Urteil des LG Freiburg vom 20.06.2016

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LG Freiburg Urteil vom 20.6.2016, 12 O 137/15 KfH
Leitsätze
Eine Internetwerbung eines Hotels im Form einer graphischen Gestaltung von 4 golden ausgefüllten Sternen,
die sich auf einer als oval zu beschreibenden Kurve befinden, ist nicht per se ein Hinweis auf eine Einstufung
durch ein Hotelklassifizierungssystem.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Beklagten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger
darf die Vollstreckung durch den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1 fachen des
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe des 1,1 fachen des
zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Tatbestand
1 Der Kläger - die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs - macht wettbewerbsrechtliche
Unterlassungsansprüche geltend, weil der Beklagte wettbewerbswidrig für seinen Hotelbetrieb mit einer
Sternekennzeichnung im Internet werbe.
2 Der betreffende Ausschnitt aus der angegriffenen Internetseite ist nachfolgend abgebildet, wobei die 4
Sterne im farbigen Original golden ausgemalt sind:
3 Der Kläger ist der Auffassung, beim durch die Werbung angesprochenen Verbraucher werde die Vorstellung
hervorgerufen, dass sich dahinter eine offizielle Klassifizierung, d.h. eine Einordnung des Betriebes in eine
bestimmte Komfortkategorie verberge. Tatsächlich verfüge der Beklagte nicht über eine offizielle
Klassifizierung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes für seinen Hotelbetrieb. Eine Werbung mit
einer Sternekennzeichnung, ohne dass eine Gütesicherung gemäß der Deutschen Hotelklassifizierung
vorliege, sei irreführend.
4 Sämtliche Ausführungen des Beklagten zum Bestehen eines urheber- oder markenrechtlichen Schutzes
einer Sternekennzeichnung lägen neben der Sache. Der Kläger berufe sich nicht auf eine Verletzung von
Schutzrechten aufgrund der Sternekennzeichnung, sondern vielmehr auf eine wettbewerbswidrige
Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise, nämlich Verbraucher. Tatsächlich werde durch die Werbung
des Beklagten bei den angesprochenen Verbrauchern die Vorstellung erweckt, der Hotelbetrieb des
Beklagten sei von der DEHOGA, zumindest aber von einer unabhängigen dritten Stelle aufgrund objektiver
Kriterien klassifiziert worden. Letzteres sei aber nicht der Fall. Da eine solche Klassifizierung üblicherweise
im Rahmen des Hotel- und Gaststättenbereiches von der DEHOGA vorgenommen werde, werde die
Werbung auch dahingehend interpretiert, dass die Klassifizierung von ihr vorgenommen worden sei.
Zumindest aber werde die Vorstellung erweckt, ein unabhängiger Dritter habe den Hotelbetrieb des
Beklagten aufgrund objektiver Kriterien bewertet und aufgrund dieser Bewertung in eine Komfortkategorie
eingeordnet, die 4 Sternen entspreche.
5 Zunächst hatte der Kläger folgenden Antrag angekündigt: Den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte im Internet, in gedruckten Werbeunterlagen oder sonst
werblich mit Hinweisen auf eine Sterneklassifizierung zu werben, sofern dem keine aktuell gültige
Zertifizierung nach Maßgabe der Deutschen Hotelklassifizierung zu Grunde liegt, wenn dies geschieht wie in
der als Anlage A vorgelegten Internetwerbung des Beklagten.
6 Nachdem das Gericht darauf hingewiesen hatte, dass nicht dargelegt sei, dass es in Deutschland aus Sicht
des angesprochenen Kundenkreises nur ein Klassifizierungssystem der DEHOGA gebe und dies in der
mündlichen Verhandlung ergänzt hatte, dass die Formulierung "Hinweis auf eine Sterneklassifizierung" mit
dem geltend gemachten Verstoß nichts zu tun habe, da dort kein Hinweis auf eine Sterneklassifizierung
ausgesprochen sei, stellt der Kläger nunmehr folgenden Antrag:
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1. Den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte im
Internet, in gedruckten Werbeunterlagen oder sonst werblich mit Sternen zu werben, sofern dem keine
aktuell gültige Zertifizierung zugrunde liegt, wenn dies geschieht wie in der als Anlage A vorgelegten
Internetwerbung des Beklagten.
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2. Dem Beklagten für jeden Fall schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gemäß
Z. 1 ein Ordnungsgeld bis zu Euro 250 000 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann,
Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen.
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3. Den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger Euro 246,10 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10 Der Beklagte beantragt Klagabweisung.
11 Er bestreitet, dass beim Verbraucher der Eindruck erweckt werde, dass es sich um eine Klassifizierung
handele. Es handele sich um ein seit langem verwandtes Familienwappen.
