Urteil des LG Frankfurt am Main vom 15.03.2017

LG Frankfurt: reisebüro, abtretung, tarif, resolution, rückzahlung, form, vollstreckung, sicherheitsleistung, beförderungsvertrag, rückerstattung

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Gericht:
LG Frankfurt 4.
Kammer für
Handelssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3-04 O 121/07,
3/04 O 121/07, 3-4
O 121/07, 3/4 O
121/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 812 Abs 1 BGB
Luftbeförderungsvertrag: Anspruch des
Luftfahrtunternehmens gegenüber dem Reisebüro auf den
Differenzbetrag bei Nichteinhaltung der Coupon-
Reihenfolge sowie des Cross-Ticketings
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.715,85 Euro zuzüglich Zinsen
in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 7.9.2006
Zug um Zug gegen Aushändigung einer von der ... über die Abtretung
ausgestellten Urkunde zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 3/4, die Klägerin 1/4.
4. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Für die Beklagte ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des
Urteils für die Beklagte vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Beklagte nicht
vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrags leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus abgetretenem Recht die Rückzahlung
von nachgeforderten, höheren Beförderungsentgelten für Flugreisen.
Die Klägerin betreibt ein Reisebüro und bietet ihren Kunden unter anderem die
Vermittlung von Flugreisen an, bei denen die Beklagte als ausführender
Luftfrachtführer auftritt. Da die Klägerin nicht Inhaberin einer sog. IATA-Lizenz ist
und deshalb selbst keine Flugtickets auszustellen kann, geschieht dies unter
Einschaltung eines weiteren Unternehmens, der ... GmbH (im Folgenden:), die
Inhaberin einer solchen Lizenz ist.
Im Jahre 2004 buchte die Klägerin unter anderem für die in der Klageschrift vom
06.08.2007 näher bezeichneten Personen, die dort näher bezeichneten Flüge bei
der Beklagten. Die Buchungen erfolgten dabei jeweils unter Einschaltung der am
Rechtsstreit nicht beteiligten ..., die die Tickets ausstellte und bei der die Beklagte
die Ticketentgelte einzog. Die Klägerin wiederum entrichtete die Ticketentgelte an
die ....
Die durch die Klägerin über die ... bei der Beklagten gebuchten
streitgegenständlichen Flüge bestanden teilweise aus mehreren aufeinander
folgenden Teilstrecken, über die auf dem Flugticket separate Ticketabschnitte
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folgenden Teilstrecken, über die auf dem Flugticket separate Ticketabschnitte
(sog. Flight Coupons) ausgestellt wurden. Mehrere Kunden der Klägerin nahmen
von diesen Flugreisen nur einige Teilstrecken in Anspruch. Andere Kunden nahmen
zwar alle Teilstrecken in Anspruch, allerdings nicht in der bei der Buchung und auf
dem Flugticket angegebenen Reihenfolge ("Nichteinhaltung der
Couponreihenfolge"). Die gebuchten und aus mehreren Einzelflügen
zusammengesetzten Flugreisen wurden von der Beklagten jeweils zu einem
geringeren Preis angeboten, als die von den Kunden tatsächlich in Anspruch
genommenen Flüge bei einer Einzelbuchung gekostet hätten.
Andere Kunden wiederum nahmen von der gebuchten, aus mehreren Teilflügen
zusammengesetzten Flugstrecke mit Abflugort im Ausland durch Stornierung des
Zubringerflugs aus dem Ausland lediglich Teilstrecken mit Abflugort im Inland in
Anspruch (sog. "Cross-Border-Selling"). Auch in diesen Fällen war der Preis für die
aus mehren Teilstrecken zusammengesetzte Flugstrecke mir Abflugort im Ausland
günstiger, als der Preis, der bei der Einzelbuchung des tatsächlich in Anspruch
genommenen Flugs mit Abflugort im Inland zu entrichten gewesen wäre.
Außerdem buchte die Klägerin für mehrere Kunden je zwei Hin- und Rückflüge in
einem sich teilweise überschneidenden Zeitraum, für die jeweils eine
Mindestaufenthaltsdauer am Zielort bestand. Die Kunden nutzten dann von
beiden Flugtickets nur jeweils einen Flug (sog. "Cross-Ticketing), um so an den
gewünschten Zielort zu fliegen und im Ergebnis ohne Mindestaufenthalt von dort
wieder den Rückflug anzutreten. Auch die zwei gebuchten Hin- und Rückflugtickets
mit Mindestaufenthalt wurden von der Beklagten jeweils zu einem geringeren Preis
angeboten, als die von den Kunden tatsächlich in Anspruch genommenen Flüge
bei Einzelbuchung.
