Urteil des LG Freiburg vom 24.11.2016

nebenkosten, übereinstimmung, befragung, gutachter

LG Freiburg Urteil vom 24.11.2016, 3 S 145/16
Leitsätze
Zur Bestimmung der erforderlichen Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall, wenn der Geschädigte
und der von ihm mit der gutachterlichen Feststellung des Schadens beauftragte Sachverständige eine
Gebührenvereinbarung getroffen haben.
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Lörrach vom 03.06.2016 - 3 C 1663/15 - im
Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte verurteilt, an die Klägerin EUR 107,01 nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem
Basiszinssatz seit 22.01.2016 zu bezahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1 Wegen der tatsächlichen Feststellung wird zunächst auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540
Abs. 1 ZPO).
2 Die Parteien streiten um Ansprüche auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall, wegen restlicher
Sachverständigenkosten in Höhe von 107,01 EUR. Die alleinige Haftung eines Versicherungsnehmers der
Beklagten für den eingetretenen Schaden (u.a. Reparaturkosten iHv 1335,72 EUR netto; merkantiler
Minderwert von 200,00 EUR) ist dem Grunde nach zwischen den Parteien unstreitig.
3 Der Geschädigte beauftragte nach dem Verkehrsunfall einen Sachverständigen mit der Feststellung der
Schadenshöhe. Im entsprechenden schriftlichen Auftrag vom 19.10.2015 ist - in der Berufungsinstanz nach
entsprechendem Hinweis entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil unter 3., erster Absatz
unstreitig - vereinbart, dass Nebenkosten für die Erstellung des Gutachtens nach Aufwand abgerechnet
werden, mit Einsatzpreisen wie aus folgender Aufstellung ersichtlich. Das Grundhonorar orientiere sich am
ermittelten Schaden, wobei Grundlage der Berechnung „der im Honorarbereich V ermittelte Wert der BVSK-
Befragung 2015“ sei.
4 Der Gutachter rechnete seine Kosten gegenüber dem Geschädigten mit Rechnung vom 22.10.2015 sodann
wie folgt ab:
5
Gutachtenerstellung incl. EDV-Anlage
376,00 EUR
Fotokosten 10 Stück x 2,00 EUR
20,00 EUR
Fotoindex und 2. Satz je Foto 0,50 EUR 5,00 EUR
Fahrtkosten 29 km x 0,70 EUR
20,30 EUR
Telefon- und Portoauslagen
15,00 EUR
Schreibgebühren 10 Seiten á 1,80 EUR
18,00 EUR
Zweitschrift pro Seite 0,50 EUR
5,00 EUR
Rechnungssumme
459,30 EUR
MwSt. 19 %
87,27 EUR
Endsumme
546,57 EUR
6 Der Geschädigte hat seine Ersatzansprüche gegen die Beklagte auf Erstattung der Sachverständigenkosten
an den Gutachter abgetreten. Dieser hat die Ansprüche aus der - bislang nicht bezahlten - Rechnung an die
Klägerin abgetreten. Die Beklagte hat auf die Rechnung 439,56 EUR bezahlt.
7 Das Amtsgericht hat im Rahmen des § 287 ZPO die erforderlichen Kosten aufgrund eines „Honorartableau
2012 basierend auf der BVSK-Honorarbefragung 2010/2011“ auf 433,00 EUR geschätzt und demgemäß die
auf den Differenzbetrag zur geleisteten Zahlung gerichtete Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die
Klägerin mit ihrer vom Amtsgericht zugelassenen Berufung.
8 Die Kammer hat ein Gutachten zur Frage der üblichen Vergütung im hiesigen Bezirk eingeholt.
9 Im Übrigen wird nach § 540 Abs. 2 iVm § 313 a Abs. 1 ZPO auf die Darstellung des Tatbestandes verzichtet.
II.
10 Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin kann aus abgetretenem Recht von der Beklagten noch
107,01 EUR verlangen.
1.
11 Die Klägerin ist unstreitig aktivlegitimiert. Sie hat einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus
abgetretenem Recht. Der Geschädigte hat den Schadensersatzanspruch teilweise an den Sachverständigen
abgetreten. Es erfolgte durch diesen eine Abtretung an die Klägerin. Die abgetretene Forderung ist
hinreichend bestimmt. Ein den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 21.06.2016 (VI ZR 475/15, VI
ZR 476/15, VI ZR 477/15 - zitiert, wie alle anderen Entscheidungen, soweit nicht anders angegeben, nach
juris) vergleichbarer Fall einer iSd § 305 c Abs.1 BGB überraschenden und damit unwirksamen
Abtretungsklausel liegt nicht vor.
