Urteil des LG Giessen vom 23.11.2007

LG Gießen: mutwilligkeit, ratenzahlung, quelle, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, grundeigentum, verfahrenskosten, zwangsversteigerung, dokumentation, grundstück

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Gericht:
LG Gießen 7.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 T 454/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 114 ZPO, § 180 ZVG, § 181
ZVG
Prozesskostenhilfe: Mutwilligkeit eines Antrags auf
Durchführung der Teilungsversteigerung
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Der Antragstellerin wird für das Teilungsversteigerungsverfahren
Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Ihr wird Rechtsanwältin ...
beigeordnet.
Gründe
Mit Beschluss vom 24.9.2007 ordnete das Amtsgericht die Teilungsversteigerung
des eingangs genannten Grundeigentums, das je zu 1/2 im Eigentum der
Beteiligten steht, auf Antrag der Antragstellerin an.
Ebenfalls mit Beschluss vom 24.9.2007 wies das Amtsgericht einen Antrag der
Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines
Rechtsanwaltes zurück, weil keine Aussicht bestehe, dass das Grundeigentum
angesichts eines Verkehrswertes von 243.000,00 Euro und gemäß § 182 ZVG
bestehen bleibenden dinglichen Belastungen in Höhe von 204.516,75 Euro und bei
Berücksichtigung von Verfahrenskosten und laufenden Zinsen tatsächlich
versteigert werde.
Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127
Abs. 2 S. 2 ZPO).
In der Sache hat das Rechtsmittel auch Erfolg.
Prozesskostenhilfe kann nach der Auffassung der Kammer nicht mit der
Begründung versagt werden, dass sich angesichts der Belastungssituation
voraussichtlich kein Bieter finden wird. Die Kammer teilt insoweit die Auffassung
des LG Heilbronn (Rpfleger 2007, 40), das in einer vergleichbaren Situation eine
Mutwilligkeit im Sinne von § 114 ZPO angenommen hat, nicht.
Eine Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO besteht, weil die gesetzlichen
Voraussetzungen für die Anordnung der Teilungsversteigerung gemäß §§ 180, 181
ZVG vorliegen und demgemäß das Amtsgericht dem Antrag auf Anordnung der
Teilungsversteigerung auch entsprochen hat.
Bei der Beurteilung der Frage der Mutwilligkeit kann zwar auch einbezogen werden,
ob eine Vollstreckung aus einem zu erwirkenden Titel aussichtslos erscheint
(Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 114, Rz. 31). Davon unterscheidet sich aber die Situation
des Antragstellers in der Teilungsversteigerung. Materiell-rechtlich gesehen ist die
Teilungsversteigerung die einzige Möglichkeit, eine Miteigentümergemeinschaft an
einem Grundstück zu beenden, wenn eine Einigung nicht möglich ist. Demgemäß
verschafft das Gesetz jedem Miteigentümer auch einen Anspruch auf
Durchführung der Zwangsversteigerung (§ 753 Abs. 1 BGB), der nicht davon
abhängt, ob die Durchführung des Verfahrens wirtschaftlich sinnvoll ist. Eine
Mutwilligkeit des Betreibens der Teilungsversteigerung lässt sich angesichts
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Mutwilligkeit des Betreibens der Teilungsversteigerung lässt sich angesichts
dessen nicht mit Prognosen dazu begründen, ob sich ein Bieter finden wird, auch
wenn dies in der Tat aus gegenwärtiger Sicht unwahrscheinlich sein mag.
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst. Gerichtskosten entstehen
angesichts des Erfolges des Rechtsmittels nicht. Außergerichtliche Kosten werden
gemäß § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.