Urteil des LG Frankfurt am Main vom 16.12.2008

LG Frankfurt: swap, wirtschaftliches interesse, arglistige täuschung, geschäft, vertragsübernahme, beratungsvertrag, anleger, auflösung, geldanlage, vertragsschluss

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Gericht:
LG Frankfurt 19.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-19 O 99/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 Abs 1 BGB, § 254 Abs 1
BGB, § 240 Abs 1 BGB
Beratungspflichtverletzung bzgl. der empfohlenen
Geldanlage zur Reduzierung der Zinsbelastung
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 371.250 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz daraus p.a. seit
dem 29.04.2008 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen ursprünglich zwischen der Probat-Werke von G
und der Beklagten geschlossenen Vertrag über einen "CMS Spread Ladder-Swap".
Die P hatte Kreditverbindlichkeiten in Höhe von etwa 6 Mio €. Sie wollte die daraus
resultierende Zinsbelastung reduzieren. Zu diesem Zweck empfahl ihr die
Beklagte in mehreren Beratungsgesprächen im Februar und März 2005 den
Abschluss eines Vertrages über einen CMS Spread Ladder-Swap. Im Zuge dieser
Gespräche wies die Beklagte darauf hin, dass es keinen rechtlichen
Zusammenhang zwischen den bestehenden Krediten der P und dem Swap-
Geschäft gebe, allerdings sah der für die P tätige Herr eine wirtschaftliche
Verbindung.
Am 23. März 2005 übersandte die Beklagte der P eine aus sechs Seiten
bestehende Produktbeschreibung über den CMS Spread Ladder-Swap. Darin wird
als Ziel des Kunden der Wunsch nach einer Reduzierung einer bestehenden
Zinsbelastung angegeben. Zum Erreichen dieses Ziels wird der Abschluss eines
CMS Spread Ladder-Swaps vorgeschlagen, wobei das "Grundgeschäft (...)
unverändert bestehen" bleiben soll. Insgesamt wird im Text zehn Mal, teilweise
leicht variiert, der Begriff "Zinsverbilligung" benutzt. Weiter heißt es dort:
Der strukturierte Zinsswap besteht unabhängig vom Grundgeschäft. (...) Der
Swap erlischt nicht, wenn das Grundgeschäft wegfällt. Sollte das Grundgeschäft
nicht mehr existieren, verändert sich der Risikocharakter des strukturierten Swaps.
In diesem Fall haben Sie eine offene Zins-Position, die mit einem theoretisch
unbegrenzten Verlustrisiko verbunden ist.
In der Produktbeschreibung wird auf ein einseitiges "Beendigungsrecht" der
Beklagten hingewiesen. Hierzu wird ausgeführt:
Die Ausübung dieses Beendigungsrechtes orientiert sich an diversen
Marktparametern (...) Es kann somit heute keine Aussage gemacht werden, ob
und wann das Beendigungsrecht ausgeübt wird.
Die Produktbeschreibung enthält außerdem unter der Überschrift
"Szenarioanalyse der Zinszahlungen (keine Beendigung des Zinsswaps
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"Szenarioanalyse der Zinszahlungen (keine Beendigung des Zinsswaps
unterstellt)" eine Modelldarstellung dreier Verläufe des Geschäfts über die jeweils
volle Vertragsdauer, wobei Szenario 1 fortdauernde kräftige Gewinne des Kunden
ausweist, Szenario 2 insgesamt mit Verlust für den Kunden endet und Szenario 3
mit einem Ergebnis von +/- 0 abschließt.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Produktbeschreibung wird auf das auf den
22.03.2005 datierte Papier "Strukturierter EUR-Zinsswap mit CMS-Spread-
Koppelung –, CMS-Spread-Ladder-Swap" verwiesen (Anlage K3; Bl. 53 ff. d.A.).
Am 31. März 2005 wurde der Vertrag über den CMS Spread Ladder-Swap zwischen
der F und der Beklagten zunächst telefonisch geschlossen und mit Schreiben vom
4. April 2005 durch die Beklagte schriftlich bestätigt.
Der Vertrag war auf eine Laufzeit von bis zu drei Jahren konzipiert und beruhte auf
einem Bezugsbetrag von 3 Mio €. Vorgesehen waren quartalsweise
Zahlungstermine jeweils am 4. Januar, 4. April, 4. Juli und 4. Oktober. Die Beklagte
verpflichtete sich zu Zahlungen an die P von durchgängig 3 % p.a. des
Bezugsbetrags, beginnend mit dem 4. Juli 2005. Die P verpflichtete sich ihrerseits
zu Zahlungen an die Beklagte, die sich im ersten Jahr, also für die ersten vier
Zahlungstermine, auf 1,5 % p.a. des Bezugsbetrags belaufen sollten. Der P wurde
somit im Ergebnis für das erste Jahr saldiert eine Zahlung von 3 % - 1,5 % des
Bezugsbetrags, also 1,5 % des Bezugsbetrags, mithin 45.000 €, garantiert.
