Urteil des LG Kleve vom 28.10.2010

LG Kleve (beschwerde, beschlagnahme, stpo, marke, firma, antrag, beweismittel, zustimmung, zeichen, markenrechtsverletzung)

Landgericht Kleve, 120 Qs 77/10
Datum:
28.10.2010
Gericht:
Landgericht Kleve
Spruchkörper:
2.Strafkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
120 Qs 77/10
Schlagworte:
Markenrechtsverletzung, markenrechtlich relevnte Durchfuhren
Normen:
MarkenG § 143, § 14 Abs. 2; StPO § 94
Leitsätze:
Zur Markenrechtsverletzung beim Handel mit gefälschten Turnschuhen.
Tenor:
Die Beschwerde vom 24.06.2010 gegen den Beschluss des
Amtsgerichts L vom 27.05.2009 wird auf Kosten der Beschwerdeführerin
als unbegründet verworfen.
G r ü n d e:
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I.)
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Im April 2009 erstattete die A S GmbH aus O als Lizenznehmerin und
Vertriebsgesellschaft der C Inc., N A , MA ####1, -----, Strafanzeige gegen Unbekannt
wegen des Verdachts der strafbaren Kennzeichenverletzung. Das Amtsgericht L ordnete
im weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens die Durchsuchung von Lagerhallen in F
an (Bl. 35 d.A.); die Durchsuchung führte u.a. zur Sicherstellung von 23 Paletten mit
insgesamt 1.024 Kartons mit Schuhen, die das Aussehen von Schuhen der Marke "C "
haben (Bl. 43, 45 d.A.). Mit Beschluss vom 27.05.2009 bestätigte das Amtsgericht L die
Beschlagnahme, da der Verdacht einer strafbaren Markenrechtsverletzung bestehe und
die sichergestellten Gegenstände für die weiteren Ermittlungen als Beweismittel
erforderlich seien (Bl. 102 d.A.).
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Nachdem sich im weiteren Verlauf der Ermittlungen der ursprüngliche Verdacht, dass
die sichergestellten Schuhe für die Firma N2 GmbH bestimmt gewesen seien, nicht
bestätigte, wurde das Verfahren gegen die bis dahin beschuldigten Geschäftsführer der
N2, die Herren P, W , F , Dr. E, B und R gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt (Bl. 385 ff.
d.A.). Das Verfahren richtet sich nunmehr ausschließlich gegen den B I G (als
Beschuldigter nacherfasst Bl. 190 d.A.), welcher Geschäftsführer der Q T L ist (Bl. 173 ff.
d.A.). Diese Firma ist nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen die Lieferantin
und Eigentümerin der beschlagnahmten Schuhe.
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Mit Schriftsatz vom 24.06.2010 legte Rechtsanwalt M als Vertreter der Q T L (Vollmacht
Bl. 96 d.A.) gegen die weitere Beschlagnahme der Schuhe Beschwerde ein (Bl. 347 f.
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d.A.). Das Amtsgericht half der Beschwerde nicht ab und legte die Sache der Kammer
zur Entscheidung vor.
Die Staatsanwaltschaft hat zu dem Antrag Stellung genommen (Bl. 352 d.A.).
Rechtsanwalt M erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme (Bl. 353, 356 R, 387 R, 484 R
d.A.).
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II.)
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1.)
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Die Beschwerde ist zulässig. Gegen die nach § 98 Abs. 2 S. 2 StPO erfolgte gerichtliche
Bestätigung der Beschlagnahme ist die Beschwerde statthaft, § 304 StPO.
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Zwar ist eine Beschwerde in der Regel als Antrag auf Aufhebung des
Bestätigungsbeschlusses anzusehen, wenn – wie hier – die ohne richterlichen
Beschluss erfolgte Beschlagnahme durch das Gericht bestätigt wurde (Meyer-Goßner,
StPO, 53. Aufl. 2010, § 98 Rn. 19). Hier hatte jedoch Rechtsanwalt M bereits mit
Schriftsatz vom 19.06.2009 beantragt, die sichergestellten Schuhe umgehend
freizugeben (Bl. 162 d.A.), woraufhin ihm die Staatsanwaltschaft mitgeteilt hatte, dass
die Schuhe weiterhin sichergestellt blieben (Bl. 169 d.A.); ein solcher Antrag war somit
bereits einmal vergebens gestellt worden. Zudem hat das Amtsgericht jedenfalls durch
den Vermerk, dass der Beschwerde nicht abgeholfen wird und die Akte der
Beschwerdekammer vorgelegt wurde, zum Ausdruck gebracht, dass es bei der
Beschlagnahme bleiben soll. Obwohl die Beschwerdeführerin trotz mehrmaliger
Anfragen der Kammer, wie ihr Antrag auszulegen sei, keine Stellung hierzu bezogen
hat, ist er so auszulegen, dass das Rechtsmittel der Beschwerde gemeint war, da
vorliegend nur so ihrem Begehren auf Freigabe der Schuhe Rechnung getragen werden
kann. Als Eigentümerin der Schuhe hat sie auch ein Rechtsschutzbedürfnis.
