Urteil des LG Köln vom 14.05.2008

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Landgericht Köln, 28 O 582/07
Datum:
14.05.2008
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
28. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
28 O 582/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
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Die Parteien streiten darum, ob die Beklagte durch das Nutzen von Lichtbildern als
Wanddekoration für ihren Gaststättenbetrieb Urheberrechte des Klägers - eines
Fotografen - an diesen Bildern verletzt hat.
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Im September 2007 entdeckte der Kläger in der von der Beklagten betriebenen
Gastronomie "W" in L die sieben streitgegenständlichen Fotografien. Die in Größen von
bis zu 1x1,5m gerahmten Fotografien dienten als Wanddekoration im Bereich des
Treppenaufgangs, auf der Empore und in einer Sitzecke des Restaurants. Von dem
Kläger hatte die Beklagte keine Lizenz für die Nutzung erworben.
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Das "W" wurde 1999 gegründet und gelangte nach mehrmaligem Eigentümer- und
Besitzerwechsel am 04.01.2005 durch Verkauf in das Eigentum der jetzigen Beklagten.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.10.2007 wandte der Kläger sich an die Beklagte
und bat um Auskunft, auf welcher Basis die Nutzung der Bilder erfolge, worauf diese
zunächst durch einen Mitarbeiter mitteilen ließ, dass eine Lizenz nicht bekannt sei und
man die Bilder bereits vor zwei Jahren vom Vorbesitzer übernommen habe. Mit
Anwaltsschreiben vom 17.10.2007 wies die Beklagte darauf hin, dass sie die genannten
Fotografien käuflich erworben habe und berief sich auf eine berechtigte Nutzung nach
Maßgabe des § 17 Abs. 2 UrhG. Die streitgegenständlichen Fotografien sind
mittlerweile abgehängt.
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Der Kläger behauptet, Urheber der sieben streitgegenständlichen Fotografien zu sein,
was die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet. Dies ergebe sich aus der - insoweit
unstreitigen - Namensnennung in den Bildbänden "Caffè per favore!", "Italienische
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Caffè-Bars" und "Das Café". Bei den ausgehängten Fotografien müsse es sich um
Raubkopien handeln, da die Fotografien 1-3 aus seinen Bildbänden abgescannt und
vervielfältigt worden seien, bzw. im Fall der Fotografien 4-7 vergrößert wurden. Er ist der
Ansicht, dass in dem Aushängen der Fotografien ein öffentliches Anbieten zu sehen sei
und die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes durch die Beklagte die
urheberrechtlichen Ansprüche ausreichend begründe.
Mit der am 29.10.07 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 29.11.07
zugestellten Klage hat der Kläger ursprünglich unter anderem beantragt, die Beklagte zu
verurteilen, ihm Auskunft über den vorherigen Besitzer der Gaststätte "W" zu erteilen.
Nachdem die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 14.01.2008 mitgeteilt hat, wer die
vorherigen Betreiber waren, haben der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 07.02.08,
eingegangen bei Gericht am 11.02.08, und die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.03.2008,
bei Gericht eingegangen am selben Tag, den Auskunftsantrag übereinstimmend für
erledigt erklärt und insoweit wechselseitige Kostenanträge gestellt.
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Der Kläger beantragt nunmehr,
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die Beklagte zu verurteilen
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1. es zu unterlassen, die als Anlage K 1 der Klageschrift beigefügten Fotografien
mit den Nummern 1-7 zu verbreiten und/oder zu vervielfältigen, insbesondere
diese in der Gaststätte "W" in der C-Straße in L als Wanddekoration zu nutzen,
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2. an den Kläger 5.500 Euro nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit
dem 15.10.2005 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behauptet, die Fotografien 4 bis 7 hätten zum Zeitpunkt der Übernahme der
Gaststätte durch sie bereits seit ca. 8 Jahren dort gehangen. Bei ihnen handele es sich
offensichtlich um Drucke aus einem Wandkalender, dessen Teil mit den
Datumsangaben abgeschnitten worden sein müsse. Die Fotografien zu 1 bis 3 habe
ihre Geschäftsführerin im März 2007 auf dem Flohmarkt erworben. Der Hersteller der
Fotos sei ihr infolgedessen nicht bekannt. Die Beklagte ist der Ansicht, dass das
Aufhängen der Bilder keine urheberrechtlich relevante Nutzungshandlung darstelle.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Kammer die vom Kläger in Bezug
genommenen Bildbände sowie die bei den Beklagten aufgehängten Bilder, die in
Anlage K1 mit den Nummern 3 - 7 bezeichnet sind, in Augenschein genommen;
insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 02.04.2008 Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Urkunden
Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Dem Kläger stehen der noch geltend gemachte Unterlassungs- sowie der
Schadensersatzanspruch nicht nach § 97 Abs. 1 UrhG zu.
