Urteil des LG Frankfurt am Main vom 03.11.2008

LG Frankfurt: rechtliches gehör, verwalter, eigenschaft, zustellung, abrechnung, beiladung, prozesskosten, entlastung, auszahlung, verschulden

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Gericht:
LG Frankfurt 13.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-13 T 33/08, 2/13
T 33/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 48 Abs 1 S 2 WoEigG, § 49
Abs 2 WoEigG, § 91a Abs 2 S 1
ZPO, § 99 Abs 1 ZPO, § 99
Abs 2 S 1 ZPO
Kostenentscheidung im Wohnungseigentumsverfahren:
Sofortige Beschwerde eines Verwalters und
Wohnungseigentümers gegen die Auferlegung von
Prozesskosten
Leitsatz
1. Vor der Auferlegung von Prozesskosten nach § 49 Abs. 2 WEG ist einem Verwalter
rechtliches Gehör zur beabsichtigten Kostenentscheidung zu gewähren.
2. Dem Verwalter, der gemäß § 49 Abs. 2 WEG mit Kosten belastet wird, steht die
sofortige Beschwerde nach §§ 91 a Abs. 2 S. 1, 99 Abs. 2 S. 1 ZPO analog zu. Ob dies
entgegen § 99 Abs. 1 ZPO auch gilt, wenn er zugleich als unterlegene Partei des
Rechtsstreits Berufung gegen das Urteil einlegen kann, bleibt offen.
3. Ist der Verwalter zugleich Wohnungseigentümer und in dieser Eigenschaft Partei der
Beschlussanfechtungsklage, bedarf es gemäß § 48 Abs. 1 S. 2 WEG keiner Beiladung
und selbst dann keiner gesonderten Zustellung des Urteils an ihn, wenn dieses einen
Kostenausspruch nach § 49 Abs. 2 WEG enthält.
Tenor
Die Beschwerde wird kostenpflichtig verworfen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
(Beschwerdewert: bis 1.200,00 €)
Gründe
I. Die Parteien sind die Wohnungseigentümer der Liegenschaft F… in D…; die
Beklagte zu 1. ist zugleich Hausverwalterin.
Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 19.12.2007 die Beschlüsse zu TOP 3
(Abnahme und Beschlussfassung der Abrechnung 2006 und Entlastung der
Hausverwaltung) und TOP 4 (Auszahlung der Guthaben aus der Abrechnung 2006)
der Wohnungseigentümerversammlung vom 26.11.2007 angefochten. Mit Urteil
vom 07.05.2008 hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben und die Kosten des
Rechtsstreits der Beklagten zu 1. in ihrer Eigenschaft als Hausverwalterin
auferlegt. Zur Begründung der Kostenentscheidung hat das Amtsgericht nur
ausgeführt, die Entscheidung beruhe auf § 48 WEG. Die Berufung der Beklagten
gegen das Urteil wurde zurückgenommen.
Gegen die Kostenentscheidung des Urteils, das den Beklagten über deren
Prozessbevollmächtigte am 29.05.2008 zugestellt worden ist, wendet sich die
Beklagte zu 1. mit ihrer Beschwerde vom 20.06.2008, bei Gericht eingegangen am
20.06.2008, und führt aus, das Gericht habe die Beklagte zu 1. nicht als
Verwalterin beigeladen, so dass die Urteilszustellung an sie nicht erfolgt sei. In der
Sache habe das Amtsgericht ihr das rechtliche Gehör abgeschnitten, zumal auch
kein Hinweis auf die beabsichtigte Kostenentscheidung zu Lasten der Beklagten zu
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kein Hinweis auf die beabsichtigte Kostenentscheidung zu Lasten der Beklagten zu
1. erfolgt sei. Die Voraussetzungen des § 49 Abs.2 WEG, der einzig die
Kostenbelastung der Verwalterin erlaube, hätten jedoch nicht vorgelegen, da nicht
von einem groben Verschulden ausgegangen werden könne.
II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist unzulässig.
Auszugehen ist zunächst davon, dass die Kostenentscheidung in dem
amtsgerichtlichen Urteil zu Lasten der Beklagten zu 1. auf der Regelung des § 49
Abs.2 WEG beruht und die Beklagte zu 1. in ihrer Eigenschaft als Verwalterin mit
den Kosten des Rechtsstreits belastet worden ist. Die vom Amtsgericht
bezeichnete Norm des § 48 WEG verhält sich nicht zur Kostenlast, so dass ein
Schreibversehen angenommen werden kann.