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2.)
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Die Beschwerde ist unbegründet.
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Nach § 94 Abs. 1 u. 2 StPO sind Gegenstände, die als Beweismittel für die
Untersuchung von Bedeutung sein können, in Verwahrung zu nehmen oder in anderer
Weise sicherzustellen; befinden sie sich in dem Gewahrsam einer Person und werden
sie nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf es der Beschlagnahme. Insoweit genügt
ein Anfangsverdacht (Meyer-Goßner, aaO, § 98 Rn. 8).
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Vorliegend besteht die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Beschuldigte I G als
Geschäftsführer der Q T L gemäß § 143 MarkenG strafbar gemacht hat. Zum
Tatnachweis sind die beschlagnahmten Schuhe als Beweismittel geeignet und
erforderlich, so dass deren Beschlagnahme aufrecht zu erhalten ist.
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Nach § 143 MarkenG wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr widerrechtlich
entgegen § 14 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG ein Zeichen benutzt. Nach diesen
Vorschriften ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im
geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder
Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz
genießt (Nr. 1) bzw. ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit
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des Zeichens mit der Marke und der Identität … für das Publikum die Gefahr von
Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke
gedanklich in Verbindung gebracht wird (Nr. 2).
Unabhängig von der Frage, ob die Schuhe Fälschungen darstellen oder nicht, müsste
demnach eine Zustimmung der Anzeigeerstatterin vorliegen, dass die Q T L diese
Schuhe in den inländischen geschäftlichen Verkehr bringen darf. Denn zumindest die
Ähnlichkeit der sichergestellten Schuhe mit denen der Marke "C " ist offensichtlich. Eine
Zustimmung der Markenrechtsinhaberin liegt aber nach dem gegenwärtigen Stand des
Ermittlungsverfahrens nicht vor.
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Eine markenrechtlich relevante Durchfuhr ist entgegen der Darstellung der
Beschwerdeführerin nicht gegeben. Diese wäre zu ihren Gunsten beachtlich, da dann
das Merkmal des Inverkehrbringens nicht erfüllt wäre (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3.
Aufl. 2010, § 14 Rn. 248 m.w.N.). Gegen diese Annahme spricht aber, dass sich die
Ware unverplombt auf Paletten in einer ungesicherten, frei zugänglichen Lagerhalle in F
befand. Der behauptete Transportweg nach Brasilien ist bislang nicht nachvollziehbar,
obwohl es der Q T L möglich sein müsste, alle relevanten Dokumente, insbesondere in
Bezug auf die Verträge mit der Firma U – welche die Schuhe in F hat einlagern lassen,
vgl. Vermerk Bl. 58 d.A. – vorzulegen. Der im Ermittlungsverfahren vorgelegte
Korrespondenzauszug mit einer Firma in Brasilien (Bl. 325 f. d.A.) ist für sich wenig
aussagekräftig und enthält keine Angaben zu Transportwegen, Transportfirmen und
Artikelnummern. Die Mengenangabe 25.000 stimmt nicht mit der Anzahl der Schuhe
überein, die in F gelagert X (1.024); auch dass 5 Monate zwischen der letzten
vorgelegten Korrespondenz (08.11.2008) und dem Auffinden der Schuhe in F (April
2009) liegen, spricht gegen das Vorliegen eines Zusammenhangs. Des Weiteren
sprechen auch die Angaben des P gegen die Annahme, es handele sich um
Durchfuhrware. Dieser ist der Inhaber der Firma, welche die Schuhe ursprünglich in der
Halle in F eingelagert hatte. Er gab an, dass die Schuhe für die Firma Q angenommen
werden sollten, dass lediglich -Frachtbriefe dabei waren und dass keine Informationen
vorlagen, was mit den Schuhen passieren sollte (Bl. 212 d.A.).
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b)
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Die beschlagnahmten Schuhe sind als Beweismittel geeignet und erforderlich. Nur so
kann die Identität bzw. die Ähnlichkeit der Schuhe mit denen der Marke "C "
nachvollzogen werden. Im Übrigen ist es für die Schadenshöhe und damit für die
Strafzumessung entscheidend, ob eine Einfuhr lediglich ohne Zustimmung des
Markenrechtsinhabers erfolgte oder ob gefälschte Schuhe – wofür vorliegend einiges
spricht angesichts des Gutachtens des L Bl. 156 ff. – eingeführt wurden.
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Die Beschlagnahme ist angesichts des bedeutenden Umfangs der Ware weiterhin
verhältnismäßig. Für die Dauer des Verfahrens ist die Beschwerdeführerin wesentlich
mitverantwortlich. Im Übrigen könnten die Schuhe vorliegend auch gemäß § 111 b f.
StPO beschlagnahmt werden, da nach dem oben Gesagten eine Wahrscheinlichkeit für
das Vorliegen der Voraussetzung der Einziehung nach §§ 143 Abs. 5 MarkenG, 74a
StGB besteht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
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