Urteil des LG Frankfurt am Main vom 15.03.2017

LG Frankfurt: abfindung, squeeze out, angemessenheit, gesetzliche vermutung, rat der europäischen union, beweis des gegenteils, zielgesellschaft, inhaber, verfassungskonforme auslegung, due diligence

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Gericht:
LG Frankfurt 5.
Kammer für
Handelssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3-5 O 15/08, 3/5 O
15/08, 3-05 O
15/08, 3/05 O
15/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 38b WpÜG, § 39a Abs 3 S 3
WpÜG, Art 14 GG
(Übernahmerechtliches Squeeze-out: Widerlegung der
Vermutung der Angemessenheit der Abfindung)
Leitsatz
1. Bei der Ermittlung, ob die 90 % Grenze des § 39 a Abs. 3 S. 3 WpÜG erreicht wird,
sind auch Aktienerwerbe zu berücksichtigen, die während der Angebotsfrist aufgrund
von vorangegangen Vereinbarungen erworben wurden, in denen sich Aktionäre
unwiderruflich verpflichtetet haben, auf ein Übernahmegebot der Antragstellerin ihr die
ihnen gehörenden Aktien zu übertragen.
2. Die Vermutung des § 39 a Abs. 3 S. 3 WpÜG ist verfassungskonform dahingehend
auszulegen, dass es sich um eine widerlegliche Vermutung handelt.
3. Haben Beteiligte konkrete Unstände im Verfahren vorgebracht, wonach die
Vermutung des § 39 a Abs. 3 S. 3 WpÜG erschüttert wird, kommt eine Beweiserhebung
über die Angemessenheit der Abfindung durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens zum Unternehmenswert der Zielgesellschaft nicht in
Betracht. Der Antrag auf Übertragung ist dann vielmehr vom Gericht zurückzuweisen.
Tenor
Der Antrag vom 18.02.2008,
die stimmberechtigten, auf den Inhaber lautenden, nennwertlosen Stückaktien
der D die nicht bereits der N gehören, werden gegen Gewährung einer Abfindung
in Höhe von EUR 36,09 je Stückaktie auf die N übertragen;
auch in der Form des Hilfsantrags vom 2.4.2008
die stimmberechtigten, auf den Inhaber lautenden, nennwertlosen Stückaktien
der D, die nicht bereits der N gehören, werden Zug und Zug gegen Gewährung
einer angemessen, von der N zu zahlenden Abfindung in Höhe je Stückaktie auf
die N übertragen;
wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Außergerichtliche Kosten der Antragsgegner werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert wird auf EUR 7.500.000,-- festgesetzt.
Gründe
I.
Die D ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Hannover, eingetragen
im Handelsregister des Amtsgerichts H r unter der Registernummer und B,
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im Handelsregister des Amtsgerichts H r unter der Registernummer und B,
eingetragen in das Handelsregister des Amtsgerichts B unter der Registernummer
HRB . Das Grundkapital beträgt EUR 80.640.000,00 und ist in 13.440.000 auf den
Inhaber lautende Stückaktien mit einem anteiligen Betrag am Grundkapital in
Höhe von EUR 6,00 je Aktie eingeteilt.
Die Antragstellerin ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts nach
deutschem Recht mit Sitz in H , B und M.
Am 11.11.2007 veröffentlichte die Antragstellerin ihre Entscheidung zur Abgabe
eines Übernahmeangebotes nach § 10 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 WpÜG. Gegenstand
dieses Übernahmeangebotes an die Aktionäre der D war der Erwerb sämtlicher auf
den Inhaber lautenden und unter ISIN /WKN gehandelten nennwertlosen
Stückaktien der D zum Preis von EUR 36,09 je D Aktie. Die mit Datum vom
04.12.2007 durch die BaFin zur Veröffentlichung gestattete Angebotsunterlage
veröffentlichte die Antragstellerin nach § 14 Abs. 3 WpÜG am 05.12.2007. Die Frist
für die Annahme des Übernahmeangebotes begann am 05.12.2007 und endete
am 02.01.2008, 24.00 Uhr MEZ. Wegen der Einzelheiten des Übernahmeangebots
wird auf die zu der Akte gereichte Kopie (Bl. 22 ff d. A.) verwiesen. Bis zum 2.
Januar 2008, 24:00 Uhr (MEZ) ("Stichtag") wurde das Übernahmeangebot für
insgesamt 13.098.931 Deutsche Hypothekenbank-Aktien angenommen. Dies
entspricht einem Anteil von rund 97,462 % des Grundkapitals und der
Stimmrechte an der D. Weiter erwarb die Antragstellerin in zeitlichem
Zusammenhang, aber außerhalb des Angebotsverfahren insgesamt 20.153
Stückaktien der D am 28.12.2007 zu dem mit dem Angebotspreis gemäß
Übernahmeangebot übereinstimmenden Preis von EUR 36,09 in bar je D Aktie.
Zwischen der Antragstellerin und vier Aktionären gab es zuvor unter dem Datum
vom 11./12.11.2007 Vereinbarungen in denen sich diese Aktionäre z. Teil
unwiderruflich verpflichteten, auf ein Übernahmegebot der Antragstellerin ihr die
ihnen gehörenden Aktien zu übertragen. Wegen der Einzelheiten dieser
Vereinbarung (irrevocables) wird auf die zu der Akte gereichten Kopien (Bl. 87-103
d. A.) verwiesen. Nach Veröffentlichung des Übernahmeangebots erfolgte die
Übertragung dieser Aktien.
Die Antragstellerin gab am 07. Januar 2008 gemäß Ziffer 9.4 der
Angebotsunterlage bekannt, dass sämtliche Angebotsbedingungen mit Ablauf der
Annahmefrist eingetreten waren, nämlich
a) die Mindestannahmeschwelle gemäß Ziffer 9.1 a) der Angebotsunterlage
erreicht worden war,
b) das Bundeskartellamt den Erwerb der D Aktien freigegeben hatte,
c) bis zum Ablauf der Annahmefrist keine Veröffentlichung der D gemäß § 15
WpHG vorgenommen worden war, wonach über das Vermögen der D oder eines
Tochterunternehmens der D das Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares
Verfahren eingeleitet, eröffnet oder beantragt wurde oder eine solche Maßnahme
bevorstünde,
d) bis zum Ablauf der Annahmefrist weder ein Bankenmoratorium noch eine
Einstellung bis zum Ablauf der Annahmefrist weder ein Bankenmoratorium noch
eine Einstellung angeordnet worden war.
Die Übertragung der zum Verkauf eingereichten Aktien der D ist gegen Zahlung
des Angebotspreises am 08.01.2008 in bar erfolgt, indem die Antragstellerin EUR
472.740.419,79 gegen Umbuchung der zum Verkauf eingereichten Aktien gezahlt
hat. Der Antragstellerin gehörten am 14.1.2008 entsprechend einem Anteil von
rund 97,612 % des Grundkapitals und der Stimmrechte an der D.
