Urteil des LG Itzehoe vom 29.03.2017

LG Itzehoe: allgemeine geschäftsbedingungen, kündigung, grundpreis, abrechnung, preisentwicklung, belastung, saldo, leitbild, tarif, billigkeit

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Gericht:
LG Itzehoe 9.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 S 89/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 4 Abs 1 AVBGasV, § 4 Abs 2
AVBGasV, § 5 Abs 2 GasGVV
Unwirksame Preiserhöhungsklausel in
Gasversorgungsvertrag; Preiserhöhungsrecht aufgrund
ergänzender Vertragsauslegung trotz Widerspruchs des
Kunden
Leitsatz
Widerspricht der Kunde bei einer unwirksamen Preiserhöhungsklausel in einem
Gasbezugsvertrag der Preiserhöhung, folgt ein Preisanpassungsrecht des Versorgers
auch nicht aus den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung, wenn der
Versorger zur Kündigung des Vertrages berechtigt gewesen wäre. Auf die Frage, ob der
Versorger mit der Unwirksamkeit der Klausel gerechnet hat, kommt es ebensowenig an
wie auf die Frage, ob über den Widerspruch hinaus Anlass zur Ausübung des
Kündigungsrechts bestand.
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in
Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen.
Die Klägerin ist ein Tochterunternehmen der xxx, eines
Energieversorgungsunternehmens, das in xxx, xxx und in Teilen von xxx Kunden
mit Strom, Erdgas, Wärme und Trinkwasser versorgt. Die xxx ging im Jahr 2003 aus
dem Zusammenschluss der xxx, der xxx xxx xxx und der xxx hervor. Zum 1.
September 2008 gliederte die xxx ihr Vertriebsgeschäft Gas auf die Klägerin aus.
Offene Forderungen der xxx gingen in diesem Zusammenhang auf die Klägerin
über.
Die Beklagten schlossen mit der damaligen xxx xxx xxx einen
Erdgasbelieferungsvertrag über die Verbrauchsstelle xxx in xxx nach dem Tarif
Klassik. Dem lagen die „Allgemeinen Bestimmungen zum Sondervertrag xxx“
zugrunde (Bl. 49 d.A.).
Unter Ziffer 4 des schriftlichen Vertrags heißt es:
Die “Allgemeinen Bestimmungen zum Sondervertrag xxx“ lauten unter Ziff. 1.3.:
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Wegen der weiteren Einzelheiten der schriftlichen Vereinbarungen wird auf die
beispielhaft eingereichte Kopie eines Mustervertrags (Bl. 34 d. Gerichtsakten)
Bezug genommen.
Der von den Vertragsparteien vereinbarte Tarif “xxx” sah eine Abrechnung des
Erdgasverbrauchs nach einem Grundpreis und einem Arbeitspreis vor. Der
Grundpreis war nach der Anzahl der Tage zu bezahlen, an denen der Kunde
beliefert wurde. Der Arbeitspreis richtete sich nach der Menge der gelieferten
Energie.
Der Grundpreis betrug nach einer unwidersprochen gebliebenen Erhöhung durch
die Klägerin ab dem 1. Oktober 2004 144,00 Euro je 365 Tage, der Arbeitspreis
0,03584 Euro je kWh. Der Grundpreis blieb in der Folge gleich.
Die Klägerin erhöhte den Arbeitspreis zum 1. Februar 2005 auf 0,03684 Euro je
kWh. Zum 1. August 2005 wurde der Arbeitspreis auf 0,04264 je kWh erhöht. Zum
1. Januar 2006 wurde der Arbeitspreis auf 0,04774 Euro je kWh erhöht. Zum 1.
November 2006 wurde der Arbeitspreis auf 0,05024 Euro je kWh erhöht. Zum 1.
März 2007 wurde der Arbeitspreis dann auf 0,04824 Euro je kWh gesenkt. Zum 1.
Juni 2007 wurde der Arbeitspreis dann nochmals auf 0,04574 Euro je kWh gesenkt.
Zum 1. Januar 2008 wurde der Arbeitspreis auf 0,04874 Euro je kWh erhöht.
Die Beklagten widersprachen erstmals mit Schreiben vom 8. April 2005 (Anlage
K7, Bl. 59 d.A.) den Preiserhöhungen. Sie akzeptierten nur eine Preiserhöhung um
2 %, solange die Klägerin ihre Preiserhöhung nicht durch Vorlage der
Kalkulationsgrundlagen begründet habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf
Anlage K7 (Bl. 59 d.A.) Bezug genommen.
Den Erdgasverbrauch der Beklagten im Zeitraum vom 25. Januar 2005 bis zum 15.
