichtet", "Landeskategorie: B-Klasse" (Bl. 72 GA). Auf
www.anonym2.de
11
GA). Vom Veranstalter Z wurde es mit 4 Sonnen und den Worten "Landeskategorie: A-
Klasse", "geschmackvoll", "gehobene Ausstattung" beschrieben (Bl. 127 GA). Es wird
auf die vom Kläger zur Akte gereichten Buntfotos des Hotels B Bezug genommen (Bl. 26
– 30, 34 – 43 GA).
Der Kläger beschwerte sich im Hotel darüber, dass es nicht akzeptabel sei. Er
beschwerte sich darüber auch am Tag nach der Anreise fernmündlich bei Frau S, der
Mitarbeiterin des Reisebüros, die am selben Tag in einem Faxschreiben an die
Beklagte bemängelte, dass die Beklagte dem Reisebüro die Information über die
Überbuchung des vom Kläger gebuchten Hotels N Beach nicht vor Reiseantritt des
Klägers und seiner Familie weitergegeben habe (Bl. 25 GA). Vergeblich versuchte der
Kläger über Frau S eine andere Unterkunft oder einen früheren Rückflug zu
organisieren.
12
Die übrigen Familienmitglieder traten ihre Ansprüche an den Kläger ab. Mit Schreiben
vom 08.10.2008 forderte der Kläger die Beklagte letztmals erfolglos zur Zahlung von
6.658,93 € bis zum 15.10.2008 auf (Bl. 49f. GA).
13
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte ihm Zahlung wegen Minderung iHv. 15%
des Gesamtreisepreises (=608,25 €) schulde, weil sie ihre Pflicht verletzt habe, ihn vor
Reiseantritt über die Überbuchung des gebuchten Hotels zu informieren und behauptet
hierzu, die Beklagte habe von der Überbuchung vor Beginn seiner Reise gewusst.
14
Weiterhin sei selbst bei einer mängelfreien und gleichwertigen Ersatzunterkunft bereits
eine Minderung iHv. weiterer 10-25% des Reisepreises zu zahlen. Hierzu behauptet der
Kläger, dass das Hotel B nicht gleichwertig zum gebuchten Hotel gewesen sei, weil es
über 20 Jahre alt, abgewohnt und einer niedrigeren Kategorie angehörig sei, die Bäder
hätten erhebliche Gebrauchs- und Abnutzungsspuren aufgewiesen und seien im
Duschbereich unhygienisch gewesen, der Rasen auf der Liegewiese am Pool sei
löchrig gewesen, der Treppenaufgang vom Strand zum Pool sei baufällig gewesen, die
Zimmer seien stillos und nicht komfortabel gewesen und die Atmosphäre insgesamt
nicht ansprechend und nicht mit der des gebuchten Hotels vergleichbar. Es seien im
Gegensatz zum gebuchten Hotel in der Ersatzunterkunft keine Einrichtungen für Fitness,
Sauna oder Massage vorhanden gewesen. Daher ist er der Ansicht, eine Minderung von
20% des Gesamtreisepreises für die Unterbringung in der Ersatzunterkunft verlangen zu
können (811,- €).
15
Weiterhin verlange er eine Minderung von 30% bezogen auf die Reisekosten iHv.
2.988,- € für seine Frau, seine Kinder und ihn selbst (=896,40€), weil ihnen kein
Familienzimmer mit zwei getrennten Schlafräumen sondern ein Doppelzimmer mit zwei
Beistellbetten gegeben wurde. Die Unterbringung von Eltern und Kindern in einem
Schlafraum sei vom Urlaubswert her nicht gleichwertig mit einer Unterbringung in zwei
Schlafräumen.
16
Die Reisekosten seiner Schwiegermutter iHv. 1.067,- € könne er um 10% mindern
(=106,70 €), weil die Fenster ihres Zimmers zum Parkplatz öffneten, die sie nachts
wegen des Lärms von Anlieferungen nicht habe öffnen können.
17
Der Kläger behauptet weiter, dass Essen im Hotel B sei so ungenießbar gewesen, dass
die Familie an vier Abenden außerhalb essen war. Das Essen sei eintönig,
unappetitlich angerichtet und teilweise nicht zu identifizieren gewesen, es sei teilweise
18
verkocht gewesen, habe schlecht gerochen und sei vom Anblick her teilweise
ekelerregend gewesen. Es habe an der zu erwartenden Vielfalt der Speisen gefehlt. Er
ist der Ansicht, hierfür den Gesamtreisepreis um 25% mindern zu können (=1.013,75 €).
Zudem sei der Service schlecht gewesen, die Familie habe selber die Teller vom Tisch
räumen müssen und Platz für den nächsten Gang zu schaffen und der Kellner musste
gesucht werden, um bei ihm Getränke zu bestellen. Er ist der Ansicht, hierfür den
Gesamtreisepreis um weitere 15% mindern zu können (=608,25 €).