Mit Antragsschrift vom 11.1.2008 – eingegangen bei Gericht am 15.1.2008 - hatte
die Antragstellerin gem. § 39a WpÜG beantragt,
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Das Gericht hat diesen Antrag im elektronischen Bundesanzeiger vom 30.1.2008 –
dem satzungsmäßig einzigem Gesellschaftsblatt der D gem. § 39b WpÜG bekannt
gemacht. Mit Antragschrift vom 18.2.2008 (Bl. 155 d. A.) nahm die Antragstellerin
den ergänzenden Feststellungsantrag zurück und beantragt nunmehr noch,
"Die stimmberechtigten, auf den Inhaber lautenden, nennwertlosen
Stückaktien der D, die nicht bereits der N gehören, werden gegen Gewährung
einer Abfindung in Höhe von EUR 36,09 je Stückaktie auf die N übertragen."
Das Gericht hat diesen Antrag im elektronischen Bundesanzeiger vom 22.2.2008
bekannt gemacht. Mit weiterem Schriftsatz vom 2.4.2008 (Bl. 501 f d. A.)
beantragte die Antragstellerin als Hilfsantrag,
"Die stimmberechtigten, auf den Inhaber lautenden, nennwertlosen
Stückaktien der D , die nicht bereits der N gehören, werden Zug um Zug gegen
Gewährung einer angemessen, von der N zu zahlenden Abfindung je Stückaktie
auf die N übertragen."
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 39a Abs. 1,
Abs. 3 WpÜG vorlägen. Sie sei Inhaber von (über) 95 % des stimmberechtigten
Grundkapitals der D und sie habe aufgrund des Angebots über 90 % des von
Angebot betroffenen Grundkapitals erworben. Bei der Berechnung der 90 %
Grenze seien auch die Aktien einzubeziehen, die sie aufgrund der sog. irrevocables
erhalten habe. Die Vermutung des § 39a Abs. 3 WpÜG sei daher eingetreten,
wonach der Angebotspreis von 36,09 EUR eine angemessene Abfindung sei. Diese
Vermutung sei auch unwiderleglich.
Die Antragsgegner haben sich nach Bekanntmachung der Anträge im
Bundesanzeiger an Verfahren beteiligt und sind den Anträgen entgegen getreten.
Sie tragen vor, dass die Angebotsunterlage nicht alle vorgeschriebenen Angaben
enthalten habe. Das LG Frankfurt am Main sei nicht zur Entscheidung zuständig.
Aus dem Antrag ergebe sich weder Rechtsform noch Sitz der Antragstellerin. Als
Körperschaft des öffentlichen Rechts könne die Antragstellerin nicht von
Enteignungsbestimmung für Private Gebrauch machen. Der Erwerb der Aktien
aufgrund des Angebots sei nicht nachgewiesen, ebenso nicht die
Eigentümerstellung der Antragstellerin.
Die §§ 39a, 39b WpÜG entsprächen nicht der Übernahmerichtlinie, Diese verlange
keine unwiderlegliche Vermutung. Es fehlten Schutzmechanismen zugunsten der
Minderheitsaktionäre im Gesetz, u. a. fehle eine Bankgarantie für die Abfindung.
Die Vermutung des § 39a Abs. 3 WpÜG könne nicht unwiderleglich sein, da eine
unwiderlegliche Vermutung verfassungswidrig wäre, da dann kein voller Wertersatz
geleistet werden müsse.
Durch die Regelung des §§ 39a, 39b WpÜG werde die
Hauptversammlungskompetenz umgangen. Die Erwerbe aufgrund der
Vorabvereinbarungen seien bei der Ermittlung, ob 90 % das Übernahmeangebot
angenommen hätten, nicht zu berücksichtigen.
Zumindest sei kein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, da die
Vereinbarungen mehr als 3 Wochen vor dem Angebot getroffen worden seien.
Jedenfalls aufgrund der großen Pakete und des geringen Streubesitzes von 5,741
% könne die (Kapitalmarkt)Vermutung der Angemessenheit nicht greifen.
Es werde bestritten, dass es zu diesen Vereinbarungen keine Nebenabsprachen
gebe.
Zur Angemessenheit sei ein Sachverständigengutachten einzuholen. Es bestehe
ein Informationsgefälle zwischen der Antragstellerin, die eine due diligence bei der
D durchgeführt habe und den übrigen Aktionären.
Die übrigen Aktionäre hätten keinen aussagekräftigen Informationen über den
Wert der Deutschen Hypothekenbank.
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Jedenfalls sei eine Abfindung in Höhe von EUR 36,09 nicht angemessen. Dies
ergebe sich aus den in 2001, 2002 vorgenommenen Unternehmensbewertungen
der D nach dem Ertragswertverfahren, wobei die tatsächlichen Gewinne die dort
angesetzten Planzahlen noch überschritten hätten. In diesen Bewertungen seien
zudem ein zu hoher Basiszins und zu hohe Thesaurierungen angenommen
worden.
Die Ermittlung des Angebotsbetrags beruhe auf dem Buchwert, jedenfalls sei
wegen der geringen Überschreitung des Buchwerts die Abfindung nicht mehr
angemessen.
Die Abfindung müsse jedenfalls den aktuellen Börsenkurs erreichen.
Die Erfahrungen aus anderen Übernahmen zeigten, dass Preise aufgrund von
WpÜG Angeboten unter den tatsächlichen Werten lägen.
Hilfsweise sei ein Spruchverfahren einzuleiten.
II.
Das Landgericht Frankfurt am Main ist zunächst gem. § 39a Abs. 5 WpÜG zur
Entscheidung über den Antrag berufen. Soweit sich einzelne Antragsteller darauf
beziehen, dass die vom Bundesgesetzgeber hier gewählte bundesweite
Zuständigkeitskonzentration gegen die Länderautonomie verstoße und es nur den
Ländern möglich sei, mittels Staatsvertrag eine solche länderübergreifende
Zuständigkeit zu schaffen, so wird übersehen, dass gem. Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1
GG dem Bund u . a. für den Bereich der Gerichtsverfassung und gerichtliches
Verfahren die konkurrierende Gesetzgebung zukommt, d. h. er ggf. die Maßstäbe
der sachlichen, funktionellen und örtlichen Zuständigkeit definieren kann. Macht er
wie vorliegend von diesem Recht durch die Bestimmung eines bundeseinheitlichen
Gerichtsstandes für Verfahren nach §§ 39a, 39b WpÜG Gebrauch, so kommt es
auf Ländervereinbarungen im Wege eines Staatsvertrages nicht mehr an.
Gegen den Antrag nach §§ 39a WpÜG kann auch nicht eingewendet werden, dass
die Angebotsunterlage nicht alle vorgeschriebenen Angaben enthalte. Wie sich aus
§ 12 Abs. 1 WpÜG ergibt, ist die Übertragung nach § 39a WpÜG davon unabhängig,
vielmehr führen unrichtige oder unvollständige Angabe in der Angebotsunterlage
nur zu einer Haftung.
