Urteil des LG Frankfurt am Main vom 09.02.2009

LG Frankfurt Main: culpa in contrahendo, geschäftsführer, vertreter, schmiergeld, vollstreckung, ermittlungsverfahren, strafverfahren, form, luft, vergütung

Gericht:
OLG Frankfurt 17.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
17 U 247/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 826 BGB
(Auftragserlangung durch Schmiergeldzahlung:
Aufklärungspflicht gegenüber der anderen Vertragspartei;
Beweislast für Nachteilseintritt durch Bestechung)
Leitsatz
1. Bei Vertragsverhandlungen besteht die Pflicht, den anderen Teil über solche
Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck vereiteln können und deshalb für seinen
Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der
Verkehrsauffassung erwarten durfte.
2. Hat eine Partei um einen Auftrag zu erhalten, Schmiergelder gezahlt, ist sie
verpflichtet, ihren Vertragspartner davon in Kenntnis zu setzen.
3. Wird der Werkvertrag durchgeführt, muss der Betrag als ersatzfähiger Schaden
anerkannt werden, um den die Werkleistung zu teuer bezahlt wurde.
4. Es besteht ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Bestochene einen für seinen
Geschäftsherrn ungünstigen Abschluss zustande gebracht hat.
5. Entsteht Streit darüber, ob der Geschädigte durch die Schmiergeldzahlung einen
Nachteil erlitten hat, muss derjenige, der den/die Mitarbeiter bestochen hat, das Fehlen
eines Nachteils beweisen.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21.09.2007 verkündete Urteil der 31.
Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main teilweise abgeändert und der
Beklagte verurteilt, an die Klägerin 328.562,05 € nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz aus diesem Betrag seit 01.02.2007 zu zahlen.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin ¼ und der Beklagte ¾ zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages
leistet.
Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin
vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden
Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
Gründe
I.
Mit der Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Abweisung ihrer Klage, mit der
sie den Beklagten auf Schadensersatz im Hinblick auf Zahlungen von
Schmiergeldern an den früheren Geschäftsführer der Klägerin sowie weiterer
Mitarbeiter in Anspruch nimmt. Sie verlangt die von ihr mit ursprünglich
406.683,10 € bezifferten Schmiergeldzahlungen vom Beklagten im Sinne eines ihr
entstandenen Mindestschadens.
Die Klägerin war als Generalplanerin und Projektmanagerin mit der Durchführung
größerer Bauvorhaben für die A- ... AG tätig und schloss mit den jeweiligen
Architekten und Ingenieuren Subunternehmerverträge, wie unter anderem auch
mit dem Beklagten.
Der Beklagte ist Inhaber der Firma B in O1 und war als Statiker bei den
verschiedensten Bauvorhaben für die Klägerin tätig. Er arbeitet überwiegend
alleine und hat mitunter einen Mitarbeiter beschäftigt.
Seit Studienzeiten ist er mit dem früheren Geschäftsführer der Klägerin C
befreundet.
Als Statiker war der Beklagte in den Jahren 1998 bis 2002 für die Klägerin im
Rahmen derartiger Subunternehmerverträge bei verschiedenen Großbauprojekten
tätig, für die er die Tragwerksplanung und die statische Berechnung vornahm.
Der Beklagte gesteht zu, dass er für die Bauprojekte „X“; Y I“, „Y II“ und „Z“
Schmiergeldzahlungen an den Geschäftsführer C, den Projektleiter D und die
weiteren Mitarbeiter E und F leistete, um den Auftrag zu erhalten. Während die
Klägerin bereits mit der Klage vom 29.12.2006, dem Beklagten zugestellt am
31.01.2007 die einzelnen Zuwendungen nach Personen und Projekten getrennt
auflistete (Seite 7-9 d.A.) und sodann im einzelnen erläuterte und unter Beweis
stellte, bestritt der Beklagte erstmals mit undatiertem Schriftsatz, eingegangen
am 10.08.2007 (Bl. 409 ff. d.A., Seite 427 d.A.) die Auflistung der Klägerin
betreffend die Schmiergeldnehmer D, E und F in Höhe von insgesamt 83.208,93 €
als nicht zutreffend. Die Zahlung von Schmiergeldern im Rahmen von gestellten
Scheinrechnungen der Schmiergeldnehmer sowie eine einmalige Barzahlung von
45.000,00 DM an den Zeugen D, von denen jeweils 15.000,00 DM für den Zeugen
D, den Zeugen E und den Zeugen F vorgesehen waren, ist zugestanden worden,
während weitere Barzuwendungen bestritten wurden.
Im übrigen hat sich der Streit der Parteien in erster Instanz allein darum gedreht –
und streiten sich die Parteien nach wie vor darum -, ob die Schmiergeldzahlungen
derart in die vereinbarten Pauschalhonorare eingeflossen sind, dass sich der
Beklagte auf diese Weise refinanzierte und der Klägerin in diesem Rahmen
Beweiserleichterungen, wenn nicht gar eine Beweislastumkehr zugute kommt.
