Urteil des LG Heidelberg vom 19.07.2004

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LG Heidelberg Beschluß vom 19.7.2004, 6 T 61/04 II
Unzulässigerklärung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen Unbestimmtheit der Gegenleistung aus einer Zug-um-Zug-Verurteilung
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wiesloch vom 14.04.2004 (AZ: 1 M 297/04) wird dieser
dahingehend abgeändert, dass die durch OGV H am 18.02.2004 vorgenommenen Vollstreckungsmaßnahmen für unzulässig erklärt werden und
OGV H angewiesen wird, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 07.11.2001 (5 0 28/01) einzustellen und das
Vollstreckungsprotokoll vom 18.02.2004 dahingehend zu ändern, dass Annahmeverzug nicht festgestellt werden konnte.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen.
2. Die Gläubigerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1
Der Schuldner war durch Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 07.11.2001 (AZ.: 5 0 28/01) verurteilt worden, an die Gläubigerin 177.480,00
DM zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 11.08.2000 Zug um Zug gegen die Rückgabe der
Computersoftware "Softwarelösung ..." zu bezahlen. Die Berufung des Beklagten (OLG Karlsruhe Urteil vom 16.08.2002; Aktenzeichen 1 U
250/01) war insoweit erfolglos geblieben.
2
Die Gläubigerin beauftragte OGV H mit der Zwangsvollstreckung und der Vornahme eines tatsächlichen Angebots bezüglich der Gegenleistung.
Zu diesem Zweck übergab die Gläubigerin dem Gerichtsvollzieher verschiedene Datenträger. Ausweislich des Protokolls über das tatsächliche
Angebot des OGV H vom 18.02.2004 lagen dem Schuldner eine CD-ROM mit der Aufschrift "... Setup", 7 Zip-Disketten und eine weitere CD-ROM
vor. Diese Datenträger und eine eidesstattliche Versicherung der Gläubigerin, alle Dateien seien von ihrer Festplatte gelöscht worden, sind dem
Schuldner unter Zahlungsaufforderung tatsächlich angeboten worden.
3
Der Schuldner lehnte die Annahme ab.
4
Mit Schreiben vom 01.03.2004 wendet sich der Schuldner gegen die Vollstreckungsmaßnahmen und hat beantragt,
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die Vollstreckungsmaßnahmen für unzulässig zu erklären und OGV H anzuweisen, die Vollstreckung einzustellen und sein
Vollstreckungsprotokoll dahin zu ändern, dass Annahmeverzug nicht festgestellt werden konnte.
6
Das Vollstreckungsgericht hat nach Anhörung der Gläubigerin mit Beschluss vom 14.04.2004 (AS. 95; Aktenzeichen 1 M 297/04) die
Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt, weil das zugrunde liegende Urteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweise. Der Titel sei
unbestimmt, da sich der Umfang der Zug um Zug zurückzugewährenden Gegenleistung aus dem Tenor sich auch nicht unter Zuhilfenahme von
Tatbestand und Entscheidungsgründen genau genug feststellen lasse.
7
Hiergegen wendet sich die Gläubigerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 20.04.2004, die bei Gericht am 22.04.2004 eingegangen ist. Sie ist
der Meinung, ihr sei im Erinnerungsverfahren nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Zudem habe der Gerichtsvollzieher den
Annahmeverzug aufgrund des Titels ermessensfehlerfrei festgestellt, so dass eine Überprüfung durch das Vollstreckungsgericht nicht möglich
sei. Sie hält die von dem OGV H getroffenen Vollstreckungsmaßnahmen für rechtens und wendet sich gegen den amtsgerichtlichen Beschluss.
8
Der Schuldner bittet darum, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
9
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Im Ergebnis ist sie aber unbegründet. Die Entscheidung
des Amtsgerichts Wiesloch ist mit den im Tenor enthaltenen Änderungen aufrechtzuerhalten. Der Schuldner hatte sich gegen eine
Zwangsvollstreckungsmaßnahme des OGV H gewendet, nicht jedoch gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung (Dies wäre letztlich im
Rahmen einer auf § 767 ZPO entsprechend gestützten Klage zulässig; vgl. BGH NJW 1994, 460 ff.).
10 Im Beschwerderechtszug war die Zwangsvollstreckung im Umfang des im Tenor enthaltenen Ausspruchs mit den dort getroffenen Maßnahmen
einzustellen.
11 Soweit die Gläubigerin meint, ihr sei nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden, ergibt sich dies nicht aus dem Verfahrensgang. Der
Schriftsatz der Schuldnerseite vom 30.04.2004 ist der Vertreterin der Gläubigerin unter dem 01.04.2004 zugeleitet worden (AS. 71), ohne dass
sie darum gebeten hätte, Stellung nehmen zu können oder Stellung genommen hat. Hiervon ausgehend hat das Amtsgericht mit der
Entscheidung ausreichend lange, rund 14 Tage, zugewartet.
12 Die Einstellung der Vollstreckungsmaßnahmen folgt aus der Tatsache, dass die Zug-um-Zug-Leistung unbestimmt ist. Die in einer Zug-um-Zug-
Verurteilung zum Ausdruck gekommene Einschränkung muss bestimmt genug sein (§ 253 Abs. 2 ZPO) in der Weise, dass sie ihrerseits zum
Gegenstand einer Leistungsklage gemacht werden könnte (BGH NJW 1993, 325). Zwar ist dieser Umstand auch von Amts wegen zu beachten,
letztlich ist es aber Sache der Prozessvertreter, dafür Sorge zu tragen, dass die in den Tenor Eingang findenden Leistungen – für das Gericht
erkennbar – mit vollstreckungsfähigem Inhalt bezeichnet werden.
13 Hieraus folgt, da für den landgerichtlichen Titel eine Klausel erteilt und vollstreckt wurde, dass die von dem OGV H vorgenommenen
Vollstreckungsmaßnahmen unzulässig sind. Denn es hat sich, wie das Amtsgerichts in zutreffender Weise festgestellt hat, ergeben, dass sich
gerade nicht klären ließ, dass die geschuldete Zug-um-Zug-Leistung von OGV H angeboten worden ist. Das Beschwerdegericht macht sich
insoweit die Ausführungen des Amtsgerichts zu eigen.
14 Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO entsprechend.