Der Kläger ist schließlich der Ansicht ihm stehe Schadenersatz für vertanen Urlaub in
Höhe von mindestens 60% des Reisepreises, mithin 2.433,- € zu und trägt hierzu
unstreitig vor, dass er die Reise nie angetreten hätte, wenn er zuvor von der
Überbuchung erfahren hätte, weil er beruflich stark eingespannt ist, 6 Tage in der
Woche arbeitet und im Jahr aus beruflichen Gründen nur ein bis zwei Wochen
Erholungsurlaub machen kann.
19
Die zunächst beim Amtsgericht Köln erhobene Klage ist an das Landgericht Köln
verwiesen worden. Der Kläger hat den Rechtsstreit in Höhe der am 18.11.2008
eingegangenen Zahlung von 448,- € für erledigt erklärt.
20
Er beantragt,
21
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.044,35 € sowie eine in das Ermessen
des Gerichts gestellte Entschädigung wegen vertanen Urlaubs jeweils nebst
Zinsen in Höhe von 5 %punkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.10.2008,
abzgl. am 18.11.2008 gezahlter 448,- €, sowie vorgerichtliche
Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 603,93 € zu zahlen.
22
Die Beklagte stimmt der Teilerledigung zu, stellt hierzu Kostenantrag und beantragt im
Übrigen,
23
die Klage abzuweisen.
24
Die Beklagte rügt die fehlende Aktivlegitimation des Klägers, soweit er Ansprüche für
seine Familienmitglieder geltend macht und hält die Abtretungen für unwirksam, da
Abtretungen in den AGB der Beklagten unter Ziffer 13.3 (Bl. 71 GA) ausgeschlossen
seien.
25
Der Kläger sei mit der Geltendmachung aller Mängel, die nicht in der Mängelanzeige vor
Ort erwähnt wurden, ausgeschlossen.
26
Die Beklagte behauptet, dass Ersatzhotel B sei gleichwertig zum gebuchten Hotel. Ein
luxuriöser Standard sei nicht geschuldet gewesen, Beschreibungen auf der Homepage
des Hotels N Beach seien der Beklagten nicht zuzurechnen. Die Kritik des Klägers am
Niveau des Ersatzhotels zeige unbeachtliche subjektive Wertungen und
Erwartungshaltungen. Der Kläger habe ein großes Familienzimmer für seine Frau, sich
und seine Kinder im Ersatzhotel erhalten, zwei getrennte Schlafräume seien vertraglich
nicht geschuldet gewesen. Das Reisebüro sei nicht mehr berechtigt gewesen für die
Beklagte zu handeln, als es die handschriftliche Notiz auf der Buchungsbestätigung
aufbrachte, da der Vertrag da schon geschlossen war.
27
Die gerügten Mängel rechtfertigten keine Minderung um 50% oder mehr, so dass ein
28
Schadenersatz wegen vertanen Urlaubs ausscheide.
Die Beklagte sei nie wirksam in Verzug gesetzt worden.
29
Das Gericht hat mit Beschluss vom 19.03.2009 Hinweise erteilt (Bl. 111 GA) und Beweis
erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 30.04.2009 (Bl.132 GA). Den Zeugen A. und T.
Q ist der Beweisbeschluss des Gerichts, der ihre schriftliche Vernehmung angeordnet
hat, durch den Kläger per Fax geschickt worden. Bevor sie durch das Gericht
entsprechend angeschrieben worden waren, haben sie bereits ihre schriftliche Aussage
dem Gericht geschickt (Bl. 146, 143, 144, 151, 152, 159 R, 160, 161 GA).
30
Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie hinsichtlich der weiteren
Einzelheiten zum Sach- und StreZtand wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
31
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
32
Die zulässige Klage ist in der dem Tenor zu entnehmenden Höhe begründet, im
Übrigen unbegründet.
33
Der Kläger ist in vollem Umfang der Klage aktivlegitimiert. Nach zutreffender
Rechtsansicht des OLG Köln (vgl. OLG Köln, Urt. v. 08.12.2008, Az. 16 U 49/08), der
sich das Gericht anschließt, ist die Klausel unter Ziffer 13.3. der AGB der Beklagten (Bl.
71 GA), die die Abtretung von Ansprüchen aus dem Reisevertrag untersagt, unwirksam.
Denn sie verstößt bei der hier maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung gegen
§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Ausschluss der Abtretung etwaiger
Gewährleistungsansprüche auch an Mitreisende erschwert bei Familienreisen die
Anspruchsdurchsetzung für diejenigen Teilnehmer, für die ein anderes Familienmitglied
die Reise gebucht hat. Das Abtretungsverbot wird in diesen Fällen auch nicht durch ein
berechtigtes Interesse des Reiseveranstalters gerechtfertigt. Zwar ist nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass grundsätzlich die
formularmäßige Vereinbarung eines Abtretungsausschlusses in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen zulässig ist und nicht gegen §§ 307 Abs. 1, 138 BGB verstößt.
