Urteil des LG Frankfurt am Main vom 05.02.2011

LG Frankfurt: unternehmen, genussschein, bilanzverlust, geschäftsjahr, inhaber, anpassung, rückzahlung, abfindung, zur unzeit, europäische union

Gericht:
LG Frankfurt 5.
Kammer für
Handelssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3-5 O 100/10, 3/5
O 100/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 Nr 1 SpruchG, § 10 Abs 5
KredWG, § 313 BGB, § 291
AktG, § 302 AktG
Leitsatz
Eine Verlustteilnahme durch Verminderung des Genusskapitals und eine Aussetzung
der jährlichen Zinszahlung kommt auch bei einem Bankgenussschein nach § 10 Abs. 5
KWG nicht in Betracht, wenn diese nach den Genussscheinbedingungen daran geknüpft
sind, dass hierdurch ein Bilanzverlust nicht eintreten darf, dieser jedoch nicht entstehen
kann, wenn das emittierende Unternehmen oder dessen Rechtsnachfolger einen
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nach der Emission abgeschlossen hat,
daher ein Bilanzverlust wegen der Verlustübernahmeverpflichtung des herrschenden
Unternehmens gem. § 302 AktG nicht mehr entstehen kann.
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 12.797,00 nebst Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Juli 2010 sowie weitere
EUR 7.855,95 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen;
es wird festgestellt, dass der Rückzahlungsanspruch für den Genussschein mit der
Kennziffer ISIN nicht durch Verluste vermindert ist und in Höhe des Nennbetrags
von EUR 1.000,00 besteht und dass der Rückzahlungsanspruch für den
Genussschein mit der Kennziffer ISIN nicht durch Verluste vermindert ist und in
Höhe des Nennbetrags von EUR 1.000,00 besteht;
es wird festgestellt; dass die Beklagte verpflichtet ist, während der Laufzeit des mit
der CIH geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags vom 26.
Juni 2007 und für die Dauer der Laufzeit des Genussscheins mit der Kennziffer ISIN
den Rückzahlungsanspruch gemäß § 7 der Genussscheinbedingungen (WKN) nicht
durch Verlustteilnahme zu vermindern;
es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, während der Laufzeit des mit
der CIH geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags vom 26.
Juni 2007 und für die Dauer der Laufzeit des Genussscheins mit der Kennziffer ISIN
DE0005568380 (WKN 556838), jährliche Ausschüttungen von 6,7% p. a. bezogen
auf den Nennbetrag gemäß § 2 der Genussscheinbedingungen (WKN 556838) an
die Klägerin zu leisten und den Rückzahlungsanspruch gemäß § 6 der
Genussscheinbedingungen (WKN 556838) nicht durch Verlustteilnahme zu
vermindern.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 4 % und die Beklagte 96 %
zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden
Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Beklagte ist im Jahre 2002 aus der Verschmelzung der Aktiengesellschaft E H
und der R (im Folgenden R) auf die D Aktiengesellschaft hervorgegangen.
Die auf die Beklagte verschmolzene R hatte am 29.12.2000 den -
streitgegenständlichen - noch ausstehenden bzw. nicht zurückgezahlten
Genussschein (ISIN: …WKN ….: im Gesamtnennbetrag von EUR 200 Mio. in einer
Stückelung zu je EUR 1.000,- (im Folgenden R-Genussschein) begeben. Der R-
Genussschein, der zum organisierten Markt zugelassen ist, läuft zum 31.12.2012
aus und ist zum 1.7.2013 zur Rückzahlung fällig.
Die Emissionsbedingungen dieses R-Genussscheins enthalten u. a. folgende
Regelungen
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in Kopie zur Akte gereichten
Bedingungen (Anlage K 17, roter Sonderband d. A.) verwiesen.
Zwischen der C AG und der C GmbH (im Folgenden CIH) besteht ein
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Zwischen der C AG und der C GmbH (im Folgenden CIH) besteht ein
Gewinnabführungsvertrag, der am 26. Mai 2004 im Handelsregister eingetragen
wurde. Die C AG ist nach § 302 AktG zur Verlustübernahme verpflichtet.
Am 26.6.2007 schloss die Beklagte mit der CIH einen Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag ab, in dem für die außenstehenden Aktionäre ein
Ausgleich brutto EUR 1,24 (netto nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses EUR 1,01 für das Geschäftsjahr 2007 und EUR 1,10 für das
Geschäftsjahr ab 2008, jeweils für ein volles Geschäftsjahr, und eine Abfindung von
EUR 24,32 je Stückaktie vereinbart wurde, dem die Hauptversammlung der
Beklagten am 29.8.2007 zustimmte. Eine Regelung über die Genussscheine der
Beklagten ist in diesem Unternehmensvertrag nicht enthalten. Wegen der
Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung (Anlage K
5, roter Sonderband d. A.) verwiesen. Für die Zahlungsverpflichtungen der CIG gab
die C AG eine Patronatserklärung ab.
Die Eintragung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag in das
Handelsregister erfolgte am 4.9.2007. Mit Beschluss vom 14.9.2009 – 3-05 O
203/07 – (BeckRS 2009, 26437) hat die Kammer in einem von
Minderheitsaktionären angestrengten Spruchverfahren den Antrag eine höhere
Abfindung als EUR 24,32 festzusetzen, zurückgewiesen, jedoch den
angemessenen Ausgleich für das Geschäftsjahr 2007 auf netto EUR 1,51 und ab
dem Geschäftsjahr 2008 auf netto EUR 1,65 je Stückaktie zzgl.
Körperschaftsteuerbelastung und Solidaritätszuschlag (insges. brutto EUR 1,85)
festgesetzt. Über die hiergegen von Antragstellern und der Antragsgegnerin
eingelegten sofortigen Beschwerden steht eine Entscheidung des
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 5 W 80/09 - noch aus.
Ebenfalls in der Hauptversammlung vom 29.8.2007 wurde der Ausschluss der
Minderheitsaktionäre zu einer Abfindung von EUR 24,32 beschlossen.
Nach Durchführung eines Freigabeverfahrens vor dem Landgericht Frankfurt am
Main zum Az. 3-05 O 275/07 - in dem die Kammer mit Beschluss vom 29.1.2008
(ZIP 2008, 1183) die Freigabe erklärt und das Oberlandesgericht Frankfurt am
Main mit Beschluss vom 14.7.2008 - 23 W 14/08 – (AG 2008, 827 = ZIP 2008,
1968) die Beschwerden zurückgewiesen hatte, wurde der Ausschluss der
Minderheitsaktionäre gem. § 327a AktG am 25.7.2008 in das Handelsregister
eingetragen.
Im Verfahren 3-05 O 283/08 vor dem Landgericht Frankfurt am Main haben
mehrere ausgeschlossene Aktionäre beantragt eine höhere Abfindung als EUR
24,32 beim Ausschluss der Minderheitsaktionäre festzusetzen. Eine Entscheidung
in dem dortigen Verfahren ist noch nicht ergangen.
Die Beklagte ist nunmehr eine 100%ige Tochtergesellschaft der CIH, einer
100%igen Tochtergesellschaft der C AG, und wird von letztgenannter konsolidiert.
Die CIH hält 94,87791% der Aktien der Beklagten unmittelbar und weitere
5,12209% über ihre Tochtergesellschaft A GmbH & Co. KG.
Am 8.8.2008 erwarb die Beklagte - auf Veranlassung der Konzernobergesellschaft
Co AG - alle Aktien der C-Tochter, E. Mit Wirkung vom 18.8.2008 wurde die E auf
die Beklagte verschmolzen.
Die E hatte Genussscheine mit der WKN …6 (ISIN DE …7) emittiert. Der
Nennbetrag beträgt DM 1.000,00 je Stück. Die Verzinsung ist variabel. Die Inhaber
der Genussscheine haben Anspruch auf eine Ausschüttung in Höhe von 125
Basispunkten über dem Sechs-Monats-EURIBOR. Die Ausschüttung ist jeweils zum
30. November des folgenden Jahres fällig. Die Laufzeit dieser Genussscheine
endete am 31. Dezember 2009; der zurückzuzahlende Betrag wurde am 30.
November 2010 fällig.
Weitere Genussscheine hatte die E mit der WKN…8 (ISIN DE …0) im Jahr 2003
emittiert. Der Nennbetrag beträgt EUR 1.000,00 je Stück. Die Verzinsung ist fest.
Die Inhaber dieser Genussscheine haben Anspruch auf eine Ausschüttung in Höhe
von 6,7% p.a. auf den Nennbetrag. Diese ist jeweils zum 1. Juli eines
nachfolgenden Jahres fällig. Die Laufzeit der Genussscheine endet am 31.
Dezember 2013; der zurückzuzahlende Betrag wird am 1. Juli 2014 fällig.
In den Genusscheinbedingungen dieser beiden von der E emittierten
Genusscheine ist u. a. folgendes geregelt:
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Wegen der weiteren Einzelheiten der Genusscheinbedingungen der E wird auf die
zur Akten gereichten Kopien (Anlagen K 15, K16, roter Sonderband d. A.) Bezug
genommen.