Während die Klägerin unter Bezugnahme auf die entsprechenden Einlassungen
des Beklagten und der Schmiergeldnehmer in den Ermittlungsverfahren der
Staatsanwaltschaft beim Landgericht Frankfurt am Main behauptet hat, die für die
Auftragsvergabe auf Seiten der Klägerin verantwortlichen Mitarbeiter hätten
höhere als die tatsächlich vorgesehenen Auftragssummen ausgehandelt und
gemeint hatte, eine dezidierte Darstellung, welche konkrete Rechnung um welchen
Betrag erhöht gewesen sein solle könne von ihr nicht gefordert werden und laufe
der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung entgegen, denn die
Rechtsprechung zur Beweiserleichterung bei der Schadensberechnung sei gerade
deshalb entwickelt worden, weil die Art der Refinanzierung bei derartigen
kollusivem Zusammenwirken der Beteiligten für gewöhnlich nicht nachvollzogen
werden könne, hat der Beklagte die Auffassung vertreten, die von der
Rechtsprechung entwickelten Beweiserleichterungen würden den vermeintlich
Geschädigten nicht der Notwendigkeit entheben, im einzelnen darzulegen, welche
Rechnung des Beklagten in welcher Höhe überhöht gewesen sein soll und in
welcher Höhe ein Schaden bei ihr verursacht wurde.
Um den Schaden substantiiert darzulegen, müsse die Klägerin den Vergleich
zwischen den vom Beklagten erbrachten Leistungen mit den ihm
vereinbarungsgemäß gezahlten Vergütungen erbringen.
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
Das ihm gezahlte Honorar sei nicht nur angemessen, sondern sogar unterhalb
eines Honorars gewesen, wie es nach fiktiver Fortführung der tatsächlichen Tafeln
der HOAI hätte beansprucht werden können. Die Verträge seien sinnvoll und
ausgewogen. Die Schmiergeldzahlungen seien nicht zu Lasten der Klägerin
refinanziert worden, sondern die Zahlungen seien ausschließlich zu Lasten des
Beklagten gegangen, der auf diese Weise seinen Gewinn minimiert habe,
letztendlich im Hinblick auf die Hoffnung, auch weiterhin von der Klägerin
beauftragt zu werden.
Allenfalls sei dann eine Refinanzierung durch Zahlungen auf von den
Schmiergeldnehmern gestellten Scheinrechnungen zu Lasten des Fiskus erfolgt.
Soweit der Beklagte in seiner Beschuldigtenvernehmung im Ermittlungsverfahren
etwas anderes erklärt habe, sei dies nur vor dem Hintergrund erfolgt, dass ihm
anlässlich der Vernehmungen klargemacht worden sei, eine Chance auf
Vermeidung der Anordnung von Untersuchungshaft bestehe nur durch ein
Geständnis, zu dem auch das Einräumen einer Refinanzierung gehöre.
Im übrigen wird wegen des Sach- und Streitstands in erster Instanz auf den
Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen D, E und F ist unter dem 03.07.2006 Anklage unter anderem wegen des
Vorwurfs des gewerbsmäßigen Betrugs und der Bestechung erhoben worden,
während gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Klägerin C und den Beklagten
bei Einreichung der Klageschrift ein Ermittlungsverfahren geführt wurde. Während
laufenden Rechtsstreits ist insoweit auch Anklage erhoben worden. Das Datum der
Anklageerhebung ist von den Parteien nicht dargestellt worden.
Sämtliche Strafverfahren sind inzwischen in erster Instanz abgeschlossen worden.
Sowohl die Zeugen D, E und F als auch der Beklagte wurden wegen der
strafrechtlichen Vorwürfe im Hinblick auf die Schmiergeldzahlungen verurteilt.
Jedenfalls teilweise ist insoweit Revision eingelegt worden.
Betreffend den früheren Geschäftsführer der Klägerin C sowie die weiteren
Mitarbeiter sind die streitgegenständlichen Schmiergeldzahlungen lediglich die
Spitze bzw. ein kleiner Würfel eines Eisbergs, denn sie sind auch im Übrigen wegen
der Auftragsvergaben im Zusammenhang mit den vorgenannten Bauvorhaben
und anderen Bauvorhaben so verfahren.
Die Klägerin hat sich mit ihrer Auftraggeberin, die sie wegen der persönlichen
Vorteilsannahme ihrer Mitarbeiter und in diesem Zusammenhang zu Lasten der A-
Versicherungsgruppe und der Klägerin verübten Manipulationen bei Abrechnungen
auf Schadensersatz in Anspruch genommen hat, durch Vereinbarung vom
28.09./04.10.2006 verglichen (Anlage K 37 = Bl. 296 ff. d.A.), und zwar auf Zahlung
eines Pauschalabgeltungsbetrages in Höhe von 3,5 Mio. Euro.
Die A-Versicherungsgruppe hat in dieser Vereinbarung unter anderem auch
Ansprüche gegen den Beklagten aus oder im Zusammenhang mit den
Bestechungsvorgängen an die Klägerin abgetreten.
Die Parteien haben in erster Instanz weiter darum gestritten und streiten nach wie
vor darum, ob die Klägerin Schadenskompensation durch Zahlungen ihrer
bestochenen Mitarbeiter erhalten hat und inwieweit sie sich deren Kenntnisse
zurechnen lassen muss.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin
beschränke sich auf die Auflistung von Schmiergeldzahlungen, wobei von
Schmiergeldzahlungen unter anderem auch an den Projektleiter D im Rahmen des
Projektes „Z“ und „Y“ auszugehen sei.
Entsprechend dem Urteil des BGH vom 26.03.1962, GZ: II ZR 151/06, sei zwar
nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Klägerin ein
wirtschaftlicher Nachteil im Sinne eines Schadens entstanden sei, weil ohne die
Schmiergeldzahlungen der Vertrag mit einem anderen Inhalt zustande gekommen
wäre, durch den der Geschäftsherr besser gestellt worden wäre. Gleichwohl stellten
Schmiergelder nicht ohne weiteres den Schaden des Geschäftsherrn dar.