Februar 2008 rechnete xxx unter Zugrundelegung der von ihr erklärten
Preiserhöhungen ab. Im Einzelnen errechnete sie folgende Verbrauchsbeträge:
Wegen der Einzelheiten der Verbrauchswerte wird auf die Abrechnungen Anlage K9
(Bl 61, 64, 67 ff. d.A.) Bezug genommen. Die Beklagten leisteten darauf folgende
Abschläge (Anlage K10, Bl. 72 d.A.):
Insgesamt errechnet die Klägerin folgende Nachzahlungen (Anlage K10, Bl. 72
d.A.):
Mit der Klage hat die Klägerin Verurteilung der Beklagten zur Zahlung dieses
Betrages nebst Rechtshängigkeitszinsen erstrebt.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird
Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung erstrebt die Klägerin Verurteilung der Beklagten im o.g. Umfang.
Sie ist der Ansicht, die in § 4 des zwischen den Parteien geschlossenen
Sondervertrages enthaltene “Wärmemarktklausel”, nach der “xxx […] berechtigt
[ist], ihre Preise der Preisentwicklung auf dem Wärmemarkt anzupassen”, sei
wirksam. Eine solche Preisanpassungsklausel könne insbesondere vor dem
Hintergrund der wettbewerblichen Zwänge, denen die Klägerin unterliege, nicht
unangemessen i. S. d. § 307 BGB sei. Dies werde vor allem dadurch deutlich, dass
der Gesetzgeber auf eine behördliche Preisgenehmigung verzichtet habe.
Im Übrigen sei aufgrund der weiteren Entnahme von Gas durch die Beklagten aus
dem Leitungsnetz der Klägerin nach den Preiserhöhungen jeweils ein konkludenter
Energielieferungsvertrag zu dem durch die Klägerin geforderten Preis zustande
gekommen.
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Hilfsweise stützt sich die Klägerin auf die Grundsätze der ergänzenden
Vertragsauslegung und trägt vor, im Falle der Unwirksamkeit der
Preisänderungsklausel sei die hierdurch entstehende Regelungslücke durch die
ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Die hiernach erforderliche
Abwägung, was die Parteien vereinbart hätten, wäre ihnen bei Vertragsschluss die
Unwirksamkeit der betreffenden Klausel bekannt gewesen, führe vorliegend hierzu,
dass sich die Parteien nicht an einem Festpreis hätten festhalten lassen wollen.
Für die Klägerin sei es unzumutbar, als Folge einer unwirksamen
Preisanpassungsregelung den Kunden zu einem Preis beliefern zu müssen, der
nicht den objektiven Wert des vom Kunden bezogenen Gases widerspiegelt. Dies
würde letztlich zu einer unzumutbaren Belastung der Klägerin führen. Dies sei
insbesondere vor dem Hintergrund der Fall, dass es sich bei der
Haushaltskundenversorgung um ein Massengeschäft handle und der Klägerin bei
Rückforderungsansprüchen aller Kunden ein Rückforderungsrisiko i. H. v. ca. 749
Mio. Euro drohe. Dieser Argumentation könne auch nicht die
Kündigungsmöglichkeit der Klägerin entgegen gehalten werden, da die Klägerin vor
dem Hintergrund zweier Gerichtsentscheidungen – zum einen durch das
Landgericht xxx und zum anderen durch das Landgericht Itzehoe –, die die
Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln bejaht hätten, keinen Grund zur
Kündigung gehabt habe.
Ab dem 1.6.2007 seien Preisanpassungen auf der Grundlage des § 5 Abs. 2
GasGVV erfolgt und seien mithin wirksam.
Die erfolgten Erhöhungen seien auch nicht unbillig gewesen, denn die Klägerin
habe nicht einmal die volle Bezugskostensteigerung an ihre Kunden
weitergegeben.
Die Klägerin beantragt,
das am 30.07.2010 verkündete Urteil des Amtsgerichts xxx - ab-zuändern
und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 1.261,48
Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, eine Erhöhung des Gaspreises sei nicht stillschweigend vereinbart
worden. Die Beklagten hätten durch den Widerspruch eindeutig zum Ausdruck
gebracht, nicht zur Bezahlung des erhöhten Preises bereit zu sein. Im Übrigen sei
die “Wärmemarktklausel” wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam. Eine
ergänzende Vertragsauslegung komme vorliegend nicht in Betracht. Des Weiteren
könnten § 4 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von
Tarifkunden mit Gas (im Folgenden: AVBGasV) und § 5 der
Gasgrundversorgungsverordnung (im Folgenden: GasGVV) nicht herangezogen
werden, da es sich vorliegend um einen Sondervertrag handle.
II.
Die nach §§ 511, 519, 520 ZPO zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Entscheidung des Amtsgerichts weist weder eine Rechtsverletzung (§ 546
ZPO) zum Nachteil der Klägerin auf, noch rechtfertigen die von der Kammer nach
Maßgabe des § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere
Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Nachzahlungen. Dabei
kann dahinstehen, ob die Erhöhung durch die Klägerin zum 1.10.2004 wirksam
war, der die Beklagten nicht widersprochen haben. Jedenfalls sind die
Preiserhöhungen der Klägerin ab dem 1.2.2005 gegenüber den Beklagten
aufgrund ihres Widerspruchs nicht wirksam. Die Beklagten können allenfalls
verpflichtet sein, die von ihnen akzeptierte Erhöhung des Arbeitspreises um 2%,
bezogen auf die bis 31.2.2005 gültigen Preise der Klägerin, hinzunehmen. Auch
wenn dies zugrundegelegt wird, steht der Klägerin keine Nachforderung mehr zu.