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Der Kläger ist zwar Urheber der hier streitgegenständlichen Fotografien, weil er sich auf
die Urhebervermutung des § 10 Abs. 1 UrhG stützen kann. Denn in den in der
mündlichen Verhandlung eingesehenen Bildbänden, die den Kläger als Fotografen
nennen, sind die streitgegenständlichen Fotografien enthalten. Insoweit war das
Bestreiten mit Nichtwissen der Beklagten nicht mehr ausreichend. Die Schutzfähigkeit
der streitgegenständlichen Fotografien ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG, da die
Fotografien die für den Werkcharakter erforderliche Schöpfungshöhe im Sinne von § 2
Abs. 2 UrhG aufweisen, jedenfalls aber dem Lichtbildschutz nach § 72 UrhG unterfallen.
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Jedoch liegt keine Verletzungshandlung vor, die den Kläger zur Geltendmachung des
Unterlassungs- sowie des Schadensersatzanspruchs berechtigt.
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Eine unerlaubte Vervielfältigung der Werke des Klägers im Sinne von § 16 Abs. 1 UrhG
liegt nicht vor. Sie ist nur dann gegeben, wenn eine körperliche Festlegung des Werkes,
die geeignet ist, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Weise unmittelbar
oder mittelbar wahrnehmbar zu machen, stattfindet (Dreier/Schulze, UrhR, 2. Auflage
2006, § 16 Rz. 6). Soweit der Kläger behauptet, die Beklagte müsse Raubkopien
verwendet haben, so liegt hierin keine ausreichende Substantiierung einer
entsprechenden Handlung durch die Beklagte. Der für die Verletzungshandlung
darlegungs- und beweisbelastete Kläger hat nicht dartun können, dass es gerade die
Beklagte war, die unerlaubte Vervielfältigungen von Bildern aus Büchern des Klägers
vorgenommen hat. Die Kammer verkennt nicht, dass der Kläger insoweit in Beweisnot
ist, weil er keinen Einblick darin hat, wer eine etwaige Vervielfältigung vorgenommen
hat. Selbst wenn in einer solchen Situation die Beklagte aber eine sekundäre
Darlegungslast träfe und es ihr obläge, zunächst etwas zur Erlangung der
Vervielfältigungsstücke durch sie vorzutragen, ist die Beklagte einer solchen
Verpflichtung jedenfalls nachgekommen. Denn sie hat vorgetragen, einen Teil der Bilder
auf dem Flohmarkt gekauft zu haben und den anderen Teil (ohne Kenntnis von dessen
Herkunft) vom Vorbesitzer übernommen zu haben. Die klägerseits auf die statistische
Häufigkeit der "Flohmarkt-Ausrede" gestützte bloße Vermutung, es handele sich bei
dieser um eine Schutzbehauptung der Beklagten, genügt nicht den Anforderungen an
substantiierten Vortrag. Angesichts des Umstandes, dass der Kläger auch nicht näher
darlegen konnte, wie die Beklagte für ein etwaiges Vervielfältigen adäquat kausal
geworden sein soll, ergibt sich im Rahmen des Unterlassungsanspruchs auch unter
dem Gesichtspunkt der Störerhaftung keine Verantwortlichkeit der Beklagten für eine
solche Verletzungshandlung.