Ab dem Zahlungstermin 4. Juli 2006 waren die von der P zu leistenden Zahlungen
variabel. Zu diesem Termin sollte sie zahlen 1,5 % p.a. des Bezugsbetrags
zuzüglich der dreifachen Differenz von 1,02 % p.a., dem sogenannten Strike, zu
der Differenz, dem sogenannten Spread, zwischen dem 10-Jahres-Swap-Mittelsatz
und dem 2-Jahres-Swap-Mittelsatz (jeweils "EUR-ISDA-EURIBOR Swap Rate"). Für
die weiteren Zahlungstermine galt, dass der im jeweils letzten Termin gezahlte
Wert als Ausgangswert für die neue Berechnung dienen sollte. Der Strike belief
sich im zweiten Jahr des Vertrages auf 1,02 % p.a. und im dritten Jahr auf 0,87 %
p.a. Dabei wurde für die jeweiligen Zahlungen ein Mindestsatz von 0 %
festgeschrieben, jedoch kein Höchstsatz.
Die Beklagte behielt sich außerdem das Recht vor, den Vertrag ab dem vierten
Zahlungstermin zu jedem Zahlungstermin zu beenden, wobei die letzte Zahlung
noch zu erbringen war. Der P stand kein derartiges Recht zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrags wird auf das Bestätigungsschreiben
der Beklagten an die P vom 04.04.2005 verwiesen (Anlage K1; Bl. 43 ff. d.A.).
Das Geschäft entwickelte sich für die P negativ. Die Beklagte wies die P in einem
Telefonat am 17. November 2005 auf die im Vertrag nicht vorgesehene
Möglichkeit der Auflösung des Geschäfts gegen Zahlung des sogenannten
Marktwerts hin. Mit Schreiben vom 3. Januar 2006 teilte die Beklagte mit, der
Marktwert belaufe sich zum 30. Dezember 2005 auf -377.910,54 € aus Sicht der P
Mit dreiseitiger "Übernahmevereinbarung" vom 1. Februar 2006 wurde eine
Vertragsübernahme von der P auf die Klägerin vereinbart. In § 1 der Vereinbarung
heißt es:
Die (Klägerin) tritt ... in sämtliche Rechte und Verpflichtungen der (P) ein, die
sich aus dem zwischen der (P) und der (Beklagten) ... getätigten Zinssatzswap ...
ergeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannte Vereinbarung verwiesen
(Anlage K2; Bl. 50 ff. d.A.).
Am 28. Februar/2. März 2006 lösten die Parteien den Swap gegen Zahlung des
damaligen negativen Marktwertes von 405.000 € durch die Klägerin auf. In der
Vereinbarung heißt es:
Damit sind die gegenseitigen Verpflichtungen aus dem oben genannten
Einzelabschluß aufgehoben und es sind keine weiteren Zahlungen mehr zu leisten.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren der P die ersten drei garantierten Zahlungen in
Höhe von insgesamt 33.750 € zugeflossen.
Die Klägerin meint, die P sei von der Beklagten vor Vertragsschluss nicht
ordnungsgemäß beraten worden. Die Beklagte habe nicht ausreichend über die
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ordnungsgemäß beraten worden. Die Beklagte habe nicht ausreichend über die
mit dem Vertragsschluss verbundenen Risiken informiert. Sie habe mitteilen
müssen, wie hoch die Gewinnchance der P zu Beginn des Vertrages gewesen sei.