Ob der Vielzahl der behaupteten Schmiergeldzahlungen sei schon unklar, über
welche Projekte refinanziert worden sei. Es sei nicht auszuschließen, das einzelne
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
welche Projekte refinanziert worden sei. Es sei nicht auszuschließen, das einzelne
Zahlungen nur teilweise oder gar nicht zu Lasten der Klägerin refinanziert worden
seien, z. B. bei Vorliegen eines Kalkulationsirrtums.
Für eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO fehle es an Grundlagen auch nur
im groben.
Es fehle an der schlüssigen Darlegung der Schadenshöhe. Die Klägerin habe
lediglich Kopien nicht unterzeichneter Ingenieurverträge und von Angeboten des
Beklagten vorgelegt (als Anlagen in den der Akte anliegenden Leitzordnern
enthalten).
Es fehlten Angaben zum Verhältnis von Leistung und Gegenleistung und es lasse
sich deshalb nicht erkennen, in welchem Verhältnis die Leistungen des Beklagten
innerhalb der jeweiligen Vertragsverhältnisse bei redlichem Verhalten zu
honorieren gewesen wären und in welcher Höhe hierzu die tatsächlichen Angebote
bzw. Leistungen des Beklagten gestanden hätten.
Auch dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft G vom 13.02.2004 (Anlage K 7, Bl. 101 ff. A.)
ließen sich greifbare Schätzgrundlagen nicht entnehmen.
Gegen diese Bewertungen wendet sich die Klägerin mit der Berufung und macht
geltend, das Landgericht habe Sinn und Zweck der von der obergerichtlichen
Rechtsprechung aufgestellten Beweisregeln missverstanden und sei vor allem
nicht darauf eingegangen, dass alle Schmiergeldnehmer und der Beklagte selbst
eingeräumt hätten, alle gezahlten Schmiergelder im Verhältnis 1 : 1 und teilweise
1 : 3 zu Lasten der Klägerin in die entsprechenden Aufträge eingepreist zu haben.
Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Landgerichts und des
Oberlandesgerichts München (NZV 2002, S. 37 ff. und 509 ff.) vertritt die Klägerin
nach wie vor den Standpunkt, der ihren Mitarbeitern in Form des Schmiergelds
gewährte Vorteil hätte der Klägerin als Auftraggeberin im Sinne einer günstigeren
Honorarvereinbarung angeboten werden müssen. Dieser dem Falschen gewährte
Vorteil stelle den Schaden dar.
Sowohl der Beklagte als Geber als auch die Schmiergeldnehmer hätten gegenüber
der Polizei, die derartige Geständnisse weder erzwungen noch abgenötigt hätte,
zugegeben, dass Schmiergelder über die Auftragssumme refinanziert worden
seien.
Das habe das Landgericht nicht gewürdigt.
Als Folge des kompletten Schmiergeldszenarios habe die Klägerin dann den
Vergleich mit der A-Versicherung über 3,5 Mio. Euro schließen müssen. Daneben
seien ihr mindestens 313.608,00 € an Aufklärungskosten entstanden (wegen der
Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 10.07.2007, Bl. 317 ff., 332 f. d. A. Bezug
genommen). Spätestens dann, wenn die Auftragssumme über Schmiergelder
refinanziert worden sei, müsse die Beweiserleichterung zugunsten der Klägerin
eingreifen.
Der Klägerin könne nicht zugemutet werden, bei vier Projekten exakt
nachzuweisen, welcher Auftrag um welche Summe erhöht worden sei.
Hier bleibe festzuhalten, dass der Auftrag günstiger hätte angeboten werden
können, wenn das Schmiergeld nicht gezahlt worden wäre.
Im übrigen sei mit Schriftsatz vom 10.07.2007 Beweis angeboten worden, dass die
Verträge in exakt den vorgelegten Fassungen, die das Landgericht als nicht
unterschriebene Kopien bewertet habe, auch abgeschlossen worden seien.
Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft habe überhöhte Abrechnungen ermittelt. Ein
ausgewogenes Verhältnis habe nicht bestanden.
Soweit der Beklagte im Zusammenhang mit der Durchführung des Objekts „Y“
behaupte, es stünde aus den Jahren 2003 und 2004 eine Vergütung von 90.000,00
€ offen, müsse sich die Klägerin diesen Betrag nicht abziehen lassen.
Entsprechende Rechnungen seien in den Unterlagen der Klägerin nicht aufzufinden
und offensichtlich nicht gestellt. Damit fehle es an der Fälligkeit gemäß § 8 (1)
HOAI.
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
Der Beklagte habe nicht dargelegt, überhaupt Leistungen erbracht zu haben.
Soweit der Beklagte lediglich eine Barzuwendung von 45.000,00 DM an den
Zeugen D behaupte, die unter insgesamt drei Schmiergeldnehmern aufgeteilt
worden sein soll, widerspreche dies der Einlassung des Zeugen F im
Ermittlungsverfahren. Der Zeuge F habe erklärt, jedenfalls 50.000,00 DM selbst
erhalten zu haben. Soweit er nicht wusste, ob es sich um DM oder Euro gehandelt
hat und die Klägerin 50.000,00 € in ihrer Berechnung zugrunde legte, stellt sie
nunmehr vorsorglich unstreitig, dass es sich um 50.000,00 DM handelte.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21. September 2007
abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 406.683,10 € nebst
5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen,
sowie festzustellen,
dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen weiteren Schaden und
Vermögensnachteil zu ersetzen, die dadurch entstehen oder entstanden sind,
dass der Beklagte Schmiergeldzahlungen und/oder sonstige rechtswidrigen
Zuwendungen an Schmiergeldnehmern geleistet und zu Lasten der Klägerin
refinanziert hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte folgert aus der Entscheidung des BGH vom 06.05.1999 (BGHZ 141,
S. 357 ff. = NJW 99, S. 2266 ff.) das Vorliegen eines Schadens könne nur durch
Bezugnahme auf die konkrete Vertragsgestaltung festgestellt werden, an der es
hier fehle.