Ein allgemeines Interesse des Verwenders, durch die Vereinbarung eines
Abtretungsausschlusses die Vertragsentwicklung übersichtlich zu gestalten und damit
zu verhindern, dass eine ihm nicht im Voraus übersehbare Vielzahl von Gläubigern
entgegen tritt, wird zwar anerkannt (BGH Urt. v. 15.6.1989, Az. VII ZR 205/88 in BGHZ
108, 52, 56; BGH Urt. v. 9.2.1990 in BGHZ110, 241, 243; jeweils m.w.N.). Allerdings
erfährt dieser Grundsatz insoweit Einschränkungen, als ein formularmäßiger
Abtretungsausschluss dann unwirksam ist, wenn ein schützenswertes Interesse des
Verwenders nicht besteht oder die berechtigten Belange des Kunden an der
Abtretbarkeit vertraglicher Forderungen das entgegenstehende Interesse des
Verwenders überwiegen (vgl. statt vieler BGH Urt. v. 9.2.1990 in BGHZ 110, 241, 243
m.w.N.). Von der gesetzlichen Wertung, nach der ein Abtretungsausschluss zwischen
den Parteien in der Regel frei vereinbar ist, § 399, 2. HS BGB, ist zu Gunsten des
Verbrauchers abzuweichen, wenn dem Abtretungsausschluss überwiegende Gründe
des Verbraucherschutzes entgegenstehen (BGH Urt. v. 15.6.1989, a.a.O.). Nach diesen
Grundsätzen überwiegen bei kundenfeindlichster Auslegung der angegriffenen Klausel
wesentliche Verbraucherschutzbelange gegenüber dem Interesse der Beklagten an
einer übersichtlichen Vertragsgestaltung. Bei Familienreisen kann das Abtretungsverbot
die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen mitreisender
Familienangehöriger erschweren, so dass es wegen entgegenstehender berechtigter
34
Interessen der Verbraucher unwirksam ist (ebenso LG Hannover, RRa 2003, 117; LG
Hannover, RRa 2003, 218; AG Köln RRa 2004,18; Münch/Komm/ Tonner , BGB, 5.
Aufl., § 651 a Rz. 82 f dazu tendierend; Führich, Reiserecht, Rz. 635.). Das
Abtretungsverbot muss vor dem Hintergrund der materiellrechtlichen Vorschriften des
Reisevertrags gesehen werden. Danach müssen Gewährleistungsansprüche innerhalb
der einmonatigen Ausschlussfrist gegenüber dem Reiseveranstalter geltend gemacht
werden, § 651g Abs. 1 BGB. Ferner ist bedeutsam, dass Schadensersatzansprüche
nach § 651f Abs. 2 BGB höchstpersönlicher Natur und deshalb von dem
Anspruchsinhaber persönlich geltend zu machen sind (Münch/Komm/ Tonner, BGB, 5.
Aufl., § 651f Rz. 44). Bei Familienreisen, bei denen regelmäßig – wie auch im
vorliegenden Fall – nur ein Familienmitglied, sei es der Haushaltsvorstand, sei es das
zahlende Familienmitglied, als Vertragspartner auftritt und die übrigen Mitreisenden
Begünstigte nach § 328 Abs. 1 BGB sind (so die wohl h.M. vgl. Münch/Komm/ Tonner,
a.a.O., Rz. 84), werden sich die mitreisenden Familienmitglieder nicht um die weiteren
Rechtsfolgen des Vertrages kümmern, sondern die Vertragsabwicklung einschließlich
etwaiger Mängelanzeigen, Abhilfeverlangen und Geltendmachung von
Gewährleistungsrechten dem anmeldenden Familienmitglied überlassen. Handelt es
sich indes um höchstpersönliche Ansprüche nach § 651f Abs. 2 BGB, so hat das
betroffene Familienmitglied diese selbst anzumelden, auch wenn er/sie nicht
Vertragspartner des Reiseveranstalters geworden ist. Bis diese Notwendigkeit innerhalb
der Familie bemerkt wird, wird häufig die Frist des § 651g Abs. 1 BGB abgelaufen sein
(so mit Recht Münch/Komm/ Tonner, a.a.O., § 651a Rz. 86, und § 651g Rz. 31). Ein
sicherer Weg, um diesen drohenden Rechtsverlust zu vermeiden, stellt die frühzeitige
Abtretung der Ansprüche dar, der § 399 BGB nicht entgegensteht. Dieses Vorgehen ist
auch die naheliegende Lösung, wenn zuvor ein Familienmitglied die Reise gebucht hat.
Denn dann liegen Vertragsschluss und Vertragsabwicklung einschließlich der
Geltendmachung von Sekundäransprüchen in derselben Hand. Der Kläger kann daher
die an ihn abgetretenen Ansprüche seiner Familienmitglieder geltend machen.