2.
12 Die Beklagte ist grundsätzlich zur Erstattung von Sachverständigenkosten verpflichtet. Die Kammer geht
mit einer verbreiteten Rechtsprechung (vgl. OLG München, Urteil vom 26.02.2016 - 10 U 579/15 -) davon
aus, dass die Bagatellschadensgrenze bei 750,00 EUR anzusetzen ist, d. h., dass darunter eine
Beauftragung eines eigenen Sachverständigen durch den Geschädigten regelmäßig nicht erforderlich sein
wird und er deshalb keine Erstattung der Kosten durch den Schädiger bzw. die Versicherung des Schädigers
erhält. Aufgrund der hier vorliegenden Schadenshöhe durfte ein Sachverständigengutachten zur
Feststellung des Schadens in Auftrag gegeben werden, die hierfür aufgewendeten Kosten sind ersatzfähig,
soweit sie erforderlich waren.
3.
13 Nach welchen Grundsätzen in Fallgestaltungen wie der vorliegenden die Schadensbemessung
durchzuführen ist, hat in der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine weitgehende Klärung erfahren (BGH,
Urteil vom 11.02.2014 - VI ZR 225/13; Urteil vom 22.07.2014 - VI ZR 357/13; Urteil vom 26.04.2016 - VI
ZR 50/15):
14 Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gemäß § 249
Abs. 2 S. 1 BGB statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Sein Anspruch ist auf
Befriedigung seines Finanzierungsbedarfs in Form des zur Wiederherstellung objektiv erforderlichen
Geldbetrags und nicht etwa auf Ausgleich von ihm bezahlter Rechnungsbeträge gerichtet. Der Geschädigte
ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen in der Wahl der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er darf zur
Schadensbeseitigung grundsätzlich den Weg einschlagen, der aus seiner Sicht seinen Interessen am besten
zu entsprechen scheint. Denn Ziel der Schadensrestitution ist es, den Zustand wiederherzustellen, der
wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht. Der Geschädigte ist
deshalb grundsätzlich berechtigt, einen qualifizierten Gutachter seiner Wahl mit der Erstellung des
Schadensgutachtens zu beauftragen. Der Geschädigte kann jedoch vom Schädiger nach § 249 Abs. 2 S. 1
BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines
verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens
zweckmäßig und notwendig erscheinen. Er ist nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des
ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für
die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung,
welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten,
insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn
bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen. Auch ist der Geschädigte grundsätzlich nicht zu einer Erforschung
des ihm zugänglichen Markts verpflichtet, um einen möglichst preisgünstigen Sachverständigen ausfindig zu
machen. Der Geschädigte muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten
Sachverständigen betreiben, ihm obliegt im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots jedoch grundsätzlich eine
gewisse Plausibilitätskontrolle der vom Sachverständigen bei Vertragsabschluss geforderten oder später
berechneten Preise.
4.
15 Hinsichtlich der Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Sachverständigenkosten im Sinne des § 249 Abs.
2 S. 1 BGB ist der Geschädigte grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtig. Maßgeblich ist nämlich allein,
ob der in seiner Person entstandene Schadensersatzanspruch die vereinbarten und/oder in Rechnung
gestellten Sachverständigenkosten in voller Höhe umfasst. Dies hängt davon ab, ob sich die vom
Sachverständigen berechneten Kosten nach schadensrechtlichen Grundsätzen im Rahmen des zur
Wiederherstellung Erforderlichen im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB halten.
16 Gelingt der Nachweis der Erforderlichkeit, sind die geltend gemachten Sachverständigenkosten in voller
Höhe zu erstatten. Liegen die berechneten und geltend gemachten Sachverständigenkosten
unter den
erforderlichen Kosten im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, die gegebenenfalls nach § 287 ZPO geschätzt
werden können (hierzu unter 6.), steht dem Geschädigten allerdings im Hinblick auf das
Bereicherungsverbot nur ein Anspruch in Höhe der tatsächlich vereinbarten bzw. in Rechnung gestellten
Kosten zu.