Entgegen der Auffassung einiger Antragsgegner hat die Antragstellerin durch ihr
Übernahmeangebot vom 5.12.2007 mehr als 90 % des vom Angebot betroffenen
Grundkapitals i. S. d. § 39a Abs. 3 WpÜG erworben. Die vorliegend aufgrund der
sog. "irrevocable undertakings" erworbenen Aktien in Höhe von 44, 34 % sind in die
90 % Schwelle einzubeziehen. Es kommt hier nicht darauf an, dass die dem Erwerb
der Aktien zugrunde liegende Vereinbarung außerhalb des Angebotverfahrens
geschlossen wurde, nämlich zeitgleich bzw. ein Tag nach der Veröffentlichung der
Entscheidung nach § 10 WpÜG am 11.11.2007 und entsprechende Verhandlungen
vor der Veröffentlichung der Entscheidung nach § 10 WpÜG stattgefunden haben
dürften. Nach dem Wortlaut des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG sind solche Aktien zu
berücksichtigen, die der Bieter "aufgrund des Angebots" erworben hat. Dies ist bei
den sog. "irrevocable undertakings" hier der Fall, weil hier erst die Aktien aufgrund
des formellen Angebotverfahrens an die Antragstellerin veräußert und übertragen
wurden. Der Kaufpreis richtet sich nach dem Gegenwert, der auch für die übrigen
Aktionäre gilt (vgl. Paefgen WM 2007, 765; Ott WM 2008, 384, 389). Es ist auch
nicht ersichtlich und wird von den Antragsgegnern auch nicht substantiiert
dargetan, dass weitere Gegenleistungen über Nebenabreden vereinbart und
geflossen sind.
Die Antragstellerin kann sich daher zunächst auf die gesetzliche Vermutung
berufen, dass der im Preis des Angebots von EUR 36,09 je Stückaktie auch im
Rahmen der Aktienübertragung nach § 39a Abs. 1 WpÜG durch Gerichtsbeschluss
ein angemessener Preis ist, wobei grundsätzlich die Vermutung einer
marktpreisorientierten Angemessenheitsvermutung nicht zu beanstanden ist (vgl.
hier im Einzelnen: Stöwe - Der Übernahmerechtliche Squeeze-out -, Europ.
Hochschulschriften Bd./Vol. 4628, S. 63 ff, 97 ff m.w.Nachw.). Der in der Frist des §
39a Abs. 4 WpÜG gestellte Haupt- und Hilfsantrag auf Übertragung der Aktien der
D gegen Gewährung einer von der Antragstellerin zu zahlenden Abfindung in Höhe
von EUR 36,09 je Stückaktie bzw. hilfsweise einer angemessenen Abfindung ist
jedoch letztlich unbegründet.
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Entgegen der überwiegenden Auffassung in der Literatur (vgl. Santelmann in
Steinmeyer/Häger WpÜG, 2. Auf., § 39a Rn. 31 f.; Geibel/Süßmann WpÜG § 39a Rn.
15: Holzborn/Müller in: HeidelbKomm AktG. §§ 39a-39c WpÜG / Anh. § 327a AktG
Rn. 10, 12; Krause BB 2004, 113, 118: Möller/Pötzsch ZIP 2001, 1256, 1261;
Hasselbach ZGR 2005. 387. 405ff.: DAV-Gutachten, S. 13: Hasselbach. ZGR 2005,
387. 405: ders., WuB II A § 327a AktG 2.06; Austmann/Mennicke NZG 2004, 846.
851: van Kann/Just DStR 2006, 328, 331; Krause, Wortprotokoll des
Finanzausschusses vom 10.5.2006. Protokollnummer 16/16. S. 5: Seibt/Heiser AG
2006. 301. 319; Meyer WM 2006, 1135, 1142; Arnold AG-R 2006, R224: Diekmann
NJW 2007, 17: Wiesner ZIP 2004,343. 349; Stöwe, a.a.O. S. 103; a.A.:
Hopt/Mülbert/Kumpan, AG 2005, 117: Heidel/Lochner in Kapitalmarktrecht, 2. Aufl.,
§ 39a WpÜG Rn. 34 ff; Fraktion Bündnis90/Die Grünen, BT-Drs. 16/1541. S. 17;
Neve NZG 2002, 1144, 1145; Maul/Muffat-Jeandet AG 2004, 221, 317; Mülbert
NZG 2004, 633, 634; Kießling, Diss. im Erscheinen (Peter Lang Verlag) - Der
übernahmerechtliche Squeeze-out gem. §§ 39a, 39b WpÜG – S. 139) handelt es
sich bei der Vermutung des § 39a Abs. 3 Satz 3 WpÜG aber nicht um eine
unwiderlegliche sondern um eine widerlegliche Vermutung.
Zunächst schließt der Gesetzestext selbst den Gegenbeweis i. S. d. § 292 ZPO
nicht aus. Während bei gesetzlichen unwiderlegbaren Tatsachenvermutungen, z.
B. in § 22a AGBG, § 1 AFRG, § 3 AltTZG (in der Fassung v. 19.12.2007), § 1361b
Abs. 4 BGB; Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB, § 14 Abs. 4 LPartG, § 4 Abs. 2 UKlaG; § 15
Abs. 3 ZPOEG, im Gesetzestext ausdrücklich von einer unwiderleglichen
Vermutung gesprochen wird, fehlt in § 39a Abs. 3 WpÜG ein derartiger Verweis auf
die Unwiderleglichkeit. Zwar ging der Gesetzgeber ausweislich der
Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drs. 16/1003, S. 22; BT-Drucks. 16/1342 S. 6) davon
aus, dass die Vermutung in § 39 Abs. 3 Satz 3 WpÜG unwiderleglich sein solle,
doch bindet eine Äußerung des Gesetzesgebers die Gerichte letztlich nicht, wenn
sie nicht im Gesetzestext ihren Niederschlag gefunden hat (vgl. BGH, Beschl. v.
26.5.2008 – II ZB 23/07 -; BGH AG 2007, 629-631 = NZG 2007, 675 zur
Zulässigkeit von Nebeninterventionen bei der aktienrechtlichen Anfechtungsklage;
BGH v. 25.6.2008 – II ZB 39/07 – zum Nachweis der Antragsbefugnis im
Spruchverfahren). Eine Auslegung des Gesetzes als unwiderlegliche Vermutung
der Angemessenheit würde zudem gegen Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen, weshalb
sie einschränkend und verfassungskonform als widerlegliche Vermutung zu
erfolgen hat. Die Zulässigkeit von unwiderleglichen Vermutungen muss nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 30, 336,
353; 42, 176; 185; NJW 1981, 108) im Lichte der Bedeutung des geschützten
Grundrechts und der Folgen des Ausschlusses von Gegenbeweisen beurteilt
werden. Eine Typisierung, die die Angemessenheit der Abfindung an das Erreichen
einer bestimmten Annahmequote knüpft, lässt sich zwar grundsätzlich zutreffend
damit begründen, dass der große Umfang der Akzeptanz einer Gegenleistung
dafür spricht, dass diese auch angemessen ist (vgl. Austmann/Mennicke NZG
2004, 846; 850; Kammerbeschluss vom 12.6.2007 - 3-05 O 12/06 -), doch
rechtfertigt dies aber keine Verletzung durch eine nicht angemessen Abfindung im
Einzelfall. Verfassungsgemäß ist solch eine typisierende Regelung nur solange, wie
ein Verstoß im Einzelfall entweder durch verfassungskonforme Auslegung der
Vorschrift oder durch eine Billigkeitsmaßnahme abgewendet werden kann, (so
BVerfG zur verfassungskonformen Auslegung v. 6. 12. 1972, 1 BvR 230/70 und 1
BvR 95/71, BVerfGE 34, 165, 200, sowie v. 22. 6. 1977, 1 BvL 23/75, BVerfGE 45,
393, 400, v. 22. 6. 1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, 165 = DStR 1995, 1348).
Durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG wird auch das Aktieneigentum
geschützt. Die Aktie verbrieft dabei nicht nur die vermögensrechtliche
Komponente, die durch Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis gekennzeichnet
und damit Ausdruck der vermögensmäßigen Persönlichkeitsentfaltung ist (vgl.
BVerfGE 24, 367, 389). Sie umfasst auch die mitgliedschaftliche Stellung in einer
Aktiengesellschaft. Beim Ausschluss von Minderheitsaktionären handelt es sich
um Inhalts- und Schrankenbestimmungen der Eigentumsgarantie nach Art. 14
Abs. 1 GG. Hier hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, in
dessen Rahmen er das Interesse des einzelnen Aktionärs auf Erhalt seines
Aktieneigentums ökonomischen Gründen grundsätzlich unterordnen kann (vgl.
BVerfGE 14, 263; BVerfGE 100, 289; BVerfG NZG 2000, 117; zum
aktienrechtlichen Squeeze-out insbes. BVerfG Beschl. v. 30.5.2007 – 1 BvR 390/04
– AG 2007, 544 = NZG 2007, 587). Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die
grundlegende Entscheidung der Verfassung für das Privateigentum nicht über
Gebühr verkürzt wird. Um dies zu gewährleisten, hat das
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Gebühr verkürzt wird. Um dies zu gewährleisten, hat das
Bundesverfassungsgericht Kriterien entwickelt, die beim Zwangsausschluss von
Minderheitsaktionären erfüllt sein müssen, um den Anforderungen des Art. 14 GG
zu genügen. Bisher sind hierzu im Wesentlichen vier Entscheidungen ergangen. Im
Feldmühleurteil (BVerfGE 14, 263) ging es um die Verfassungsgemäßheit des § 15
UmwG a. F.. Im Ergebnis hat das BVerfG dies bejaht und damit begründet, dass
der Gesetzgeber aufgrund seiner Einschätzungsprärogative befugt sei, das
Eigentum an den Aktien zugunsten gesamtwirtschaftlicher Erwägungen
einzuschränken. Der (internationale) Wettbewerb gebiete es, den Gesellschaften
große Handlungsspielräume zu gewähren. Die Vorschriften, die dem Schutz von
Minderheiten von Aktionären dienten, seien dabei hinderlich. Allerdings sei
Voraussetzung für eine Herausdrängung dieser Minderheit, dass ihr wirksame
Rechtsbehelfe gegen einen Missbrauch wirtschaftlicher Macht durch den
Hauptaktionär zur Verfügung stünden. Außerdem müsse sie für den Verlust ihrer
Rechtsposition wirtschaftlich voll entschädigt werden. Dabei genüge eine
Entschädigung für den Vermögensverlust, hingegen sei der Verlust der
Mitgliedschaft an der Gesellschaft bei einer Minderheit von höchstens 25% als
gering zu bewerten, da von dieser keine wesentliche Entscheidungsmacht mehr
ausginge. Die Grundentscheidung aus dem Feldmühleurteil wurde hinsichtlich der
Berechnung der Entschädigung der Aktionäre im Urteil DAT/Altana v. 27.4.1994 – 1
BvR 1613/95 - (BVerfGE 100, 289 = AG 1999, 567) vom Bundesverfassungsgericht
präzisiert. Es verstoße gegen Art. 14 GG, bei Bemessung der Abfindung der
ausscheidenden Aktionäre den Börsenkurs des Unternehmens außer Betracht zu
lassen. Grundsätzlich bestünden keine Bedenken, die Ertragswertmethode zur
Berechnung der Abfindung zu verwenden. Jedoch garantiere Art. 14 GG, dass der
Aktionär die volle Entschädigung, also den wahren inneren Wert des
Unternehmens, für den Verlust seines Aktieneigentums erhalte. Dies sei nur dann
gewährleistet, wenn der Kurswert, der bei börsennotierten Unternehmen
regelmäßig mit dem Verkehrswert übereinstimme, neben dem Ertragswert in die
Berechnung mit einfließe. Der Kurswert müsse immer die untere Grenze der
Abfindung bilden. Der Börsenkurs könne nur in Ausnahmen außer Betracht
bleiben, beispielsweise wenn längere Zeit kein Handel mit dem betreffenden
Papier stattgefunden habe. In den Moto Meter-Entscheidungen, Beschluß vom
23.08.2000 - 1 BvR 68/95 und 147/97 -(NZG 2000, 1117 = AG 2001, 42) führt das
Bundesverfassungsgericht dann aus, es verstoße gegen die Eigentumsgarantie,
wenn in fachgerichtlichen Verfahren nicht überprüft würde, ob die Abfindung von
ausscheidenden Minderheitsaktionären angemessen sei. Eine solche
Prüfungspflicht der Gerichte könne auch nicht durch die Überprüfung durch einen
Sachverständigen ersetzt werden. Mit Beschluss vom 30.5.2007 – 1 BvR 390/04
(NZG 2007, 587= AG2007, 544) hat das BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit
der §§ 327a ff. AktG entschieden. Hier hat es eine Verfassungswidrigkeit dieser
Regelungen verneint, da der Gesetzgeber dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
von grundrechtsrelevanten Maßnahmen ausreichend Rechnung getragen habe.
Art. 14 GG erfordere aber, dass es sich bei den auszuschließenden Anteilseignern
um eine kleine Minderheit ohne relevanten Einfluss auf die Unternehmenspolitik
handele, und dass eine volle wirtschaftliche Entschädigung für den Verlust des
Aktieneigentums gewährleistet sei. Letzteres sei dadurch hinreichend gesichert,
dass ein unabhängiger gerichtlicher Prüfer die Abfindung bestimme und etwaige
Fehleinschätzungen des Gutachters jederzeit durch ein einzuleitendes
Spruchverfahren überprüft werden könnten.
