Urteil des LG Freiburg vom 30.10.2015

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LG Freiburg Beschluß vom 30.10.2015, 3 T 194/15
Berechnung der Vergütung eines vorläufigen Sachwalters
Leitsätze
Zur Berechnung der Vergütung eines vorläufigen Sachwalters
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des vorläufigen Sachwalters wird der Beschluss des
Amtsgerichts Freiburg vom 23.07.2015 - 58 IN 38/15 - teilweise abgeändert und
insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Vergütung für den vorläufigen Sachwalter wird auf 31.845,59 EUR
festgesetzt.
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer zu tragen.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
1 Der Beschwerdeführer streitet um eine höhere Vergütung für seine Tätigkeit als
vorläufiger Sachwalter der Insolvenzschuldnerin (im Folgenden: Schuldnerin).
2 Die Schuldnerin beantragte am 02.02.2015 u. a. das Insolvenzverfahren über ihr
Vermögen zu eröffnen, sowie die vorläufige Eigenverwaltung und die
Eigenverwaltung für das eröffnete Verfahren anzuordnen. Mit Beschluss vom
03.02.2015 ordnete das Amtsgericht die vorläufige Eigenverwaltung an und
bestellte gleichzeitig den Beschwerdeführer zum vorläufigen Sachwalter. Dieser
übte sein Amt bis zum 30.04.2015 aus.
3 Mit Beschluss vom 01.05.2015 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren,
bestellte den Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter und lehnte gleichzeitig
den Antrag auf Eigenverwaltung ab. Der sofortigen Beschwerde der Schuldnerin
gegen diesen Beschluss half das Amtsgericht mit weiterem Beschluss vom
11.05.2015 ab, ordnete die Eigenverwaltung an, hob die Bestellung des
Beschwerdeführers zum Insolvenzverwalter auf und ernannte diesen zum
Sachwalter.
4 Im vorliegenden Beschwerdeverfahren geht es um die Vergütung des vorläufigen
Sachwalters für seine Tätigkeit im Zeitraum vom 03.02.2015 bis 30.04.2015. Mit
Antrag vom 20.05.2015, wegen dessen näherer Einzelheiten auf AS 897 ff. Bezug
genommen wird, begehrte der Beschwerdeführer die Festsetzung einer Gebühr in
Höhe von insgesamt 80.514,12 EUR. Diesem liegt - vom Amtsgericht
unbeanstandet - ein Regelsatz der Vergütung gemäß § 2 InsVV in Höhe von
131.930,00 EUR zugrunde (maßgebliche
Insolvenzmasse/Berechnungsgrundlage: 5.209.000,00 EUR).
5 Hiervon ausgehend berechnet der Beschwerdeführer seinen
Nettovergütungsanspruch wie folgt:
6
Regelvergütung
131.930,00
EUR
vorläufiger Insolvenzverwalter (25 %)
32.982,00 EUR
Zuschläge:
Betriebsfortführung 15 %
Vorfinanzierung Insolvenzgeld 10 %
Sanierungsmaßnahmen 15 %
Auslandsbezug 15 %
enge Zusammenarbeit mit vorläufigem Gläubigerausschuss 5
%
insgesamt 60 %
79.158,00 EUR
Gesamtvergütung vorläufiger Insolvenzverwalter
112.140,00
EUR
davon 60 %
67.284,00 EUR
7 Hinzu kommen noch Auslagen und die Umsatzsteuer.
8 In der Begründung seines Antrags, insbesondere aber in den weiteren
Schriftsätzen legt der Beschwerdeführer ausführlich dar, warum er von einem
Regelvergütungssatz des vorläufigen Sachwalters von 25 % der für den
Insolvenzverwalter bestimmten Vergütung ausgeht. Das Amtsgericht vertritt die
Auffassung, angemessene Regelvergütung des vorläufigen Sachwalters seien 25
% der Regelvergütung des Sachwalters (60 %) und damit 15 % der für den
Insolvenzverwalter bestimmten Vergütung. Die Kammer hat mit Verfügung vom
21.10.2015 (AS 1329) darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer der Sache
nach ebenfalls von einer Regelvergütung des vorläufigen Sachwalters von 15 %
der Regelvergütung eines Insolvenzverwalters ausgegangen ist (60% von 25%).
Der Beschwerdeführer hat daraufhin mit Schriftsatz vom 27.10.2015 klargestellt,
dass seine entsprechenden Erwägungen lediglich hilfsweise für den Fall gelten
sollen, dass Zuschläge nicht oder nicht im begehrten Umfang zugesprochen
werden.