Es sei auch falsch, dass der Swap ein Mittel zur Zinsverbilligung sei und dass ein
unbegrenztes Verlustrisiko nur bestehe, wenn das Grundgeschäft nicht mehr
existiere. Die Angaben über das Kündigungsrecht beinhalteten eine arglistige
Täuschung, da die Beklagte in Wahrheit konkrete Vorstellungen darüber gehabt
habe, unter welchen Voraussetzungen sie kündigen werde. Wäre die P von der
Beklagten pflichtgemäß aufgeklärt worden, so hätte sie, wie die Klägerin
behauptet, das Swap-Geschäft nicht abgeschlossen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie € 371.250,00 nebst Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.04.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, da eventuelle Ansprüche nur der P
zustünden. Es seien nach dem eindeutigen Wortlaut des Vertrages nur Pflichten
aus dem Vertrag selbst, nicht aber Schadensersatzansprüche aus einem
Beratungsvertrag auf die Klägerin übertragen worden. Auch eine konkludente
Abtretung sei nicht erfolgt, da die Möglichkeit gar nicht in Betracht gezogen
worden sei, dass eine Abtretung erforderlich sein könne. Außerdem sei die
Auflösungsvereinbarung als Vergleich zu sehen, wodurch weitere Ansprüche
ausgeschlossen seien.
Die Klage ist der Beklagten am 29. April 2008 zugestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der
vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Dabei kann dahinstehen, ob der Vertrag durch die Klägerin angefochten werden
konnte. Der Anspruch der Klägerin folgt jedenfalls aus § 280 Abs. 1 BGB in
Verbindung mit der Vertragsübernahme, da die Beklagte ihre Pflichten aus dem
zwischen der P und ihr geschlossenen Beratungsvertrag verletzt hat, wobei die
Klägerin diesen Anspruch geltend machen kann.
Zwischen der P und der Beklagten wurde ein Beratungsvertrag geschlossen. Tritt
ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen
Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu
beraten, so wird das darin liegende Angebot zum Abschluss eines
Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme des Beratungsgesprächs
angenommen (BGHZ 100, 117, 118 f.; BGHZ 123, 126, 128). Nichts anderes gilt,
wenn nicht die Anlage eines Geldbetrages, sondern der Abschluss eines
andersartigen Finanzgeschäfts in Rede steht, hier der Abschluss eines Swap-
Vertrages (vgl. bereits LG Frankfurt/M. v. 28.10.2008 – 2-19 O 13/08 –).
Ein Anlageberatungsvertrag verpflichtet den Berater zu einer anleger- und
objektgerechten Beratung. Die empfohlene Anlage muss zum einen auf das
Anlageziel des Kunden zugeschnitten sein (BGHZ 123, 126, 129; BGH v.
19.06.2008 – III ZR 159/07 –). Zum anderen muss der Berater richtig und
vollständig über diejenigen tatsächlichen Umstände informieren, die für den
Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind, wobei eine
derartige Aufklärung auch durch Übergabe von Prospektmaterial erfolgen kann,
sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die nötigen Informationen
wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln und er dem Anlageinteressenten
so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss übergeben wird, dass sein Inhalt noch zur
Kenntnis genommen werden kann (BGHZ 163, 311, 320; BGH v. 19.06.2008 – III
ZR 159/07 – m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die Beratung der Beklagten im vorliegenden Fall nicht
gerecht. Weder entsprach die empfohlene Anlage dem Anlageziel der P, noch
wurde die P mit der übergebenen Produktbeschreibung richtig und vollständig über
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wurde die P mit der übergebenen Produktbeschreibung richtig und vollständig über
die Anlage informiert.
Die P strebte eine Reduzierung ihrer Zinsbelastung an. Die Beklagte stellte
dementsprechend den von ihr empfohlenen Swap eindringlich als Mittel zur
"Zinsverbilligung" vor, wie die ständige Wiederholung dieses Begriffs in der
Produktbeschreibung belegt. Tatsächlich hatte der Swap aber keinerlei
Auswirkungen auf die Zinsbelastung der P Es gibt nicht nur keine rechtliche
Verbindung zu den als "Grundgeschäft" bezeichneten Krediten, es besteht auch
kein wirtschaftlicher Zusammenhang. Die einzige Verbindung zur Zahlung von
Kreditzinsen besteht in dem rein formalen Umstand, dass in dem Vertrag die
vereinbarten Zahlungsströme bezeichnet sind als Prozentanteile eines
Bezugsbetrags, ähnlich wie bei einem Darlehen in Prozenten bemessene Zinsen
aus einer Darlehenssumme gezahlt werden. Ein Zusammenhang kann nur
dadurch hergestellt werden, dass die P die Chance hatte, durch den Swap Gewinne
zu generieren, die sie zur Reduzierung ihrer Zinsleistungen hätte einsetzen
können. In diesem Sinne wäre aber jede beliebige Geldanlage zur Reduzierung der
Zinsbelastung geeignet gewesen, da Gewinne gleich welcher Herkunft stets auch
zur Reduzierung von Zinsverbindlichkeiten eingesetzt werden können.