In den geschilderten Fällen war es jeweils notwendig, die nicht beanspruchten
Teilstrecken zu stornieren, um zu verhindern, dass die anderen Teilstrecken
verfallen. Die Stornierungen der nicht in Anspruch genommenen Einzelstrecken
wurden durch die Klägerin vorgenommen, oftmals nur wenige Minuten nach der
Buchung der Gesamtstrecke. Hinsichtlich der konkreten Vorgehensweise der
Klägerin wird auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Klageerwiderungsschrift
vom 31.10.2007 (Bl. 53 bis 61 d.A.) nebst Anlagen verwiesen.
Als die Beklagte von diesem Vorgehen Kenntnis erlangte, stellte sie der ... den
Differenzbetrag zwischen dem Preis der gebuchten Flugstrecken und dem Preis,
der zu entrichten gewesen wäre, wenn die tatsächlich in Anspruch genommenen
Teilstrecken einzeln gebucht worden wären, in Rechnung, insgesamt 19.468,64
Euro (vgl. Agency Debit Memos, K1-K7, Bl. 10-35 d.A.). Der Betrag wurde im
Rahmen der laufenden Geschäftsverbindung dem Konto der ... belastet.
Betreffend die Nachbelastung aufgrund der drei Agency Debit Memos vom
10.12.2005 (K5 - K 7) über insgesamt 9.764 Euro legte die ... zunächst Einspruch
ein; mit Schreiben vom 27.07.2007 (Bl. 94 d.A.) erklärte der Anwalt der ... indes,
dass der Betrag nunmehr freigegeben werde.
Die ... wiederum stellte den Betrag der Klägerin in Rechnung, die den Betrag an die
zahlte. Der Anteil der Nachforderungen wegen Buchungen in Form des Cross-
Border-Selling belief sich hierbei auf insgesamt 4.752,79 Euro.
Nach Entrichtung der Nachforderungen nahm die Klägerin die ... in dem vor dem
Landgericht Frankfurt anhängigen Verfahren 2-26 O 345/05 auf Rückzahlung des –
bis dahin gezahlten Betrages von 9.704,84 Euro – in Anspruch. Die Klage wurde
rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen, dass die ... den Betrag mit
Rechtsgrund erhalten habe. Zwischen der Klägerin und der ... sei vereinbart
gewesen, dass die Klägerin der ... diejenigen Rückbelastungen durch die ersetzen
werde, die daraus herrührten, dass Kunden der Klägerin die gebuchten
Teilstrecken teilweise nicht oder nicht in der gebuchten Reihefolge abflögen.
Am 21.7.2006 trat die ... etwaige Rückzahlungsansprüche gegen die Beklagte
wegen der nachträglichen Erhöhung der Ticketentgelte an die Klägerin ab (Bl.145
d.A.), weshalb die Klägerin nunmehr die Ansprüche der ... gegen die Beklagte auf
Rückzahlung der Nachbelastungen geltend macht.