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Eine Verletzung des Ausstellungsrechts, § 18 UrhG, liegt bereits nach dem Wortlaut der
Vorschrift und unter Berücksichtigung des eigenen Vortrags des Klägers nicht vor. Denn
von § 18 UrhG ist nur das bis dahin unveröffentlichte Werk erfasst. Daran fehlt es aber,
weil der Kläger selbst zur Stützung seiner Aktivlegitimation vorträgt, die Bilder seien
bereits in einem bzw. mehreren Bildbänden erschienen. Veröffentlicht ist ein Werk aber
bereits mit dieser Erstveröffentlichung, ungeachtet dessen, ob dies in körperlicher oder
unkörperlicher Form geschieht (Dreier/Schulze, a.a.O., § 18 Rn. 9).
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In der Verwendung der Fotografien als Wanddekoration ihrer Gastronomie-
Räumlichkeiten liegt auch kein rechtswidriger Eingriff der Beklagten in das
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urheberrechtliche Verbreitungsrecht des Klägers aus § 17 UrhG. Mit dem Aufhängen der
Fotos hat die Beklagte die Fotografien weder der Öffentlichkeit angeboten noch im
Sinne des § 17 UrhG in den Verkehr gebracht. Ein Anbieten im Sinne der Vorschrift
scheidet bereits aus, weil der Kläger nichts dazu vorgetragen hat, inwieweit die
Beklagte hinsichtlich der Fotografien Kauf- oder Mietangebote abgegeben haben sollte.
Auch ein Inverkehrbringen liegt nicht vor. Nach bisheriger gesicherter Rechtsprechung
erforderte ein Inverkehrbringen, dass das Original oder Vervielfältigungsstücke aus der
internen Betriebssphäre durch Überlassung des Eigentums oder des Besitzes der
Öffentlichkeit zugeführt wurden (Dreier/Schulze, a.a.O., § 17 Rn. 15; BGH GRUR 2007,
51 m.w.N. - Le Corbusier Möbel; OLG Köln GRUR-RR 2007, 1). ). Dabei kann die
Überlassung des Besitzes für einen nur vorübergehenden Zeitraum genügen. Daran
fehlt es hier. Mag der Bewirtungsvertrag, den die Gäste der Beklagten mit dieser
abschließen, auch Elemente der Miete enthalten (Stuhl, Tisch, Geschirr etc.) und
insofern Besitzüberlassungen beinhalten, gilt das jedenfalls nicht für die
Wanddekoration, mit der die Gäste nur über den Sehsinn in Kontakt treten. Etwas
anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des OLG Köln vom 07.07.2006 (GRUR-
RR 2007, 1; vorgehend Kammer, 28 O 268/05). Dort ist zwar ausgesprochen, dass es
der Schutzzweck des UrhG verbiete, dass über den Kopf des Berechtigten hinweg ohne
dessen Beteiligung die schöpferische Leistung durch Überlassung der Nachbildungen
an die Allgemeinheit ausgenutzt werde. Indes lag dem dort zu beurteilenden Fall eine
mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbare Konstellation zugrunde, weil die
dort streitgegenständlichen Möbel in einer Zigarrenlounge aufgestellt waren und
insofern erkennbar dazu dienten, von den Gästen zumindest vorübergehend in Besitz
genommen zu werden, indem diese darauf Platz nahmen. An einer solchen körperlichen
Überlassung fehlt es.
Die Berücksichtigung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben, insbesondere die
grundsätzlich gebotene richtlinienkonforme Auslegung nationalen Rechts, führt nicht zu
einer erweiternden Auslegung des § 17 Abs. 1 UrhG. Insbesondere fordert Art. 4 Abs. 1
der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. 5.
2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten
Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABlEG Nr. L 167 v. 22. 6. 2001, S. 10 =
GRUR Int 2001, 745 (Informationsgesellschafts-Richtlinie) nicht, dass der Begriff der
Verbreitung dahin ausgelegt wird, dass er das öffentliche Zeigen von Werken umfasst.