Aus dieser verfassungsrechtlichen Rechtsprechung ergibt sich, dass ein
Ausschluss von Minderheitsaktionären nur unter drei Voraussetzungen
verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Es müssen die auszuschließenden
Aktionäre eine volle wirtschaftliche Entschädigung für den Verlust des
Aktieneigentums erhalten, wobei der Börsenkurs des Unternehmens regelmäßig
die Untergrenze der zu leistenden Abfindung darstellen soll, weil der Aktionäre
mindestens so zu stellen ist, als habe er eine freiwillige Deinvestitionsentscheidung
getroffen. Eine volle wirtschaftliche Entschädigung ist nur dann gegeben, wenn der
ausgeschlossene Aktionär, den wahren Wert seiner Beteiligung erhält und die
Angemessenheit der geleisteten Abfindung muss überprüfbar sein.
Eine Vorlage gem. Art. 100 Abs. 1 GG an das Bundesverfassungsgericht kommt
nicht in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgericht besteht die in Art. 100 Abs. 1 GG und § 80 BVerfGG
geregelte Vorlagepflicht nur dann, wenn das Gericht eine entscheidungserhebliche
Gesetzesvorschrift für verfassungswidrig erachtet. Wie eine Norm des einfachen
Rechts auszulegen ist, ist jedoch zunächst grundsätzlich Sache des dafür
allgemein zuständigen Gerichts (vgl. BVerfGE 18, 85 [92f.] = NJW 1964, 1715). Ist
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allgemein zuständigen Gerichts (vgl. BVerfGE 18, 85 [92f.] = NJW 1964, 1715). Ist
es der Auffassung, eine Vorschrift, über deren Auslegung Streit besteht, sei nur
bei einer bestimmten Auslegung mit der Verfassung vereinbar, muss es seiner
Entscheidung diese Auslegung zu Grunde legen und darf nicht das
Bundesverfassungsgericht anrufen (vgl. BVerfG NJW-RR 2000, 1309 m. w. Nachw.)
Die hierdurch gebotene verfassungemäße Auslegung als widerlegliche Vermutung
steht auch nicht in Widerspruch zu höherrangigem Europarecht, so dass auch eine
Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 EGV ausscheidet.
Entgegen der Auffassung der Bundesregierung (vgl. BT-Drucks. 16/1342 S. 6 zu
Nr. 9) verlangt Art. 15 der Übernahmerichtlinie (R 04/25), die mit den §§ 39a f
WpÜG umgesetzt werden sollte, nicht die Annahme einer unwiderleglichen
Vermutung (a. A. auch Santelmann in Steinmeyer/Häger, WpÜG, 2. Aufl. § 39a Rz.
11).
In der deutschen Übersetzung bestimmt Art. 15 Abs. 5 der Richtlinie:
Aus Art. 15 V Unterabs. 2 der Übernahmerichtlinie ergibt sich zumindest auf den
ersten Blick nicht eindeutig, ob die Angemessenheitsvermutung dem
Gegenbeweis zugänglich sein soll, so dass auch hier eine Auslegung geboten ist,
d. h. dass der Wortlaut zumindest die Annahme einer unwiderleglichen
Angemessenheitsvermutung nicht ausschließt.
Die Auslegung sekundären Gemeinschaftsrechts folgt grundsätzlich den
allgemeinen Auslegungsregeln, richtet sich also nach Wortlaut, Historie,
Systematik und Sinn und Zweck. Dabei muss erste Auslegungsform nach der
Rechtsprechung des EuGH (EuGH, C-106/89. Slg. 1990, I-4135 (Marleasing), Rn. 8;
EuGH 14/83. Slg. 1984. 1891 (von Colson), Rn. 28; vgl. auch Roth, EWS 2005, 385.
389 immer der Wortlaut der betreffenden Vorschrift sein, weil ein eindeutiger
Wortsinn grundsätzlich bindend für die Rechtsanwendung ist (vgl. auch BGHZ 46,
74).
Das Fehlen einer Möglichkeit des Widerlegens der Vermutung belegt aber nicht,
dass die Formulierung "gilt als angemessen" im Umkehrschluss zwingend für die
Unwiderleglichkeit der Angemessenheit spricht. In der deutschen
Gesetzesterminologie wird bei unwiderleglichen Vermutung (s. o) dies regelmäßig
vielmehr im Gesetzestext ausdrücklich festgehalten.
Bei der Auslegung von Gemeinschaftsrecht bietet sich dabei der Vorteil, auch
andere europäische Sprachfassungen mit einbeziehen zu können. Dabei ist zu
Grunde zu legen, dass sich das Europäische Parlament und der Rat der
Europäischen Union über den Inhalt der Richtlinie einig waren und im Kern somit
auch Einmütigkeit darüber herrschte, ob die fragliche Vermutungsregelung dem
Gegenbeweis zugänglich sein sollte oder nicht. Wäre dies nicht so, bedeutete dies,
dass die Ausgestaltung der Angemessenheitsregelungen den Mitgliedstaaten frei
stünde. Die Folge wären unterschiedliche Regelungen in Europa, was evident dem
Ziel der Richtlinie, ein des europäischen Übernahmerechts zu
schaffen, zuwiderlaufen würde. Somit sind die Richtlinienfassungen in anderen
Sprachen geeignet, einen Rückschluss für die Interpretation der deutschen
Fassung zu ermöglichen. Dabei ist abzustellen nicht auf die deutsche Fassung an
sich, sondern vielmehr auf den Grundgedanken, den die EU-Kommission mit der
Richtlinie verfolgte. Von erheblicher Bedeutung ist zunächst die englische Fassung
der Richtlinie, da der Bericht der Winter-Kommission, der der Richtlinie maßgeblich
zugrunde lag, zunächst in englischer Sprache abgefasst war und von einer
widerleglichen Angemessenheitsvermutung ausging ("…rebuttably presumed to
he fair…"). In der Begründung zu den Empfehlungen führt die Expertengruppe
weiter aus: "The presumption of the price of the bid as the fair price should be
rebuttable, so that it could be challenged before courts or the anthority
supervising the takeover bid in particular circumstances."
Die englische Fassung des Art. 15 V Unterabs. 2 der Richtlinie lautet:
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Ausschlaggebend ist somit die Auslegung der Formulierung "shall be presumed".
Das Verb "to presume" wird im Deutschen allgemein mit "annehmen",
"mutmaßen" oder "unterstellen" übersetzt, bezeichnet mithin einen Vorgang, der
nicht sicher feststeht, sondern als Tendenz widerlegbar ist. Soweit ersichtlich wird
in englischer Gesetzesmethodik das Wort "to presume" in der Formulierung "shall
be presumed" ausschließlich in einem Rahmen verwendet, in dem der Beweis des
Gegenteils möglich ist, z.B. den Asylum and Immigration Act 2004, Sec. 2 (8):
Children Act 1995. Sec. 99 (3): "a
Will das englische Gesetz eine unwiderlegliche Vermutung aufstellen, kommt die
Formulierung "shall be considered" zum Tragen, z. B. in Art. 2 (7) des
2007: "An area shall be considered to have always been
part of the European Economic Area." oder in Art. 3(1) des Environmental
Protection Act 2006: "Items shall be considered to be packaging if they fulfil the
above definition without prejudice to other functions". Daraus lässt entnehmen,
dass bei Annahme einer unwiderleglichen Vermutung die englische
Richtlinienfassung nicht das Wort "presumed", sondern vielmehr das Wort
"considered" verwendet hätte (vgl. hierzu auch Kießling a.a.O. S. 80 ff
m.w.Nachw.).