Die Preiserhöhungen der Klägerin ab dem 1.2.2005 sind gegenüber den Beklagten
nicht wirksam.
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1. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der erhöhten Preise ergibt sich nicht aus
der in § 4 des Sondervertrages enthaltenen Preiserhöhungsklausel. Denn diese
Klausel hält, wie durch das Amtsgericht in seinem erstinstanzlichen Urteil
ausgeführt, einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB nicht stand.
a) Die durch die Klägerin verwendete Preisanpassungsklausel ist einer
Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht gemäß § 310 Abs. 2 BGB entzogen. Zwar
findet gemäß § 310 Abs. 2 BGB eine Inhaltskontrolle nach §§ 308, 309 BGB bei
Sonderverträgen der Gasversorgung grundsätzlich nicht statt, soweit die
Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von der AVBGasV
abweichen, an deren Stelle die GasGVV getreten ist (BGH, Urt. v. 14.07.2010 - VIII
ZR 246/08, WM 2010, 1762, Rn. 35 [zitiert nach juris]; BGH, Urt. v. 13.01.2010 - VIII
ZR 81/08, WM 2010, 481, Rn. 15, 17 [zitiert nach juris]; BGH, Urt. v. 28.10.2009 -
VIII ZR 320/07, NJW 2010, 993, Rn. 29 [zitiert nach juris]; BGH, Urt. v. 15.07.2009 -
VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59, Rn. 18 [zitiert nach juris]). Allerdings unterliegt die
hier in Frage stehende Preisanpassungsklausel als Preisnebenabrede der
Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB (BGH, Urt. v. 28.10.2009, aaO, Rn.
22 [zitiert nach juris]; BGH, Urt. v. 15.07.2009 – VIII ZR 56/08, BGHZ 182, 41, Rn.
17 [zitiert nach juris]). Dieser Inhaltskontrolle hält die Klausel nicht stand.
b) Die Preisanpassungsklausel ist gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB wegen
unangemessener Benachteiligung der Beklagten unwirksam.
Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann nicht von einer
unangemessenen Benachteiligung des Sonderkunden ausgegangen werden, wenn
in einem Sondervertrag die Preisänderungsregel des § 4 Abs. 1, 2 AVBGasV
unverändert übernommen wird (BGH, Urt. v. 15.07.2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Rn.
19 [zitiert nach juris]). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr weicht die
vorliegende Preiserhöhungsklausel zum Nachteil des Kunden von der gesetzlichen
Preisänderungsklausel ab. Denn §4 AVBGasV ermöglicht die Weitergabe von
gestiegenen Bezugskosten an Tarifkunden nur insoweit, als die Kostensteigerung
nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereich ausgeglichen wird (BGH, Urt. v.
15.07.2009 - VIII ZR 225/07, aaO, Rn. 26 [zitiert nach juris]).
Die vorliegende Regelung geht hierüber jedoch hinaus, denn nach ihr ist die
Rechtsvorgängerin der Klägerin (bzw. nun die Klägerin) berechtigt, “ihre Preise der
Preisentwicklung auf dem Wärmemarkt anzupassen”. Die Klausel enthält mithin -
im Gegensatz zu § 4 AVBGasV - keine Verpflichtung des
Versorgungsunternehmens zur Preisanpassung, wenn diese für den Kunden
günstig wäre. Insofern werden durch vorliegende Klausel die Risiken einer
Veränderung des Wärmemarkes ungleich verteilt, was dazu führt, dass das
Äquivalenzverhältnis zwischen den Vertragsparteien nicht gewahrt wird (vgl. auch
BGH, Urt. v. 28.10.2009, aaO, Rn. 25 [zitiert nach juris]; LG Dortmund, Urt. v.