Die Unterbringung der Familie des Klägers in dem Ersatzhotel B anstatt in dem
gebuchten Hotel N Beach stellt einen erheblichen Reisemangel im Sinne von § 651c I
BGB dar. Der Kläger hat für seine Familie und sich einen Reisevertrag mit
Unterbringung im Hotel N Beach geschlossen und die Beklagte war nicht zu einer
einseitigen Leistungsänderung befugt. Aufgrund des Reisevertrags schuldete die
Beklagte nicht nur die Unterbringung im Hotel N Beach, sondern auch die in der für
dieses Hotel in ihrem Reisekatalog aufgeführten weiteren Leistungsmerkmale, da der
Inhalt des Reisevertrages durch die Katalogbeschreibung in Verbindung mit der
Reisebestätigung bestimmt wird (ebenso LG Frankfurt a.M. Urt. v. 28.03.2008, Az. 2/24
S 139/07 in NJW-RR 2008, 1638.). Dieser Pflicht ist die Beklagte nicht nachgekommen.
35
Entgegen der Ansicht der Beklagten gibt es aufgrund ihrer eigenen
Katalogbeschreibungen des gebuchten Hotels im Vergleich zum Ersatzhotel sowie
aufgrund der vom Kläger eingereichten Internetausdrucke zu beiden Hotels sowie der
Fotos des Klägers von beiden Hotels für das Gericht keinen Zweifel, dass das
Ersatzhotel nicht gleichwertig gegenüber dem gebuchten Hotel N Beach war. Zunächst
ist das Ersatzhotel 1998 erbaut worden (Bl. 101 GA), das gebuchte Hotel 2004. Dann
kategorisieren Reiseanbieter bzw. –Onlinebewerter und nicht zuletzt die Beklagte selbst
das Ersatzhotel teilweise eine halbe, teilweise eine ganze Kategorie schlechter als das
gebuchte Hotel. Ob dies nun anhand von Punkten, Sternen oder der Bezeichnung von
Landesklassen geschieht, ist unerheblich. Zwar ordnet der Reiseanbieter Z das
Ersatzhotel ebenfalls der Landesklasse A zu, indes hat die Beklagte versäumt, auch
36
eine Bewertung des gebuchten Hotels durch den Reiseanbieter Z vorzulegen, so dass
aus dem Vergleich Rückschlüsse hätten gezogen werden können. Daher war diese
Beschreibung nicht aussagekräftig und hat keine über die Bewertung der vorhandenen
Unterlagen, Fotos und Internetinhalte hinausgehende Beweisaufnahme veranlasst.
Auch aus dem Vergleich der Beschreibungen von Einzelheiten der Hotels in allen
vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass das gebuchte Hotel im Hinblick auf die
Ausstattung der Zimmer, der Poolanlage, des Restaurants und der Gartenanlage
höherwertiger ist als das Ersatzhotel. Schließlich ist die Beklagte den insoweit
detailreichen und substantiierten Schilderungen des Klägers nicht hinreichend
substantiiert begegnet. Die von vom Kläger eingereichten Fotos des Ersatzhotels
belegen seine Schilderungen des löchrigen Rasens an den Sonnenliegen am Pool (Bl.
28 GA), wobei die Löcher im Rasen auf die gesamte Fläche betrachtet, die auf dem Foto
zu sehen ist, mindestens ebenso groß sind, wie die noch vorhandenen
Rasenabschnitte. Sie belegen die Schilderung der baufälligen Treppe (Bl. 34 GA), von
der, vor allem am unteren Abschnitt und unten davor im Bereich der Seiten,
Verletzungsgefahr ausgeht. Sie belegen die Schilderungen des unhygienischen
Duschbereichs im Bad, wo sowohl der Duschschlauch als auch die Fugen dreckig und
ekelhaft aussehen (Bl. 39 GA). Im Vergleich der Fotos der Zimmer des Ersatzhotels mit
Zimmerfotos des gebuchten Hotels im Internet sind letztere eleganter und
ansprechender eingerichtet. Eine Begrünung, die man Gartenanlage nennen könnte, ist
auf den Fotos vom Außenbereich des Ersatzhotels nicht zu sehen. Dass Einrichtungen
für Fitness, Sauna und Massage dort fehlen, ist unstreitig.
Der Kläger kann daher den Gesamtreisepreis um 15% (=608,25 €) mindern. Die
Minderungshöhe wird durch die Abweichung im Niveau zwischen Ersatzhotel und
gebuchtem Hotel gerechtfertigt. Eine ähnliche Höhe lässt sich auch für ähnlich gelagerte
Fälle in der Rechtsprechungsübersicht des ADAC entnehmen (vgl. ADAC-Tabelle zur
Reisepreisminderung in NJW 2005, 2506 mit Verweis auf AG Düsseldorf LSK 1998,
070556; LG Kleve RA 2001, 159; AG Frankfurt a.M. NJW-RR 2000, 787, AG Düsseldorf
RRa 2004, 179.).
37
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dem Kläger die Geltendmachung dieser Mängel
auch nicht versperrt, weil sie nicht wörtlich in der vor Ort aufgenommenen
Mängelanzeige enthalten sind. Denn von der Rüge der Unterbringung in einer
Ersatzunterkunft sind per se Z alle Unterschiede umfasst, die sich aus den
Abweichungen im Zuschnitt und Leistungsangebot sowie in der Ausstattung zwischen
gebuchtem Hotel und Ersatzhotel ergeben (ebenso LG Frankfurt a.M. Urt. v. 28.03.2008,
Az. 2/24 S 139/07 in NJW-RR 2008, 1638, 1639.).