Der Beklagte vertritt nach wie vor die Auffassung, auch in Bestechungsfällen
ergebe sich ein Anhaltspunkt für einen Schadenseintritt erst durch eine
Gegenüberstellung von Leistungen und Gegenleistungen. Erst dann könne der
Beweis des ersten Anscheins eingreifen.
Erstmals mit Schriftsatz vom 10.07.2007 sei die Klägerin auf die
Vertragsgestaltung der Parteien eingegangen. Den Anhaltspunkt für den Schaden
habe sie nicht dargelegt, während der Beklagte das Gegenteil, dass nämlich die
gezahlten Honorare deutlich unter der auf Grundlage der HOAI zu leistenden
Vergütung lagen, substantiiert im Schriftsatz vom 10.08.2007 auf Seiten 1 – 13
dargelegt und unter Beweis gestellt habe.
Damit könne ein Anscheinsbeweis zugunsten der Klägerin nicht mehr eingreifen,
weil er erschüttert sei.
In den Ermittlungen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hätten jegliche
Berechnungsgrundlagen und Berechnungsmethoden gefehlt mit der Folge, dass
das Ergebnis nicht nachvollzogen werden könne.
Der Beklagte wiederholt unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags, dass
er als Kleinunternehmer ohne feste Angestellte hier zu Lasten seiner eigenen
Gewinnspanne Schmiergeldzahlungen geleistet habe in der Hoffnung, weiterhin
beauftragt zu werden.
Er wirft erneut die Frage auf, welche Zahlungen die bestochenen Mitarbeiter der
Klägerin konkret erbracht hätten, weil diese auf seine gesamtschuldnerische
Haftung anzurechnen seien.
Zu einem Schaden der A-Versicherung, der Höhe und der Zurechnung der
Verursachung sei klägerseits überhaupt nichts vorgetragen. Im übrigen könne der
Schaden nicht mehr in der Entwicklung sein mit der Folge, dass der
Feststellungsantrag hinsichtlich des Ersatzes weiteren Schadens und
Vermögensnachteils nicht zulässig sei.
Der Senat hat die Beweiserhebung gemäß Beweisbeschluss vom 23.04.2008 (Bl.
586 ff. d.A.) angeordnet.
Auf der Grundlage des Beweisbeschlusses ist der Zeuge D zur Behauptung der
Klägerin vernommen worden, über die von ihm erteilten Scheinrechnungen hinaus
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
64
65
66
Klägerin vernommen worden, über die von ihm erteilten Scheinrechnungen hinaus
hätte er im Rahmen des Projekts Y II eine Barzuwendung erhalten, deren Höhe die
Klägerin mit 50.000,00 DM beziffert hatte (Aufstellung S. 7 unten der Klageschrift).
Ferner ist der Zeuge C zur Behauptung der Klägerin vernommen worden, er habe
auf die Rechnung vom 10.06.1997 (Anlage K 29 = Bl. 106 d.A.) 9.775,00 DM
erhalten.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift
vom 22. September 2008 (Bl. 635 ff. d.A.) Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 22. November 2008 hat der Beklagte unstreitig gestellt, dass
der Beklagte auf die Rechnung vom 10.06.1997 9.775,00 DM an den Zeugen C
gezahlt hat, weil dem Bestreiten ein Missverständnis zwischen dem Beklagten und
seinem Prozessbevollmächtigten zugrunde lag.
Die Klägerin hat auf die Vernehmung der Zeugen E und F verzichtet, nachdem der
Zeuge E schriftlich ankündigte, von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch
zu machen – er hat Revision gegen seine Verurteilung im Strafverfahren eingelegt
– und der Zeuge F trotz ordnungsgemäßer Ladung zu den Terminen zur
Beweisaufnahme am 22.09.2008 und 29.10.2008 nicht erschienen ist und sich
auch nach Zustellung von Ordnungsstrafbeschlüssen nicht für sein Fernbleiben
entschuldigte.
Die Parteien haben der Berichterstatterin Einzelrichtergenehmigung erteilt und
einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt.
II.
Die zulässige, weil form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist
teilweise begründet.
Auf die Berufung war das klageabweisende Urteil des Landgerichts teilweise
abzuändern und der Beklagte zu verurteilen, auf den mit der Klage und Berufung
geltend gemachten Schadensersatzanspruch die von ihm zugestandenen
Schmiergeldzahlungen an die Mitarbeiter der Klägerin als Schadensersatz an die
Klägerin zu zahlen.
Im übrigen sind die Berufung und die Klage unbegründet und muss es bei der
Klageabweisung verbleiben.
Der Anspruch der Klägerin ergibt sich sowohl aus culpa in contrahendo als auch
aus dem Gesichtspunkt einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, § 826 BGB.
Bei Vertragsverhandlungen besteht zum einen die Pflicht, den anderen Teil über
solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck vereiteln können und
deshalb für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die
Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (BGHZ 114, S. 87 und
OLG Stuttgart BauR 2007, S. 420, 421).
Der Beklagte war vor Abschluss der jeweiligen Werkverträge verpflichtet, die
Klägerin darüber in Kenntnis zu setzen, dass er Schmiergelder gezahlt hat, um
den Auftrag zu bekommen.