19.08.2010 - 13 O 103/06, Rn. 21 [zitiert nach juris]). Zwar lässt der Wortlaut der in
Frage stehenden Preisänderungsklausel durchaus die Auslegung zu, unter den
Begriff der “Anpassung an den Wärmemarkt” gegebenenfalls auch eine
Preisabsenkung zu verstehen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind jedoch nach
ihrem objektiven Inhalt so auslegen, wie sie von verständigen Vertragspartnern
verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen
Verwenders zugrunde zu legen sind (vgl. etwa BGH, Urt. v. 17.12.1987 - VII ZR
307/86, BGHZ 102, 384, Rn. 20 [zitiert nach juris]). Zweifel im Rahmen der
Auslegung gehen gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Insofern
ist die kundenfeindlichste Auslegung zugrunde zu legen, die im Zweifel zur
Unwirksamkeit der Klausel führt (BGH, Urt. v. 29.04.2008 - KZR 2/07, BGHZ 176,
244, Rn. 19 [zitiert nach juris]). Eine solche Auslegung führt vorliegend dazu, dass
die Preisanpassungsklausel den Kunden unangemessen benachteiligt und damit
unwirksam ist. Denn aus der Formulierung ist nicht mit der erforderlichen
Eindeutigkeit zu entnehmen, dass eine Anpassung der Preise an den Wärmemarkt
auch eine Absenkung der Preise umfasst - und erst recht nicht, dass die Klägerin
zu einer solchen Preissenkung verpflichtet ist. Insofern folgt die Kammer der
mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur
Unwirksamkeit derartiger Preisanpassungsklauseln. So hat der Bundesgerichtshof
unter anderem eine Klausel, nach der “Preisänderungen [sowohl] Erhöhung als
auch Absenkung ein[schlossen]” für unwirksam erachtet (BGH, Urt. v. 15.07.2009
- VIII ZR 225/07, aaO, Rn. 29 [zitiert nach juris]). Insofern kann im Wege des Erst-
recht-Schlusses von der Unwirksamkeit der hier in Rede stehenden Klausel wegen
unangemessener Benachteiligung des Kunden ausgegangen werden (so auch LG
xxx, Urt. v. 27.10.2009 - 301 O 32/05 im Hinblick auf eine gleichlautende Klausel;
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xxx, Urt. v. 27.10.2009 - 301 O 32/05 im Hinblick auf eine gleichlautende Klausel;
nachgehend (13 U 211/09) Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschl. v.
12.10.2010 und vom 09.12.2010 (im Hinblick auf die Unwirksamkeit der Klausel);
LG Dortmund, 19.8.2010 – 13 O 103/06, Rn. 21 [zitiert nach juris]; LG Hannover,
Urt. v. 01.12.2009 - 18 O 52/07, Rn. 61 [zitiert nach juris])
c) Des Weiteren verstößt die Klausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs.
1 S. 2 BGB. Denn soweit die Preisanpassungsklausel an die “Preisentwicklung auf
dem Wärmemarkt” anknüpft, wird bereits nicht hinreichend deutlich, welcher Markt
hier als Bezugsobjekt dienen und in welcher Weise eine etwaige Erhöhung
berechnet werden soll (so auch LG xxx, Urt. v. 27.10.2009 - 301 O 32/05, Rn. 38
[zitiert nach juris] im Hinblick auf eine gleichlautende Klausel).
d) Der Unwirksamkeit der Klausel kann auch nicht entgegen gehalten werden, sie
entspreche dem gesetzlichen Leitbild des § 4 AVBGasV. Aus der gesetzlichen
Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit ergibt sich auch die
Pflicht des Versorgungsunternehmens zur Preisanpassung, wenn diese für den
Kunden günstig ist (BGH, Urt. v. 29.04.2008, aaO, Rn. 26 [zitiert nach juris]).
Diesem Leitbild entspricht die hier in Frage stehende Preisänderungsklausel jedoch
gerade nicht. Denn in der Klausel kommt die - das Leitbild des § 4 AVBGasV
prägende - Rechtspflicht des Versorgers, Kostensenkungen ebenso zu
berücksichtigen wie Kostenerhöhungen nicht zum Ausdruck.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagten auch nicht aufgrund einer konkludenten
Einigung Anspruch auf Zahlung des von ihr erklärten Lieferpreises. Denn dies
wurde von den Beklagten nicht stillschweigend angenommen. Unabhängig von der
Frage, ob in der weiteren Entgegennahme der Leistung allein überhaupt eine
Annahmeerklärung durch die Beklagten gesehen werden könnte (dagegen LG
Hannover, Urt. v. 01.12.2009, aaO, Rn. 74 [zitiert nach juris]; LG Bonn, Urt. v.
03.11.2010 – 5 S 3/10), käme dies jedenfalls nur in Betracht, wenn die Kunden
nach einer einseitig erklärten Preiserhöhung ihren Gasbezug über einen Zeitraum
widerspruchslos fortsetzen, in dem mit einem Widerspruch zu rechnen gewesen
wäre, oder wenn sie durch widerspruchslose Zahlung erhöhter Abschläge oder
Nachforderungsbeträge die Preiserhöhung anerkennen. Das ist vorliegend nicht
der Fall. Die Beklagten haben der Preiserhöhung per 1.2.2005 mit Schreiben vom
8.4.2005 widersprochen. Damit konnte weder der weitere Bezug von Gas noch die
nachfolgenden Zahlungen als Einverständnis mit den von der Klägerin begehrten
Preiserhöhungen verstanden werden.
Soweit die Klägerin sich in ihrer Berufungsbegründung zur Stützung ihrer
Auffassung im Übrigen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vor allem
BGH, Urt. v. 13.06.2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 und BGH, Urt. v.
19.11.2008 - VIII ZR 138/07, BGHZ 178, 362) beruft, kann sie hiermit nicht
durchdringen, da sich die zitierte Rechtsprechung auf Tarifkunden, nicht aber
Sonderkunden bezieht.