38
Dass die Schilderungen des Hotel N Beach auf seiner Homepage der Beklagten nicht
zuzurechnen sind, ist unschädlich, denn ihre Kenntnis des Niveauunterschieds ergibt
sich Z aus ihrer eigenen Katalogbeschreibung beider Hotels. Die den verschiedenen
Internetausdrucken zu entnehmenden Unterschiede illustrieren und beweisen indes den
Vortrag des Klägers.
39
Dass dem Kläger, seiner Frau und seinen Kindern kein Zimmer mit getrennten
Schlafräumen zur Verfügung gestellt wurde, stellt ebenfalls einen erheblichen
Reisemangel dar. Entgegen der Ansicht der Beklagten waren zwei Schlafräume auch
geschuldet. Dass die Familienzimmer mit zwei Schlafräumen ausgestattet sind, ergibt
sich nämlich auch aus ihrer eigenen Katalogbeschreibung. Auf die
Homepagebeschreibung des gebuchten Hotels – die sogar von Schlafräumen auf
40
verschiedenen Geschossen spricht – sowie die handschriftliche Notiz der
Reisebürokraft zu einem möglicherweise zu späten Zeitpunkt kommt es daher nicht an.
Der Kläger kann für diesen Mangel den Teilreisepreis von 2.988,- € um 25% mindern (=
747,- €). Es ist lebensnah und jedem, der Kinder hat, unmittelbar einleuchtend, dass der
Urlaubswert durch das Schlafen in einem Hotelzimmer für Eltern und Kinder für alle
Beteiligten niedriger ist als wenn getrennte Schlafräume vorhanden sind. Zwei
Schlafräume in einem Hotelzimmer bieten den Eltern nicht nur die Möglichkeit, sich von
den Kindern zu trennen, sie aber dennoch sicher aufgehoben zu wissen (ebenso OLG
Celle Beschl. v. 16.07.2003, Az. 11 U 84/03 in MDR 2004, 203.). Es zählt auch zum
Erholungswert für die Eltern, ohne ihre Kinder zu stören oder umgekehrt Zeit allein für
Gespräche, zum Lesen, Fernsehen oder für Zweisamkeit zu haben. Die Höhe der
Minderung entspricht nach Ansicht des erkennenden Gerichts dem geminderten
Urlaubswert und lässt sich bei ähnlich gelagerten Fällen auch der
Rechtsprechungsübersicht des ADAC entnehmen (vgl. ADAC-Tabelle zur
Reisepreisminderung in NJW 2005, 2506 mit Verweis auf AG Düsseldorf LSK 1997,
310339; AG Homburg LSK 1999, 480501; AG Düsseldorf LSK 1997, 520023.).
41
Es stellt nach zustimmungswürdiger Rechtsprechung des LG Frankfurt a.M. (vgl. Urt. v.
28.03.2008, Az. 2/24 S 139/07 in NJW-RR 2008, 1638, 1639) ebenfalls einen zur
Reisepreisminderung berechtigenden Mangel iSv. § 651 c Abs. 1 BGB dar, dass die
Beklagte den Kläger vor seiner Abreise nicht über die Überbuchung des gebuchten
Hotels, die Unterschiede zum Ersatzhotel und vor allem über die Unterbringung in
einem statt in zwei Schlafräumen informiert hat. Das Bestreiten der Beklagten ihrer
Kenntnis der Überbuchung vor Reiseantritt durch den Kläger und seine Familie war
nicht hinreichend qualifiziert im Hinblick auf den insoweit detailreichen und
substantiierten Klägervortrag, der sich zum einen auf ein Faxschreiben des Reisebüros
stützen kann (Bl. 25 GA). Zum anderen ist in der Mängelanzeige, die vor Ort aufgegeben
wurde (Bl. 44 GA), das Eingeständnis enthalten, dass K – mit dieser Veranstaltermarke
kann nur die Beklagte gemeint sein, als die hinter K stehende juristische Person – von
der Überbuchung vor der Ankunft der Familie des Klägers wusste. Die vom
Reiseveranstalter geschuldete Gesamtheit von Reiseleistungen umfasst auch die
Beseitigung aller denkbaren Reisehindernisse. Der Reiseveranstalter hat den
Reisenden deshalb grundsätzlich ungefragt über alle für eine ordnungsgemäße
Durchführung der Reise erforderlichen Umstände zu informieren. Er muss den
Reisenden über alle wesentlichen Veränderungen zwischen Buchung und Reiseantritt
informieren (vgl. LG Frankfurt a.M. Urt. v. 21.06.2007, Az. 2-24 S 236/06 u. 2-24 S 36/06;
Führich, Reiserecht, 5. Aufl., 2005, Rz. 140 m.w.N., 313 m.w.N.; Staudinger/Eckert,
BGB, 2003, § 651a, Rz. 123 m.w.N.). Der Reisende darf nämlich darauf vertrauen, dass
der Reiseveranstalter alles zur erfolgreichen Durchführung der Reise Erforderliche
unternimmt und ihn demgemäß auch nach der Buchungsbestätigung auf jede
nachteilige Veränderung seiner Reiseleistung, die die gebuchte Reise zu
beeinträchtigen geeignet ist, rechtzeitig hinweist (vgl. LG Frankfurt a.M. v. 21.06.2007,
Az. 2-24 S 236/06 u. 2-24 S 36/06; LG Düsseldorf, NJW-RR 1987, 176, 176). Ihren
Informationspflichten ist die Beklagte als Reiseveranstalterin der durchgeführten Reise
nicht nachgekommen. Insoweit erscheint dem erkennenden Gericht eine weitere
Minderung des Gesamtreisepreises um 10% für sachgerecht und angemessen (=
405,50€).
