Urteil des LG Frankfurt (Oder) vom 14.03.2017

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Gericht:
LG Frankfurt (Oder) 4.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
14 O 426/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 130 Abs 1 S 1 Nr 1 InsO, § 130
Abs 2 InsO
Insolvenzanfechtung: Kenntnis des Stromversorgers von der
Zahlungsunfähigkeit auf Grund regelmäßiger
Zahlungsrückstände des Schuldners
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2 Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe
des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der …
GmbH - ... ( im folgenden Schuldnerin genannt) die Erstattung von Zahlungen aus dem
vermögen der Schuldnerin, welche diese innerhalb des 3- Monatszeitraums vor dem
Insolvenzantrag an die Beklagte leistete. Der Insolvenzantrag wurde unter dem
16.08.2004 gestellt, das Insolvenzverfahren am 4.11.2004 eröffnet.
Die Beklagte belieferte die Schuldnerin an diversen Standorten mit Strom. Ab dem
Monat April 2004 wurde auf die Abschläge und somit Altschulden, nicht mehr gezahlt,
weswegen Mahnungen und Sperrandrohungen folgten. Am 5.7.2004 und am 14.7.2004
kam es in den Ladenlokalen der Schuldnerin in T. und U. zu Stromabsperrungen.
Um die Wiederaufnahme der Stromzufuhr zu erreichen, zahlte die Schuldnerin durch
ihren Geschäftsführer, dem Zeugen K. N., zunächst am 6.07.2004 5.000 € in bar an
Mitarbeiter der Beklagten in der Filiale in P. und am 15. 07.2004 9.746, 76 € durch
Banküberweisung.
Der Kläger behauptet, die Schuldnerin sei per 6.07.2004 zahlungsunfähig gewesen, da
sich zu diesem Zeitpunkt die liquiden Mittel und Vermögenswerte, insges. 416.820,92 €,
Verbindlichkeiten von mind. 542.187,51 € gegenüberstanden. Zahlungen hierauf seien
auch nicht mehr erfolgt.
Die Beklagte habe hiervon auch Kenntnis gehabt, da der Zeuge N. die Mitarbeiterin der
Beklagten, Frau F., um Zahlungsaufschub und Ratenzahlungen in kleinen Beträgen
gebeten habe, weil es anders nicht mehr gegangen sei und, um den Gefrierbetrieb
weiter aufrechterhalten zu können. Nur zur Abwendung der Stromsperrung seien die
Zahlungen erfolgt. Es läge auch eine Gläubigerbenachteiligung vor, weil aufgrund der
Zahlungen sich objektiv die Aktivmasse der Schuldnerin zum Nachteil der weiteren
Gläubiger der Schuldnerin verkürzt habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. 14.746,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem Basiszins seit
16.11.2004 zu zahlen;
2. an den Kläger Zinsen in Höhe von 4 % aus 5000 € seit dem 6.07.2004 und aus
9.746,76 seit dem 15.07.2004 zu zahlen
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet insbesondere die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit. Die Schuldnerin sei -
wie bei gewerblichen Kunden nicht unüblich regelmäßig mit nicht zwangsläufig auffälligen
Beträgen bei den unterschiedlichen Standorten in Rückstand geraten. So sei es auch in
den betreffenden Fällen gewesen. Hier habe der Zeuge N. sich ausdrücklich mit der ihm
eingeräumten Zahlung einverstanden erklärt, nach dem er versichert habe, dass „er es
schon schaffen werde“ und die Zeugin F. nur etwas Geduld haben müsse.
Wegen des weiteren sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen der Parteien verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Zeugen N. und F..
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen der Parteien verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der
eingeklagten Zahlbeträge gem. §§ 143 Abs.1, 130 Abs.1 Nr.1, Abs.2 InsO.
Es kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme dahinstehen, ob und wann die
Schuldnerin zahlungsunfähig war, obwohl das pauschale Bestreiten der Beklagten
unzulässig gewesen wäre.
Denn jedenfalls kann nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden, dass die
Beklagte Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hatte oder sich dies aus
den Umständen dieses Falles ergeben hätte.
1. Ein über eine bloße Zahlungsstockung hinausgehender Zustand lag nicht, jedenfalls
nicht ersichtlich für die Beklagte vor. Denn nachdem die Schuldnerin, wie es auch nach
der Aussage der Zeugin F.. für größere Kunden nicht unüblich ist, regelmäßig in Verzug
geriet, dann aber immer wieder zahlte und mit der Zahlung der hier betreffenden
Beträge nicht nur ausdrücklich einverstanden war, um die Rückstände zu tilgen, sondern
diese auch noch zeitnah gezahlt wurden, konnte die Beklagte grundsätzlich von einer
nur vorübergehenden Liquiditätslücke ausgehen. Dass die Rückstände erheblich über
diesem Rahmen lagen, anstiegen oder sonst auffällig waren, konnte nicht festgestellt
werden.
2. Die mit der Sache befaßte Zeugin F., wußte auch über nähere Umstände der
konkreten Zahlungsunfähigkeit nichts, § 130 Abs. 2 InsO.
Die Vorschrift verlangt, daß der Empfänger der Leistung die Tatsachen kennt, aus denen
sich bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
ergibt. Ist die Voraussetzung erfüllt, kann sich der in Anspruch genommene
Insolvenzgläubiger nicht darauf berufen, daß er selbst den sich aus den Tatsachen
zwingend ergebenden Schluß nicht gezogen habe (BGHZ 149, 178, 185).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat sich nicht bestätigt, dass der Zeuge N. die
Zeugin F. darauf hinwies, dass die Schuldnerin nicht in der Lage sei, die aufgelaufenen
Rückstände zu tilgen und insbesondere deswegen um geringe Ratenbeträge gebeten
habe. Der Zeuge N. hat dies zwar ausgesagt, dass er um möglichst geringe Raten
bräuchte. Demgegenüber hat die Zeugin F. aber nachvollziehbar ausgesagt, dass
generell bei Abschlägen keine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen werden könne, weil
es sich hierbei schon um eine Art Ratenzahlung handele. Darüber hinaus hat der Zeuge
N. sie vielmehr beruhigt und ihr vermittelt, dass er die Zahlungen erbringen könne und
dabei keine Probleme bestünden.
Da die Zeugin jedenfalls nicht weniger glaubhaft die Situation zu schildern vermochte
und Anhaltspunkte dafür, ihr insgesamt nicht zu glauben, nicht vorliegen, wobei die
Tatsache, dass die Zeugin F. bei der Beklagten in ungekündigter Stelle angestellt ist,
alleine nicht ausreichend erscheint, sie für nicht glaubwürdig zu halten, ist das
klägerische Vorbringen, wofür diese beweisbelastet waren, im Ergebnis nicht bestätigt
worden.
Das hat zur Folge das die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO zurückzuweisen war.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Zi. 11, 711 ZPO.
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