Im Verschmelzungsvertrag der Beklagten mit der E ist in § 3.1 folgendes geregelt:
Wegen der weiteren Einzelheiten des Verschmelzungsvertrages wird auf die zur
Akte gereichte Kopie (Anlage K8, roter Sonderband d. A.) verwiesen.
Im Geschäftsjahr 2007 führte die Beklagte nach ihrem Geschäftsbericht infolge
des bestehenden BGAV einen (fiktiven) Gewinn in Höhe von EUR 103 Mio. ab.
Die Beklagte leistete für das Geschäftsjahr 2007 eine Ausschüttung auf
Genusscheine entsprechend dem im Geschäftsbericht ermittelten Gewinn vor
Abführung.
Ohne Verlustübernahme durch die herrschende Gesellschaft wäre bei der
Beklagten im Geschäftsjahr 2008 ein Fehlbetrag entstanden Die Beklagte
erbrachte für dieses Geschäftsjahr Zahlungen auf die u. a. oben näher
bezeichneten Genussscheine.
Am 7.5.2009 gab die Beklagte per Ad-hoc-Mitteilung bekannt, dass auch
Tochterunternehmen der C AG Zinsen oder Gewinnbeteiligungen auf
gewinnabhängige Eigenmittelinstrumente nur leisten dürften, sofern sie dazu auch
ohne Auflösung von Rücklagen oder Sonderposten nach § 340g HGB rechtlich
verpflichtet seien. Die Beklagte wies darauf hin, dass diese Beschränkung auch für
das Eigenmittelinstrument DE … 8 – den streitgegenständlichen Genussschein der
R – gelte und u. a. auch die Genussscheine DE …. 0 und DE … 7 – die
streitgegenständlichen Genussscheine der E -betreffe. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf die in Ablichtung zur Akte gereichte Meldung (Anlage K22,
roter Sonderband d. A.) verwiesen.
Am 2.11.2009 wies die Beklagte in einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung (Anlage K23,
roter Sonderband d. A.) darauf hin, dass bei einem Jahresfehlbetrag der Beklagten
die Auflösung von Rücklagen oder des Sonderpostens nach § 340g HGB zur
Bedienung von gewinnabhängigen Eigenkapitalinstrumenten nicht zulässig sei und
dass in diesem Fall gewinnabhängige Eigenkapitalinstrumente nicht bedient
werden dürften. Da für das Geschäftsjahr 2009 im Konzern und bei der Beklagten
ein negatives Jahresergebnis (Jahresfehlbetrag) erwartet würde, bedeute dies, dass
für die Genussscheine der Beklagten keine Kuponzahlungen für das Jahr 2009 zu
erwarten seien.
Die Herabsetzung der Rückzahlungsansprüche der Genussscheine kündigte die
Beklagte mit einer Ad-hoc-Mitteilung vom 3.2.2010 an. Danach werden aufgrund
eines für das Geschäftsjahr 2009 zu erwartenden Jahresfehlbetrages der Beklagten
die Rückzahlungswerte sämtlicher von der Beklagten ausgegebener
Genussscheine um einen niedrigen, einstelligen Prozentsatz herabgesetzt. Wegen
der Einzelheiten wird auf die in Ablichtung zur Akte gereichte Meldung (Anlage K
24, roter Sonderband d. A.) Bezug genommen.
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Die Herabsetzung der Rückzahlungsansprüche um 2,66377733 % und die
Aussetzung der Ausschüttungen für das Geschäftsjahr 2009 wurden durch
Mitteilung nach § 30b Abs. 2 Nr. 2 WpHG vom 30.3.2010 bekanntgegeben. Wegen
der Einzelheiten dieser Mitteilung wird auf die zu der Akte gereichte Kopie (Anlage
K26, roter Sonderband d. A.) verwiesen.
Nach dem festgestellten und geprüften Einzeljahresabschluss der Beklagten für
das Geschäftsjahr 2009 entstand im Geschäftsjahr 2009 ein Jahresfehlbetrag in
Höhe von EUR 169,7 Mio., der allerdings bilanziell durch Erträge aus
Verlustübernahmen in Höhe von EUR 150,6 Mio. durch die CIH aufgrund des BGAV
und aus der Herabsetzung der Rückzahlungsansprüche der Genussscheine in
Höhe von EUR 19,1 Mio. ausgeglichen wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf den
in Ablichtung zur Akte gereichten des Geschäftsbericht 2009 (Anlage K14, roter
Sonderband d. A.) Bezug genommen.
Die C-Gruppe mit der Beklagten hat von der Regelung des § 2a KWG Waiver
Regelung) Gebrauch gemacht, wodurch die Beklagte von den Anforderungen an
die Angemessenheit der Eigenmittelausstattung, der Großkreditvorschriften sowie
den Anforderungen an das interne Kontrollsystem auf Institutsebene befreit ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu sowie den Auswirkungen auf die C AG wird
auf den in Kopie zur Akte gereichten Offenlegungsbericht der C AG 2009, dort
Seite 4 f (Anlage K 64, Sonderband Anlagen K 42 – K 77) verwiesen.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Luxemburg,
gegründet nach dem Recht des Großherzogtums Luxemburg und eingetragen im
Handelsregister von Luxemburg unter der Nummer ….1 .
Die Klägerin ist jeweils Eigentümerin der drei streitgegenständlichen
Genussscheine:
- 249 Stück Inhaber Genussscheine mit der Kennziffer, WKN … 6 (ursprünglich E)
- 191 Stück Inhaber Genussscheine mit der Kennziffer, WKN … 8 (ursprünglich E)
- 22 Stück Inhaber Genussscheine mit der Kennziffer, WKN … 9(ursprünglich R).
Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Abschluss des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages die Genussscheininhaber nicht beeinträchtigen dürfe.
Eine ausdrückliche Regelung für den Fall der Bildung eines Vertragskonzerns durch
Abschluss eines Unternehmensvertrages der Emittentin sei hier – unstreitig - nicht
getroffen worden. Der gesetzliche Schutz der Aktionäre finde im Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag über den Ausgleich nach § 304 AktG und der
Abfindung nach § 305 AktG statt. Der Schutz für die Genussscheininhaber dürfe
nicht dahinter zurückbleiben. Die geltend gemachten Ansprüche bei den von der E
emittierten Genussscheinen ergäben sich unmittelbar aus den
Genussscheinbedingungen, zudem sei hier zu berücksichtigen, dass im
Verschmelzungsvertrag der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nicht
angesprochen worden sei, vielmehr den Genusscheininhabern gleichartige Rechte
eingeräumt worden seien. Der Begriff Bilanzverlust sei handelsrechtlich zu
verstehen. Da ein solcher wegen der Verlustübernahme der herrschenden
Gesellschaft im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nicht eintreten
könne, seien die Genusscheine der E entsprechend der Bedingungen zu bedienen
und es komme auch eine Herabsetzung des Rückzahlungsbetrags nicht in
Betracht. Auch bei dem von der R emittierten Genussschein komme eine
Herabsetzung nicht in Betracht, da auch dies nach den Bedingungen einen
Bilanzverlust verlange. Bei der Frage der jährlichen Zinsen sei bei dem R-
Genussschein, die hier einen Bilanzgewinn verlangten, der bei einem
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nicht mehr eintreten können, eine
ergänzende Vertragsauslegung bzw. Anpassung der Emissionsbedingungen
dahingehend vorzunehmen, dass wegen des späteren Abschluss des
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages der Beklagten, mit dem sie sich
zu einer abhängige Gesellschaft gemacht habe, die Frage des künftigen
Bilanzgewinns welcher maßgeblich für die Bedienung der Genussscheine sei, sich
nach der im Zeitpunkt der Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss
des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vorliegen Prognose für die
künftige Ertragsentwicklung richte. Diese sei hier – insoweit auch unstreitig – für
künftige Geschäftsjahre positiv gewesen. Die Genusscheininhaber könnten
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künftige Geschäftsjahre positiv gewesen. Die Genusscheininhaber könnten
insoweit jedenfalls nicht schlechter gestellt werden, als die außenstehenden
Aktionäre als Eigenkapitalgeber.
Nachdem die Kuponzahlung für 2009 fällig geworden seien, stehe der Klägerin für
all drei Genusscheine der jeweilige bedingungsgemäße Anspruch auf Ausschüttung
zu, dessen Höhe sich u. a. auch daraus ergebe, dass die Beklagte – unstreitig -
den Zinssatz für die Zinsperiode vom 1.1.2009 bis 31.12.2009 mit 4,585 %
angegeben habe. Zudem könne die Klägerin die Rückzahlung des am 30.11.2010
fällig gewordenen E Genusscheins WKN … 6 in voller Höhe verlangen.
Die Feststellungsanträge seien statthaft.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 20.8.2010 (Bl. 1 ff d.