Dem Vertragsverhältnis zwischen der ... und der Beklagten liegt der am 1.1.1998
abgeschlossene IATA-Agentur-Vertrag ("IATA-Vertrag", Bl. 81-87 d.A.), der durch
eine Vereinbarung vom 30.12.2003/12.02.2004 (Bl. 135 - 136 d.A.) teilweise
abgeändert wurde, zugrunde. In letzterer Vereinbarung ist unter Ziffer 4 bestimmt,
dass die Zusammenarbeit auf der Grundlage der für die Vermittlung von
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dass die Zusammenarbeit auf der Grundlage der für die Vermittlung von
Flugreisen geltenden IATA-Resolutionen in der jeweils gültigen Fassung erfolge
(Bl.136 d.A.). In der IATA-Resolution 830a ist unter Ziffer 1.1 festgelegt, dass die
Eingabe unvollständiger oder unrichtiger Reservierungseingaben, wodurch Reisen
unterhalb des regulären Flugpreises ermöglicht werden, gegen die
Verkaufsbedingungen für IATA-Reisebüros verstoßen. Ferner ist unter Ziffer 3.2
des IATA-Vertrages (Bl. 82 d.A.) vereinbart, dass der Verkauf von Tickets der
Beklagten durch die ... "in Übereinstimmung mit deren Tarifen,
Beförderungsbedingungen und schriftlichen Anweisungen" der Beklagten zu
erfolgen habe (Bl.82 d.A.). Hierzu übergab die Beklagte der ... ein Handbuch
("IATA-Ticketing-Handbook", vgl. Auszüge Bl.92-93 d.A., Übersetzung Bl.192 d.A.),
in dem unter dem Passus "Grenzüberschreitender Verkauf" bestimmt ist, dass es
den Resolutionen widerspreche, Flüge mit einem "fiktiven Abflug- oder Zielort" im
Ausland zu verkaufen, um den geltenden Tarif zu unterbieten. Als mögliche
Konsequenz solcher Buchungen wird unter (b) bestimmt, dass "das ausstellende
Reisebüro von der ausstellenden Fluggesellschaft mit der jeweiligen Preisdifferenz
belastet werden" kann.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Nachbelastung mit höheren
Beförderungsentgelten ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Es könne Kunden nicht
verwehrt sein, von gebuchten Flugreisen nur Teilstrecken in Anspruch zu nehmen
oder gebuchte Teilstrecken in einer anderen Reihenfolge als auf dem Flugticket
aufgeführt anzutreten.
Die Klägerin beantragt daher mit der am 6.9.2007 zugestellten Klage,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 19.468,64 Euro nebst Zinsen in
Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu
zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, die entsprechenden Nachforderungen seien mit
Rechtsgrund erfolgt. Die Klägerin habe das Tarifsystem der Beklagten durch die
Eingabe der falschen Flugdaten missbräuchlich umgangen. Der ... als IATA-
Reisebüros sei es vertraglich untersagt gewesen, unvollständige oder falsche
Reservierungsdaten einzugeben, das Verhalten der Klägerin bei der Buchung
müsse sich die ... in diesem Zusammenhang zurechnen lassen.
Aufgrund der Verstöße gegen die Vertragsbedingungen der Beklagten im
Verhältnis zur ... sei sie vertraglich dazu berechtigt gewesen, die für die tatsächlich
geflogenen Strecken anfallenden Beförderungsentgelte nachzufordern. Dies
ergebe sich aus dem Agenturvertrag i.V.m. der IATA-Resolution 830a,
insbesondere für Buchungen in Form des Cross-Border-Selling explizit auch aus
den entsprechenden Regelungen im IATA-Ticketing-Handbook.
Wegen der fehlerhaften Buchungen stehe der Beklagten zudem auch ein
Schadensersatzanspruch zu. Die Nachforderung habe die ... letztlich auch durch
die Rücknahme ihres Einspruchs mit Schreiben vom 27.07.2007 anerkannt.
Im Übrigen seien die Ansprüche auch durch die Abtretungsvereinbarung vom
21.07.2006 nicht wirksam abgetreten. Die Erklärung stehe im Widerspruch zur
"Absichtserklärung" vom 26.03.2007. Im Übrigen sei auch eine Abtretung der
Ansprüche wegen des unter Ziffer 12.1. der IATA Resolution 824 vereinbarten
Abtretungsverbots unwirksam. Letztlich müsse sie auch allenfalls gegen
Aushändigung einer Abtretungserklärung die Leistung erbringen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien sowie der konkreten Inhalte der
zugrunde liegenden Verträge und Resolutionen wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Die Klägerin hat gem. §§ 812 Abs. 1, 398 BGB gegen die Beklagte einen Anspruch
auf Rückerstattung von 14.715,85 Euro, da die Zahlungen der ... an die Beklagte in
dieser Höhe rechtsgrundlos erfolgten.
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I.
Aufgrund der Abtretungsvereinbarung zwischen der ... und der Klägerin vom
21.07.2006 sind die streitgegenständlichen Bereicherungsansprüche der ... gegen
die Beklagte wirksam an die Klägerin abgetreten worden; § 398 BGB. Soweit das
Datum der Abtretungserklärung in gewissem Widerspruch zu der Erklärung vom
26.03.2007 (Bl. 127 d.A.) steht, in der die ... lediglich ihre Bereitschaft zur
Abtretung ankündigt, vermag dies der Wirksamkeit der Erklärung vom 21.07.2006
nicht entgegenzustehen. Sowohl eine Rückdatierung der Abtretungserklärung, ein
Schreibfehler als auch ein möglicher Irrtum über bereits abgegebene Erklärungen
stünde der Wirksamkeit der Abtretungserklärung vom 21.07.2006 nicht entgegen.