17 Eine Beweiserleichterung ergibt sich für den Geschädigten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
unter folgenden Voraussetzungen: Seiner ihn im Rahmen des § 249 BGB treffenden Darlegungslast genügt
der Geschädigte regelmäßig durch Vorlage der - von ihm beglichenen - Rechnung des mit der Begutachtung
seines Fahrzeugs beauftragten Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des
ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die
geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Denn der in Übereinstimmung mit der Rechnung und
der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand
bildet (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des zur
Herstellung „erforderlichen“ (ex ante zu bemessenden) Betrages im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. In ihm
schlagen sich die beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder (BGH, Urteil
vom 22.07.2014 - VI ZR 357/13). Präzisierend führt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom
26.04.2016 (VI ZR 50/15; ebenso Urteil vom 19.07.2016 - VI ZR 491/15) aus, nicht die Höhe der vom
Sachverständigen erstellten Rechnung als solche, sondern allein der vom Geschädigten in Übereinstimmung
mit der Rechnung und der ihr zugrundeliegenden getroffenen Preisvereinbarung tatsächlich erbrachte
Aufwand bilde einen Anhalt zur Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Betrages im Sinne von § 249
Abs. 2 S. 1 BGB.
5.
18 Für den vorliegenden Fall ergibt sich nach diesen Grundsätzen Folgendes:
19 Die tatbestandlichen Voraussetzungen, die der Bundesgerichtshof für die Indizwirkung einer Rechnung
aufgestellt hat - tatsächliche Begleichung der Rechnung durch den Geschädigten in Übereinstimmung mit
der Preisvereinbarung - , sind im vorliegenden Fall bereits deshalb nicht erfüllt, weil der Geschädigte die
Rechnung nicht selbst beglichen, mithin keinen eigenen Aufwand gehabt hat. Eine der beglichenen
Rechnung vergleichbare Indizwirkung, tritt bei einer Abtretung der Schadensersatzforderung
erfüllungshalber an den Sachverständigen nicht ein (BGH, Urteil vom 19.07.2016 - VI ZR 491/15). Die
Indizwirkung hinsichtlich der Erforderlichkeit der geltend gemachten Kosten greift vorliegend infolgedessen
nicht ein.
20 Bezüglich der zu erstattenden Nebenkosten haben Geschädigter und Sachverständiger konkrete
Einsatzpreise vereinbart. Aber auch bezüglich des Grundhonorars liegt durch die Bezugnahme auf den
Honorarbereich V der BVSK Befragung 2015 eine Honorarvereinbarung vor, auch wenn dem
Sachverständigen insoweit im von HB V vorgegebenen Rahmen ein Ermessen eingeräumt wird.
6.
21 Um zu überprüfen, ob die vereinbarten und in Rechnung gestellten Kosten erforderlich sind, hatte die
Kammer zum Vergleich die üblichen Kosten zu bestimmen. Falls nicht im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte
eine abweichende Beurteilung gebieten, schätzt die Kammer im Rahmen des § 287 ZPO die übliche
Vergütung, was das Grundhonorar betrifft, auf der Grundlage der BVSK-Befragung 2015 (a), soweit es die
Schätzung der im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Nebenkosten auf der Grundlage des §
287 ZPO betrifft, zieht die Kammer allerdings im Wesentlichen die Bestimmungen des Justizvergütungs- und
Entschädigungsgesetzes (JVEG) als Orientierungshilfe heran, wobei nicht verkannt wird, dass genau die in
diesem enthaltenen Kostenansätze in der BVSK Honorarbefragung 2015 teilweise vorgegeben waren (b).
a)
22 Der von der Kammer mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragte Sachverständige L
hat aufgrund einer von ihm getätigten Umfrage bei verschiedenen Sachverständigenbüros dargelegt, dass es
eine einheitliche Abrechnungspraxis im Landgerichtsbezirk nicht gibt, auch wenn sich eine knappe Mehrheit
der befragten Sachverständigen an dem Tableau der BVSK Honorarbefragung orientiert. Die Kammer folgt
diesen überzeugenden Ausführungen. Nachdem sich somit eine einheitliche Abrechnungspraxis im Bezirk
nicht feststellen lässt, schätzt die Kammer im Rahmen des § 287 ZPO die übliche Vergütung, was das
Grundhonorar betrifft, auf der Grundlage der BVSK-Befragung 2015. Sie stellt dabei auf den Mittelwert aus
HB I und HB III der BVSK Honorarbefragung 2015 ab, was ausreichend ist um die Extremwerte zu
eliminieren (so auch LG Stuttgart, Urteil v. 28.07.2016 - 5 S 333/15).