A.) und die ergänzenden Schriftsätze vom 10.12.2010 (BL. 170 ff d. A.) und
10.1.2011 (Bl. 300 ff d. A.) Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
1) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 1.008,70 nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2010, EUR
12.797,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 2. Juli 2010 sowie weitere EUR 7.855,95 nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2010 mit Eintritt
des 30. Novembers 2010 zu zahlen;
2) festzustellen, dass der Rückzahlungsanspruch für den Genussschein mit der
Kennziffer WKN … 9 nicht durch Verluste vermindert ist und in Höhe des
Nennbetrags von EUR 1.000,00 besteht und festzustellen, dass der
Rückzahlungsanspruch für den Genussschein mit der Kennziffer WKN … 8) nicht
durch Verluste vermindert ist und in Höhe des Nennbetrags von EUR 1.000,00
besteht;
3) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, während der Laufzeit des
mit der CIH geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags vom
26. Juni 2007 und für die Dauer der Laufzeit des Genussscheins mit der Kennziffer
WKN … 9 jährliche Ausschüttungen auf Basis eines Referenzzinssatzes
(EURIBOR Zwölf-Monats-Einlagen) zuzüglich 150 Basispunkte bezogen auf den
Nennbetrag gemäß § 2 der Genussscheinbedingungen WKN … 9) an die Klägerin
zu leisten und den Rückzahlungsanspruch gemäß § 7 der
Genussscheinbedingungen WKN … 9 nicht durch Verlustteilnahme zu vermindern;
und
4) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, während der Laufzeit des
mit der CIH geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags vom
26. Juni 2007 und für die Dauer der Laufzeit des Genussscheins mit der Kennziffer
WKN … 8 jährliche Ausschüttungen von 6,7% p. a. bezogen auf den Nennbetrag
gemäß § 2 der Genussscheinbedingungen WKN … 8 an die Klägerin zu leisten und
den Rückzahlungsanspruch gemäß § 6 der Genussscheinbedingungen (WKN …8 )
nicht durch Verlustteilnahme zu vermindern.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage sei hinsichtlich der Feststellungsanträge unzulässig, da das erforderliche
Feststellungsinteresse fehle. Es läge aktuell keine Unsicherheit in Bezug auf ein
Rechtsverhältnis zwischen den Parteien vor, die Klägerin verlange nichts anderes
als ein Rechtsgutachten des Gerichts zur Unzeit.
Bei allen streitgegenständlichen Genussscheinen sei keine Regelung für den Fall
des Abschlusses eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages getroffen.
Es sei daher eine Anpassung der Genussscheinbedingungen nach den
Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage vorzunehmen; auch bei den von
der E emittierten Genusscheinen, da sich auch aus diesen Bedingungen ein
unmittelbarer Anspruch nicht ergebe. Diese sei sach- und für alle Beteiligten
interessengerecht dahingehend vorzunehmen – wie es auch die Beklagte für 2009
getan habe -, dass auf den (fiktiven) Bilanzgewinn/Bilanzverlust abzustellen sei,
der sich ohne den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ergäbe. D.h. auf
das Ergebnis vor Abführung an bzw. Verlustausgleich durch die herrschende
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das Ergebnis vor Abführung an bzw. Verlustausgleich durch die herrschende
Gesellschaft Genussscheininhaber stehe kein Ausgleich- oder Abfindungsanspruch
entsprechend §§ 304, 305 AktG zu, die Lösung müsse mit den Mitteln des
Vertragsrechts gefunden werden. Zudem wäre bei einer entsprechenden
Anwendung des § 304 AktG die Beklagte nicht zur Zahlung verpflichtet, da der
Ausgleich von dem herrschenden Unternehmen dann geschuldet sei. die Beklagte
Eine ergänzende Auslegung der Genussscheinbedingungen, dass § 5 auch bei
Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages heranzuziehen
sei, scheide aus, da dies im Vertrag selbst keine Stütze finde. Zudem sei sie
ausgeschlossen, wenn verschiedene Möglichkeiten der Vertragsanpassung in
Betracht kämen und aus dem Vertrag nicht ersichtlich sei, für welche Lösung sich
die Parteien entschieden hätten wir, wenn sie die regelungsbedürftigen Punkte
bedacht und geregelt hätten. Auf das Ergebnis der Konzernobergesellschaft könne
dabei nicht abgestellt werden, dass das mit der Regelung des KWG nicht vereinbar
sei. Auch Schadensersatzansprüche kämen nicht in Betracht.
Da es im Geschäftsjahr 2009 unabhängig von Bestehen des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages zu keinem (fiktiven) Bilanzgewinn gekommen sei,
sondern zu einem (fiktiven) Bilanzverlust, seien die Genussscheininhaber an
diesem (fiktiven) Bilanzverlust zu beteiligen. Der Begriffe Bilanzverlust in den
Genusscheinbedingungen sei nicht in formal bilanztechnischem Verständnis
ausgelegt werden, sondern im Sinne eines fiktiven Bilanzverlustes vor Abführung
bzw. Ausgleich durch das herrschende Unternehmen. Die Beklagte müsse daher
die Genussscheine während der Laufzeit des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages nicht unabhängig von ihrer tatsächlichen Ertragslage
jährlich bedienen und sie nicht im Fälligkeitszeitpunkt zum vollen Betrag
zurückzahlen. Auch durch den Verschmelzungsvertrag der Beklagten mit der E sei
eine andere Lage nicht entstanden. Es sollte nur gleichwertige Rechte gewährt
werden. Würde man darauf abstellen, dass wegen der Ausgleichsverpflichtung eine
Bilanzverlust nicht entstehen könne, wäre dies gerade kein gleichwertiges Recht,
sondern diese Genusscheine würden sich als Anleihen mit einer garantierten
Verzinsung darstellen, mithin nicht mehr als Genussrechtskapital i.S.d. § 10 Abs. 5
KWG anzusehen.
Nachteilige Weisungen aufgrund des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages - auch nicht bezüglich der E - habe es nicht gegeben.
Zudem sei bei einer Bank wie der Beklagten gemäß § 25 Abs. 1 KWG das
Weisungsrecht des herrschenden Unternehmens weitgehend eingeschränkt, da
das Letztentscheidungsrecht aufsichtsrechtlich immer beim abhängigen Institut
verbleiben müsse. Dies sei auch in dem streitgegenständlichen Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag in § 1 Abs. 3 berücksichtigt worden. Zudem sei zu
berücksichtigen, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Genussschein um
Eigenmittel im Sinne des KWG handle, die keine Schadensersatzansprüche gegen
die Emittentin begründen, selbst wenn die Verluste aufgrund von
Geschäftsführungsmaßnahmen entstanden seien, die eigentliche
Schadensersatzansprüche der Genussscheininhaber begründen würden, da
Bankengenussscheine gemäß § 10 Abs. 5 KWG in voller Höhe am Verlust
teilzunehmen hätten. Diese gesetzlich vorausgesetzte Verlustteilnahme sei zu
beachten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom
16.8.2010 (Bl. 82 ff. d.A.) Bezug genommen.
Eine Ausschüttung habe daher wegen des Fehlbetrags im Jahr 2008 auf die
Genussscheine nicht erfolgen müssen. Dass es dennoch zu einer Ausschüttung
kam, lasse sich mit der durch die weltweite Finanzkrise ausgelösten
Sondersituation erklären. Motivation für die freiwillige Bedienung der
Genussscheine für das Geschäftsjahr 2008 seien die damaligen,
außergewöhnlichen Umstände am Kapital- und Bankenmarkt gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beklagtenvorbringens wird auf die
Klageerwiderung vom 15.11.2010 (Bl. 86 - 140 d. A.) und den ergänzenden
Schriftsatz vom 4.1.2011 (BL. 259 – 299 d. A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zunächst hinsichtlich der Feststellungsanträge zulässig.
Es handelt es sich bei der Frage, ob die Beklagte Zinszahlungen auf die
Genussscheine der Klägerin zu erbringen hat und inwieweit eine Teilnahme am
Verlust stattzufinden hat, um ein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs.1 ZPO.
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Ein Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, rechtlich geregelte Beziehung einer
Person zu anderen Personen oder zu Gegenständen. Dagegen darf ein
Feststellungsurteil weder die Beurteilung einer nur gedachten Rechtsfrage
aussprechen noch eine bestimmte rechtserhebliche Tatsache feststellen (vgl.
Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 15.10.1956 – III ZR 226/55, BGHZ 22, 43 ff,
47). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Feststellung einer
reinen Rechtsfrage unzulässig. Um eine solche handelt es sich hier aber nicht,
denn der Klägerin geht es sehr wohl um die konkreten Rechte und Pflichten der
Parteien.
Nach Ansicht der Kammer ist dieses Feststellungsinteresse der Klägerin aber
gegeben hinsichtlich des Umfangs der Verpflichtung der Beklagten zur (künftigen)
jährlichen Bedienung des streitgegenständlichen Genusscheins, sowie zum
Umfang der Zurückzahlungsverpflichtung nachdem die Beklagten als
beherrschtem Unternehmen ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
abgeschlossen hat, mithin in einen Konzern integriert wurde. Das
Feststellungsinteresse ergibt sich schon aus der Handelbarkeit der
streitgegenständlichen Genussscheine, da der (Verkaufs-) und ggf. Beleihungswert
davon beeinflusst wird, inwieweit und in welchem Umfang die Beklagte nach
Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages verpflichtet ist,
Zinszahlungen auf den Genussschein zu erbringen und, ob eine Herabsetzung
beim Rückzahlungsbetrag in Betracht kommt.