12 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst
Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
13 Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
14 1. Nach Nr. 2 des Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG sind unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne der
genannten Vorschrift die Verwendung von Gütezeichen, Qualitätskennzeichen oder Ähnlichem ohne die
erforderliche Genehmigung. Damit sind gemeint unternehmens- oder produktbezogene Auszeichnungen, die
auf Grund einer objektiven Prüfung vergeben werden und im Verkehr als Hinweis auf eine besondere Güte
oder Qualität verstanden werden. Unter diese Bestimmung fallen deshalb nur Zeichen, die ausdrücklich
verliehen werden und deren Verwendung von der Genehmigung der vergebenden Stelle abhängt (vergleiche
Köhler/Bornkamm UWG 34. Auflage Anhang zu § 3 Abs. 3 RdNr. 2.1 ff).
15 a. Dass es ein Gütezeichen der angesprochenen Art mit einem Wappen, eine Abkürzung HS und darunter in
einem unregelmäßig geformten Bogen befindlichen Sternen gäbe, wird auch vom Kläger nicht vorgetragen.
Ein solches Gütezeichen ist nicht bekannt.
16 b. Ebensowenig ist ein Gütezeichen in der Form einer gebogenen Reihe von goldenen Sternen bekannt.
17 c. Deshalb ist ein Verstoß gegen die vorgenannte Vorschrift unter keinem Gesichtspunkt gegeben (vgl. OLG
Celle, WRP 2014,1216 m.w.N).
18 2. Auch der allgemeine Irreführungstatbestand des § 5 Abs. 1 S.1 UWG (nF) ist nicht erfüllt.
a.
19 i. Dass ein Bewertungsverfahren, welches Hotels in bestimmte Kategorien einstuft, mit einem Wappen
betrieben wird, das dem hier verwandten und soeben beschriebenen Logo insgesamt auch nur annähernd
entspräche, wird vom Kläger nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht bekannt.
20 ii. Dass der Verbraucher ohne derartige Vorgabe in Form eines bekannten, ähnlich auftretenden
Hotelklassifizierungssystems eine Zuordnung zu einem solchen System vornähme, ist nicht ersichtlich.
Vielmehr erkennt der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher, der die
beanstandete Internetseite ansieht, sofort den Zusammenhang der Initialen des Hotels mit den in das
Wappen integrierten Buchstaben HS. Auch im übrigen entspricht die Aufmachung des Wappens der Art nach
typischerweise der eines Wappens. Soweit (unterstellt) aus Sicht des Verkehrs die unter das Wappenschild
sehr dicht gesetzten 4 Sterne Teil des Wappens sein sollten, handelt es sich somit nicht um eine Werbung,
die die Bewertung durch ein Klassifizierungssystem auch nur suggerieren würde.
21 iii. Der Kläger selbst hat das soeben beschriebene Wappen bereits in der Klagschrift als solches bezeichnet.
Ein Wappen ist aber etwas ganz anderes als ein Hotelklassifizierungssystem.
22 b. Soweit der Kläger meint, allein wegen der Benutzung von 4 Sternen stufe der Verbraucher das Hotel
entsprechend ein und hieraus den Vorwurf einer irreführenden Handlung ableitet, teilt die Kammer diese
Auffassung nicht. Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass der Verbraucher die 4 Sterne
nicht als Teil des Wappens versteht (dazu s.o.). Der durchschnittlich informierte und verständige
Verbraucher, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt, versteht
die Benutzung von 4 Sternen, die sich auf einer als oval zu beschreibenden Kurve befinden, nicht als
Hinweis auf eine Qualitätseinstufung durch eine andere (objektive) staatliche oder private Stelle. Die Art der
gewählten graphischen Darstellung, insbesondere in Verbindung mit der gewählten goldenen Farbe der
Sterne spricht entscheidend gegen ein Verständnis, hierbei handele es sich um einen Verweis auf ein
neutrales und objektives Qualitätseinstufungssystem. Die graphische Gestaltung bewegt sich vielmehr im
spielerischen Bereich von Sympathiewerbung ohne den vom Kläger angenommenen objektiven
Aussagegehalt. Wenn die Sterne aus Sicht des Verkehrs nicht schon Teil des Wappens sind, so dienen sie
durch die Art ihrer Anordnung und die gewählte Farbe der Coloration und Verschönerung des Wappens,
nicht aber der Vermittlung einer Aussage über eine Hotelqualifizierung durch einen neutralen Dritten. Dies
kann die Kammer, da zu dem maßgeblichen Verbraucherkreis gehörend, aus eigener Sachkunde beurteilen.
23 c. Der Kläger hat mit der vorliegenden Klage die konkrete Verletzungsform streitgegenständlich gemacht.
Aus der angegriffenen Internetwerbung des Beklagten sind jedoch andere Umstände, die den Vorwurf einer
irreführenden Werbung hinsichtlich einer nicht gegebenen Hotelqualifikation begründen könnten, nicht
dargetan und auch nicht ersichtlich.
24 3. Die Klage war deshalb als unbegründet abzuweisen. Die Entscheidung beruht im Übrigen auf den §§
91,708 Nr. 11,711 ZPO.