Die Norm bestimmt:
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(1) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer
Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die
Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige
Weise zu erlauben oder zu verbieten.
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Der Begriff der Verbreitung an die Öffentlichkeit auf sonstige Weise in Art. 4 Abs. 1 der
Informationsgesellschafts-Richtlinie ist unter Berücksichtigung des Art. 6 des
Urheberrechts-Vertrages der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) dahin
auszulegen, dass unter ihn nur Handlungen fallen, die mit einer Übertragung des
Eigentums an diesem Gegenstand verbunden sind, an der es hier ersichtlich fehlt. Der
Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 234 EG bedurfte es nicht, weil
der EuGH die hier interessierende Rechtsfrage zwischenzeitlich wie vorstehend
wiedergegeben entschieden hat (EuGH, Urt. v. 17.04.2008, Rs. C-456/06, Rn. 36, noch
nicht veröffentlicht, abrufbar unter http://curia.europa.eu). Entgegen der Ansicht des
Klägers ist der dort entschiedene Sachverhalt, der auf ein Vorabentscheidungsersuchen
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des BGH (GRUR 2007, 50) zurückgeht, vergleichbar mit dem hiesigen. Ein relevanter
Unterschied besteht insbesondere nicht darin, dass die dortigen Werkstücke
anscheinend innerhalb der Gemeinschaft rechtmäßig hergestellt worden waren, wie in
Rn. 50 des Urteils des EuGH angedeutet ist. Denn auch im hier zu beurteilenden
Streitfall hat der Kläger nicht darlegen können, inwieweit es sich bei den von der
Beklagten benutzten Bildern um unrechtmäßig angefertigte Vervielfältigungsstücke
handelt. Insbesondere hat die Kammer nach Inaugenscheinnahme der Bilder 4 - 7 im
Termin den Eindruck gewonnen, dass es sich bei diesen um Ausschnitte aus einem
Kalender handelte, wie aus teilweise noch sichtbaren Zahlen und der ungeraden
Schnittkante ersichtlich war. Wenn dem so war, was der Kläger jedenfalls nicht
widerlegen konnte, ist nicht von einer unberechtigten Vervielfältigung auszugehen, weil
nach dem Verarbeitungsvorgang (dem Zuschneiden) weiterhin ein- und dasselbe
Vervielfältigungsstück vorliegt. Eine Kopie, die zu einem zusätzlichen Werkstück führt,
wird nicht hergestellt. Aber auch im Hinblick auf die Bilder 1 - 3 ist nicht dargelegt,
inwieweit es sich um unerlaubte Vervielfältigungen handelt. Es kann dahinstehen, ob
insoweit der Vortrag des Klägers, wonach die Bilder in den von der Beklagten genutzten
Größen normalerweise nicht angeboten werden, hinreichend substantiiert ist. Denn der
EuGH hat den Begriff der Verbreitung nicht beschränkt auf die ihm vorliegende
Konstellation, sondern generell entschieden und sich ausdrücklich auch mit der Frage
auseinandergesetzt, ob etwas anderes gelten könne, wenn der Urheber keine
Vergütung für das Vervielfältigungsstück erhalten habe. Letztere Frage hat er verneint
(EuGH, a.a.O., Rn. 40) und damit die Vergleichbarkeit beider Konstellationen bejaht.
Auch die Erwägungsgründe 9 bis 11 der Informationsgesellschafts-Richtlinie, die
zusammengefasst das Postulat eines hohen Schutzniveaus zu Gunsten der Urheber
enthalten, fordern keine weitergehende Auslegung des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie, weil
dieser Schutz nur in dem durch den Gemeinschaftsgesetzgeber - in Umsetzung seiner
völkerrechtlichen Verpflichtung (Art. 6 WCT) - vorgegebenen Rahmen zu realisieren ist
(EuGH, a.a.O., Rn. 38).