Der Statthaftigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, dass nicht nur die
Klägerin sondern eine Vielzahl weiterer Inhaber des streitgegenständlichen
Genussscheins von der Handhabung der Beklagten nach Abschluss des
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages betroffen sind. Die Inhaber
derartiger Genusscheine müssen ggf. jeder im Wege des Individualrechtsschutzes
durch Klageerhebung eine Klärung der Rechtslage und ihrer Ansprüche gegen die
Beklagte verfolgen. Ein Spruchverfahren, dessen Entscheidung gem. § 13 SpruchG
für und gegen alle Inhaber des streitgegenständlichen Genussscheins wirken
würde, kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 1 Nr. 1 SpruchG
nicht erfüllt sind (a. A. Hasselbach/Hirte GroßKomm AktG, 4.Aufl. § 304 Rz. 147).
Danach ist das Spruchverfahrensgesetz anzuwenden auf das gerichtliche
Verfahren für die Bestimmung des Ausgleichs für außenstehende Aktionäre und
der Abfindung solcher Aktionäre bei Beherrschungs- und
Gewinnabführungsverträgen (§§ 304, 305 AktG).
Eine direkte Anwendung dieser Vorschrift kommt nicht in Betracht, weil es sich bei
den Inhabern der streitgegenständlichen Genussscheine nicht um Aktionäre der
Beklagten handelt. Jedoch kommt auch eine analoge Anwendung von § 1 Nr. 1
SpruchG nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen für eine Analogie nicht erfüllt
sind. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des
Gesetzes als Voraussetzung für eine „gesetzesimmanente Rechtsfortbildung“
(vgl. dazu etwa BGH NJW 1981, 1726, 1727; NJW 1988, 2109, 2110; Larenz,
Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., S. 373) liegt nämlich nicht vor. Ob
eine derartige Lücke vorhanden ist, die etwa im Wege der Analogie ausgefüllt
werden kann, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zu Grunde liegenden
Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss also, gemessen an seiner
eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (vgl. BHZ 149, 165, 174).
Das gesellschaftsrechtliche Spruchverfahren vor den Landgerichten dient der
Bestimmung angemessener Ausgleichszahlungen bzw. Abfindungen bei
verschiedenen Strukturmaßnahmen von Unternehmen. Das Spruchverfahren wird
vom Gesetz zur Verfügung gestellt, damit solche Maßnahmen nicht durch
Anfechtungsklagen von Minderheitsaktionären blockiert werden, für diese aber die
gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit der ihnen angebotenen
Kompensation und damit effektiver Rechtsschutz garantiert wird. Es geht mithin
darum, den Ausgleich der Gesellschaftermehrheit und der
Gesellschafterminderheit herzustellen (vgl. BT-Drucks. 15/371 S. 11; Simon in: in:
Simon, SpruchG, a.a.O., Einführung Rdn. 16). Ausgehend von diesem Normzweck
lässt sich eine planwidrige Regelungslücke nicht annehmen, auch wenn der
Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages – wie noch
darzulegen sein wird – zu Beeinträchtigungen des Rechtsverhältnisses der
Genussscheininhaber der vor Abschluss des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag emittierten Genussscheine führt. Ein Genussrecht stellt
aber kein gesellschaftsrechtlich geprägtes Mitgliedschaftsrecht dar, sondern ein
Recht, das sich in einem bestimmten geldwerten Anspruch erschöpft (BGH v.
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Recht, das sich in einem bestimmten geldwerten Anspruch erschöpft (BGH v.
5.10.1992 – II ZR 172/91- AG 1993, 125).
In dieser Situation gibt das geltende Recht aber durch den möglichen
Individualrechtsschutz hinreichende Schutzmechanismen vor, um
Genussscheininhaber zu schützen.
In der Sache sind aber nur der Zahlungsantrag und die Feststellungsanträge in
vollem Umfang begründet, soweit sie sich auf die von der E emittierten
Genussscheine WKN … 6 und WKN … 8 richten.
Begründet ist weiter auch der Feststellungsantrag zu dem von der R emittierten
Genussschein WKN … 9 soweit es sich auf Feststellung richtet, dass der
Rückzahlungsanspruch (derzeit) nicht durch Verluste vermindert ist und in Höhe
des Nennbetrags von EUR 1.000,00 besteht und auch künftig während der Laufzeit
dieses Genusscheins und des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages
der Beklagten mit der CIH die Beklagte den Rückzahlungsanspruch nach § 7 der
Genusscheinbedingungen nicht vermindern kann.
Hingegen sind sowohl der Zahlungsantrag als auch der Feststellungsantrag
unbegründet, soweit sie sich auf den von den von der R emittierten Genussschein
WKN … 9 richten und Zahlung aus dem Kupon für 2009 in Höhe von EUR 1008,70
und die Feststellung begehrt wird, dass die Beklagte verpflichtet sei, auch während
der restlichen Laufzeit dieses Genussscheins und der Dauer des mit der CIH
abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages diesen
Genusschein jährliche Ausschüttungen auf Basis eines Referenzzinssatzes
(EURIBOR Zwölf-Monats-Einlagen) zuzüglich 150 Basispunkte bezogen auf den
Nennbetrag gemäß § 2 der Genussscheinbedingungen (WKN … 9) an die Klägerin
zu leisten
Auch wenn sich in allen drei Fällen um Genussscheine nach § 10 Abs. 5 KWG
handelt, ist eine unterschiedliche Behandlung hinsichtlich der jährlichen Bedienung
aufgrund der differierenden Genussscheinbedingungen der von der R und der E
emittierten Genusscheine geboten.
Nach Ansicht der Kammer sind die in Genussscheinbedingungen verwendeten
Begriffe Bilanzgewinn und auch Bilanzverlust in dem (engen) Sinne zu verstehen,
den sie nach den handelsrechtlichen und aktienrechtlichen
Rechnungslegungsvorschriften, insbesondere in den § 268 HGB und § 158 AktG
haben, was auch in der steuerlichen Rechtsprechung (vgl. FG München DStRE
2002, 1010 und ihm nachfolgend BFH BStBl. II 2003, 200 = DStR 2003, 499) einen
gewissen Niederschlag gefunden hat. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass bei
Emission der Genussscheine die Beteiligten trotz der Verwendung dieser
handelsrechtlich determinierten Begriffe diesen Begriffen eine vom Handelsrecht
abweichende Bedeutung hätten bemessen wollen.
Die Unbegründet der Klage hinsichtlich des von der R emittierten
streitgegenständlichen Genussscheins hinsichtlich der Zahlung und begehrten
Feststellung der Höhe der jährlichen Ausschüttung ergibt sich daher zunächst
daraus, dass eine derartige Ausschüttung nach den Genussscheinbedingungen
erfordert, dass bei der Beklagten ein Bilanzgewinn entstanden sein muss.
Daraus folgt, dass bei dem von der R emittierten streitgegenständlichen
Genusschein nach den - ursprünglichen Genussscheinbedingungen - eine jährliche
Zahlung auf den Kupon nur in Betracht kommt, wenn am Bilanzstichtag die Bilanz
der Beklagten des abgelaufenen Jahres einen (Bilanz)Gewinn im
handelsrechtlichen Sinne ausweist. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch
den Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages durch die
Beklagte als beherrschtes nach Emission der streitgegenständlichen
Genusscheine deren Kuponzahlung an einen Bilanzgewinn geknüpft sind, für die
Klägerin als Genusscheininhaber eine Situation entstanden ist, die es gebietet,
gem. § 311 BGB den Vertrag zwischen den Parteien über die Bedingungen der
Genussscheine anzupassen, da wegen der Abführungspflicht nach § 291 AktG ein
Bilanzgewinn im handelrechtlichen Sinne nicht mehr entstehen kann (vgl. Veil in
Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 291 RZ. 34 f m. w. Nachw.).
Für den Inhaber eines vor Vertragskonzernierung emittierten Genussscheins von
einem dann beherrschten Unternehmen besteht somit eine Schutzlücke, wenn bei
Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages keine Regelung
für die vom beherrschten Unternehmen zuvor begebenen Genussscheine
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für die vom beherrschten Unternehmen zuvor begebenen Genussscheine
getroffen wird. Dabei ist der Abschluss eines Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages grundsätzlich nicht zu beanstanden, da dies zur
unternehmerischen Entscheidungsfreiheit des Emittenten gehört. Der Anleger hat
insoweit keinen Anspruch auf Konzernfreiheit.
Nach Ansicht der Kammer ist – insoweit im Grundsatz mit der Beklagten
übereinstimmend - in einer derartigen Situation dieser Schutz über eine
vertragliche Lösung d.h. über die Auslegung der Genussscheinbedingungen bzw.