Nach dieser Rechtsprechung kommt eine konkludente Einigung zwischen dem
Gasversorgung und dem (Tarif-)kunden dann zustande, wenn der Kunde nach
einer auf der Grundlage von § 4 AVBGasV vorgenommenen Preiserhöhung
weiterhin ohne Beanstandung des erhöhten Preises Gas bezieht, ohne in
angemessener Zeit eine Billigkeitsüberprüfung nach § 315 BGB zu verlangen
(BGH, Urt. v. 19.11.2008, aaO, Rn. 16 [zitiert nach juris); BGH, Urt. v. 13.06.2007,
aaO, Rn. 36 [zitiert nach juris]. Diese Rechtsprechung findet grundsätzlich lediglich
auf Tarifkunden Anwendung, bzgl. derer dem Gasversorger ein einseitiges
Leistungsbestimmungsrecht in § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV eingeräumt ist (so auch
LG Hannover, Urt. v. 01.12.2009, aaO, Rn. 73 [zitiert nach juris]). Zudem haben
die Beklagten die Preiserhöhung zum 1.2.2005 in angemessener Zeit
beanstandet.
3. Ein Preiserhöhungsrecht der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 1, 2
AVBGasV bzw. § 5 Abs. 2 GasGVV. Bei Unwirksamkeit der vereinbarten
Preisanpassungsklausel gelten diese Vorschriften subsidiär. Folge der
Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel ist, dass die gesetzlichen Vorschriften
an ihre Stelle treten (§ 306 Abs. 2 BGB). Das sind vorliegend die § 433 ff. BGB und
nicht die AVBGasV bzw. GasGVV. Das gilt bereits, weil diese lediglich auf
Tarifkunden, nicht jedoch auf Normsonderkunden Anwendung finden (BGH, Urt. v.
13.01.2010, aaO, Rn. 25 [zitiert nach juris]; BGH, Urt. v. 28.10.2009, aaO, Rn. 39
[zitiert nach juris]; BGH, 15.07.2009 – VIII ZR 225/07, aaO, Rn. 12 [zitiert nach
juris].; dem BGH folgend: LG Hannover, 01.12.2009 – 18 O 52/07, ZMR 2010, 448
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juris].; dem BGH folgend: LG Hannover, 01.12.2009 – 18 O 52/07, ZMR 2010, 448
ff., Rn. 45 [zitiert nach juris]).
Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der zwischen den Parteien geschlossene
Sondervertrag mit der in Frage stehenden Wärmemarktklausel eine eigenständige
Vereinbarung zur Preisanpassung enthält, die sich als abschließende Regelung
darstellt. Denn gemäß Ziff. 1.3. der Allgemeinen Bestimmungen (Anlage K 3, Bl.
34 d.A.) haben bei Widersprüchen die Bestimmungen des Vertrages vor denen der
AVBGasV Vorrang. Eine hilfsweise Anwendbarkeit der AVBGasV für den Fall der
Unwirksamkeit der ausdrücklich im Vertrag geregelten Preisanpassungsklausel ist
damit gerade nicht vereinbart (i. d. S. auch BGH, Urt. v. 13.01.2010, aaO, Rn. 24
[zitiert nach juris]). Im Übrigen wäre die Vereinbarung, wonach an die Stelle einer
spezielleren Klausel im Fall ihrer Unwirksamkeit nicht die gesetzlichen Vorschriften,
sondern eine andere Klausel treten soll, auch nicht mit dem Verbot der
geltungserhaltenden Reduktion zu vereinbaren (i. d. S. auch BGH, Urt. v.
28.10.2009, aaO, Rn. 37 [zitiert nach juris]).
4. Die Klägerin kann auch nicht damit durchdringen, ab dem 01.06.2007 seien die
Preisanpassungen auf der Grundlage einer Anpassungsklausel, die den Text des §
5 Abs. 2 GasGVV übernehme, vorgenommen worden. Aus dem Schreiben vom
10.04.2007 (Anlage K4, Bl. 50 d. A.) ergibt sich keine Vertragsänderung (so auch
LG Kiel, Urt. v. 21.12.2010 - 1 S 167/10). Denn der Beklagte hat einer Ersetzung
der im Sondervertrag enthaltenen Preisanpassungsklausel jedenfalls nicht
zugestimmt. In dem Schreiben der Klägerin wird bereits nicht hinreichend deutlich,
dass hierdurch eine Vertragsänderung bezweckt werde - und damit eine Annahme
durch den Beklagten erfolgen sollte. Vielmehr ist das Schreiben lediglich als
Informationsschreiben zu verstehen, in dem u.a. auf die neue Rechtslage
hingewiesen wurde. Hätte die Klägerin hierdurch eine Vertragsänderung
vornehmen wollen, hätte sie klarstellen müssen, dass sie eine (ggf. konkludente)
Annahme der Beklagten erwartet. Da ein entsprechender Hinweis in dem
Schreiben nicht enthalten ist, kann widerspruchslosen weiteren Bezug von Gas
durch die Beklagten aus Sicht eines objektiven Empfängers in der Rolle der
Klägerin keine Zustimmung zu einer Vertragsänderung gesehen werden.