Es bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung, ob die Vorgabe
des Art. 4 Abs. 1 der Informationsgesellschafts-Richtlinie im Sinne einer
Mindestharmonisierung aufzufassen ist, die einen über die Vorgaben der Richtlinie
hinausgehenden Schutz der Urheber durch das mitgliedstaatliche Recht zulässt. Aus
Sicht der Kammer kann gegen eine abschließende Definition der Nutzungshandlungen
durch Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie sprechen, dass ausweislich Erwägungsgrund 32 der
Richtlinie "die Ausnahmen und Beschränkungen in Bezug auf das
Vervielfältigungsrecht und das Recht der öffentlichen Wiedergabe [...] in dieser
Richtlinie erschöpfend aufgeführt sind". Sind die Schrankenregelungen der Richtlinie
hiernach abschließend, so fehlt eine entsprechende Regelung für die
Nutzungshandlungen selbst. Selbst unter der Prämisse, dass weitergehende nationale
Definitionen im Grundsatz zulässig sind, die auch die hier streitgegenständliche
Konstellation erfassen, ist eine entsprechende Auslegung des § 17 Abs. 1 UrhG,
wonach eine Verbreitungshandlung vorliegt, wenn nicht vom Nutzenden hergestellte
Vervielfältigungsstücke in dessen Räumen zu Dekorationszwecken aufgehängt werden,
nicht geboten. Dafür spricht vor allem der Vergleich zum Ausstellungsrecht nach § 18
UrhG: Dort ist der Akt der bloßen "Wahrnehmbarmachung" nämlich als dem Urheber
zustehende Nutzungsart explizit aufgeführt und entsprechend eng gefasst. Diese
Entscheidung des Gesetzgebers (die auch der gemeinschaftsrechtlichen Normgebung
offenbar zugrunde lag) darf nicht durch eine weite Auslegung des § 17 UrhG "auf kaltem
Wege" entwertet werden (in der Tendenz ebenso BGH GRUR 2007, 50, 52: "eher fern
liegend"). Auch in der Literatur wird eine entsprechende erweiternde Auslegung des
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§ 17 UrhG für problematisch gehalten (von Ungern-Sternberg, GRUR 2008, 193, 199).
Soweit die Kammer in dem Urteil vom 23.11.2005 (Az. 28 O 268/05) beiläufig und für die
Entscheidung nicht tragend ausgeführt hat, ein Inverkehrbringen liege vor, wenn
Bildreproduktionen unberechtigt als Dekoration verwendet würden, so hält sie daran
nicht mehr fest.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit im Hinblick auf die erteilte Auskunft
übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren die Kosten auch insoweit dem Kläger
aufzuerlegen, § 91a Abs. 1 ZPO. Dies entspricht der Billigkeit unter Berücksichtigung
des bisherigen Sach- und Streitstandes. Denn auch der Auskunftsanspruch wäre nach
dem oben Gesagten unbegründet gewesen, weil eine Verletzungshandlung der
Beklagten nicht gegeben war.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 91a, 709 S. 1 und 2 ZPO.
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Streitwert: bis zum 13.03.2008: 50.000,- €
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(Antrag zu 1) 42.000,- €)
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(Antrag zu 2) 5.500,- €)
32
(Antrag zu 3) 2.500,- €)
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danach: 47.500,- €
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(Antrag zu 1) 42.000,- €)
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(Antrag zu 2) 5.500,- €)
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Die Streitwertfestsetzung beruht hinsichtlich des Antrags zu 1) auf einem Streitwert von
6.000,- € pro Lichtbild, §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO. Die Kammer schätzt in ständiger
Rechtsprechung - in Übereinstimmung mit dem OLG Köln - den Streitwert für die
Unterlassung der Nutzung sogar einfacher Lichtbilder in der genannten Höhe, um dem
Umstand Rechnung zu tragen, dass der Unterlassungsanspruch weitergehende
Rechtsfolgen zeitigt als ein Schadensersatzanspruch. Auch bei Abwägung aller
Umstände des vorliegenden Falls und unter Berücksichtigung des klägerischen
Interesses an der begehrten Unterlassung erscheint ein solcher Streitwert pro Lichtbild
angemessen.
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