über die Anpassung des Vertrages nach den Grundsätzen der Änderung der
Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB zu gewährleisten ist (so auch Prosser,
Anlegerschutz bei Genussscheinen, Gewinnschuldverschreibungen, Options- und
Wandelanleihen, 2000, S. 154ff.; Lindemann, Gewinnabhängige Ansprüche im
Konzern, 2003, S. 57 ff.; Stephan, in: Schmidt/Lutter, Kommentar zum
Aktiengesetz, 2008, § 304 Rn. 68; Bilda, in: Münchener Kommentar zum
Aktienrecht, 2. Aufl. (2000), § 304 Rn. 27; Paulsen, in: Münchener Kommentar zum
Aktienrecht, 3. Aufl. (2010), § 304 Rn. 32; Koppensteiner, in: Kölner Kommentar
zum Aktiengesetz, 3. Aufl. (2004), § 304 Rn. 18; Veil, in: Spindler/Stilz, Kommentar
zum Aktiengesetz, 2007, § 304 Rn. 14; Krieger, in: Münchener Handbuch für
Gesellschaftsrecht - Aktiengesellschaft, 3. Aufl. (2007), § 63 Rn. 72; Kallrath, Die
Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen,
Gewinnschuldverschreibungen und Genußscheinen, 1994, S. 180 f.; Frantzen,
Genußscheine, 1992, S. 284 f.; Sethe, AG 1993, S. 351, 366 f.; Emmerich, in:
Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl. (2009), § 304 Rn.
14a, der dies als einen Lösungsansatz von mehreren sieht; Hüffer, AktG, 9. Aufl.
(2010), § 221 Rn. 68a, der diese Rechte als „Minimum" ansieht; wohl auch Schenk,
in: Heidelberger Kommentar zum Aktienrecht, 2007, § 304 Rn. 14, der das
Schutzbedürfnis erkennt und lediglich eine analoge Anwendung der §§ 304 f. AktG
ablehnt; Thielemann, Das Genußrecht als Mittel der Kapitalbeschaffung und der
Anlegerschutz; 1988, S. 175 ff, der eine Vertragsanpassung und sekundär
Schadensersatzansprüche befürwortet).
Soweit teilweise in der Literatur (Hasselbach/Hirte, in: GroßKomm Aktiengesetz, 4.
Aufl. (2005), § 304 Rn. 147; Lutter, in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2.
Aufl. (1993), § 221 Rn. 405; Habersack, in: Münchener Kommentar zum
Aktienrecht, 2. Aufl. (2005), § 221 Rn. 320; Luttermann, Unternehmen, Kapital und
Genußrechte, 1998, S. 538; van Look, in: Bundschuh u.a., Recht und Praxis der
Genußscheine, 1987, S. 35, 41; Vollmer, ZGR 1983, S. 445, 467; Hüffer, AktG, 9.
Aufl. (2010), § 221 Rn. 68a, der dies für „erwägenswert und wohl richtig"
bezeichnet; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht,
6. Aufl. (2009), § 304 Rn. 14a, zumindest in geeigneten Fällen; Veil, in:
Spindler/Stilz, Kommentar zum Aktiengesetz, 2007, § 304 Rn. 14, wenn Schutz
mittels vertraglicher Vereinbarungen oder Schadensersatz nicht ausreichend ist)
vertreten wird, die Genussscheininhaber seien (alternativ oder kumulativ) auf
Ausgleichsansprüche analog § 304 AktG gegen das herrschende Unternehmen zu
verweisen, kann dem nicht gefolgt werden.
Eine Gesetzeslücke, die eine analoge Anwendung rechtfertigen würde, ist
jedenfalls nach der gesetzlichen Normierung der Anpassung bei Störung der
Geschäftsgrundlage in § 313 BGB (seit 2002) nicht mehr gegeben (vgl. U. H.
Schneider, Genußrechte an Konzernunternehmen, Festschr. f. Goerdeler, S. 526;
Lindemann, Gewinnabhängige Ansprüche im Konzern, S. 66).
Auch allein der Verweis auf vertragliche Schadensersatzansprüche wird der
Interessenlage nicht gerecht. Zwar könnte die vertragliche Pflichtverletzung ggf.
noch darin gesehen werden, dass bei dem späteren Abschluss des
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages die Interessen der Inhaber von
zuvor dem nicht vertragskonzernierten Unternehmen emittierten Genussscheinen
nicht berücksichtigt worden seien, doch ist dann der für einen
Schadensersatzanspruch erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen
Schaden und Pflichtverletzung problematisch, jedenfalls für den
Genusscheininhaber kaum darlegbar, geschweige den im Prozess nachweisbar.
Gem. §§ 280, 249 BGB bemisst sich der Schaden zunächst nach dem Zustand,
der bestehen würde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Diese
ex-ante Betrachtung führt jedoch beim Abschluss des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag ohne Berücksichtigung der vorher emittierten
Genussscheine nicht weiter. In Betracht käme lediglich, dass durch die Weisungen
des dann herrschenden Unternehmens i.S.d. § 308 AktG an das beherrschte
Unternehmen zu Lasten der Genussscheininhaber auf die Ertragslage und damit
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Unternehmen zu Lasten der Genussscheininhaber auf die Ertragslage und damit
auf die Anknüpfung zur Bedienung der Genussscheine eingegriffen wurde, die es
ohne den Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nicht
gegeben hätte. Die Darlegung, geschweige denn der Nachweis derartiger
Umstände erscheint aber kaum machbar, da es keine Verpflichtung der am
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag beteiligten Unternehmen gibt,
derartige Vorgänge zu kommunizieren.
Der Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages führt daher
hier dazu, die Genussscheinbedingungen anzupassen, was auch die Beklagte
letztlich einräumt, wenn sie darauf abstellt, dass – insoweit zutreffend - wegen der
Abführungsverpflichtung kein Bilanzgewinn mehr entstehen könne und daher diese
Anpassung der Genussscheinbedingungen derart zu erfolgen habe, dass für die
Bedienung der Genussscheine der Beklagten auf den aufgrund einer vorläufigen
Bilanz vor Abführung oder Ausgleichung ermittelten Gewinn bzw. auf einen dann
ggf. bestehenden Verlust abzustellen sei. Diese zunächst verlockend einfache
Lösung (vgl. Meilicke BB 1987, 1610) kann jedoch nur bei Abschluss eines reinen
Gewinnabführungsvertrages als ausreichend angesehen werden (vgl. Prosser, a. a.
O., S. 172). Wird dagegen wie vorliegend neben dem Gewinnabführungsvertrag
auch ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen, genügt diese Anpassung des
Berechnungsschlüssels für die Ausschüttung durch Bezugnahme auf das Ergebnis
vor Gewinnabführung- oder Ausgleichung nicht, soweit nicht in dieser vorläufigen
Bilanz ermittelte Gewinn vor Abführung für die Bedienung der jährlichen Kupons
des Genussscheins ausreicht. In diesem Fall besteht nämlich für die
Genussscheininhaber kein besonderes Schutzbedürfnis, da insoweit keine
Unterscheidung zu einem nicht vertragskonzernierten emittierenden
Unternehmen besteht.
Dieses Schutzbedürfnis ist jedoch dann gegeben, wenn dieser Gewinn nicht zur
Bedienung des Kupons ausreicht, bzw. sogar wegen Verlusten eine
Ausgleichsverpflichtung des herrschenden Unternehmens besteht.
Dafür spricht zunächst, dass die damit begründete Konzernlage nachhaltigen
Einfluss auf die Stellung des Anlegers hat. Das herrschende Unternehmen kann
aufgrund der gesetzlichen Bestimmung gem. § 308 Abs. 1 AktG auf das abhängige
Unternehmen Einfluss nehmen. Es droht die Gefahr, dass das haftende Vermögen
des Emittenten zugunsten des herrschenden Unternehmens geschmälert und
damit die Substanz der abhängigen Gesellschaft ausgehöhlt wird. Das Ergebnis
der beherrschten Gesellschaft kann geringer ausfallen als dies bei einer
unabhängigen Gesellschaft der Fall wäre. Die Konzernlage gefährdet nicht nur den
Ausschüttungsanspruch des Inhabers eines Genussscheins, sondern auch den
Anspruch auf Rückzahlung des eingesetzten Kapitals.
Soweit die Beklagte darauf verweist, dass wegen der Bestimmungen des KWG und
der aufsichtsrechtlichen Überwachungen hier entsprechende Schutzinstrumente
gegen nachteilige Weisungen die abstrakte Gefahr nachteiliger Weisungen sich
kaum realisieren werde, zumal auch das herrschende Unternehmen ein Interesse
habe, dass ein möglichst hoher Gewinn abgeführt werde und die
Genusscheininhaber ggf. auch von Synergien des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages infolge von Kosteneinsparungen profitieren würden, so
führt dies nicht dazu, die durch das Recht zu Weisungen nach § 308 AktG immer
gegebene latente Gefahr zu ignorieren.