23 Für die Anwendung der BVSK 2015 als Schätzungsgrundlage für das Grundhonorar, die auch von anderen
Gerichten insoweit herangezogen wird, spricht zum einen, dass deren Datenerhebung hier in zeitlicher
Hinsicht am nächsten zum Unfallzeitpunkt liegt und zum anderen aber auch, dass sich ein Großteil der vom
gerichtlichen Sachverständigen befragten Sachverständigen(büros) hieran orientiert.
b)
24 Soweit die Schätzung der im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Nebenkosten auf der
Grundlage des § 287 ZPO im Einzelfall erforderlich wird, zieht die Kammer allerdings in Übereinstimmung
mit der vom Bundesgerichtshof (Urteil vom 26.04.2016 - VI ZR 50/15) gebilligten Rechtsprechung des
Landgerichts Saarbrücken (Urteil vom 19.12.2014 - 13 S 41/13) weitgehend die Bestimmungen des
Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) als Orientierungshilfe heran.
25 Im Einzelnen:
26 Bei Schätzung der Kosten für Originalfotos (2,00 EUR), den 2. Abzug von Fotos (0,50 EUR) und einer
Zweitschrift (Fotokopie) je Seite (0,50 EUR) orientiert sich die Kammer direkt an den Bestimmungen des
JVEG, wobei zu beachten ist, dass Kosten für den 2. Abzug nur zu erstatten sind, wenn die Fotos nicht Teil
des schriftlichen Gutachtens selbst sind (§ 12 Abs.1 Nr. 2 JVEG), weil dann die entsprechenden
Aufwendungen schon nach § 7 Abs. 2 JVEG ersetzt werden (zur Problematik: Schneider, JVEG, 2. Aufl., § 7
Rn 44, § 12 Rn 44f).
27 Was die Höhe der Fahrtkosten betrifft, hält die Kammer die Regelung des JVEG nicht für geeignet, da sich
diese nicht an den tatsächlichen Kosten orientiert, sondern an der Höhe der steuerlichen Anerkennung
privat genutzter Fahrzeuge (BT-Drs. 15/1971, S. 177, 232). Vielmehr ist es angemessen, diese anhand der
von verschiedenen Anbietern erstellten Autokostentabellen und in Übereinstimmung mit der
Rechtsprechung verschiedener Landgerichte (u.a. LG Saarbrücken Urteil vom 19.12.2014 - 13 S 41/13; LG
Stuttgart, Urteil v. 28.07.2016 - 5 S 333/15; LG Bochum, Urteil vom 31.05.2016 - 9 S 36/16), die der
Bundesgerichtshof gebilligt hat (Urteil vom 26.04.2016 - VI ZR 50/15), auf 70 ct/km zu schätzen.
28 Für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens schätzt die Kammer die erforderlichen Kosten aus
Praktikabilitätsgründen nicht nach der Zahl der Anschläge (§ 12 Abs.1 Nr. 3 JVEG) sondern, wie auch in
früheren Fassungen des JVEG vorgesehen, nach Seitenanzahl, wobei 1,80 EUR pro Seite angemessen
erscheinen (ebenso etwa im Ergebnis LG Bremen, Urteil vom 02.09.2016 - 3 S 289/15).
29 Hinzu kommen kann eine Pauschale für Portoauslagen, Telefonkosten etc. die nur dann näherer Begründung
bedarf, wenn sie den von der Kammer auch ansonsten für eine Unkostenpauschale - ohne Einzelnachweis -
noch als maximal angemessen angesehenen Betrag von 20,00 EUR übersteigt.
30 Halten sich die geltend gemachten Nebenkosten in diesem Rahmen, sind auch diese grundsätzlich zu
ersetzen. Liegen die tatsächlich geltend gemachten Nebenkosten darunter sind nur diese zu ersetzen.
Liegen sie darüber, ist zu differenzieren (siehe oben II 4 2.Absatz).
7.