5. Das Amtsgericht hat es im Ergebnis auch zu Recht verneint, der Klägerin ein
Preisänderungsrecht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zuzubilligen.
Zwar richtet sich in Fällen, in denen Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam
sind, der Inhalt des Vertrages gem. § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen
Vorschriften, zu denen auch die Grundsätze über die ergänzende
Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB zählen (vgl. BGH, Urt. v. 15.07.2009 -
VIII ZR 225/07, aaO, Rn. 36; BGH, Urt. v. 01.02.1984 - VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69,
Rn. 21 [zitiert nach juris]). Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt allerdings
nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel
entstehende Lücke nicht durch dispositive Normen füllen lässt und dies zu einem
Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise
Rechnung trägt, sondern vielmehr das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten
des einen Vertragsteils, hier des Kunden, verschiebt (BGH, Urt. v. 15.07.2009 - VIII
ZR 225/07, aaO, Rn. 36 [zitiert nach juris]; BGH, Urt. v. 01.02.1984, aaO).
a) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Eine unzumutbare Belastung der
Klägerin lag daher nicht vor (vgl. LG Bonn, Urt. v. 08.12.2010 - 5 S 11/10, Rn. 42
[zitiert nach juris]; LG Hannover, Urt. v. 01.12.2009, aaO, Rn. 64 [zitiert nach
juris]).Eine unzumutbare Belastung der Klägerin läge vor, wenn sie infolge der
Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel dauerhaft an die von ihr bei
Vertragsbeginn erklärten Preise gebunden wäre und mithin langfristig
Preissteigerungen nicht weitergeben könnte und ggf. unter ihrem eigenen
Einstandspreis liefern müsste. Das ist aber vorliegend nicht der Fall. Denn die
Klägerin hätte sich der Pflicht zur weiteren Lieferung entziehen können, indem sie
den Vertrag fristgemäß gekündigt hätte. Ihr stand nach § 32 Abs. 1 AVBGasV bzw.
§ 20 GasGVV ein Kündigungsrecht mit einer Frist von einem Monat auf das
Monatsende zu. Dann hätte sie die Kunden zwar ggf. nach den Bedingungen der
Grundversorgung weiterversorgen müssen. Nach diesen Bedingungen wäre ihr
aber eine angemessene Preisanpassung möglich gewesen. Sie war mithin nicht
gezwungen, die Kunden aufgrund der Unwirksamkeit der in dem Sondervertrag
vereinbarten Klausel dauerhaft und unabhängig von der Änderung ihrer
Bezugspreise zu demselben Preis zu beliefern.
b) Die Klägerin dringt auch nicht mit ihrem Einwand durch, sie habe mit einer
Unwirksamkeit der Preiserhöhungsklausel nicht rechnen müssen. Zwar gingen die
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Unwirksamkeit der Preiserhöhungsklausel nicht rechnen müssen. Zwar gingen die
Parteien von einer Wirksamkeit der Klausel aus, was sich auch daraus ergibt, dass
die Beklagten ihn ihrem Widerspruch ausführten, sie akzeptierten nur eine
Preiserhöhung um 2%, solange die Klägerin ihre Preiserhöhung nicht durch Vorlage
der Kalkulationsgrundlagen begründet habe. Ebenfalls trifft zu, dass auch die
Rechtsprechung im Versorgungsgebiet der Klägerin in zwei Entscheidungen des
Landgerichts xxx und des Landgerichts xxx vom März 2008 und vom März 2009
noch von der Wirksamkeit der Preisanpassungsklausel ausging.
Deshalb geht das Hanseatische Oberlandesgericht xxx insoweit in einem
Parallelverfahren, in dem es um dieselbe Klausel nach den Sonderverträgen der
damaligen xxx xxx xxx geht, mit Beschluss vom 09.12.2010 (Az.: 13 U 211/09)
davon aus, die Klägerin sei im Wege ergänzender Vertragsauslegung so zu stellen,
dass sie nicht unter ihren Einstandspreisen liefern müsse und hat eine
entsprechende Beweiserhebung angeordnet. Nachdem das Landgericht xxx in der
ersten mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen habe, die Billigkeitsprüfung
nach § 315 Abs. 3 BGB komme zur Anwendung, habe die Klägerin mit einer
Unwirksamkeit der Klausel nicht rechnen müssen. Da sie davon ausgegangen sei,
die Billigkeit der Preiserhöhung nachweisen zu können, habe für sie kein Anlass zur
Kündigung der Lieferverträge mit ihren Kunden bestanden. Das gelte jedenfalls,
wenn die Kunden in ihren Widerspruchsschreiben zum Ausdruck gebracht hätten,
dass sie grundsätzlich von einem Erhöhungsrecht des Versorgungsunternehmens
ausgingen, und lediglich die Billigkeit der Preiserhöhung - ggf. soweit diese 2 %
übersteigt - angegriffen hätten.