9 In seiner angefochtenen Entscheidung vom 01.06.2015 hat das Amtsgericht die
Nettovergütung auf 20.778,98 EUR festgesetzt und zur Begründung im
Wesentlichen ausgeführt, zugrunde zu legen sei eine Regelvergütung von 15 %
der für den Insolvenzverwalter bestimmten Vergütung, hier also 19.789,50 EUR.
Aufgrund des äußerst beschränkten Aufgabenkreises des vorläufigen Sachwalters
käme für diesen im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdeführers keiner der
geltend gemachten Zuschlagstatbestände in Betracht, zumal bei der Schuldnerin
ein Rechtsanwalt und äußerst erfahrener Insolvenzverwalter als weiterer
Geschäftsführer tätig sei, der die Funktion des Eigenverwalters innerhalb der
Geschäftsführung erfüllt. Lediglich die intensive Abstimmung mit dem
Gläubigerausschuss rechtfertige einen Zuschlag. Im Rahmen der
vorzunehmenden Gesamtwürdigung sei insgesamt ein Zuschlag insoweit von 5 %
angemessen. Diesen berücksichtigt das Amtsgericht durch Erhöhung der
Nettovergütung von 19.789,50 EUR um 5 %, also auf 20.778,98 EUR. Wegen
weiterer Einzelheiten der ausführlichen Begründung des Amtsgerichts wird auf die
AS 1099 ff. Bezug genommen.
10 Gegen den am 24.07.2015 zugestellten Vergütungsbeschluss hat der vorläufige
Sachwalter am 06.08.2015 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht
mit Beschluss vom 04.09.2015 nicht abgeholfen hat. Wegen weiterer Einzelheiten
wird auf die Beschwerdebegründung (AS 1135 ff.), die Begründung der
Nichtabhilfeentscheidung (AS 1235 ff.) und die Stellungnahmen des
Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren (AS 1291 ff.; 1335 f) Bezug
genommen. Die Schuldnerin hat nicht Stellung genommen.
II.
11 Die nach §§ 270 a Abs. 1 S. 2, 274 Abs. 1 i.V.m. § 64 Abs. 3 InsO statthafte und
auch ansonsten zulässige sofortige Beschwerde des vorläufigen Sachwalters ist
nur zum geringen Teil begründet. Ausgehend von einem unstreitigen und
zutreffenden Regelsatz der Vergütung gem. § 2 InsVV in Höhe von 131.930,00
EUR steht dem Beschwerdeführer eine Vergütung in Höhe von 31.845,59 EUR zu.
1.
12 Mit Einführung des Instituts des vorläufigen Sachwalters hat es der Gesetzgeber
versäumt, gleichzeitig dessen Vergütungsansprüche zu regeln. Es entspricht
jedoch einhelliger Auffassung, dass die Tätigkeit als vorläufiger Sachwalter schon
im Hinblick auf Art.12 GG nicht unvergütet bleiben kann. Umstritten ist allerdings,
wie sich diese Vergütung berechnet, wobei noch weitgehend Einigkeit herrscht,
dass die in der InsVV enthaltenen gesetzlichen Regelungen für den Sachwalter,
den Insolvenzverwalter und/oder den vorläufigen Insolvenzverwalter zumindest
entsprechend anzuwenden sind. Hiervon geht auch die Kammer aus (aA mit
beachtlichen Argumenten: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht-Büttner, 5.
Aufl., § 12 InsVV Rn. 21ff). Streit besteht darüber, wie die Regelvergütung zu
berechnen ist (dazu unter b.), die grundsätzliche Anwendbarkeit von § 3 InsVV und
die Zuschlagsfähigkeit für bestimmte Tätigkeiten der Schuldnerin (etwa die
Betriebsfortführung) bei denen dem vorläufigen Sachwalter lediglich eine
Überwachungsfunktion zukommt.
13 a. “Zuschläge“
14 Mit Recht hat das Amtsgericht Zuschläge für „Betriebsfortführung“,
„Insolvenzgeldfinanzierung“, „Sanierungsmaßnahmen“ und „Auslandsbezug“ nicht
gewährt.