Die Heranziehung der französischen Fassung kommt zum gleichen Ergebnis, da
auch dort "presumeé" und nicht "consideré" verwendet wird (vgl. hierzu Kiessling
a.a.O., S. 78 ff und zur spanischen Fassung, Stöwe, a.a.O., S. 101; Mülbert NZG
2004, 633, 634).
Auch die historische Auslegung führt nicht zur Unwiderlegbarkeit der Vermutung in
der Richtlinie. Zu beachten ist dabei, dass die Richtlinie den Mitgliedstaaten die
Wahl lässt, ob sie den Ausschluss der Minderheitsaktionäre an die
Voraussetzungen des Art. 15 II a) oder b) der Richtlinie knüpfen wollen. Die
Angemessenheitsvermutung des Art. 15 V Unterabs. 2 bezieht sich sowohl auf die
Alternative a) als auch b), will demnach also die gleichen Regelungen für beide
Alternativen treffen. Grundlage für die Ausgestaltung des Art. 15 II b) der Richtlinie
war die englische Regelung der Sec. 428 -430F des Companies Act 1985(vgl.
Rühland NZG 2006, 401,406). Diese sah eine widerlegliche Vermutung hinsichtlich
der Angemessenheit der Gegenleistung vor. Wenn demnach die
Angemessenheitsvermutung im Rahmen von Art. 15 II b) ÜbRL widerleglich sein
soll, kann für Art. 15 II a) ÜbRL nichts anderes gelten. In beiden Fällen muss also
aufgrund des Einflusses des englischen Vorbildes ein Gegenbeweis gegen die
Angemessenheit der Gegenleistung zulässig sein. Auch wenn das deutsche
Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz sich zu Recht Art. 15 II a) ÜbRL bedient,
ist wegen der Gleichbehandlung der beiden Alternativen in Art. 15 V Unterabs. 2
ÜbRL von einer widerleglichen Vermutung auszugehen.
Die EU-Kommission stellt in ihrem Richtlinienvorschlag auch ausdrücklich klar, dass
man den Empfehlungen der Expertengruppe (Winterkommission) mit der
Umsetzung folgen wolle und keine inhaltlichen Änderungen vorgenommen habe:
Im Übrigen wurden im gesamten Verlauf des Gesetzgebungsprozesses keine
Änderungsanträge hinsichtlich dieser Regelungen gestellt. Wenn also die
Kommission die Widerleglichkeit des Expertenvorschlags übernehmen wollte und
diese nach ihrem Willen in die Richtlinie einfließen sollte, bleibt aus Sicht der
historischen Auslegung kein Raum für eine unwiderlegliche Vermutung. Dies wird
ausdrücklich von Hopt bestätigt (Hopt/Mülbert/Kumpan AG 2005, 109, 117), der
Mitglied der siebenköpfigen Winter-Kommission war, und ebenso betont von Maul
(NZG 2005, 151, 157 die als Nationale Expertin bei der EU-Kommission die
Entwicklung der Übernahmerichtlinie begleitet hat.
Auch die Systematik der Richtlinie spricht gegen eine unwiderlegliche Vermutung.
Es werden nur Minimalstandards hinsichtlich der Angemessenheit der Abfindung
aufgestellt (Erwägungsgrund 25 der Richtlinie). Die Mitgliedstaaten können
strengere Vorschriften erlassen, wenn sie es bei der Umsetzung ins nationale
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strengere Vorschriften erlassen, wenn sie es bei der Umsetzung ins nationale
Recht für geboten erachten
.
Wenn die Richtlinie aber wie der Gesetzgeber und die
herrschende Literaturauffassung von einer Unwiderleglichkeit der
Angemessenheitsvermutung ausginge, würde die Eröffnung eines
Umsetzungsspielraumes keinen Sinn machen. In diesem Fall ginge die Vermutung
immer zugunsten der Angemessenheit der Abfindung. Damit wäre kein Spielraum
mehr gegeben, innerhalb dessen die Mitgliedstaaten nationale Regelungen
erlassen könnten. Außerdem wird es im Erwägungsgrund 8 der Richtlinie den
Mitgliedstaaten überlassen, "Rechte vorzusehen, die in Verwaltungs- oder
Gerichtsverfahren gegen eine Aufsichtsstelle oder zwischen Parteien des Angebots
geltend gemacht werden können." Diese Klausel bezieht sich ihrer systematischen
Stellung innerhalb der anderen, teilweise speziellen Erwägungsgründe als
"allgemeiner Teil" auf die gesamte Richtlinie und somit auch auf Art. 15.
Auch Sinn und Zweck der Richtlinie führen nicht zur Annahme der Vorgabe einer
unwiderleglichen Vermutung. Soweit Stimmen im Schrifttum die Auffassung
vertreten, eine Widerleglichkeit würde den hinter der Richtlinie stehenden Zweck
untergraben (Santelmann in Steinmeyer/Häger, WpÜG, 2. Aufl., § 39a Rz. 11; DAV-
Gutachten S. 15) nämlich ein zügiges und kostengünstiges Ausschlussverfahren
im Anschluss an ein Übernahmeangebot unmöglich machen, ist dem entgegen zu
halten, dass sich aus der Richtlinie selbst nicht dieser Zweck, ein schnelles
Übernahmeverfahren zu gewährleisten, ergibt. Das Ziel des Art. 15 der Richtlinie
besteht darin, dem Hauptaktionär ein Instrument an die Hand zu geben, mit
welchem er durch Herausdrängung von Aktionärsminderheiten alle
Gesellschaftsanteile auf sich vereinen kann. Dieses Ziel wird von der Frage, ob es
sich nun um eine widerlegliche oder eine unwiderlegliche Vermutung handelt, nicht
tangiert, sofern im Ergebnis ein angemessener Preis für die Minderheitsanteile
bezahlt wird. Erklärtes Ziel der Richtlinie hinsichtlich der Angemessenheit der
Abfindung ist es ausweislich Art. 15 V der Richtlinie, dass die Mitgliedstaaten
sicherstellen "dass eine angemessene Abfindung garantiert wird". Die Richtlinie
zieht somit die Sicherstellung einer angemessenen Abfindung einem schnellen
Verfahren vor. Eine Angemessenheit kann aber durch einen Marktmechanismus
nur indiziert werden, eine endgültige Festlegung wird auf diesem Weg nicht
erreicht. Somit müssen die Mitgliedstaaten nach dem Willen der Richtlinie
Instrumente schaffen, durch die die Abfindung überprüfbar gemacht wird, um bei
Bedarf eine Korrektur vornehmen zu können. Dies ist nur durch eine widerlegliche
Vermutung gewährleistet. Die Interpretation, den Ausschluss der
Minderheitsaktionäre nach § 39a WpÜG als ein besonders zügiges Verfahren
ausgestalten zu müssen, entstammt dem Willen des deutschen Gesetzgebers. Er
wollte ein Gegengewicht zu den oft mit Anfechtungsklagen belasteten Verfahren
nach den §§ 327a ff AktG schaffen. Dieses Ziel des deutschen Gesetzgebers ist
aber für die Auslegung der Richtlinie selbst unbeachtlich.