Für die Frage, ob im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein
Preisanpassungsrecht der Klägerin oder ein Anspruch auf Zustimmung zu einer
Preisanpassung anzunehmen ist, kommt es nicht darauf an, ob für das
Versorgungsunternehmen über den bloßen Widerspruch gegen die Preiserhöhung
- gleich aus welchem Grunde - hinaus ein Anlass bestand, den Vertrag mit dem
Kunden zu kündigen, ob es insoweit die Rechtslage zur Wirksamkeit der
Preiserhöhungsklausel dem Grunde nach richtig erkannt hat und ob es in seinem
diesbezüglichen Irrtum durch Rechtsprechung oder die Formulierung des
Widerspruchs bestärkt wurde. Zwar hat der Bundesgerichtshof in der durch das
Oberlandesgericht xxx zitierten Entscheidung vom 14.07.2010 (Az. VIII ZR 246/08)
und dort Rn. 51 (zitiert nach juris) im Rahmen der Erörterung der Herleitung eines
Preisänderungsrechts im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung ausgeführt:
Insofern ist dem Oberlandesgericht xxx zuzustimmen, dass der Bundesgerichtshof
die Ablehnung einer ergänzenden Vertragsauslegung jedenfalls auch damit
begründet, dass für das Versorgungsunternehmen ein Anlass zur Kündigung
bestand. Als Anlass reicht nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung aber
grundsätzlich der Widerspruch gegen die Preiserhöhungen aus. Dass ein darüber
hinausgehender subjektiven Anlass zur Kündigung dergestalt, dass die Klägerin
auch die Unwirksamkeit ihrer Preisanpassungsklausel erkannt haben müsste, fehlt,
eröffnet nicht die ergänzende Vertragsauslegung. Hiergegen spricht bereits, dass
der Bundesgerichtshof einen Anlass zur Kündigung - und damit ein solches
subjektives Kriterium - in anderen einschlägigen Entscheidungen gar nicht
angesprochen hat. So stellte der Bundesgerichtshof etwa in den Urteilen vom
28.10.2009 (Az.: VIII ZR 320/07, aaO, Rn. 45 [zitiert nach juris]), vom 15.07.2009
(Az.: VIII ZR 225/07, aaO, Rn. 35 ff. [zitiert nach juris]) sowie vom 29.04.2008 (Az.:
KZR 2/07, aaO, Rn. 30 ff. [zitiert nach juris]) im Hinblick auf die Frage der
ergänzenden Vertragsauslegung darauf ab, ob objektiv eine
Kündigungsmöglichkeit für das Versorgungsunternehmen bestand und erachtete
diese - objektiv bestehende - Kündigungsmöglichkeit als ausreichend, um eine
völlig einseitige Verschiebung des Vertragsgefüges zugunsten des Kunden - und
damit eine ergänzende Vertragsauslegung - zu verneinen.
Dies folgt auch aus allgemeinen Grundsätzen des Rechts der allgemeinen
Geschäftsbedingungen. Sind Klauseln von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
unwirksam und treten gemäß § 306 Abs. 2 BGB die gesetzlichen Vorschriften an
ihre Stelle, zählen hierzu zwar auch die Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB über
die ergänzende Vertragsauslegung (BGHZ 90, 69, 75), doch sind deren
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die ergänzende Vertragsauslegung (BGHZ 90, 69, 75), doch sind deren
Voraussetzungen eben nur gegeben, wenn sich andernfalls das Vertragsgefüge
einseitig zugunsten des Kunden verschieben würde.
Im Rahmen der Prüfung, ob die infolge der Unwirksamkeit der Klausel entstehende
Lücke zu einem unbilligen Ergebnis führt, ist grundsätzlich ein objektiver Maßstab
anzulegen. Bereits die objektiv gegebene Kündigungsmöglichkeit verhindert daher
ein Verschieben des Vertragsgefüges zu Lasten der Klägerin. Denn bereits dann
wird sie infolge der Unwirksamkeit der Preiserhöhungsklausel objektiv nicht in
unzulässiger Weise benachteiligt. Ob sie einen Anlass zur Kündigung in dem Sinne
hatte, dass sie subjektiv mit der Unwirksamkeit der Klausel hätte rechnen müssen,
kann hingegen nicht von Bedeutung sein. Denn die ergänzende
Vertragsauslegung ist geprägt von einer objektiv-typisierenden Betrachtung (vgl.
hierzu allgemein Roth in: Staudinger, BGB, 2003, § 157 Rn. 47 f.). So soll den
typischen Interessen des Klauselverwenders und der Kunden Rechnung getragen
werden (Roth, aaO; Basedow in: Münchener Kommentar, Bd. 2, 5. Aufl. 2007, § 306
Rn. 27). Diesen Zielen wird jedoch bereits dann Genüge getan, wenn sich das
Versorgungsunternehmen, hier mithin die Klägerin, von dem Vertrag lösen kann
und somit nicht an einem - für sie unter Umständen unwirtschaftlichen - Preis
festgehalten wird. Ob sie die Notwendigkeit einer Kündigung erkannt hatte, kann
hierfür nicht von Bedeutung sein.