15 Allerdings teilt die Kammer die ganz überwiegend in Rechtsprechung und Lehre
vertretene Ansicht, wonach § 3 InsVV über die §§ 270 b Abs. 2 S. 1, 270 a Abs. 1
S. 2, 274 Abs. 1, 63 Abs. 1 S. 3 InsO, § 10 InsVV auch für den vorläufigen
Sachwalter grundsätzlich anwendbar ist (Heidelberger Kommentar -
Inso/Landfermann, 7. Aufl., § 270 a InsO Rn. 15; Prasser in: Kübler-Prütting-Borg,
InsO, 1. Aufl. 2015, 64. Lieferung 07.2015, § 12 InsVV Rn. 31 ff.; AG
Ludwigshafen, Beschluss vom 22.07.2015 - 3 b IN 414/14 Lu, Juris; LG Dessau-
Roßlau, Beschluss vom 29.01.2015 - 8 T 94/14 -, Juris; LG Bonn NZI 2014, 123 f.;
Budnik NZI 2014, 247 ff.; anderer Ansicht wohl: Uhlenbruck-Mock,
Insolvenzordnung, 14. Aufl. 2015, § 63 Rn. 16; derselbe in Haarmeyer-Mock,
InsVV, 5. Aufl., § 12 InsVV Rn. 21 ff. - Zuschläge grundsätzlich ablehnend unter §
11 InsVV Rn. 42, 105 - und in ZInsO 2014, 67 ff.). Gegenüber der Prüfung von
Zuschlägen, die einem vorläufigen oder endgültigen Insolvenzverwalter gewährt
werden können, ist aber die besondere Stellung und Funktion des vorläufigen
Sachwalters und dessen gesetzlich beschränkter Aufgabenkreis zu beachten. Die
Aufgaben und Rechte des vorläufigen Sachwalters ergeben sich aus §§ 270 a
Abs. 1 S. 2, 274, 275 InsO. Wie der Sachwalter im eröffneten Verfahren hat er
laufend die Geschäftslage des Schuldners zu prüfen und die Geschäftsführung zu
überwachen. Er hat den Gläubigerausschuss und das Gericht zu unterrichten,
wenn Nachteile für die Gläubiger drohen. Verbindlichkeiten, die nicht zum
gewöhnlichen Geschäftsbereich gehören, soll der Schuldner nur mit Zustimmung
des vorläufigen Sachwalters eingehen. Mit Recht geht das Amtsgericht zunächst
grundsätzlich davon aus, dass dem vorläufigen Sachwalter Zuschläge für eine
Tätigkeit nur dann zu gewähren sind, wenn diese zu dessen gesetzlichen
Aufgaben zählen. Für Tätigkeiten, die der vorläufige Sachwalter außerhalb seines
eigentlichen Aufgabenbereichs, quasi überobligatorisch, erbringt, kann er keine
Vergütung und damit auch keine Zuschlagsgewährung erwarten (AG Essen NZI
2015, 574; zustimmend Budnik, NZI 2015, 573 in einer Anmerkung zum Urteil des
LG Dessau-Roßlau aaO).
16 Soweit der Beschwerdeführer konkrete Zuschlagstatbestände behauptet hat, hatte
das Amtsgericht diese auch in eine Gesamtbetrachtung miteinzubeziehen. Die
insoweit zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung und der
Nichtabhilfeentscheidung, auf die die Kammer nach eigener Prüfung Bezug nimmt,
sind nicht zu beanstanden. Zuschläge für Betriebsfortführung,
Insolvenzgeldvorfinanzierung, Sanierungsmaßnahmen und Auslandsbezug sind
nicht zu gewähren:
17 Eine vorläufige Eigenverwaltung kann zwar nicht zwingend, aber regelmäßig - wie
auch hier -, in den Fällen beantragt werden, in denen eine Betriebsfortführung
angestrebt wird und von der Fortführung des schuldnerischen Unternehmens mit
dem Ziel einer Sanierung auszugehen ist (Bundestagsdrucksache 17/5712, Seite
39 f.). Daher kann dieser Regelfall allein nicht gleichzeitig einen Zuschlag wegen
Betriebsfortführung rechtfertigen, auch wenn -wie hier- umfangreiche
Zahlungsvorgänge und Bestellungen zu überwachen waren und die Dauer des
Insolvenzeröffnungsverfahrens annähernd 3 Monate betrug (LG Bonn aaO; LG
Dessau-Roßlau aaO). Die vom Beschwerdeführer insoweit weiter vorgebrachten
und in der Beschwerde wiederholten Argumente der Betriebsgröße oder der
Entfernung zu seinem Sitz geben auch nach Ansicht der Kammer keinen Grund zu
einer abweichenden Entscheidung. Auf die zutreffende Begründung des
Amtsgerichts wird daher verwiesen.
18 Die Insolvenzgeldvorfinanzierung obliegt der eigenverwaltenden Schuldnerin
genauso wie die Information der Arbeitnehmer (AG Essen NZI 2015, 274). Die
Schuldnerin war hierzu auch ohne Weiteres in der Lage, nachdem ein erfahrener
Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter in deren Geschäftsführung mit der Funktion
des Eigenverwalters eingebunden war (AG Wuppertal ZIP 2015, 541). Sollte der
Beschwerdeführer insoweit überobligationsmäßig tätig geworden sein, wofür seine
Angaben sprechen, löst dies keinen Zuschlagstatbestand aus.