Die Produktbeschreibung enthält weitere irreführende und falsche Angaben. Sie
weist zwar an zwei Stellen drucktechnisch hervorgehoben auf das "theoretisch
unbegrenzte Verlustrisiko" hin, relativiert dies aber durch die Passage, in der der
Eindruck erweckt wird, als bestehe dieses theoretisch unbegrenzte Verlustrisiko
nur dann, wenn das sogenannte Grundgeschäft nicht mehr existiert. Dies ist
eindeutig falsch, da das Verlustrisiko mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs
mit dem Grundgeschäft vollkommen unabhängig von diesem stets in gleicher
Höhe besteht.
Ebenfalls zur Irreführung des Anlegers geeignet ist das vorgestellte Szenario, in
dem der Anleger einen hohen Gewinn erzielt. Dieses Szenario kann praktisch nicht
entstehen, da die Beklagte bei einer derartigen Entwicklung den Vertrag kündigen
würde, bevor größere Gewinne des Anlegers auflaufen. Zwar wird in der Überschrift
des Szenarios darauf hingewiesen, dass "keine Beendigung des Zinsswaps
unterstellt" werde, auch wird in der Produktbeschreibung mehrfach auf das
Bestehen des Kündigungsrechts der Beklagten hingewiesen. Die wirtschaftliche
Bedeutung dieses Kündigungsrechts, nämlich gerade das Verhindern größerer
Gewinne des Anlegers im Falle einer für ihn günstigen Entwicklung des Geschäfts,
wird aber konsequent verschwiegen. Stattdessen heißt es verharmlosend, es
könne keine Aussage gemacht werden, ob und wann das "Beendigungsrecht"
ausgeübt werde.
Es trifft zwar zu, dass alle aufgeführten irreführenden und falschen Informationen
der Beklagten für einen wirtschaftlich mitdenkenden und das Wesen des
Geschäftes erfassenden Anleger bei entsprechender Überlegung erkennbar sind.
Dies rechtfertigt aber nicht die Vorgehensweise der Beklagten, wobei dahinstehen
mag, ob die Produktbeschreibung nur nicht hinreichend durchdacht ist oder es sich
um bewusste Versuche der Irreführung des Anlegers handelt. Es stellt jedenfalls
noch keine objektgerechte Beratung dar, wenn der Berater dem Anleger
irreführende Informationen zukommen lässt und ihn zum Ausgleich dafür in den
Stand setzt, die Irreführung als solche zu erkennen.
Aus diesem Grund reduziert sich der Anspruch der Klägerin auch nicht durch ein
Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 BGB. Ein Berater, der seine Vertragspflicht zur
Erteilung richtiger Auskünfte verletzt hat, kann gegenüber dem Ersatzanspruch
des Geschädigten regelmäßig nicht geltend machen, diesen treffe deshalb ein
Mitverschulden, weil er der Auskunft vertraut und dadurch einen Mangel an
Sorgfalt gezeigt habe, obwohl er das, worüber ihn sein Berater hätte aufklären
sollen, bei entsprechenden Bemühungen auch ohne fremde Hilfe hätte erkennen
können (BGH NJW-RR 2007, 857, 860; BGH WM 2008, 950, 952; stRspr).
Unter besonderen Umständen kann der Einwand des Mitverschuldens begründet
sein, etwa wenn Warnungen von dritter Seite oder differenzierende Hinweise des
anderen Teils nicht genügend beachtet wurden oder wenn im Hinblick auf die
Interessenlage, in der der Anlageinteressent und der Anlagevermittler in
vertragliche Beziehungen zueinander treten, solche besonderen Umstände
vorliegen (BGH NJW 1982, 1095, 1096 f.; BGH NJW-RR 1993, 1114, 1115). Derartige
besondere Umstände liegen hier aber nicht vor.
Warnungen dritter Seite gab es vorliegend nicht. Differenzierende Hinweise der
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Warnungen dritter Seite gab es vorliegend nicht. Differenzierende Hinweise der
Beklagten, etwa, die P solle sorgfältig prüfen, ob sie sich auf die
Produktbeschreibung verlassen könne, da diese möglicherweise nicht mit
hinreichender Sorgfalt erstellt worden sei, sind nicht ersichtlich.