Die an sich hier gegebene vermutete Angemessenheit der Abfindung wegen
Erreichens des Quorums nach § 39a Abs. 3 S. 3 WpÜG ist aber aufgrund des
Vorbringens einiger Antragsgegner nicht mehr gegeben, die gesetzliche
Vermutung ist vielmehr erschüttert. Es bestehen Anhaltspunkte dafür, dass EUR
36,09 je Stückaktie keine angemessene Abfindung sind. Diese Anhaltspunkte
ergeben sich jedoch nicht aus den Überlegungen und Darlegungen einiger
Antragsgegner, dass in einer Vielzahl von aktienrechtlichen Ausschlussverfahren,
denen ein Übernahmeangebot voraus ging, eine höhere Abfindung festgelegt
wurde, als es dem Übernahmeangebot entsprach. Derartige behauptete
allgemeine Erfahrungen können eine konkrete Vermutung nicht erschüttern.
Vielmehr ist für eine derartige Erschütterung auf konkrete, die Zielgesellschaft
betreffende Umstände abzustellen, aus denen sich der die fehlende
Angemessenheit der Abfindung aufdrängt.
Dies ist hier durch die Vorlage der Unternehmensbewertungen nach dem
Ertragswertverfahren für die Zielgesellschaft in den Jahren 2001 und 2002 sowie
den Geschäftsberichten 2004 bis 2006 der Zielgesellschaft (Bl. 325 ff d. A.)
gegeben. Selbst wenn man den in diesen Planungsrechnungen der
Unternehmensbewertung ab 2007 angesetzten nachhaltig erzielbaren Überschuss
von 34,5 Mio. EUR ansetzt und nicht den sich aus dem im Internet veröffentlichen
Jahresabschluss 2007 ergebenden höheren Gewinn und jegliches nicht
betriebsnotwendige Vermögen außen vor lässt, ergibt sich bei überschlägigen
Ertragswertberechnungen unter Annahme dieser konstanten Überschusses ein
den Betrag von EUR 36,09 übersteigender Abfindungswert (über EUR 39,40). Bei
dieser überschlägigen Berechnungen wurde beim Kapitalisierungszins
entsprechend den Empfehlungen des IDW ein Basiszins von 4,5 % - wie er sich aus
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entsprechend den Empfehlungen des IDW ein Basiszins von 4,5 % - wie er sich aus
der Zinsstrukturkurve aus Staatsanleihen( (IDW-Fachnachrichten 2005, S. 555)
zum Zeitpunkt der Antragstellung am 15.1.2008 (Durchschnitt der letzten 90
Tage) ergibt – einem Risikozuschlag von 3,96 % bzw. 4,95 gem. TAX-CAPM nach
dem IDW SE1 (Fassung 2007), dem die Kammer allerdings (zuletzt Beschluss vom
13.11.2007 - 3-05 O 174/04 –) und auch die obergerichtliche Rechtsprechung
(zuletzt OLG München v. 2.4.2008 – 31 Wx 85/06 -) sehr kritisch gegenüber steht,
und einem Wachstumsabschlag von 1,5 % bzw. 1,3 % jährlich gerechnet. Die Höhe
des Risikozuschlags und des Wachstumsabschlags wurde dabei der Kammer
vorliegenden, im Jahre 2007 erstellen Unternehmensbewertungen im
Geschäftsfeld der Zielgesellschaft vergleichbarer Unternehmen (E AG, C AG)
entnommen. Selbst die günstigsten Annahmen ergeben ein Abweichen nach oben
gegenüber dem Angebotspreis von ca. 10 %, was gegen die Angemessenheit
spricht.
Eine Übertragung der Aktien entsprechend dem Hauptantrag, d.h. zu EUR 36,09
konnte daher mangels Feststellbarkeit der Angemessenheit dieses Preises nicht
erfolgen.
Eine Beweiserhebung zum Wert der Zielgesellschaft durch Einholung eines
gerichtlichen Sachverständigengutachtens kommt im Verfahren nach §§ 39a f
WpÜG nicht in Betracht (a. A. Heidel/Lochner, Kapitalmarktrecht, 2. Auf., § 39a
WpÜG Rz. 65; Santelmann in Steinmeyer/Häger, WpÜG 2. Aufl. § 39b Rz. 14;
Kießling a.a.O. S. 144 f;), womit auch der Hilfsantrag erfolglos bleiben musste, da
das Gericht eine angemessene Abfindung – auch nicht über den hier gegebenen
Amtsermittlungsgrundsatz – nicht festlegen kann. Regelungen über eine etwaige
Amtsermittlung oder Beweiserhebung zur Feststellung der angemessenen
Abfindung durch das Gericht enthalten die §§ 39a, 39b WpÜG nicht, insbesondere
fehlt eine Kompetenz des Gerichts, die Angemessenheit eigenständig wie im
Spruchverfahren festzusetzen (vgl. Santelmann in Steinmeyer/Häger, WpÜG 2.
Aufl. § 39b Rz. 14; Kießling a.a.O. 207). Einer Beweiserhebung durch Einholung
eines Sachverständigengutachtens zum Unternehmenswert der Zielgesellschaft
steht entgegen, dass diese nicht Beteiligte des Verfahrens nach §§ 39a, 39b
WpÜG ist, mithin eine nicht beteiligte (juristische) Person zum Objekt einer
gerichtlichen Beweiserhebung gemacht würde. Abgesehen davon, dass es schon
fragwürdig ist, inwieweit man formell am Verfahren unbeteiligte Dritte zum Objekt
einer Beweiserhebung machen kann, zumal im Gegensatz zum gesetzlichen
Spezialfall des § 372a ZPO eine Mitwirkungspflicht nicht besteht und Zwangsmittel
dem Gericht daher zur Durchsetzung der Beweisanordnung nicht zur Verfügung
stehen (vgl. Musielak, ZPO, 5. Aufl. § 144 Rz. 10 und § 403 Rz. 3; Leipold in
Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. § 144 Rz. 24), steht ein Beweishindernis entgegen. Die
amtswegige Anordnung einer Beweisaufnahme durch Einholung eines
Sachverständigengutachtens ist unstatthaft, wenn sie nur unter Verstoß gegen
eine Verschwiegenheitspflicht durchgeführt werden könnte. Dies ist in den §§ 144
Abs. 2, 142 Abs. 2 ZPO ausdrücklich gesetzlich geregelt und gilt als ein Grundsatz
des Prozessrechts auch im Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.