31 Der vom Geschädigten beauftragte Gutachter hat hier für seine Sachverständigentätigkeit eine Pauschale
und zusätzlich bestimmte Nebenkosten abgerechnet. Dies legt die Kammer so aus, dass damit zum Ausdruck
gebracht wird, dass die Ingenieurleistung mit dem Grundhonorar abgegolten sein soll und daneben lediglich
Ersatz tatsächlich angefallener Aufwendungen verlangt wird. Dies entspricht nach den überzeugenden
Ausführungen des von der Kammer vernommenen gerichtlichen Sachverständigen im Übrigen auch einer im
hiesigen Bezirk mehrheitlich verbreiteten Praxis. Lediglich zwei der von ihm befragten
Sachverständigenbüros rechnen mit Pauschalpreisen ab.
8.
32 Unter Beachtung der dargelegten Grundsätze ergibt sich damit, dass die Rechnung des Sachverständigen
auszugleichen ist. Auf die Rechnungssumme von 508,49 EUR hat die Beklagte 439,56 EUR bezahlt, weshalb
sich ein restlicher Anspruch der Klägerin iHv 107,01 EUR ergibt.
33 Das in Übereinstimmung mit der Vereinbarung in Rechnung gestellte Grundhonorar ist zu erstatten, da
dieses nicht - für den Geschädigten erkennbar - deutlich überhöht ist (vgl. etwa, auch zu Nebenkosten: LG
Stuttgart, Urteil vom 28.07.2016 - 5 S 333/15; LG Mannheim, Urteil vom 05.02.2016 - 1 S 119/15; BGH,
Urteil vom 26.04.2016 - VI ZR 50/15; BGH, Urteil vom 22.07.2014 - VI ZR 357/13). Hieran ändert auch die
Tatsache nichts, dass die üblichen Kosten für das Grundhonorar nach Schätzung der Kammer (§ 287 ZPO)
lediglich 344,00 EUR (Mittelwert aus HB I und HB III) betragen würden, der Sachverständige jedoch bis an
die Obergrenze von HB V herangegangen ist und damit 376,00 EUR in Rechnung gestellt hat. Beide Beträge
liegen noch innerhalb vom vereinbarten Honorarbereich HB V der BVSK Befragung 2015. Die Möglichkeit,
dass der Sachverständige auf Grund der Vereinbarung an die Obergrenze von HB V geht und daher
möglicherweise die übliche Vergütung etwas überschreitet, war für den Geschädigten jedoch bei Abschluss
der Vereinbarung nicht zu erkennen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass vereinbarte Kosten bei einer
Überhöhung von 15% - 20% für einen Laien, der sich nicht mit Sachverständigenkosten befasst hat, im
Rahmen einer Plausibilitätskontrolle nicht erkennbar sind und daher für eine weiteren Prüfung keine
Veranlassung besteht (vgl. etwa LG Stuttgart, Urteil vom 28.07.2016 - 5 S 333/15 mwN). Vorliegend liegen
auch keine einzelfallbezogenen Umstände vor, aus denen der Geschädigte den Schluss hätte ziehen können,
dass der Sachverständige ein Honorar vereinbart hat, dass die branchenüblichen Sätze deutlich übersteigt
bzw. - bei Ausschöpfung des vereinbarten Honorarbereichs bis zu dessen Obergrenze - deutlich übersteigen
könnte.
34 Die in Rechnung gestellten Nebenkosten sind der Höhe nach nicht zu beanstanden (vgl. im Einzelnen oben II
6 b). Diese sind daher ebenfalls zu ersetzen.
35 Die Tatsache, dass der Sachverständige insgesamt 29 km gefahren ist zur Besichtigung des Unfallfahrzeugs
in Sch. hatte die Beklagte schon erstinstanzlich nicht mehr bestritten. Die Fahrtstrecke ergibt sich im
Übrigen schon aus der Entfernung zwischen dem Sitz des Sachverständigen und dem Besichtigungsort.
III.
36 Die Nebenforderungen rechtfertigen sich unter Verzugsgesichtspunkten.
IV.
37 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
erging gemäß §§ 708 Nr. 10, 711, 713, ZPO i.V.m. § 26 Nr.8 EGZPO.
38 Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Schadensschätzung
beruht auf einer einzelfallbezogenen Schadensbetrachtung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs und eines eingeholten Sachverständigengutachtens.