Urteil des LG Hagen vom 02.09.2009

LG Hagen (einstweilige verfügung, werbung, verfügung, tatsächliche vermutung, einwilligung, uwg, bezug, unterlassung, unterlassen, abgabe)

Landgericht Hagen, 22 O 66/09
Datum:
02.09.2009
Gericht:
Landgericht Hagen
Spruchkörper:
2. KfH
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 O 66/09
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften Bürgerliches Recht
Sonstiges
Tenor:
Die einstweilige Verfügung vom 12.05.2009 bleibt aufrecht erhalten.
Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.
Tatbestand:
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Die Verfügungsklägerin betreibt einen Rolladen- und Markisenbau in Iserlohn und
handelt mit Rolladen- und Markisenzubehör bundesweit.
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Die Verfügungsbeklagte betreibt unter der Internetadresse www. "X" einen Onlineshop
für Sonnenschutzlösungen, für sämtliche Formen für Fensterverkleidungen und
Sonnenschutzeinrichtungen. Ihr Angebot ist auf den Internetbereich beschränkt; sie
betreibt daneben kein Ladengeschäft.
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Am 11.04.2009 erhielt die Verfügungsklägerin von der Verfügungsbeklagten eine Email
(Ablichtung Blatt 31 d. A.), mit der auf ein "neues Markisenmodell und Sonderangebote
bei "X" hingewiesen wurde.
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Wegen des weiteren Inhalts und der Gestaltung der Email wird auf die Ablichtung Blatt
31 d. A. Bezug genommen.
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Um eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden, forderte die
Verfügungsklägerin die Beklagte mit Schreiben vom 22.04.2009 auf, eine vorgefertigte
Unterlassungserklärung abzugeben sowie die dort angefallenen Gebühren zu
übernehmen. Mit Faxschreiben vom 04.05.2009 (Ablichtung Blatt 42 d. A.) teilte die
Verfügungsbeklagten der Verfügungsklägerin mit, das Hintergrund der Übersendung der
Emails ein geschäftlicher Kontakt über eine Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin sei, die
ausdrücklich die Übersendung von Informationen verlangt habe. Die
Verfügungsbeklagte gab eine Unterlassungserklärung ab (Ablichtung Blatt 46 d. A.), mit
der sie sich - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - gegenüber der
Verfügungsklägerin verpflichtete, es zu unterlassen, an diese unaufgefordert im
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geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Emailschreiben werblichen Inhalts zu
versenden bei Meidung einer fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 5.001,00 Euro.
Wegen des näheren Inhalts des Schreibens der Verfügungsbeklagten sowie ihrer
Unterlassungserklärung vom 04.05.2009 wird auf die Anlagen Ablichtung Blatt 42, 46 d.
A. Bezug genommen.
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Die Verfügungsklägerin hielt die abgegebene Unterlassungserklärung für unzureichend
und beantragte unter dem 07.05.2009 gegen die Verfügungsbeklagte eine einstweilige
Verfügung dahingehend, dass diese es zu unterlassen habe, unaufgefordert und ohne
Einwilligung im geschäftlichen Verkehr per Email Werbung an Gewerbetreibende zu
versenden, und zwar hinsichtlich des Verkaufs von Markisen, wie geschehen mit Email
vom 11.04.2009.
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Durch Beschlussverfügung des Vorsitzenden vom 12.05.2009 hat die Kammer
antragsgemäß die einstweilige Verfügung erlassen. Wegen des Inhalts wird auf Blatt 47
ff. d. A. verwiesen.
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Gegen diesen Beschluss hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 30.06.2009
Widerspruch erhoben.
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Die Verfügungsklägerin hält die beantragte einstweilige Verfügung für begründet.
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Vor Erhalt der maßgeblichen Email habe es keine laufende Geschäftsbeziehung
zwischen den Parteien gegeben. Werbe-Emails habe die Verfügungsklägerin zu keinem
Zeitpunkt bei der Verfügungsbeklagten bestellt. Sie hält auch die von der
Verfügungsbeklagten abgegebene Unterlassungserklärung für unzureichend, da diese
nicht allgemein verbindlich sei.
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Die Verfügungsklägerin beantragt,
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die einstweilige Verfügung vom 12.05.2009 aufrechtzuerhalten.
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Die Verfügungsbeklagte beantragt,
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die einstweilige Verfügung vom 12.05.2009 aufzuheben und den Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.
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Sie trägt vor:
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Ihre Internetseite werde durch die "X" betreut, wobei insbesondere deren
Vorstandsvorsitzender, Herr "X", den ordnungsgemäßen Betrieb und die
Funktionsfähigkeit des Shopsystems überwache. Eine Mitarbeiterin der
Verfügungsklägerin, Frau "X", habe am 12.11.2008 eine Anfrage an die
Verfügungsbeklagte gerichtet mit der Bitte um Mitteilung, ob sie einen bestimmten Stoff
liefern könne. Dabei habe die Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin die entsprechenden
Kontaktdaten u.a. die Emailadresse der Verfügungsklägerin hinterlassen. Daraufhin sei
die Anfrage der Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin beantwortet worden und auch
Newsletter über Produkte bezüglich Rolläden und Sonnenschutz übersandt worden.
Bereits am 17.02.2009 sei ein Newsletter an die Verfügungsklägerin geschickt worden,
das diese nicht beanstandet habe.
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Damit habe die Verfügungsklägerin in die Übersendung des Informationsmaterials
eingewilligt.