19 Gleiches gilt für Sanierungsmaßnahmen, um die sich die Schuldnerin im Rahmen
der Eigenverwaltung bemüht hat. Die dabei vom Beschwerdeführer beschriebenen
und angefallenen, überwachenden Tätigkeiten gehören zu den originären
Aufgaben des vorläufigen Sachwalters (LG Dessau-Roßlau aaO), dessen
Regelvergütung sich bei größeren Unternehmen und damit verbundenem
erhöhten Aufwand regelmäßig auch durch eine höhere Berechnungsgrundlage
erhöhen wird. Ein Zuschlag für Tätigkeiten im Rahmen der Sanierung, die der
vorläufige Sachwalter neben dem Sanierungsgeschäftsführer und dem in
Anspruch genommenen Dienstleister für den M & A Prozess ausübte, kann
insoweit nicht gewährt werden. Der Beschwerdeführer hatte insoweit keine
Entscheidungen für die Schuldnerin zu treffen, sondern lediglich deren
Entscheidungen zu überwachen, wobei die Kammer nicht verkennt, dass auch
dies mit erheblichem Aufwand verbunden war, was aber unter Berücksichtigung
der Gesamtumstände nicht zuschlagswürdig erscheint.
20 Schließlich hat das Amtsgericht auch zutreffend begründet, warum im Rahmen
einer Gesamtbetrachtung auch ein Zuschlag unter dem Gesichtspunkt des
Auslandsbezuges nicht in Betracht kommt (vgl. auch LG Frankfurt, Beschluss vom
11.11.2014 - 2-9 T 286/14 Juris). Soweit der Beschwerdeführer auf umfangreiche
(englischsprachige) Verhandlungen mit einem Kunden der Schuldnerin bei einem
Volumen von ca. 11 Mio. Euro hinweist, ist ergänzend zu den Ausführungen des
Amtsgerichts im angefochtenen Beschluss und der Nichtabhilfeentscheidung
wiederum anzumerken, dass es nicht Aufgabe eines vorläufigen Sachwalters ist,
solche Verhandlungen selbst zu führen. Vielmehr obliegt dies der hier ausreichend
rechtlich und betriebswirtschaftlich beratenen Schuldnerin.
21 b. „Regelvergütung“
22 Der Beschwerdeführer hat sich hilfsweise zur Begründung seiner Beschwerde
darauf berufen, dass die Regelvergütung 25% der Vergütung nach § 2 Abs. 1
InsVV beträgt, weshalb entscheidungserheblich ist, wie sich die Regelvergütung
des vorläufigen Sachwalters berechnet, was in Rechtsprechung und Literatur
umstritten ist:
23 Da die Aufgaben des vorläufigen Sachwalters denen des endgültigen Sachwalters
ähneln, wird die Auffassung vertreten, dass (nur) § 12 Abs. 1 InsVV analog
anzuwenden sei. Dem vorläufigen Sachwalter sei somit als Regelvergütung -
ebenso wie dem Sachwalter - 60 % der Regelsätze nach § 2 Abs. 1 InsVV
zuzubilligen (Prasser in: Kübler-Prütting-Borg, InsO, 1. Aufl. 2015, 64. Lieferung
07.2015, § 12 InsVV Rn. 23 m.w.N. auch aus der Rechtsprechung; Kalkmann in:
Graf-Schlicker, InsO, 4. Aufl. 2014, § 12 Rn. 11; Budnik NZI 2014, 247). Nach
anderer Ansicht wird (nur) § 11 analog angewendet (vgl. etwa Lorenz-Klanke,
InsVV, 2. Aufl., § 12 Rz. 23, 27). Vereinzelt wird auch eine Stundensatzvergütung
befürwortet (Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht-Büttner, 5. Aufl., § 12
InsVV Rn. 21 und 24). Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung geht
allerdings davon aus, dass die Regelungslücke durch entsprechende Anwendung
der §§ 11 und 12 InsVV zu schließen ist und daher der vorläufige Sachwalter
gemäß § 11 analog einen Bruchteil von 25 % der Vergütung erhält, die ein
Sachwalter erhalten würde (§ 12 analog), mithin 15 % der Vergütung nach § 2 Abs.