§ 93 Abs. 1 Satz 3 AktG verpflichtet Vorstandsmitglieder über vertrauliche
Angaben und Geheimnisse der AG Stillschweigen zu bewahren. Unter den
Geheimnisbegriff fallen kaufmännische Informationen u. a. Marketingstrategie und
Unternehmensplanung (vgl. Krieger/Sailer in Schmidt/Lutter, AktG, § 93 Rz. 19;
Fleischer in Spindler/Stilz, AktG § 93 Rz. 152; Hüffer, AktG, 8.Aufl., § 93 Rz. 7), die
aber für die Bewertung eines Unternehmens benötigt werden. Diese Pflicht zur
Verschwiegenheit gibt dem Vorstand auch ein Recht zur Zeugnisverweigerung
nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 1987, 809; Hüffer, AktG,
8.Aufl. § 93 Rz. 9; Bürgers/Israel in Heidelberg Komm, AktG § 93 Rz. 53).
Eine Durchbrechung dieser Verschwiegenheitspflicht für den Vorstand der
Zielgesellschaft ist in §§ 39a, 39b WpÜG nicht gegeben. Im Verfahren nach §§ 39a
f WpÜG wird dem Vorstand der Zielgesellschaft nur gem. § 39b Abs. 5 S. 5 WpÜG
die Pflicht auferlegt, den rechtskräftigen Übertragungsbeschluss des Gerichts beim
Handelsregister anzumelden. Eine Verpflichtung zur Offenlegung von
Informationen zu Bestimmung einer angemessenen Abfindung enthält das Gesetz
nicht. Auch die Antragstellerin hat gegenüber dem Vorstand kein besonderes
Auskunftsrecht, die als Annex im gerichtlichen Verfahren eine
Auskunftsverpflichtung des Vorstandes begründen würde. Ein dem § 327b Abs. 1
Satz 2 AktG entsprechendes Informationsrecht – was man u. U. als Legitimation
für die Auskunftserteilung bei der Beweiserhebung im Spruchverfahren in den
Fällen des § 1 Nr. 3 SpruchG ansehen könnte, in denen die zu bewertende
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Fällen des § 1 Nr. 3 SpruchG ansehen könnte, in denen die zu bewertende
Gesellschaft ebenfalls nicht am Verfahren beteiligt ist - hat der Gesetzgeber dem
Hauptaktionär bei dem Ausschluss der Minderheitsaktionäre nach §§ 39a f WpÜG
nicht eingeräumt. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob der Antragstellerin als
Hauptaktionärin aus dem Gesichtspunkt des faktischen Konzerns ein
Auskunftsrecht zusteht. Soweit vertreten wird, dass dem herrschenden
Unternehmen Auskunftsrechte wegen seiner Sonderstellung im Rahmen der
speziellen Sonderverbindung der §§ 17, 311 ff. AktG zustehen (vgl. Decher in:
Großkommentar zum AktG, 4. Aufl., Rdnr. 348 zu § 131 m.w.Nachw.) beruht dies
auf der Überlegung, dass Informationen zur Ausübung der Leitungsmacht benötigt
werden (zur Fragwürdigkeit dieser Argumentation, vgl. Altmeppen NJW 2008, 1553
unter Hinweis auf § 76 AktG, wonach auch im faktischen Konzern das herrschende
Unternehmen nur "unverbindliche" Ratschläge erteilen kann und BGH Urt. V.
5.5.2008 – II ZR 108/07 - BeckRS 2008, 11159). Vorliegend geht es aber nicht um
Information im Rahmen einer Konzernleitung sondern um solche, die der
Bewertung dienen sollen, mithin auch von einem derartigen etwaigen
Informationsanspruch der Antragstellerin nicht erfasst sind. Eine analoge
Anwendung des § 327b Abs. 1 Satz 2 AktG ist nicht möglich. Es handelt sich um
eine Ausnahmevorschrift von Gleichbehandlungsgrundsatz der Aktionäre
hinsichtlich ihres Informationsrechts gegenüber der Gesellschaft. Dies zeigt, dass
es sich nicht um eine allgemeine gesellschafts- oder kapitalmarktrechtliche Regel
handelt, die generell angewandt werden könnte.
Gegen die Anordnung einer Beweisaufnahme zur Ermittlung der angemessenen
Abfindung im Verfahren nach §§ 39a, 39b WpÜG spricht auch, dass nicht
sichergestellt ist, wie die Rechte der Minderheitsaktionäre der Zielgesellschaft
hierbei gewahrt werden können, die sich nicht am Verfahren beteiligen. Die
Bestellung eines gemeinsamen Vertreters wie in § 6 SpruchG ist nicht vorgesehen,
womit auch gütliche Beilegung des Konflikts durch Einigung der Beteiligten über
deine angemessene Abfindung entsprechend § 11 Abs. 2 SpruchG ausscheidet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 39b Abs. 6 Satz 7 und 8 WpÜG. Danach ist in
allen Fällen der Antragsteller Schuldner der Gerichtskosten. Weiter findet danach
eine Kostenerstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegner durch den
Antragsteller grundsätzlich nicht statt, es sei denn, die Billigkeit gebietet eine
andere Entscheidung. Dies ist hier nicht der Fall. Im Hinblick darauf, dass im
vorliegenden Verfahren erstmals in einem gerichtlichen Verfahren über die
Voraussetzungen der §§ 39a f WpÜG entschieden wurde insbesondere, ob es sich
bei der Vermutungsregeln des § 39a Abs. 3 WpÜG um eine unwiderlegliche oder
widerlegliche Vermutung handelt und die Kammer trotz des geäußerten
entgegenstehenden Willens des Gesetzgebers aus verfassungsrechtlichen
Gründen von einer widerleglichen Vermutung ausgeht und nur deswegen der
Antrag letztlich erfolglos war, sind Billigkeitserwägungen zu Lasten der
Antragstellerin nicht veranlasst. Soweit daher Antragsgegner nicht durch Vorlage
entsprechender Unterlagen nachgewiesen haben, dass sie Aktionäre der Deutsche
Hypothekenbank sind, mithin die Frage der Berechtigung der Teilnahme am
Verfahren insoweit noch offen ist, konnte dies letztlich mangels Anordnung einer
Kostenerstattung offen bleiben.
Die Bestimmung des Geschäftswerts für das Gericht ergibt sich aus § 39b Abs. 6
Satz 5 WpÜG SpruchG. Danach richtet sich der Geschäftswert nach dem Betrag,
der dem Wert aller Aktien entspricht, auf den sich der Ausschluss beziehen,
mindestens jedoch 200.000,-- EUR und höchstens 7,5 Mio. EUR. Nach der Angabe
der Antragstellerin waren von dem beantragten Ausschluss der
Minderheitsaktionäre 301.069 Stückaktien betroffen, wodurch sich der
Höchstgeschäftswert von EUR 7,5 Mio. ergibt Wegen der Erreichens des
Höchstgeschäftswertes durch den Hauptantrags konnte eine Erhöhung durch
Entscheidung über den Hilfsantrag nicht mehr stattfinden.
Die Bestimmung des Geschäftswertes für die anwaltlich vertretenen
Antragsgegner gem. § 31a RVG konnte mangels Antrags nach § 33 RVG noch
nicht erfolgen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.