Zum anderen ist es in hohem Maße anstößig, dem Verhandlungsführer des
Vertragspartners ein Schmiergeld für den Fall zu zahlen, dass es zum
Vertragsschluss kommt, denn dadurch wird die Gefahr heraufbeschworen, dass
der Verhandlungsführer vor allem im eigenen Interesse handelt und die Interessen
des von ihm Vertretenen nicht in dem gebotenen Maße wahrnimmt.
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist es deshalb anerkannt, dass eine
Schmiergeldvereinbarung grundsätzlich sittenwidrig ist (vgl. BGH WM 2000, S.
2122 und BGHZ 114, S. 87).
Soweit der Beklagte einwendet, die Klägerin müsse sich das Wissen ihres
Vertreters, des Zeugen D zurechnen lassen, ist dies zum einen unrichtig und
beruft sich der Beklagte zu Unrecht auf die Entscheidung des BGH, abgedruckt in
NJW 1989, S. 26 ff..
Aus der Entscheidung geht das glatte Gegenteil dessen hervor, was der Beklagte
aus dieser Entscheidung ableitet.
67
68
69
70
71
72
73
74
75
76
77
78
79
Zwar hatte das Oberlandesgericht Schleswig als Vorinstanz festgehalten, dass die
beklagten Gesellschaften das Wissen ihres ehemaligen geschäftsführenden
Gesellschafters gegen sich gelten lassen müssen.
Dem hat sich der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung aber gerade für
den Fall eines kollusiven Zusammenwirkens der Beteiligten nicht angeschlossen.
Das Risiko des Missbrauchs der Vollmacht trägt zwar grundsätzlich der Vertretene,
der sich den Wissensstand seines Vertreters zurechnen lassen muss (vgl.
Palandt/Heinrichs BGB 68. Auf. § 164 Rn. 13).
Aber zum einen sind Rechtsgeschäfte, die schon nach ihrem objektiven Inhalt, wie
hier, sittlich- rechtlichen Grundsätzen widersprechen, ohne Rücksicht auf die
Vorstellungen der das Rechtsgeschäft vornehmenden Personen nichtig (vgl.
Staudinger/Sack, BGB Neubearbeitung 2003, § 138 Rn. 62). Zum anderen wird der
Vertretene nach ständiger Rechtsprechung überhaupt nicht erst verpflichtet, wenn
sein Vertreter und der Vertragsgegner bewusst zum Nachteil des Vertretenen
zusammenwirken (vgl. BGH a.a.O. sowie NJW 2000, S. 2896, 2897; NJW-RR 97, S.
737, 738; BGHZ 33, S. 298 u. Palandt/Heinrichs a.a.O.).
Ob die mit dem Beklagten geschlossenen Verträge nichtig sind, kann allerdings
hier offen bleiben, den die Klägerin leitet aus einer etwaigen Nichtigkeit der
Verträge nichts her. Sie verweigert weder restliche Werklohnforderungen des
Beklagten im Hinblick auf eine Nichtigkeit des geschlossenen Vertrags noch macht
sie Rückforderungsansprüche auf dieser Grundlage geltend.
Sie beschränkt sich auf einen Schadensersatzanspruch in Höhe der nach ihrer
Behauptung bezahlten Schmiergelder.
Insofern genügt es vorliegend, festzuhalten, dass der Beklagte nicht geltend
machen kann, die Klägerin sei im Hinblick auf Schmiergeldzahlungen überhaupt
nicht getäuscht worden, weil ihre Vertreter Bescheid wussten und an den
Absprachen beteiligt waren.
Der Rechtsauffassung des Landgerichts wie des Beklagten, die Klägerin habe ob
der Vielzahl der von ihr behaupteten Schmiergeldzahlungen im Hinblick auf den
Abschluss von insgesamt vier verschiedenen Werkverträgen der Klägerin mit dem
Beklagten für vier verschiedene Großbauprojekte zu den tatsächlichen
Vertragsgestaltungen im einzelnen derart vortragen müssen, dass dem Gericht
die Beurteilung erlaubt ist, in welchem Verhältnis die Leistungen des Beklagten
innerhalb der jeweiligen Vertragsverhältnisse bei redlichem Verhalten zu
honorieren gewesen wären und in welcher Höhe hierzu die tatsächlichen Angebote
bzw. Leistungen des Beklagten gestanden hätten mit der Rechtsfolge einer
Unschlüssigkeit der Darlegung eines Schadens überhaupt bzw. der Höhe des
Schadens mangels dieser geforderten Darstellung, kann nicht gefolgt werden.
Dass Schmiergeldzahlungen erfolgt sind, ist unstreitig. Da die Werkverträge
durchgeführt worden sind, muss der Betrag als ersatzfähiger Schaden anerkannt
werden, um den die Werkleistung zu teuer bezahlt wurde (vgl. BGH Urt. v.
14.03.1991 VII ZR 342/98, abgedruckt u.a. in BGHZ 114, S. 87-96 = NJW 1991, S.
1819, 1821 = WM 1991, S. 1086, 1088).
Wie der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung festgehalten hat, kann es
nicht auf den – hypothetischen und ohnehin kaum zu führenden – Nachweis
ankommen, dass der Vertragsgegner sich mit einem Vertragsschluss zu einer
niedrigeren Vergütung auch einverstanden erklärt hätte.
Vielmehr muss der Geschädigte so gestellt werden, als wäre es ihm bei Kenntnis
der wahren Sachlage gelungen, den Vertrag zu einem günstigeren Preis
abzuschließen (so BGH WM 1990, S. 1032, 1035 m.w.N. f. Kaufverträge u.
Werkverträge sowie BGH Urtl. v. 08.12.1988, VII ZR 83/88 in NJW 1989, S. 1793,
1794, wiederholt durch BGHZ 114, S. 87, 96 f.).