Ebenso steht das unter Ziffer 12.1 (Bl. 85 d.A.) des Agentur-Vertrages vereinbarte
Verbot, den Vertrag abzutreten oder auf eine andere Person zu übertragen, einer
wirksamen Abtretung nicht entgegen, da jedenfalls gem. § 354 a HGB die
Abtretung der vorliegend aus einem Handelsgeschäft resultierenden Forderung
gleichwohl wirksam ist.
II.
Die Beklagte hat ohne Rechtsgrund in den Fällen der Nichteinhaltung der
Couponreihenfolge sowie des Crossticketings den Differenzbetrag zwischen den
durch die ... ursprünglich gezahlten Ticketpreisen und dem Ticketentgelt, welches
bei ordnungsgemäßer Buchung der von den Kunden tatsächlich in Anspruch
genommenen Flügen zu entrichten gewesen wäre, erhalten.
Diesbezüglich stand der Beklagten weder ein Schadensersatzanspruch noch ein
vertraglicher Vergütungsanspruch aufgrund der Ziffer 7.1 des IATA-
Agenturvertrages zu.
Insbesondere hatte die Beklagten wegen dieser "fehlerhaften" Buchungen keinen
Schadensersatzanspruch gegen die ....
Ob der Beklagten wegen der durch die Klägerin vorgenommenen, der
zuzurechnenden, Buchungen dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch –
etwa gem. §§ 280 Abs. 1, 278 BGB iVm. Ziffer 1.1 der IATA-Resolution 830a –
gegen die zusteht, kann dahingestellt bleiben, da die Beklagte jedenfalls nicht
dargetan hat, dass ihr durch die fehlerhaften Buchungen ein Schaden im Sinne der
Differenzhypothese gem. § 249 Abs. 1 BGB entstanden ist. Es dürfte vielmehr gar
davon auszugehen sein, dass die Beklagte hierdurch Aufwendungen erspart hat,
so etwa für die Verpflegung der Kunden auf den nicht angetretenen Teilstrecken.
In Betracht kommen könnte daher allenfalls ein Schaden wegen entgangenem
Gewinns gem. § 252 BGB, da es der Beklagten u.U. möglich gewesen wäre die von
der Klägerin unter Umgehung der Tarifbestimmungen der Beklagten gebuchten
Plätze an andere Kunden zu verkaufen, die hierfür den regulären Ticketpreis
entrichtet hätten oder u.U. auch die Kunden der Klägerin die Flüge bei der
Beklagten für den regulären Tarif gebucht hätten, wenn ihnen die Klägerin nicht
ermöglicht hätte, durch Umgehung der Tarifbestimmungen zu einem günstigeren
Flugpreis zu gelangen.
Auch insoweit mangelt es jedoch an einem Vortrag der Beklagten, dass die
Kunden der Klägerin auch zu dem höheren regulären Preis die angetretenen Flüge
bei der Beklagten gebucht hätten (es ist ebenso möglich, dass sie unter diesen
Bedingungen gar nicht geflogen wären oder mit einer anderen Fluglinie), oder dass
es ihr gelungen wäre, die entsprechenden Kapazitäten durch den Verkauf von
Tickets an andere Kunden zu dem regulären Tarif auszulasten.
Der Beklagten kommt insoweit auch nicht die Beweiserleichterung des § 252 S.2
BGB zugute, da sie keine Tatsachen dargelegt hat, aus denen sich die
Wahrscheinlichkeit eines entgangenen Gewinns ergibt. Sie hat keine
Anknüpfungstatsachen vorgetragen, die den Schluss zulassen, dass es ihr etwa
aufgrund der starken Nachfrage nach entsprechenden Flugreisen wahrscheinlich
gelungen wäre, die durch die Kunden der Klägerin belegten Kapazitäten zu einem
höheren Ticketentgelt durch Drittkunden auszulasten.