Als besonderer Umstand kommt zwar die Interessenlage im Hinblick auf die
vertragliche Konstellation in Betracht. Einem Berater, der vorwiegend sein eigenes
wirtschaftliches Interesse im Auge hat, darf kein uneingeschränktes Vertrauen
entgegengebracht werden (vgl. BGH NJW 1982, 1095, 1097). Hier war die Beklagte
selbst Vertragspartnerin der P bei dem Swap-Geschäft, so dass ein eigenes
wirtschaftliches Interesse der Beklagten zwar nahe liegt. Banken pflegen jedoch
derartige Geschäfte mit entsprechenden Gegengeschäften abzusichern (sog.
Hedging), so dass sie dem jeweiligen Kunden neutral gegenübertreten können.
Unabhängig davon, ob dies im konkreten Fall tatsächlich so war, durfte die F
jedenfalls auf diesen Umstand vertrauen. Aus der Eigenbeteiligung der Beklagten
lässt sich daher kein "besonderer Umstand" ableiten, der ein Mitverschulden
begründen könnte.
Der Anspruch der P ist durch die Vertragsübernahme auf die Klägerin
übergegangen. Eine Vertragsübernahme bewirkt, dass ein bestehendes
Schuldverhältnis als "Organismus von Rechten und Pflichten" unverändert
zwischen den neuen Vertragsparteien fortgesetzt wird (Staudinger-Busche v. §§
398 ff. Rn. 203). Dazu bedarf es keiner Einzelabtretung von Ansprüchen. Zu
diesem übertragenen gesamten Schuldverhältnis gehört auch der vor dem Swap-
Vertrag geschlossene Beratungsvertrag mit den daraus resultierenden
Ansprüchen der P. Eine Trennung dieses Vertrages von dem Swap-Vertrag würde
dem Gedanken des einheitlichen Übergangs widersprechen und zu einer nicht
interessengerechten Situation führen, da eventuelle Schäden aus dem Vertrag
nach der Vertragsübernahme bei der Klägerin anfallen, während die Ansprüche,
mit denen Ersatz dieser Schäden verlangt werden könnte, bei der P verblieben
wären.
Die Klägerin ist an der Geltendmachung des Anspruchs auch nicht durch die
Vereinbarung über die Auflösung des Swap-Vertrages gehindert. Es ist nicht
ersichtlich, dass die Parteien dieser Einigung die Wirkung beilegen wollten, dass mit
der Auflösung alle weiteren Ansprüche zwischen ihnen entfallen sollten.
Der Wortlaut der Vereinbarung gibt für eine solche Auslegung nichts her. Vielmehr
ist dort nur von der Aufhebung der Verpflichtungen aus dem Swap-Geschäft,
insbesondere von dem Entfallen der Zahlungspflicht die Rede, nicht aber von
weiteren Ansprüchen. Auch von einem stillschweigenden Ausschluss weiterer
Ansprüche kann nicht ausgegangen werden. Für die Annahme eines Vergleichs,
dem eine solche Wirkung allenfalls zukommen könnte, fehlte es zum damaligen
Zeitpunkt bereits an einem Streit oder der Ungewissheit der Parteien über ein
Rechtsverhältnis (§ 779 Abs. 1 BGB). Auch würde es an einem gegenseitigen
Nachgeben fehlen, da die Auflösung des Vertrages zum Marktwert aus Sicht der
Beklagten kein besonderes Zugeständnis darstellt, während die Klägerin mit
einem Verzicht auf Ansprüche aus dem Beratungsvertrag ihre Rechtsposition
erheblich beeinträchtigt hätte.
Die Klägerin ist gemäß § 249 Abs. 1 BGB so zu stellen, wie wenn die Beklagte die P
pflichtgemäß beraten hätte. Dem Anleger, der über eine Kapitalanlage
unzutreffend informiert worden ist, kommt insoweit eine gewisse
Kausalitätsvermutung zugute (vgl. BGH v. 06.11.2008 – III ZR 290/07 –; für
Prospektfehler stRspr, BGH WM 2008, 391). Die Beklagte hat nichts vorgetragen,
was diese Vermutung erschüttern würde. Somit ist davon auszugehen, dass der
Vertrag bei pflichtgemäßer Beratung seitens der Beklagten von der P nicht
geschlossen worden wäre. Es wäre dann auch keine Auflösung des Vertrages
gegen Zahlung des Marktwertes erforderlich gewesen, die P hätte aber auch keine
Leistungen aus dem Vertrag erhalten. Die Klägerin kann daher als
Rechtsnachfolgerin der P die Rückzahlung des gezahlten Betrages in Höhe von
405.000 € abzüglich der zuvor von der P empfangenen Leistungen in Höhe von
33.250 € verlangen.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Streitwert: 371.250 €
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.