Es ist vielmehr im Einklang mit den zuvor zitierten Urteilen darauf abzustellen, wie
sich der Besteller bei Kenntnis der ihm verheimlichten Umstände verhalten hätte,
wobei verbleibende Unklarheiten gerade zu Lasten des aufklärungspflichtigen
Unternehmers, hier also des Beklagten gehen.
Der Auffassung des Beklagten kann nicht gefolgt werden, aus der Entscheidung
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
Der Auffassung des Beklagten kann nicht gefolgt werden, aus der Entscheidung
des Bundesgerichtshofs vom 06.05.1999 (BGHZ 141, S. 357 ff. = NJW 1999, S.
2266) ergebe sich, das Vorliegen eines Schadens im Hinblick auf
Schmiergeldzahlungen, um den Auftrag zu erlagen, könne nur durch Bezugnahme
auf die konkrete Vertragsgestaltung festgestellt werden.
Der Bundesgerichtshof hatte im zitierten Rechtsstreit eine Klage auf restliches
Architektenhonorar zu bescheiden und dabei davon auszugehen, dass die Parteien
ein Honorar auf der Grundlage der Mittelsätze gemäß HOAI vereinbarten, wobei
die beklagte Auftraggeberin die Vereinbarung von Mittelsätzen nicht angegriffen
oder als nachteilig bezeichnet hatte, sondern andere Beanstandungen zur
Abrechnung vortrug, die zugrundeliegenden Mittelsätze aber akzeptierte.
Insoweit ist die Fallkonstellation aber mit der Vorliegenden nicht vergleichbar.
Vorliegend besteht für die Klägerin die unüberwindliche Schwierigkeit, dass es
wegen Überschreitung der von der HOAI vorgesehenen anrechenbaren Kosten
wenig Ansatzpunkte gibt, wie die Vereinbarung eines angemessenen Honorars
überhaupt ausgesehen hätte.
Wenn man die in zulässiger Weise vereinbarten Pauschalhonorare jetzt an den
fiktiven fortgeführten Honorartafeln messen wollte, gelangt man schwerlich zu
einer Überteuerung des dem Beklagten gezahlten Honorars.
Die Klägerin hat sich zwar darum bemüht, dies ganz vereinzelt aufzuzeigen.
Insgesamt hat sie dies aber nicht und kann sie es auch nicht, gerade weil in
zulässiger Weise Pauschalhonorare ausgehandelt wurden. Für die Beurteilung ist
es allerdings unerheblich, soweit der Beklagte sowohl in erster Instanz als auch mit
Schriftsatz vom 18.04.2008 in der Berufungsinstanz unter Wiederholung und
Vertiefung der erstinstanzlichen Ausführungen im einzelnen vorrechnet, dass die
vereinbarten Pauschalpreise deutlich niedriger seien als ein Honorar auf Grundlage
der HOAI unter Berücksichtigung der erweiterten Honorartafel ausfallen würde,
wobei er in der Berufungsinstanz noch im einzelnen ausgeführt hat, dass für die
Projekte Z und Y II „Besondere Leistungen“ nach § 64 (3) HOAI und § 15 (2) HOAI
in den Vertragsentwürfen der Klägerin vorgesehen waren und vom Beklagten
erbracht worden seien, die weder in Angeboten des Beklagten einkalkuliert waren
noch von der Klägerin vergütet wurden.
Hier spricht gleichwohl ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Geschäftsführer bzw.
der Projektleiter unter dem Einfluss der Annahme von Schmiergeldern einen für
die Klägerin ungünstigen Abschluss zustande gebracht hat (vgl. AGZ 161, S. 229,
232; BGH NJW 1962, S. 1099, 1100).
Es entspricht zunächst dem typischen Verlauf, dass dem Geschäftsherrn, wenn er
das Geschäft selbst geführt oder ein redlicher Vertreter für ihn gehandelt hätte,
wertmäßig mindestens der dem unredlichen Vertreter gewährte Vorteil als
Gegenleistung angeboten worden wäre (vgl. BGH WM 62, S. 578, 579).
Vorliegend ist auch ein Anhaltspunkt für den Nachteil der Vertragsgestaltung der
Pauschalpreisabreden gegeben, der zur Folge hat, dass nicht die Klägerin den
ganz konkreten Nachteil beweisen muss, sondern der Beklagte als derjenige, der
die Mitarbeiter der Klägerin bestochen hat, das Fehlen eines Nachteils zu beweisen
hat.
Der Anhaltspunkt für den Nachteil der Vertragsgestaltung für die Klägerin
anlässlich der Pauschalpreisabreden liegt darin, dass der Zeuge D den jeweiligen
Pauschalpreis hätte herunterhandeln können und demzufolge im Interesse seiner
Arbeitgeberin, der Klägerin, auch heruntergehandelt hätte, wenn keine
Zuwendungen durch den Beklagten erfolgt wären.
Zum einen hat der Beklagte selbst anlässlich seiner Beschuldigtenvernehmung
vom 11.11.2003 (Anlage K 2 = Bl. 29 ff. d.A.) angegeben, dass die zwischen ihm
und dem Projektleiter D ausgehandelten Honorarhöhen so bemessen wurden,
dass für ihn genügend Luft eingearbeitet war, um den Zeugen D, F und E die
jeweiligen Zahlungen zukommen zu lassen (Anlage K 2 dort auf S. 5 =Bl. 33 d.A.).
Auf diese Art und Weise seien die Zahlungen durch sein Unternehmen dann
refinanziert worden.