Ebenso hatte die Beklagte gegenüber der ... in den Fällen der "Nichteinhaltung der
Couponreihenfolge sowie des Crossticketings" keinen vertraglichen
Vergütungsanspruch in Höhe der bei "ordnungsgemäßer" Buchung entstandenen
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Vergütungsanspruch in Höhe der bei "ordnungsgemäßer" Buchung entstandenen
Entgelte, da es an einer diesbezüglichen vertraglichen Vereinbarung mangelt.
Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus der allein in Betracht
kommenden Regelung in Ziffer 7.1. des IATA-Vertrages (Bl. 83 d.A.), da sich
hieraus jedenfalls nicht eindeutig die Rechtsfolge ergibt, dass das Reisebüro bei
einer "fehlerhaften" Buchung in Fällen des "Crossticketings und der Nichteinhaltung
der Couponreihenfolge", dazu verpflichtet sein soll, den bei ordnungsgemäßer
Buchung geschuldeten Ticketpreis an die Beklagte abzuführen; § 305 c Abs. 2
BGB.
Ziffer 7.1., die eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1
BGB darstellt, bestimmt insoweit, dass "das Reisebüro bei Ausstellung eines
Verkehrsdokuments im Auftrag der Fluggesellschaft unabhängig davon, ob es
einen entsprechenden Betrag einzieht, für die Zahlung des für die Beförderung,
auf die sich das Verkehrsdokument oder der Beförderungsvertrag bezieht, zu
zahlenden Betrages an die Fluggesellschaft verantwortlich ist". Nach dem für die
Auslegung von AGB's grundsätzlich maßgeblichen objektiven Erklärungsgehalt
könnte diese Klausel auch so verstanden werden, dass das Reisebüro lediglich
dazu verpflichtet ist, das Entgelt für die tatsächlich im Buchungssystem
eingegebenen Flüge abzuführen, da sich letztlich das ausgestellte
Verkehrsdokument und der Beförderungsvertrag auf den eingegebenen Flug
bezieht.
Die Beklagte hat auch nicht dargetan, dass die Regelung von der Beklagten und
der im vorliegenden Fall übereinstimmend in dem von ihr angeführten Sinn
verstanden wurde. Die Unklarheit der in Ziffer 7.1 des IATA-Agentur-Vertrags
getroffenen Regelung geht daher gem. § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der
Beklagten.
Letztlich vermochte auch das Schreiben des Anwaltes der ... vom 27.07.2007 (Bl.
94 d.A.) hinsichtlich des Betrages von 9.764 Euro einen Rechtsgrund für die
Zahlung nicht zu begründen. So stellt das Schreiben weder ein konstitutives noch
ein deklaratorisches Anerkenntnis dar, da es aus Sicht des Empfängers gem. §§
133, 157 BGB nicht auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet war.
Der mithin in Höhe von 14.715,85 Euro bestehende Kondiktionsanspruch ist auch
nicht gem. § 814 BGB ausgeschlossen. Die insoweit darlegungs- und
beweisbelastete Beklagte hat nicht dargetan, dass die ... bei Zahlung der
nachgeforderten Beträge positive Kenntnis davon hatte, nicht zur Zahlung der
nachgeforderten höheren Flugpreise verpflichtet zu sein.
III.
Demgegenüber hat die Beklagte mit Rechtsgrund die Nachforderungen in Höhe
von insgesamt 4.752,79 Euro betreffend die "Cross-Border-Selling Flüge" erhalten.
Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf Rückerstattung gem. §§ 812 Abs. 1,
398 BGB der wegen der Buchungen in Form des Cross-Border-Selling
nachgeforderten Beträge.
In den gem. Ziffer 3.2. des IATA-Vertrages zum Vertragsbestandteil gewordenen
IATA-Ticketing-Handbooks ist unter dem Passus "Grenzüberschreitender Verkauf"
insoweit unzweideutig bestimmt, dass das ausstellende Reisebüro, wenn es Flüge
mit einem "fiktiven Abflug- oder Zielort" im Ausland verkauft, um den geltenden
Tarif zu unterbieten gegen die geltenden Resolutionen verstößt und von der
ausstellenden Fluggesellschaft mit der jeweiligen Preisdifferenz belastet werden
kann.
IV.
Hinsichtlich des zuerkannten Betrages ist der geltend gemachte Zinsanspruch
gem. §§ 291, 288 Abs. 2 BGB ab Zustellung der Klage gerechtfertigt.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 S.1; die
Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf §§ 709 S. 2, 708 Nr. 11 Alt.2, 711 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.