Zum Beispiel können Geschäftschancen oder vielversprechende Entwicklungen
des abhängigen Unternehmens auf das herrschende Unternehmen oder auf
Schwesterunternehmen des abhängigen Unternehmens umgeleitet bzw. beim
abhängigen Unternehmen nicht mehr weiter verfolgt werden. Ferner kann die
Bilanzierungspolitik des abhängigen Unternehmens (ggf. auch zu Lasten der
Genussrechtsinhaber) geändert werden. Mittels zentral vorgeschriebener
Konzernverrechnungspreise kann das abhängige Unternehmen gezwungen
werden, Produkte oder Dienstleistungen unter Marktwert an andre
Konzernunternehmen zu leisten. Die Einführung eines konzernweiten Cash-
Managements aufgrund eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrags
bedeutet bereits während der Laufzeit einen weitreichenden Verlust an
Selbständigkeit und Leitungsmacht des abhängigen Unternehmens, insbesondere
im kurzfristigen finanziellen Bereich. Anlegerrechte können durch konzernpolitische
Umstrukturierungsmaßnahmen, Rücklagenbildung in Tochtergesellschaften,
Kapitalerhöhung oder die Ausgabe neuer Genussscheine verwässert werden. Die
Konzernlage hat nicht nur Einfluss auf die Zahlungsfähigkeit, sondern auch auf
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Konzernlage hat nicht nur Einfluss auf die Zahlungsfähigkeit, sondern auch auf
Ergebnislage insgesamt. Unabhängig von der Finanzaufsicht über die Beklagte
belegt dies, dass die grundsätzliche Möglichkeit des herrschenden Unternehmens,
nachteilig auf das abhängige Unternehmen einzuwirken, bereits zur Annahme
führen muss, im Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages
eine Störung der Geschäftsgrundlage zu sehen. Das herrschende Unternehmen
ist bei Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zu
Weisungen berechtigt. Daher können Verluste entstehen, zumindest aber die
Gewinne gemindert werden, zumal die C-Gruppe von der Regelung des § 2a KWG
gebrauch gemacht hat.
Der Genussrechtsinhaber hat sich – gerade bei Genusscheinen die gem. § 10 Abs.
5 KWG am Verlust teilnehmen - im Vertrauen auf eine erfolgsabhängige Vergütung
für die Überlassung von Genussrechtskapital eingelassen, dass der Emittent alles
unterlassen wird, was seinen Anspruch auf eine erfolgsabhängige Vergütung
vernichten oder vereiteln kann. Durch den Abschluss eines Beherrschungsvertrags
hat der Emittent nunmehr jedoch einem Dritten, nämlich dem herrschenden
Unternehmen, die Möglichkeit eröffnet, genau diesen erfolgsabhängigen Anspruch
des Genussberechtigten zu beeinträchtigen und u. U. sogar gänzlich zu vereiteln.
Die Ansprüche der Anleger sind in ihrem Umfang somit ständig durch ggf.
nachteilige Maßnahme der beherrschenden Konzerngesellschaft gefährdet und
können deshalb nicht allein nach der aktuellen Ertragslage der abhängigen
Konzerngesellschaft bemessen werden. Infolge des Konzernsachverhalts kann der
Genussschein daher keine hinreichende Teilhabe am Ertrag vermitteln.
Auch den Aktionären der abhängigen Gesellschaft droht durch einen
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag die Gefahr, dass das haftende
Vermögen der Gesellschaft zugunsten des herrschenden Unternehmens
geschmälert und damit die Substanz der abhängigen Gesellschaft ausgehöhlt
wird. Das Risiko des Gläubigers eines gewinnabhängigen Anspruchs wie zum
Beispiel eines Genussscheins ähnelt hier der Stellung eines Aktionärs der
beherrschten Gesellschaft. Zum Schutz dieser Aktionäre hat der Gesetzgeber die
Vertragsparteien des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags verpflichtet,
eine von der herrschenden Gesellschaft zu zahlende Abfindung (§ 305 AktG) zu
vereinbaren, zu der der Minderheitsaktionär aus der Gesellschaft ausscheiden
kann, bzw. wenn er sich zum Verbleib entschließt, diesem einen Ausgleich anstelle
der jährlichen Dividende zu zahlen ( 304 AktG).
Auch der Gesetzgeber differenziert hier nicht, ob es sich bei dem beherrschen
Unternehmen um ein Kreditinstitut handelt, für das die Regelungen des KWG
gelten und das der staatlichen Finanzaufsicht untersteht.
Für einen Schutz der Genussrechteinhaber spricht weiter auch die Existenz eines
gesetzlichen Anlegerschutzes bei bestimmten Grundlagenentscheidungen. So
sind Verträge zwischen der Gesellschaft und den Anlegern, deren Inhalt von der
Gewinnausschüttung der Gesellschaft, dem Nennbetrag oder dem Wert der Aktien
oder des Grundkapitals oder sonst von den bisherigen Kapital- oder
Gewinnverhältnissen abhängen, wirtschaftlich anzupassen, §§ 216 Abs. 3 AktG.
Auch in den Umwandlungsfällen des § 1 Abs. 1 UmwG sind den Anlegern
gleichwertige Rechte zu gewähren, §§ 23, 133 Abs. 2 UmwG. Hier werden
Genussrechtsinhaber insbesondere im Fall der Konzernbildung durch
Verschmelzung oder Spaltung vor einer wirtschaftlichen Verwässerung ihrer
Rechte geschützt.
Durch eine Vertragsanpassung der Genussscheinbedingungen gem. § 313 BGB
wegen Änderung der Geschäftsgrundlage ist daher der Genussrechtsinhaber
dessen Kuponzahlung an einen Bilanzgewinn des beherrschten Unternehmens
anknüpft, vor den Gefahren durch den späteren Abschluss eines Beherrschungs-
oder Gewinnabführungsvertrages zu schützen. Dabei hat eine Abwägung
dahingehend stattzufinden, welche Änderungen nach dem Vertrag, insbesondere
nach der gewählten und gesetzlichen Risikoverteilung und der Vorhersehbarkeit
zumutbar sind.
Die Zeichnung eines Genussrechts mit einer gewinnabhängigen Vergütung und
Verlustbeteiligung nach § 10 Abs. 5 KWG bedeutet zunächst einmal, dass der
Zeichner dieses Genussrechts bewusst das Risiko wirtschaftlicher Veränderungen
auf sich nimmt. Diese bewusste Risikoübernahme macht ihn weniger schutzwürdig
als einen Fremdkapitalgeber, der von vornherein eine Festzinsvereinbarung für das
überlassene Kapital vereinbart Genussrechte weisen daher einen spekulativen
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überlassene Kapital vereinbart Genussrechte weisen daher einen spekulativen
Charakter auf.
Andererseits möchten Genussrechtsinhaber durch die Vereinbarung einer
gewinnabhängigen Vergütung für die Überlassung von Kapital in der Regel nur
solche Risiken übernehmen, die sich aus der allgemeinen wirtschaftlichen
Betätigung des Emittenten ergeben. Dem Genussrechtsinhaber ist zudem
bewusst, dass sein Vergütungsanspruch von den unternehmerischen
Entscheidungen und dem vom Genussrechtsemittenten nicht beeinflussbaren
Marktumfeld abhängt (vgl. Lindemann a.a.O., S. 62 f). Für die emittierende Bank
ist demgegenüber von Bedeutung, dass auch durch die Vertragsanpassung, der
Charakter des bankaufsichtlich anerkannten Genusskapitals i.S.d. § 10 Abs. 5 KWG
bestehen bleibt. Diese Notwendigkeit für die Anerkennung als Ergänzungskapital
und damit bankaufsichtlich haftendes Eigenkapital bedingt daher, dass auch im
Rahmen der Vertragsanpassung die (Möglichkeit der) Verlustteilnahme in gewisser
Weise bestehen bleiben muss.
Die gebotene Vertragsanpassung muss daher dazu führen, dass abweichend von
den Genusscheinbedingungen bei Ausgabe vor dem Abschluss des
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages für die Frage des ob und der
Höhe der jährlichen Ausschüttung auf die Genussscheine ein anderer
Anknüpfungspunkt als der jährliche Bilanzgewinn gefunden werden muss, der
wegen der Abführung nicht mehr existiert und auch der fiktive Bilanzgewinn bzw.
Verlust hierzu nicht geeignet ist, da dieser – wie dargelegt – aufgrund der
Vertragskonzernierung nicht unbeeinflusst ist. Den Inhaber der Genusscheine kann
daher zwar ein unverändertes Festhalten an den ursprünglichen Bedingungen für
Ausschüttung und Rückzahlung nicht zugemutet werden, anderseits ist jedoch
auch das mit der Genussscheinzeichnung übernommene Risiko allgemeiner
wirtschaftlicher Veränderungen und deren Auswirkung auf den Emittenten
beizubehalten.