Soweit der Beklagte nunmehr erklärt, er habe dies nur im Hinblick auf die
Vermeidung der Untersuchungshaft eingeräumt – und es sei mit anderen Worten
91
92
93
94
95
96
97
98
99
100
101
102
103
104
Vermeidung der Untersuchungshaft eingeräumt – und es sei mit anderen Worten
eine falsche Erklärung gewesen – muss er das zum einen nachweisen. Aber auch
die von ihm gegebene Interpretation, es sei deshalb genügend Luft für ihn drin
gewesen, weil er ja keine Angestellten habe bezahlen müssen, kann nicht
überzeugen. Denn auch die anderen Beschuldigten haben in gleicher Weise
ausgesagt, wie der Beklagte.
Der Projektleiter D hat bei seiner Vernehmung als Beschuldigter (Anlage K 3 = Bl.
35 ff. d.A.) erklärt, dass er bei den Auftragsverhandlungen nicht an das Äußerste
gegangen sei, was zugunsten des Bauherrn möglich gewesen wäre.
So seien z. B. Massenberechnungen nicht auf das kleinstmögliche Maß
zurückgeführt worden (S. 4 d. Anl. K 3 = Bl. 38 d.A.) und es seien Preise vereinbart
worden, die es ermöglicht hätten, neben der Gewinnmarge Zuwendungen an ihn
zu finanzieren.
Der Zeuge hat ausdrücklich erklärt, dass er die Preise hätte herunterhandeln
können, wenn keine Zuwendungen an ihn erfolgt wären. Es wären dann immer
noch auskömmliche Preise für die Werkunternehmer gewesen.
Wenn man aber zum einen in die Massenberechnungen schon Luft hinein gepustet
und zum anderen der Beklagte bei Vereinbarung des Pauschalhonorars hätte
gedrückt werden können – und zwar in zulässiger Weise, weil die HOAI
Pauschalpreisabreden gerade dann zulässt, wenn im Hinblick auf die
anrechenbaren Kosten die Honorartafeln nicht mehr ausreichen – und der Zeuge
D dies gerade unterließ, muss dem Geschäftsherrn ein Mindestschaden in Höhe
des Vorteils zugesprochen werden, der seinen Angestellten in Form von
Schmiergeld gewährt wurde.
Grundsätzlich wird der Schmierende schließlich den Vorteil nur dann gewähren,
wenn er sich vom Verhalten des Angestellten seines Auftraggebers eine Ersparnis
verspricht, die grundsätzlich größer ist als das Schmiergeld (vgl. auch die
Entscheidungen des Landgerichts und Oberlandesgerichts München, abgedruckt in
NZBau 2002, S. 37 ff. u. S. 509 ff.).
Der Schaden der Klägerin besteht in der Schmiergeldzahlung in voller Höhe (so
auch OLG Stuttgart BauR 2007, S. 420, 421).
Es kann dahinstehen, ob man mit dem Oberlandesgericht Düsseldorf
(Entscheidung abgedruckt in BauR 1997, S. 122, 123) sogar die Beweislast
umkehren will, womit dann der Schmiergeldgeber beweisen müsste, dass dem
Geschäftsherrn kein Nachteil entstanden ist.
Der Beweis des ersten Anscheins wird eben nicht gerade dadurch bereits
erschüttert, dass die vereinbarten Pauschalpreise etwa niedriger sind, als ein
Honorar auf der Grundlage der HOAI unter Berücksichtigung der erweiterten
Honorartafeln.
Der Schaden der Klägerin verkürzt sich auch nicht um 90.000,- Euro Werklohn, die
der Beklagte zufolge seiner Darstellung in der Klageerwiderung Seite 5 (= Bl. 236
d. A.) und im Schriftsatz ohne Datum, eingegangen beim Landgericht am
10.8.2007, Seite 10 (= Bl. 418 d. A.) für das Projekt Y II nicht ausgezahlt erhielt,
nachdem das Projekt vorzeitig gestoppt und die vom Beklagten zu erstellenden
Leistungsverzeichnisse nicht vollendet wurden, die nach Darstellung des Beklagten
zu 95 % erarbeitet waren.
Insoweit hat der Beklagte seiner Darstellung zufolge zwar vom vereinbarten
Pauschalpreis von 660.000,- Euro lediglich 570.000,- Euro erhalten.
Die Unklarheit, welche der unstreitigen konkreten Schmiergeldzahlungen über
welche Projekte refinanziert wurden, geht allerdings zu Lasten des Beklagten, wie
bereits im einzelnen ausgeführt.
Der Beklagte kann diesen Betrag auch nicht mit Erfolg gegen den
Schadensersatzanspruch der Klägerin verrechnen, denn er hätte zum einen eine
Schlussrechnung erstellen und die unfertige Leistung abrechnen müssen.
Insofern fehlt an der Fälligkeit der Honorarforderung. Zum anderen steht einer
Verrechnung § 393 BGB entgegen.
Der Schaden der Klägerin hat sich auch nicht etwa durch Zahlungen der
104
105
106
107
108
109
110
111
112
113
114
115
116
Der Schaden der Klägerin hat sich auch nicht etwa durch Zahlungen der
Schmiergeldnehmer vermindert.
Die Klägerin muss sich Zahlungen der Schmiergeldnehmer zwar zurechnen lassen,
soweit diese im Zusammenhang mit der Annahme von Schmiergeldzahlungen des
Beklagten stehen.
Sie hat dazu aber vorgetragen, dass sie in nur höchst geringfügigem Umfang –
nämlich von D 121.302,46 € und vom Zeugen C 46.270,17 € - erhalten hat, wobei
diese Schuldanerkenntnisse in weit höherem Umfang abgegeben haben.
