Urteil des LG Kaiserslautern vom 20.10.2004

LG Kaiserslautern: reparaturkosten, wiederbeschaffungswert, ersatzbeschaffung, verkehrsunfall, einzelrichter, vollstreckung, verfügung, quelle, beschädigung, abrechnung

Verkehrsrecht
LG
Kaiserslautern
20.10.2004
3 O 707/04
Das Gericht ist im Zivilprozess nicht verpflichtet, von Amts wegen ein Gutachten über den Schaden des
Klägers einzuholen, wenn dieser sich zur Begründung seines Schadensersatzanspruchs auf offensichtlich
falsche Zahlen stützt.
Aktenzeichen:
3 O 707/04
Urteil verkündet am:
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Landgericht Kaiserslautern
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In dem Rechtsstreit
- Kläger –
Prozeßbev
gegen
- Beklagte–
Prozessbev.:
wegen restlichem Schadensersatz aus Verkehrsunfall
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern durch den Richter als Einzelrichter aufgrund der
mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2004
für R e c h t erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung
gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger nimmt die Beklagte als Haftpflichtversicherer eines Herrn Robert B. in Anspruch, der mit
seinem Fahrzeug, haftpflichtversichert bei der Beklagten, am 28.03.2004 einen Verkehrsunfall schuldhaft
verursacht hat. Der Kläger hatte seinen Pkw am 28.03.04 ordnungsgemäß in H. abgestellt. Herr B. fuhr auf
das geparkte Fahrzeug auf. Durch Privatgutachten ermittelte der Kläger Reparaturkosten in Höhe von
14.475,62 €, eine merkantile Wertminderung von 1.000,00 €, einen Wiederbeschaffungswert von
14.500,00 € und einen Restwert von 6.200,00 €, alle Angaben als brutto. Die Beklagte hat auf den
Schaden 7.962,51 € an den Kläger geleistet unter Berücksichtigung des netto-Wiederbeschaffungswertes
abzüglich des Restwertes. Der Kläger hat mittlerweile ein Ersatzfahrzeug angeschafft, bei dem die
Mehrwertsteuer voll reinvestiert wurde. Das Unfallfahrzeug hat der Kläger zum Verkauf freigegeben. Mit
Schreiben vom 11.05.2004 wurde die Beklagte zur Zahlung aufgefordert. Unmittelbar nach
Klagezustellung hat die Beklagte an den Kläger die angefallene Mehrwertsteuer von 337,49 €
überwiesen.
Der Kläger meint, auf Basis der Reparaturkosten abrechnen zu können und begehrt restlichen
Schadensersatz.
Der Kläger beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.516,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem
Basiszinssatz seit dem 21.05.2004 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ergänzend wird auf alle Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, sowie auf alle Protokolle und sonstigen
Aktenteile Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.
Die zulässige Klage ist in der Sache erfolglos. Dem Kläger steht ein weiterer Schadensersatzanspruch
gegen die Beklagte nicht zu.
1. Nach §
249
BGB hat, wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen
würde, wenn der zum Ersatze verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen Verletzung einer
Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte statt
der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Für die Berechnung von
Kraftfahrzeugschäden stehen dem Geschädigten im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur
Verfügung: die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines (gleichwertigen)
Ersatzfahrzeugs. Dabei ist der Geschädigte nach dem gesetzlichen Bild des Schadensersatzes Herr des
Restitutionsgeschehens (BGH NJW 2003, 2085 f.).
Der Kläger hat hier gegenüber der Beklagten die Abrechnung auf Gutachtenbasis gewählt.
DerBundesgerichtshofhat bereits im Urteil vom 15. 10. 1991 (vgl. BGHZ 115,
364
[
371
ff.] = NJW
1992
,
302
) entschieden, dass in den Fällen, in denen der Geschädigte sein beschädigtes Fahrzeug tatsächlich
repariert, bei der für die Ermittlung der Wirtschaftlichkeitsgrenze einer Reparatur erforderlichen
Vergleichsbetrachtung, zwischen den Reparaturkosten und den Kosten der Ersatzbeschaffung auf Seiten
der Letzteren eine Kürzung des Wiederbeschaffungswerts um den Restwert im Allgemeinen unterbleibt.
Wird der Pkw vom Geschädigten tatsächlich repariert und weiter genutzt, so stellt sich der Restwert
lediglich als hypothetischer Rechnungsposten dar, den der Geschädigte nicht realisiert und der sich daher
in der Schadensbilanz nicht niederschlagen darf.
Vorliegend hat der Kläger seinen Pkw jedoch nicht repariert, sondern zum Verkauf freigegeben. Der
Restwert ist somit nicht lediglich als hypothetischer Rechnungsposten zu betrachten, sondern voll in
Abzug zu bringen. Der Kläger konnte vorliegend somit nur die Differenz zwischen
Wiederbeschaffungswert und Restwert, mithin 8.300,00 € verlangen. Exakt diesen Betrag hat er von der
Beklagten erhalten, wobei 337,49 € erst nach dem tatsächlichen Anfall der Mehrwertsteuer geleistet
wurden, was § 249 Abs. 2 S. 2 BGB entspricht.
2. Der Kläger geht fehl, wenn er meint, aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes in VersR 85, 593 ff.
ableiten zu können, daß das Gericht die vom Kläger selbst in der Klage angegeben und von ihm durch
Privatgutachten ermittelten Beträge auf ihre Richtigkeit untersuchen müsse und hierzu gegebenenfalls ein
Gutachten einholen sei. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, daß, wenn man von dem Fall des
wirtschaftlichen Totalschadens absieht, bei richtiger Berechnung eigentlich die Kosten der Instandsetzung
nicht höher sein dürfen als die Kosten der Ersatzbeschaffung (vgl. BGH VersR 85, 593 ff. m. w. Nachw.).
Dem Kläger, der auf diesen Umstand und auf die Widersprüchlichkeit der von ihm angegebenen Zahlen
selbst im Schriftsatz vom 22.09.2004 hingewiesen hatte, hätte oblegen, die zutreffenden Zahlen
darzulegen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen. Im Zivilprozeß herrscht der
Beibringungsgrundatz im Gegensatz zum Amtsermittlungsgrundsatz. Die Parteien müssen dem Gericht
durch Sachvortrag und Stellung von Beweisanträgen die für die rechtliche Begründung ihres Begehrens
erforderlichen tatsächlichen Grundlagen liefern. Auch aus der vom Kläger zitierten Entscheidung BGH
VersR 85, 593 ff. ergibt sich nicht anderes. Der Bundesgerichtshof spricht hier lediglich aus, daß der
Kläger auf den Umstand stark differenzierender Zahlen hinzuweisen ist. Vorliegend konnte ein Hinweis
jedoch unterbleiben, da der Kläger selbst auf diesen Umstand hingewiesen hat. Die klägerische
Rechtsauffassung unterstellt, müßte das Gericht von Amts wegen für die Ermittlung richtiger Zahlen zur
Begründung einer Klage Sorge tragen. Diese Ansicht ist mit dem Beibringungsgrundsatz unvereinbar.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 93 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Landgericht Kaiserslautern, den 20.10.2004
3. Zivilkammer, Einzelrichter
(Bruns)
Richter