42
Dem Kläger ist die Geltendmachung von Mängeln wegen des nächtlichen Lärms vor
dem Zimmer seiner Schwiegermutter im Hotel B nicht mehr möglich, da diese
43
Beschwerde nicht in der Mängelanzeige vor Ort enthalten war und sich auch nicht aus
den Unterschieden der Hotels ergibt.
Der Kläger kann wegen der schlechten Qualität des Essens im Ersatzhotel eine weitere
Minderung des Reisepreises verlangen. Die Beklagte schuldete dem Kläger eine
Qualität des Essens, die die Buchung eines Hotels der Kategorie des N Beach erwarten
ließ, also eine deutlich überdurchschnittliche, gehobene Qualität. Dem Kläger ist
gelungen, die von ihm behauptete mangelhafte Qualität des Essens zu beweisen, § 286
ZPO. Nach den eingeholten schriftlichen Zeugenaussagen (Bl. 153, 155,158, 143 GA)
der Ehefrau und der Schwiegermutter des Klägers sowie der Eheleute Q aus Österreich,
die ebenfalls das Hotel N Beach gebucht hatten und zur selben Zeit wie der Kläger und
seine Familie im Hotel B wohnten wegen Überbuchung des Hotel N Beach, bestehen
für das Gericht keine Zweifel daran, dass das Frühstücks- und das Abendessenbuffet
Mängel aufwiesen, sowohl im Hinblick auf die Qualität der angerichteten Speisen und
der Getränke als auch im Hinblick auf die fehlende Vielfalt der Speisen je Mahlzeit und
den Abwechslungsreichtum über die ganze Woche über gesehen und mithin insgesamt
die Verpflegung nicht dem geschuldeten Niveau entsprach.
44
Das Frühstücksbuffet hat lediglich die Schwiegermutter des Klägers beschrieben. Nach
ihren Angaben waren die angebotenen Cerealien alt, die Eierspeisen machten keinen
frischen Eindruck und die Wurst- und die Käseplatte waren nicht reichhaltig und nicht
appetitlich, das Brot schmeckte alt und hatte wenig Geschmack und der Kaffee aus
einem Automaten schmeckte nicht. Diese Qualität ist nicht deutlich überdurchschnittlich
und gehoben sondern erkennbar unterdurchschnittlich und minderwertig, sowohl im
Hinblick auf die Qualität des angebotenen Speisen und Getränke als auch im Hinblick
auf fehlende Abwechslung und Vielfalt.
45
Nach den Aussagen aller Zeugen über das Abendessenbuffet waren die Vorspeisen an
allen Abenden ganz überwiegend die gleichen, nach der Aussage der Ehefrau des
Klägers gab es abwechselnd Nudel- oder Reissalat. Dies reicht an Vielfalt nicht aus.
Aus keiner Zeugenaussage ergibt sich, dass die Qualität der angebotenen Vorspeisen
schlecht war. Gleichwohl entspricht es nicht einem deutlich überdurchschnittlichen und
gehobenen Niveau, sieben Abende hintereinander bis auf eine Variante dasselbe
anzubieten.
46
Nach den Aussagen der Zeugen Q und der Ehefrau des Klägers über die Hauptspeisen
am Abend gab es täglich eine Sorte Fisch, ein Fleischgericht mit Sauce, ein
Grillfleischgericht und einen Gemüseauflauf und als Beilagen Nudeln, Gemüse, Reis,
Kartoffeln, Erbsen und Möhren. Die Qualität dieser Speisen rügen alle Zeugen
übereinstimmend. Zum einen seien die Speisen nach Aussage der Eheleute Q lauwarm
gewesen, zum anderen hatten sie einen Geruch den die Zeugin C als "extrem
unangenehm" insbesondere bzgl. des Fischgerichts beschrieb und den die Zeugin X als
an zwei Abenden "ekelerregend" beschrieb und dass er an "frisch Erbrochenes
erinnerte" und bei ihr Würgereiz ausgelöst habe. Optisch beschreiben die Zeuginnen C
und X die Speisen als teilweise nicht definierbar und nicht ansprechend angerichtet.