Beide Zeugen waren aber – wie auch die weiteren Mitarbeiter der Klägerin – in eine
Vielzahl weiterer Fälle involviert.
Da die Klägerin aber unwidersprochen alleine für die
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft 160.750,00 € hat aufwenden müssen und beide
Mitarbeiter – von den Zeugen F und E war nichts zu erlangen – in weitere
Bestechungsfälle involviert waren, lässt sich nicht feststellen, dass die konkret vom
Beklagten gezahlten Schmiergelder von den Schmiergeldempfängern wieder an
die Klägerin abgeführt worden sind.
Nur am Rande bleibt festzuhalten, dass insoweit andere Haftungsgrundsätze
bestehen und die Schmiergeldempfänger die empfangenen Schmiergelder ihrer
Arbeitgeberin in vollem Umfang auszukehren haben, ganz unabhängig von der
Frage des entstandenen Schadens.
Zinsen werden als Prozesszinsen verlangt und geschuldet, §§ 291, 288 Abs. 1
BGB.
Einen höheren Schadensersatz als den ausgeurteilten kann die Klägerin dagegen
vom Beklagten nicht verlangen. Über die vom Beklagten zugestandenen
Schmiergeldzahlungen, wobei sich eine Würdigung der Zeugenaussage C erübrigt,
weil der Beklagte nunmehr auch die Zahlung von 9.775,00 DM an den Zeugen C
nach Beweisaufnahme unstreitig stellte, hat die Klägerin nicht zu beweisen
vermocht.
Der Zeuge D hat anlässlich seiner uneidlichen Vernehmung vor der Einzelrichterin
plausibel, weil nachvollziehbar eindeutig und widerspruchsfrei erklärt, er habe
lediglich Direktzahlungen des Beklagten auf der Grundlage von Scheinrechnungen
erhalten. Weder habe er von anderen Mitarbeitern der Klägerin etwas abgegeben
erhalten noch habe er an andere Mitarbeiter oder die Zeugen E, C und F irgend
etwas abgegeben. Bezüglich des Beklagten könne er derartiges ausschließen. Es
habe einen Fall gegeben, in dem der Zeuge E Geld verteilt habe, doch habe das
mit den Zahlungen des Beklagten nichts zu tun. Der Zeuge hat betont, dass er
hier konkrete Zahlen wiedergebe, wie sie die Polizei bzw. auch die
Staatsanwaltschaft geprüft und festgestellt habe.
Soweit die Klägerin weiterhin die Auffassung vertritt, den bisherigen
Vernehmungsprotokollen des Zeugen F sei zu entnehmen, dass der Beklagte den
drei Nehmern mindestens 150.000,00 DM (76.693,87 €) als Schmiergelder in bar
zugewendet habe, ist dies zwar richtig und hat zu einer entsprechenden
Beweisanordnung des Senats geführt.
Angesichts der Aussage des Zeugen D konnte jedoch eine Verurteilung des
Beklagten insoweit nicht erfolgen, ohne dass sich die Einzelrichterin einen
persönlichen Eindruck von dem Zeugen F, dessen Glaubwürdigkeit und der
Glaubhaftigkeit seiner Aussage, verschafft hätte.
Nachdem die Klägerin im Hinblick auf die Prozessförderung auf die Vernehmung
des Zeugen verzichtet hat – wobei auch bei einer bestätigenden Aussage des
Zeugen dann unter Umständen sogar noch eine Gegenüberstellung mit dem
Zeugen D hätte erfolgen und entschieden werden müssen, welcher Aussage der
Vorzug zu geben ist – war der Einzelrichterin dieser unentbehrliche persönliche
Eindruck verwehrt.
Der Feststellungsantrag, dass der Klägerin alle weiteren Schäden oder
Vermögensnachteile zu ersetzen sind, die dadurch entstehen oder entstanden
sind, dass der Beklagte Schmiergeldzahlungen und/oder sonstige rechtswidrige
Zuwendungen an Schmiergeldnehmer geleistet und zu Lasten der Klägerin
refinanziert hat, ist unzulässig.
117
118
119
120
121
122
123
124
Bereits bei Klageerhebung befand sich kein Schaden mehr in der Entwicklung, weil
sich die Klägerin auf die Geltendmachung der bezahlten Schmiergelder als den
Mindestschaden beschränkt hat und diesen von vorneherein beziffern konnte.
Insofern kommt es nicht darauf an, dass sie sich erst nach Klageerhebung mit
ihrem Auftraggeber verglichen hat, denn auch insoweit ist das Zahlenwerk
zugrunde gelegt worden, wie es in diesen Rechtsstreit eingeflossen ist. Der
Umfang der Strafakten – auf Anforderung sind dem Senat fünf Umzugskartons mit
Strafakten zugesendet worden – rechtfertigt es ebenfalls nicht, anzunehmen, aus
dem Strafverfahren könnten sich noch Hinweise auf weitere Schmiergeldzahlungen
des Beklagten ergeben.
Bei Klageerhebung war jedenfalls gegen die Zeugen D, E und F Anklage erhoben
und die Ermittlungen abgeschlossen.
Es stand nicht zu erwarten, dass sich aus der Durchführung der Hauptverhandlung
noch Hinweise auf weitere Schmiergeldzahlungen des Beklagten ergeben könnten.
Dies wird dadurch bestätigt, dass die Zeugen D, E und F inzwischen von der 12.
Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main verurteilt wurden, ohne dass die
Klägerin insoweit neue Erkenntnisse hätte vortragen können.
Die Kosten des Rechtsstreits waren entsprechend dem Anteil des Obsiegens und
Unterliegens zwischen den Parteien zu verteilen, § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO
i.V.m. § 711 ZPO.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.