1 InsVV (AG Ludwigshafen, Beschluss vom 22.07.2015 - 3 b IN 414/14 Lu, Juris;
AG Essen NZI 2015, 574; LG Dessau-Roßlau, Beschluss vom 29.01.2015 - 8 T
94/14 -, Juris; LG Bonn NZI 2014, 123 f.; AG Wuppertal ZIP 2015, 541;
Heidelberger Kommentar - InsO/Landfermann, 7. Aufl., § 270 a Inso Rn. 15;
Haarmeyer-Mock, InsVV, 5. Aufl., § 12 Rn. 21; Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14.
Aufl., § 270 a InsO Rn. 32).
24 Die Kammer schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an, wonach die
bestehende Regelungslücke durch eine analoge Anwendung von § 11 und § 12
InsVV zu schließen ist. Dies rechtfertigt sich insbesondere unter dem
Gesichtspunkt, dass der Gesetzgeber dem vorläufigen Sachwalter lediglich einen
Bruchteil derjenigen Aufgaben zugewiesen hat, die ein vorläufiger
Insolvenzverwalter zu erfüllen hat. Auch der mit den Aufgaben einhergehende
Aufwand sowie die Haftungsrisiken eines vorläufigen Sachwalters bleiben nach
der Vorstellung des Gesetzgebers hinter denjenigen eines vorläufigen
Insolvenzverwalters zurück (vgl. auch AG Essen, NZI 2014, 271).
2.
25 Die Kammer teilt die Auffassung des Amtsgerichts, wonach die vom
Beschwerdeführer dargestellte notwendige Einbindung in mindestens acht
Gläubigerausschusssitzungen einen Zuschlag von 5 % rechtfertigt. Im Rahmen
der Gesamtbetrachtung und Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände
erscheint es der Kammer jedoch angemessen, die Erhöhung ähnlich wie beim
vorläufigen Insolvenzverwalter unmittelbar durch Erhöhung des für den vorläufigen
Sachwalters maßgeblichen Bruchteils vorzunehmen. Auszugehen ist dabei vom
Regelsatz des vorläufigen Sachwalters in Höhe von 15 % der Regelvergütung
nach § 2 InsVV, der sich damit auf 20 % erhöht (anderer Ansicht möglicherweise
LG Bonn, Beschluss vom 11.10.2013, 6 T 184/13, welches nicht den 15 %-igen
Regelbruchteil erhöht, sondern den 25 %-igen Anteil des vorläufigen Sachwalters
am 60 %-igen Anteil des endgültigen Sachwalters). Es ergibt sich daher folgende
Abrechnung:
26
Regelvergütung
131.930,00 EUR
hiervon 15 % + 5 % = 20 %
26.386,00 EUR
3 Monate Auslagen zu je 125,00 EUR 375,00 EUR
zuzüglich 19 % Umsatzsteuer
5.084,59 EUR
Vergütungsanspruch
31.845,59 EUR
III.
27 Bei der Kostenentscheidung hat die Kammer § 92 Abs. 2 ZPO im Hinblick auf den
nur geringen Erfolg der sofortigen Beschwerde angewandt. Im Hinblick auf diesen
nur geringen Erfolg hat die Kammer auch von einer Reduzierung oder
Nichterhebung der Gerichtsgebühr abgesehen.
28 Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da die umstrittene Frage nach der Höhe
des Prozentsatzes der Regelvergütung des vorläufigen Sachwalters von
grundsätzlicher Bedeutung ist. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die
Befürworter einer Gleichstellung der Regelvergütung von endgültigem und
vorläufigen Sachwalter durch den Ansatz von Abschlägen auf die Regelvergütung
im Einzelfall durchaus zu Ergebnissen gelangen können, die sogar niedriger liegen
wie bei Annahme einer Regelvergütung von 15 % und der Gewährung von
Zuschlägen. Ungeklärt und von grundsätzlicher Bedeutung ist aber jedenfalls die
Frage, ob für den vorläufigen Sachwalter für dessen Regelvergütung überhaupt
von einem einheitlichen Prozentsatz auszugehen ist oder ob auch die Festlegung
eines Prozentsatzes (oder eines Stundenhonorars) in einer Gesamtbetrachtung
jeweils auf der Grundlage der Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls
tatrichterlich zu entscheiden ist. Darüber hinaus ist die Zuschlagsfähigkeit
einzelner Tätigkeiten des vorläufigen Sachwalters von grundsätzlicher Bedeutung,
da diesem - anders wie beim (vorläufigen) Insolvenzverwalter - überwiegend nur
eine überwachende Funktion zukommt, wobei die Kammer nicht verkennt, dass
die Einzelbewertung von Vergütungszu- und -abschlägen grundsätzlich dem
Tatrichter vorbehalten ist (BGH NZI 2007, 40 ff.).