Aus allen Zeugenaussagen ergibt sich demnach, dass während die Vielfalt je Abend
überdurchschnittlich aber nicht Z deutlich überdurchschnittlich bis gehoben war, es an
Abwechslungsreichtum über die Woche gesehen und vor allem an der Qualität der
Speisen optisch, geschmacklich und vom Geruch her ganz erheblich mangelte.
47
Nach den Aussagen aller Zeugen gab es abends zum Nachtisch Kuchen und Eis, nach
48
Aussage der Zeugin X zudem Wackelpudding, Obstsalat aus der Konserve und Käse,
nach Aussage der Zeugin C zudem kleine Puddings. Übereinstimmend schildern alle
Zeugen, dass die Eisbehälter nicht nachgefüllt wurden und an manchen Abenden ganz
leer blieben, wobei die Aussagen insoweit nicht ganz übereinstimmen, wie oft es an Eis
fehlte. Die Zeugin C beschreibt den Geschmack der Puddings und Kuchen als künstlich.
Die Qualität von Wackelpudding, der Käsesorten und der Eiscremes wurde von keinem
Zeugen kritisiert. Insgesamt betrachtet entspricht die Qualität der geschilderten
angebotenen Speisen nicht einem deutlich überdurchschnittlichen und gehobenen
Niveau, bei dem Obstsalat aus frischem Obst sowie nicht künstlich sondern gut
schmeckende Kuchen und Puddings zu erwarten sind sowie mehr Vielfalt je Abend und
mehr Abwechslungsreichtum über die Woche gesehen.
Der Kläger kann auch wegen der schlechten Qualität des Service im Ersatzhotel eine
weitere Minderung des Reisepreises verlangen. Die Beklagte schuldete dem Kläger
eine Servicequalität, wie sie die Buchung eines Hotels der Kategorie des N Beach
erwarten ließ, also eine deutlich überdurchschnittliche, gehobene Servicequalität. Dem
Kläger ist gelungen, die von ihm behauptete mangelhafte Qualität des Service zu
beweisen, § 286 ZPO. Alle Zeugen beschreiben den Service übereinstimmend als
unaufmerksam und schlecht, sowohl am Morgen als am Abend. Nach der Aussage der
Zeugin X war der Service unfreundlich. Nach der insoweit dazu im Widerspruch
stehenden Aussage der Eheleute Q war der Service freundlich aber meist überfordert;
sie schildern insoweit, dass keine sauberen Gläser zur Verfügung standen, die zum
Servieren von Getränken hätten verwendet werden können. Neben den Gläsern hätten
ständig Teelöffel und Kaffeetassen gefehlt. Im Frühstücksraum sei an keinem Morgen
ein für 4 Personen schon eingedeckter Tisch vorhanden gewesen, sondern die Zeugen
Q mussten die Gedecke für ihre Familie zusammentragen. Nach Aussage der Zeugin C
wurde verschmiertes Vorlegebesteck nicht ausgetauscht und abgegessene Wurst- und
Käseplatten nicht durch frisch belegte Tabletts ersetzt. Verunreinigungen wurden nicht
beseitigt und benutztes Geschirr nicht weggeräumt. Dies bestätigt die Zeugin X, die
angibt, dass das Geschirr von den Gästen selbst abgetragen werden musste, um Platz
für weitere Gänge zu schaffen. Nach der Aussage X war nur an einem Abend ein Ober
zugegen, der sich wesentlich mehr bemühte. Alle Zeugen sagen übereinstimmend aus,
dass das Personal aufgesucht werden musste, um Bestellungen für Getränke
abzugeben, und das Personal nicht den Gast nach der Getränkebestellung fragte, und
man zudem lange auf die Getränke warten musste. Nach der Aussage der Eheleute Q
habe sich ab 8 Uhr abends kaum mehr ein Kellner blicken lassen. Die Qualität des
Service entspricht mithin am Morgen und am Abend nicht einmal einem
unterdurchschnittlichen Hotelniveau und kann bis auf den einen Abend mit dem
wesentlich bemühteren Ober als Totalausfall eingeordnet werden.
49
Die Aussagen aller Zeugen waren detailreich, nachvollziehbar und insgesamt
überzeugend. Es gab kaum Widersprüche der Aussagen zueinander und soweit geringe
Widersprüche sowie Unterschiede vorhanden waren, sind sie durch den Zeitablauf und
das unterschiedliche Wahrnehmen und Erinnern der Zeugen zu erklären und lassen
darauf schließen, dass die Aussagen nicht vorformuliert oder abgesprochen waren.