Eine Kostenentscheidung in einem Urteil kann nach dem Grundsatz des § 99 Abs.1
ZPO nicht isoliert angefochten werden. Allerdings ist eine sofortige Beschwerde
eines Hausverwalters, der gemäß § 49 Abs.2 WEG mit den Kosten belastet wird,
grundsätzlich statthaft. § 49 Abs.2 WEG soll die nach der Rechtsprechung zu der
bis zum 30.06.2007 geltenden Fassung des WEG bestehende Möglichkeit erhalten,
materiell-rechtliche Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter bei der
Kostenentscheidung zu berücksichtigen und so einen Regressprozess zu
vermeiden. Eine Parteistellung oder auch nur Beiladung des Verwalters ist nicht
Voraussetzung der Kostenentscheidung, allerdings ist dem Verwalter rechtliches
Gehör zur beabsichtigten Kostenentscheidung zu gewähren (vgl. Riecke/Schmidt-
Abramenko, Wohnungseigentumsrecht, 2.Aufl., § 49, Rn.4f.m.w.N.). Ein
Rechtsmittel gegen die auf § 49 Abs.2 WEG beruhende Kostenentscheidung ist
nach dem Gesetz zwar nicht vorgesehen. Es ist aber auch in anderen Fällen, in
denen einem Dritten nach dem Veranlasserprinzip Kosten auferlegt werden,
anerkannt, dass diesem ein Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung zustehen
muss, so etwa dem mit Kosten belasteten vollmachtlosen Vertreter einer Partei
(vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 26.Aufl., § 88, Rn.12 m.w.N.). Entsprechend wird
auch dem mit den Kosten belasteten Verwalter ein Rechtsmittel der sofortigen
Beschwerde nach §§ 91a Abs.2 S.1, 99 Abs.2 S.1 ZPO analog ausnahmsweise
zuzugestehen sein (so auch Riecke/ Schmidt-Abramenko § 49, Rn.5; vor § 43,
Rn.14; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 8.Aufl., § 49, Rn.18). Es ist
allerdings zweifelhaft, ob dies auch dann gelten kann, wenn der mit den Kosten
belastete Verwalter – wie hier die Beklagte zu 1. – als unterlegene Partei des
Rechtsstreits Berufung gegen das Urteil einlegen kann. Denn in diesem Fall dürfte
die Ausnahme eng zu handhaben und die Regel des § 99 Abs.1 ZPO anzuwenden
sein, da § 99 Abs.1 nur bei einer Kostenentscheidung gegenüber einem Dritten,
der nicht Prozesspartei ist, das Rechtsmittel nicht ausschließt (vgl. auch
Bundesgerichtshof NJW 1988, 49).
Dies kann aber letztlich für den vorliegenden Fall dahinstehen, da die sofortige
Beschwerde jedenfalls verfristet wäre. Sie wurde nämlich erst nach Ablauf der
zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 569 ZPO eingelegt. Denn die Verwalterin
wurde in erster Instanz, da sie zugleich Wohnungseigentümerin ist, von dem
Beklagtenvertreter vertreten, dem das Urteil am 29.05.2008 zugestellt wurde und
der sich mit der Klageerwiderung auch im Auftrag der Beklagten als „beizuladende
Verwalterin“ gemeldet hat. Einer weiteren Zustellung des Urteils an die
Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Verwalterin bedurfte es nach
Auffassung der Kammer nicht mehr. Die Beschwerdeführerin war nämlich in ihrer
Eigenschaft als Wohnungseigentümerin bereits Partei der
Beschlussanfechtungsklage, da sich diese gemäß § 46 ZPO gegen sämtliche
Wohnungseigentümer richtet, was auch in der Klageschrift berücksichtigt ist. In der
Folge war sie auch nicht gesondert beizuladen, wie sich aus § 48 Abs.1 S.2 WEG
ergibt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO. Die Rechtsbeschwerde nach §
574 Abs.1 Nr.2, Abs.2 und 3 ZPO war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder
grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Zulassung erfordert. Denn die rechtlich
fragliche Statthaftigkeit der Beschwerde wurde für die Entscheidung im Ergebnis
unterstellt, so dass die Fragen grundsätzlicher Bedeutung für den Fall letztlich
nicht entscheidungserheblich sind; die Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde
folgt aus anderen Gründen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.