Entscheidend ist auch nicht, dass die Beklagten in ihrem Widerspruchsschreiben
ankündigten, sie akzeptierten nur eine Preiserhöhung um 2 %, solange die
Klägerin ihre Preiserhöhung nicht durch Vorlage der Kalkulationsgrundlagen
begründet habe, und damit konkludent zum Ausdruck brachten, dass sie von einer
Wirksamkeit der Preiserhöhungsklausel dem Grunde nach ausgingen. Denn bei
unwirksamen Klauseln ist eine Geltendmachung der Unwirksamkeit nicht
erforderlich. Denn es handelt sich nicht etwa um eine - von einer Partei zu
erhebende - Einrede. Vielmehr ist die Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB von Amts
wegen durchzuführen. Die Frage, ob die Unwirksamkeit der Klausel ausdrücklich
geltend gemacht wurde oder ob die Beklagten die Klausel selbst für wirksam
hielten, ist mithin nicht entscheidend.
Soweit die Klägerin anführt, eine Unzumutbarkeit ergebe sich aus erheblichen
wirtschaftlichen Konsequenzen, weil sie sich ohne die Möglichkeit einer
Preisanpassung Rückforderungsansprüchen von bis zu 749 Millionen Euro
ausgesetzt sähe, kommt es darauf bereits deshalb nicht an, weil nicht dargetan
ist, dass es sich dabei um die hypothetischen Rückforderungsansprüche
derjenigen Kunden handelt, die der Preiserhöhung widersprochen haben. Dass die
Preiserhöhungen der Klägerin gegenüber den Kunden, die der Erhöhung
ausdrücklich widersprochen haben, unwirksam sind, bedeutet nicht, dass
hinsichtlich der Kunden, die die Preiserhöhungen unwidersprochen hingenommen
haben und ggf. sogar entsprechend erhöhte Abschläge entrichtet haben oder
Nachzahlungen entrichtet haben, ebenfalls keine konkludente Einigung über die
Preiserhöhung anzunehmen wäre oder die Annahme eines entsprechenden
Rechtes im Wege ergänzender Vertragsauslegung ebenfalls ausschiede.
Die von der Klägerin erklärten Preiserhöhungen sind nach alledem gegenüber den
Beklagten nicht wirksam geworden.
Die Klage hat auch nicht teilweise deswegen Erfolg, weil die Beklagten mit dem
Widerspruchschreiben eine Erhöhung des Arbeitspreises um 2%, bezogen auf die
bis 31.1.2005 gültigen Preise der Klägerin, akzeptiert haben und die Klägerin die
Beklagten in der Folgezeit weiterhin mit Gas belieferte. Das Hanseatische
Oberlandesgericht ist in o.g. Parallelverfahren davon ausgegangen, die Kunden
seien dann jedenfalls zur Zahlung des bezogenen Gases auf der Grundlage des
von ihnen akzeptierten Preises verpflichtet (Beschluss v. 12.10.2010 - 13 U
211/09). Ob eine solche Verpflichtung besteht, kann vorliegend dahinstehen. Denn
auch, wenn für das bezogene Gas ein Arbeitspreis zugrunde gelegt wird, der
gegenüber dem Arbeitspreis der Klägerin per 31.1.2005 um 2 % erhöht wird, ergibt
sich kein Nachzahlungsanspruch der Klägerin.
Ausgehend von einem Arbeitspreis der Klägerin per 31.1.2005 von 3,584 Ct/kWh
wäre bei einer Erhöhung des Arbeitspreises um 2 % ein Arbeitspreis von 3,65568
Ct/kWh zugrunde zu legen. Daraus würden sich folgende Abrechnung ergeben:
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Insgesamt ergäbe sich auch bei Zugrundelegung von um 2 % erhöhten
Arbeitspreisen eine Überzahlung der Beklagten um 12,20 Euro. Die geltend
gemachte Nachzahlungsforderung steht der Klägerin auch unter diesem
Gesichtspunkt auch nicht teilweise zu.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711
ZPO.
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. ZPO zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Ausweislich des Beschlusses des
Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 09.12.2010 (Az. 13 U 211/09) geht dieses
in einem Fall, der dieselbe Klausel der Rechtsvorgängerin der Klägerin und im
Übrigen im Wesentlichen vergleichbare Sachverhalte hinsichtlich der Widersprüche
angeht, davon aus, dass die Preiserhöhungsklausel zwar unwirksam sei, an ihre
Stelle aber aufgrund ergänzender Vertragsauslegung ein Recht der Klägerin trete,
die Preise zumindest so weit zu erhöhen, dass sie nicht unter ihrem eigenen
Gestehungspreis liefern müsse, da sie mit einer Unwirksamkeit der Klausel nicht
habe rechnen müssen.