Diese Anpassung hinsichtlich der Anknüpfung für die jährliche Ausschüttung auf
den streitgegenständlichen Genussschein sowie die Höhe des
Rückzahlungsbetrags bei Fälligkeit, d. h. ob Herbsetzungen stattfinden, kann daher
nicht in der Weise erfolgen, wie sie die Klägerin begehrt. Für das ob und die Höhe
der jährlichen Ausschüttung kann anstelle des Bilanzgewinns nicht auf die zum
Zeitpunkt der Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vorliegende Prognose für die
künftige Ertragsentwicklung abgestellt werden. Dies würde nämlich dazu führen,
dass die wirtschaftliche Entwicklung und die tatsächliche Entwicklung der
Ertragssituation seit diesem Stichtag ausgeblendet würde, sondern ein fiktiver
Ertrag zugrunde gelegt werden, wie er sich aus der - jedenfalls für die die Laufzeit
des Genussscheins – prognostizierten Ertrags- und Gewinnentwicklung der
Beklagten in dem für den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag erstellten
und vom gerichtlich bestellten sachverständigen Prüfer geprüften Vertragsbericht
ergäbe.
Diese Prognose ist gerichtskundig – aufgrund der Vorbefassung der Kammer mit
den Anfechtungsverfahren über den Zustimmungsbeschluss der
Hauptversammlung zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (3-05 O
211/07) und dem Spruchverfahren über die Angemessenheit von Abfindung und
Ausgleich des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages (3-05 O 203/07) –
positiv gewesen da sie für das Jahr 2009 ein Ergebnis nach Steuern von Mio. EUR
639,1 und ab 2010 ein Ergebnis nach Steuern von Mio. EUR 660,5 ansetzt, wobei
die Kammer aber bereits in ihrem Beschluss vom 14.9.2009 - 3-05 O 203/07 –
Zweifel geäußert hat, ob diese Prognose auch aus der Sicht des Stichtags der
Hauptversammlung 29.8.2007 heraus nicht schon zu positiv ausgefallen ist.
Ob diese Prognose aus der Sicht des Tags der Hauptversammlung zutreffend war,
kann hier jedoch dahin gestellt bleiben. Entscheidend ist hier allein, dass für die
Kuponzahlung auf den streitgegenständlichen von der R emittierten Genussschein
nicht auf im Jahr 2007 prognostizierte Bilanzgewinne unter Ausblendung seitdem
tatsächlich eingetretener wirtschaftlicher Realitäten abgestellt werden kann.
Gerade im vorliegenden Fall wird dies besonderes deutlich, da dann Kuponzahlung
auf diesen Genussschein in einer Art und Weise erfolgen würde, die die
zwischenzeitlich stattgefundene Banken- und Finanzkrise und die Ertragseinbrüche
und Verluste in diesem Sektor völlig ignorieren würde.
Dabei ist entscheidend, dass es sich um einen sog. Bankgenussschein handelt, für
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Dabei ist entscheidend, dass es sich um einen sog. Bankgenussschein handelt, für
den die Bestimmung des § 10 Abs. 5 KWG gilt und danach zu einer Zurechnung
des Genusskapitals zum Ergänzungskapital der Beklagten führt. Dies bedingt aber,
dass das Genusskapital „bis zur vollen Höhe am Verlust teilnimmt und das Institut
berechtigt ist, im Falle eines Verlustes Zinszahlungen auszuschießen“. Gem. § 7
der Bedingungen hat daher der Genussschein in voller Höhe am Verlust
teilzunehmen. Gem. § 9 der Bedingungen kann diese Teilnahme am Verlust auch
nicht mehr nachträglich geändert werden. Das Begehren der Klägerin auf Zahlung
des jährlichen Kupons aus diesem Genussschein ohne Berücksichtigung etwaiger
wirtschaftlicher Entwicklungen würde daher dazu führen, dass die Klägerin künftig
kein unternehmerisches Risiko mehr tragen müsste, obwohl dies ursprünglich
Grundlage der Emission des Genussscheins i .S. v. § 10 Abs. 5 KWG war und nach
den Bedingungen nicht abgeändert werden kann. Im Ergebnis würde das
Genussrecht einem einfachen Darlehen gleichgestellt.
Auch die Gewährung des im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag für die
Minderheitsaktionären vereinbarten, aufgrund der Prognose festgelegten festen
Ausgleichs nach § 304 AktG spricht nicht dafür, auch für die Bedienung der
Genussscheine auf diese Prognose abzustellen. Zunächst ist der Ausschluss der
Minderheitsaktionäre hier kurz nach dem Abschluss des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages erfolgt, so dass nunmehr allein die herrschende
Gesellschaft hier Eigenkapitalgeber ist. Selbst wenn man dies ausblendet, wären
die verbliebenen Minderheitsaktionäre zwar rechtlich weiterhin Eigenkapitalgeber
gewesen, doch hätte sich deren Risiko durch den Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag und die sich daraus ergebenen rechtlichen Folgen
geändert. Wirtschaftlich wird ihnen durch den festen Ausgleich i.S.d. § 304 AktG
(Garantiedividende) eine feste Verzinsung ihres Kapitals für die Dauer des
Vertrages garantiert. Infolge der Ausgleichsverpflichtung des herrschenden
Unternehmens nach § 302 AktG tragen sie während der Vertragslaufzeit auch
nicht mehr das Risiko der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens sondern
ihr Risiko entspricht im Wesentlichen dem Risiko eines Inhaber einer
Unternehmensanleihe der C AG als der letztlich herrschenden Konzernmutter,
wobei hier dahingestellt bleiben kann, ob die Verzinsung dieser faktischen Anleihe
allein aus den Kreditderivatsraten zum Handeln von Ausfallrisiken von Krediten und
Anleihen der C AG ermittelt werden kann (ablehnend Kammerbeschluss vom
14.9.2009 – 3-05 O 203/07 a.a.O.).
Als Anknüpfungspunkt für die jährliche Ausschüttung auf den
streitgegenständlichen Genussschein ist vielmehr eine Vertragsanpassung
geboten, bei der auf das entsprechende Ausschüttungsverhalten oder
Ausschüttungsmöglichkeit der ebenfalls den KWG-Aufsichtsregeln unterliegenden
Muttergesellschaft C AG abzustellen, da diese die im Hinblick auf die Kette der
Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge letztlich herrschende und aus den
Unternehmensverträgen gewinnbezugsberechtigten Konzernmutter ist, die auch
die Beklagte unstreitig voll konsolidiert, soweit die Beklagte nicht selbst einen
Abführungsbetrag erwirtschaftet, der sie in die Lage versetzt, den
streitgegenständlichen Genussschein zu bedienen.
Dies führt dazu, dass den Inhabern der streitgegenständlichen Genusscheine, die
für die jährliche Kuponzahlung auf einen Bilanzgewinn abstellen, ein derartiger
Zahlungsanspruch nur zusteht, wenn entweder die Beklagte selbst einen
derartigen Betrag zur Deckung der Kuponzahlung erwirtschaftet oder ggf. bei
dieser Konzernmutter für das Jahr 2009 oder künftig eine Ertragslage, d.h. ein
Bilanzgewinn vorliegt, der sie zu einer Kuponzahlung auf eigene ebenfalls an den
Bilanzgewinn geknüpfter Genusscheine verpflichte würde. Faktisch würde dies
bedeuten, dass der streitgegenständliche Genussschein bei fehlender Ertragskraft
der Beklagten für die Kuponzahlung wie ein Genussschein der Konzernmutter
behandelt würde. Einer derartigen Anpassung stünden auch etwaige Vorgaben des
SoFFin und der EU-Kommission zur Finanzierung der C AG nicht entgegen.
Ausweislich der Meldung vom 7. Mai 2009 der Beklagten dürfen
Tochterunternehmen der C AG Zinsen oder Gewinnbeteiligungen auf
gewinnabhängige Eigenmittelinstrumente nur leisten, sofern sie dazu auch ohne
Auflösung von Rücklagen oder Sonderposten nach § 340g HGB rechtlich
verpflichtet sind. Eine rechtliche Verpflichtung besteht jedoch dann aufgrund der
angepassten Genussscheinbedingungen.
Auch die nicht mögliche Auflösung der Rücklagen, sofern sie aus der Zeit vor dem
mit der herrschenden Gesellschaft im Jahr 2007 geschlossenen Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag stammen (vgl. Reiner, in: Münchener Kommentar,
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und Gewinnabführungsvertrag stammen (vgl. Reiner, in: Münchener Kommentar,
HGB, 2. Aufl. (2008), § 272 Rn. 74 m. w. Nachw.) steht dem nicht entgegen. Selbst
wenn die Beklagte Verluste hätte und die Konzernmutter einen Gewinn ausweisen
würde, könnten und müsste die Genussscheine von der Beklagten jährlich bedient
werden, da hier dann die Ausgleichspflicht der herrschenden
(Zwischen)gesellschaft und letztlich die gegenüber der Zwischengesellschaft
gegebene Ausgleichspflicht der Muttergesellschaft eingreifen würde, da in diesem
Fall dem letztendlichen Weisungsrecht der Muttergesellschaft nach § 308 AktG mit
der Möglichkeit der Risiken-, Gewinn- und Verlustverlagerung im Vertragskonzern
adäquat Rechnung getragen wird.
Eine derartige Regelung erscheint auch sachgerecht und dürfte auch von den
Partnern des Emissionsvertrages bei dessen Abschluss gewollt gewesen sein,
wenn sie den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages
mit der emittierenden Gesellschaft als später dann beherrschtem Unternehmen
bedacht hätten.