Insbesondere die sehr detailreiche Aussage der Zeugin X, der Ehefrau des Klägers, die
sich noch an mehr Speisen erinnern konnte, als die anderen Zeugen und mithin
hinsichtlich der Vielfalt und dem Abwechslungsreichtum auch zugunsten der Beklagten
aussagte, lässt erkennen, dass sie nach Gedächtnis aussagte und nicht mit
Belastungstendenz. Vor diesem Hintergrund hat das Gericht auch keine Bedenken
hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Zeugen Q aufgrund des misslichen Umstands, dass
50
sie vom Kläger per Faxschreiben mit dem Beweisbeschluss des Gerichts zur Aussage
aufgefordert wurden. Denn wenn der Kläger schon seine eigene Ehefrau nicht
beeinflusste, erscheint es nicht wahrscheinlich, dass er die Eheleute Q, die für ihn
Urlaubsbekannte waren, zu beeinflussen versuchte. Überdies ist der Aussage der
Zeugen Q auch keine Belastungstendenz zu entnehmen, auch sie haben positive, für
die Beklagte sprechende Aspekte angesprochen, so z.B. dass der Service freundlich
war.
Der Kläger kann daher wegen der mangelhaften Qualität des Essens und des Service
den Gesamtreisepreis um weitere 15% mindern (=608,25 €). Das gegebene Niveau des
Essens und des Service stellen einen erheblichen Reisemangel und eine
entsprechende Einbuße an Urlaubswert dar.
51
Insgesamt kann der Kläger daher eine Minderung in Höhe von 2.369,- € verlangen, also
58% des Reisepreises.
52
Die erkannten Reisemängel stellen eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise dar, so
dass dem Kläger nach § 651 f Abs. 2 BGB auch Schadenersatz wegen nutzlos
aufgewendeter Urlaubszeit für sich und seine Familie zusteht. Dies gilt insbesondere
deshalb, weil der Kläger aus beruflichen Gründen nur 1-2 Wochen im Jahr Zeit für
Urlaubsreisen hat, so dass ihn eine Woche nutzlos vertaner Urlaubszeit besonders
schädigt. Nach zutreffender Rechtsprechung ist als geeigneter Maßstab für die
Bemessung Höhe der der Entschädigung auf den Reisepreis abzustellen (vgl. BGH Urt.
v. 11.01.2005, Az. X ZR 118/03 in NJW 2005, 1047.). Der Kläger fordert eine
Entschädigung in Höhe von mindestens 60% des Gesamtreisepreises. Das erkennende
Gericht hält es für sachgerecht und angemessen, die gleiche Quote, die die Summe
aller Mängel als Minderung ergeben hat, auch für den Schadenersatzanspruch,
bezogen auf den Reisepreis, anzusetzen (ebenso BGH Urt. v. 11.01.2005, Az. X ZR
118/03 in NJW 2005, 1047; Führich, Reiserecht, Rz. 352 b), also weitere 2.369,- €.
53
Hinsichtlich der Verteilung dieser Summe hält das Gericht eine nach Personen
differenzierende Verteilung für angemessen (ebenso OLG Celle Urt. v. 09.12.2004, Az.
11 U 170/03 in NJW-RR 2005,425.). Da nichts dazu vorgetragen ist, dass die übrigen
Familienmitglieder ähnlich wenig Zeit im Jahr für Urlaubsreisen zur Verfügung haben
wie ihr Vater und dies bei lebensnaher Sachverhaltsauslegung auch nicht
wahrscheinlich ist, besteht der immaterielle Schaden der übrigen Familienmitglieder
weniger darin, sich nicht noch auf einer anderen Reise im Jahr 2008 erholen zu können,
sondern darin, im Jahr 2008 keinen oder nur noch einen weiteren kurzen Urlaub mit
dem Vater teilen zu können, der von Urlaubsfreude statt Verdruss der Beteiligten
geprägt ist. Das Gericht erkennt den Beteiligten daher folgende Summen zu: Für die
Ehefrau des Klägers, deren Interesse an einem von Freude getragenen Urlaub mit ihrem
Mann als am höchsten aus dem Kreis der Familienmitglieder anzusetzen ist: 600,- €. Für
die Kinder, die die Mängel des Urlaubs weniger wahrgenommen haben dürften als die
Erwachsenen, dafür aber die verärgerte Stimmung der Erwachsenen: je 250,- €. Für die
Schwiegermutter Frau C, deren Interesse bei lebensnaher Sachverhaltsauslegung auch
guter Familienverhältnisse mehr der gemeinsamen Urlaubszeit mit den Enkelkindern als
ihrem Schwiegerkind gelten dürfte, die aber auch den Ärger über die Zustände geteilt
hat: 250,- €. Der Restbetrag von 1.019,- € steht dem Kläger zu, der nicht nur vertane
Urlaubszeit erlitten hat, sondern kaum Zeit für anderweitige Urlaubserholung hat und
zudem von der Auseinandersetzung mit der Beklagten am stärksten betroffen war, da er
den Prozess für seine Familie geführt hat.
54
Die Zinsforderung ist begründet aus § 286 Abs. 1 BGB. Entgegen der Ansicht der
Beklagten ist sie spätestens mit dem Schreiben des Klägers vom 08.10.2008 zum
16.10.2008 in Verzug gesetzt worden. Die Rechtsanwaltsgebühren sind als
Verzugsschaden ebenfalls begründet.
55
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 91 a Abs. 1, S. 1, § 281 Abs. 3, S. 2
ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
56
Streitwert
57