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Durch Abgabe der strafbewährten Unterlassungserklärung vom 04.05.2009 sei
jedenfalls eine Wiederholungsgefahr bezüglich des Versands gleichartiger Email-
Werbung nicht mehr gegeben. Darüber hinaus gehe der Umfang des
Unterlassungsanspruchs zu weit. Schließlich hält die Verfügungsbeklagte das
Vorgehen der Verfügungsklägerin für missbräuchlich.
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Wegen des weitergehenden Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst deren Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die einstweilige Verfügung war aufrechtzuerhalten.
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Die Verfügungsklägerin hat gegenüber der Verfügungsbeklagten ein Anspruch auf
Unterlassung unverlangt zugesandter Email-Werbung, den sie im Wege der
einstweiligen Verfügung durchsetzen kann (§§ 3, 7 Abs. 1, Abs. 2, Ziffer 3, 8 UWG; §§
935, 938 ZPO).
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I.
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Der Verbotsantrag ist trotz seiner wesentlichen Präsentierung am Gesetzeswortlaut des
§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG hinreichend bestimmt. Zwischen den Parteien besteht kein Streit
darüber, welche Handlung den Verbot unterfällt.
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Der Gesetzeswortlaut der maßgeblichen Vorschrift beschreibt genau die
Verletzungshandlung, nämlich hier die Zusendung von Email-Werbung ohne
Einwilligung des Adressaten. Eine weitergehende Konkretisierung als hier geschehen,
kann der Verfügungsklägerin nicht abverlangt werden.
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Die Verfügungsklägerin handelt auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs.
4 UWG. Sie war berechtigt, einen Anwalt zum Zwecke der Abmahnung einzuschalten.
Eine missbräuchliche Geltendmachung ist anzunehmen, wenn der
Anspruchsberechtigte überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige
Interessen verfolgt und diese eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der
Verfahrenseinleitung erscheinen (BGH GRUR 2000, 1089).
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Dahingehende Umstände sind weder ersichtlich noch von der Verfügungsbeklagten
vorgetragen. Insbesondere kann von einem entsprechenden Beweggrund allein
aufgrund der Einschaltung eines Anwalts zur Durchsetzung des
Unterlassungsanspruchs nicht ausgegangen werden, da diese gerade der erleichterten
und sachgerechten Durchsetzung des Anspruchs dient. Jeder ist befugt, sich zum
Zwecke des Vorgehens gegen Wettbewerbsverletzungen eines Rechtsbeistandes zu
bedienen. Aufgrund der Komplexität und rechtlichen Schwierigkeit
wettbewerbsrechtlicher Ansprüche handelt es sich nicht um Streitigkeiten, deren
Verfolgung von juristischen Laien allein beantworten werden kann.
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II.
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Der Verfügungsklägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die
Verfügungsbeklagte zu.
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Bei der von der Verfügungsbeklagten an die Verfügungsklägerin gesandten Email
handelt es sich um Werbung im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Die
Verfügungsbeklagte hat der Verfügungsklägerin Waren im Rahmen ihrer geschäftlichen
Tätigkeit angeboten mit dem Ziel, deren Absatz zu fördern.
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Eine Einwilligung der Verfügungsklägerin in die Zusendung dieser Werbung liegt nicht
vor. Diese ist jedenfalls von der Verfügungsbeklagten nicht hinreichend dargelegt und
glaubhaft gemacht worden. Soweit die Verfügungsbeklagte darauf abstellt, dass eine
Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin am 12.11.2008 um Informationen bezüglich der
Liefermitteilung eines bestimmten Stoffes nachgefragt habe, ist dies unerheblich.
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Die Verfügungsbeklagte hat nicht näher dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die
Übersendung der hier maßgeblichen Email in einem zeitlichen und inhaltlichen
Zusammenhang mit der Anfrage der Mitarbeiterin der Verfügungsklägerin aus
November 2008 steht. Die Verfügungsklägerin hat vorgetragen, keine Antwort auf die
konkrete Anfrage erhalten zu haben, sondern den maßgeblichen Newsletter erhalten zu
haben, der mit der Anfrage in keinem Zusammenhang stehe.
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Das Vorliegen einer entsprechenden Einwilligung, die das Einverständnis mit dem
Eingriff in die Sphäre des Adressaten darstellt, muss der Werbende darlegen und
beweisen. An das Vorliegen einer solchen Einwilligung sind strenge Anforderungen zu
stellen. Sie muss vor der Absendung der Werbung für den konkreten Fall erteilt werden
(BGH GRUR 2008, 923). Eine dahingehende Einwilligung hat die Verfügungsbeklagte
jedenfalls nicht dargelegt.
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Wenn danach von einem Wettbewerbsverstoß auszugehen ist, streitet eine tatsächliche
Vermutung für die Wiederholungsgefahr solcher Verstöße in der Zukunft, die nur durch
Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung ausgeräumt werden kann. Dabei
hat die Verfügungsklägerin einen allgemein verbindlichen Anspruch auf Unterlassung
der Werbung gegenüber Dritten, sodass sie nicht darauf beschränkt ist, die
Unterlassung gegenüber der Versendung an sich selbst zu beanspruchen. Dieser
Anspruch resultiert aus dem Gesichtspunkt, dass sich ein Konkurrent durch illegale
Werbung keinen wirtschaftlichen Vorteil dadurch verschaffen soll, indem er
wettbewerbswidrige Werbung betreibt.
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Unter diesen Umständen war die Beschlussverfügung vom 12.05.2009
aufrechtzuerhalten.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
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