Dies führt daher dazu, dass der Zahlungsantrag für das Jahr 2009 keinen Erfolg
haben kann. Weder die Beklagte wies in ihrer sog. vorläufigen Bilanz für das
Geschäftsjahr 2009 einen Gewinn vor Abführung aus, noch konnte die die
Konzernmutter C AG aus einem Bilanzgewinn die Kuponzahlung der von
emittierten Genussscheine nicht bedienen sondern hatte einen negativen
Jahresergebnis wie sich allgemeinkundig aufgrund es veröffentlichten
Jahresabschlusses für das Jahr 2009 ergibt (vgl. Bl. 85 des im Internet allgemein
zugänglichen Jahresabschlusses und Lageberichts der C AG 2009 öffentlich
bekannte gemachte Ad-hoc Mitteilung der C AG vom 2.11.2009 zu von ihr selbst
emittierten Genussscheinen ).
Auch die begehrte Feststellung der Verpflichtung der Beklagten künftig die
streitgegenständlichen von der R emittierten Genusscheine während der Dauer
des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit einer jährlichen
Ausschüttungen auf Basis eines Referenzzinssatzes (EURIBOR Zwölf-Monats-
Einlagen) zuzüglich 150 Basispunkte bezogen auf den Nennbetrag gemäß § 2 der
Genussscheinbedingungen zu bedienen, musste daher erfolglos bleiben, da diese
Verpflichtung der Beklagten nach dem Dargelegten davon abhängt, dass die
Beklagte selbst einen positiven Ertrag erwirtschaftet, der vor Abführung die
Ausschüttung in dieser Höhe zulässt, bzw. die Konzernmutter selbst - bei
mangelnder Zahlungsfähigkeit der Beklagten - einen derartigen positiven Ertrag
erwirtschaftet.
Eine andere Beurteilung ist jedoch bei den beiden streitgegenständlichen von der
E emittierten Genusscheinen geboten.
Hier ist die Beklagte unabhängig von ihrer Ertragslage zur jährlichen Ausschüttung
entsprechend den Genusscheinbedingungen verpflichtet, weswegen die beiden
Zahlungsanträgen in Höhe von EUR 12.797,-- und 7.855,95 nebst den
entsprechenden Feststellungsanträgen für den Genussschein mit der Kennziffer
WKN … 8) statt zu geben war und im Hinblick auf die bei dem Genussschein mit
der Kennziffer WKN … 6 nach Klageerhebung zwischenzeitlich am 30.11.2010
eingetretene Fälligkeit die entsprechende Zahlungsverpflichtung der Beklagten
ohne weiteres auszusprechen war.
Die Höhe als solche der geltend gemachten Zahlungsbeträge ist von der
Beklagten nicht bestritten worden, so dass sie gem. § 138 Abs. 3 ZPO der Höhe
nach als zugestanden anzusehen waren.
Für diese Zahlungsverpflichtung der Beklagten dem Grunde nach ist entscheidend,
dass nach den jeweiligen Genusscheinbedingungen die Verpflichtung zur jährlichen
Ausschüttung davon abhängig war, dass hierdurch kein Bilanzverlust entstehen
darf.
Wie oben dargelegt, ist dieser Begriff in dem Sinne zu verstehen, wie er den
handelsrechtlichen und aktienrechtlichen Rechnungslegungsvorschriften der § 268
HGB und § 158 AktG zugrunde liegt. Ein derartiger Bilanzverlust kann aber nach
Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nicht mehr
entstehen, da dass herrschende Unternehmen gem. § 302 AktG zum Ausgleich
des Jahresfehlbetrages verpflichtet ist, unabhängig auf welchen Gründen dieser
beruht (vgl. Veil in Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl. § 302). Nach den
Genusscheinbedingungen steht daher der Klägerin somit die jährliche
Kuponzahlung zu.
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Eine ergänzende Vertragsauslegung wie bei einer Anknüpfung an den Bilanzgewinn
wegen des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages ist hier nicht geboten.
Abgesehen davon, dass die beiden streitgegenständlichen Genusscheine der E
durch die Verschmelzung der Beklagten mit der E unter den zu diesem Zeitpunkt
bereits bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag der Beklagten
als beherrschte Gesellschaft fielen, mithin zum Zeitpunkt der Verschmelzung
schon bekannt war, dass wegen des bereits bestehenden Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages ein Bilanzverlust bei der Beklagten nicht mehr
eintreten kann und im Verschmelzungsvertrag gleichwohl den
Genusscheininhabern gleichwertige Genussrechte mit einer entsprechenden
Zahlungsverpflichtung der Beklagten eingeräumt wurden, ohne klarzustellen, dass
dieser nicht mehr an den in den Genusscheinbedingungen genannten
Bilanzverlust mangels Eintretbarkeit geknüpft werden soll, kommt eine
Vertragsanpassung nach § 313 BGB hier nicht in Betracht, weil einer
Vertragspartei auch bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse kein Recht auf
Anpassung des Vertrages zusteht, wenn die Störung in ihre Risikosphäre fällt,
wobei sich die Abgrenzung der Risikosphären kann sich aus Vertrag,
Vertragszweck und dispositivem Recht ergeben kann (vgl. BGHZ 74, 370, 373 =
NJW 1979, 1818; BGH NJW 1992, 2690 f; WM 1994, 1212, 1214; BGH NJW 2006,
899, 901; Palandt-Grüneberg, BGB, 70. Aufl. § 313 Rz. 19 ff m. w. Nachw.),
insbesondere ein Anspruch auf Anpassung ausscheidet, wenn der Vertragspartner,
für den die Regelungen unzumutbar sein soll, dies durch eigenes Tun begründet
hat (vgl. BGH NJW 1995, 2028, 2031; NJW-RR 2010, 960 Tz. 71).
Da sich die Beklagte durch einen von ihr mit der CIH abgeschlossenen
Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nach eigener Entschließung und
mit Zustimmung ihrer Aktionäre selbst in die Rolle eines beherrschten
Unternehmens in einem Vertragskonzern begeben hat mit der Folge, dass sie
keinen Bilanzverlust mehr ausweisen kann und ggf. auf Weisung der
Konzernmutter die Verschmelzung mit der E vorgenommen hat, die - wie der
Beklagten bekannt gewesen ist - Genussscheine emittiert hatte, deren jährliche
Ausschüttung dann geknüpft ist, dass kein Bilanzverlust entsteht, kann eine
Verpflichtung zur jährlichen Ausschüttung auf diese Genussscheine entsprechend
der Bedingungen grundsätzlich keine schwerwiegende Veränderung der
Vertragsgrundlage zu ihren Lasten bedeuten, auch wenn sie selbst einen
Jahresfehlbetrag erwirtschaftet. Dieser Verpflichtung steht der Anspruch
gegenüber dem herrschenden Unternehmen nach § 302 AktG gegenüber dem
(letztlich) herrschenden Unternehmen gegenüber, dass es selbst nach § 308 AktG
in der Hand hat, innerhalb des Vertragskonzerns durch entsprechende Weisungen
und Einflussnahmen ggf. Gewinne und Verluste an bestimmten Stellen zu
generieren.
Aus dem gleichen Grund kommt auch eine Herabsetzung des zurückzuzahlenden
Genusskapitals durch die Beklagte nicht in Betracht, da auch diese Herabsetzung
nach den Genussscheinbedingungen an einen Bilanzverlust geknüpft ist, der nach
Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nicht mehr
eintreten kann und eine Vertragsanpassung nach den oben Dargelegten hier
ausscheidet.
Dies gilt auch für den streitgegenständlichen von der R emittierten Genussschein.
Auch dessen Herabsetzung ist nach den Bedingungen an das Vorliegen eines
Bilanzverlustes geknüpft. Soweit sich hierzu aus dem Urteil der Kammer vom
14.12.2010 – 3-05 O 65/10 – eine andere Rechtsauffassung ergeben sollte, gibt
diese die Kammer ausdrücklich auf und hält nicht mehr an ihr fest.
Dass ggf. durch die nicht mögliche Vertragsanpassung diese Genusscheine den
Charakter als Eigenkapital gem. § 10 Abs. 5 KWG verlieren (vgl. hierzu Habersack
AG 2009, 801), da eine Verlustteilnahme während der Dauer des Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrages bei Zahlungsfähigkeit der C AG als Patronin der
CIH beim Verlustausgleich nach § 302 AktG nicht mehr stattfindet und trotz der
entsprechenden Regelungen in den Genusscheinbedingungen im Ergebnis eine
Abänderung hier vorliegt, rechtfertigt auch nicht eine andere Betrachtung, da
diese Rechtsfolgen allein auf dem alleine ihr zurechenbaren Verhalten der
Beklagten, nämlich dem Abschluss des Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages und ggf. auf dem Abschluss des
Verschmelzungsvertrages mit der E beruhen.
Der Zinsanspruch hinsichtlich der Zahlungsansprüche ergibt sich aus §§ 288, 286
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Der Zinsanspruch hinsichtlich der Zahlungsansprüche ergibt sich aus §§ 288, 286
Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
Dr. Müller Arnold Hassemer
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.