Urteil des LG Frankfurt am Main vom 03.11.2008

LG Frankfurt: venire contra factum proprium, unfall, vertragliche haftung, ärztliche behandlung, widersprüchliches verhalten, reiseveranstalter, winter, form, thailand, minderung

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Gericht:
LG Frankfurt 24.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-24 S 205/08,
2/24 S 205/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 278 BGB, § 638 BGB, § 651c
Abs 1 BGB, § 651d Abs 1 BGB,
§ 651f Abs 1 BGB
Pauschalreisevertrag: Haftung des Reiseveranstalters für
einen Unfall während einer vor Ort gebuchten
Zusatzleistung in Form eines Bootsausfluges
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 07.09.2007 verkündete Urteil des
Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az.: 32 C 913/07 (18), teilweise wie folgt
abgeändert:
Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den
Kläger 925,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 10.03.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 35% und die Beklagte zu
65% zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313 a I S. 1 ZPO
abgesehen.
II.
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete
Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.
1.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung des
Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen
Reisemängeln gemäß §§ 651 c I, 651 d I, 638 III und IV BGB in Höhe von 448,24
Euro.
a.
Die Reise des Klägers und seiner Lebensgefährtin war mängelbehaftet im Sinne
von § 651 c I BGB.
Bei einem Bootsausflug des Klägers und seiner Lebensgefährtin zu den Phi Phi
Inseln in Thailand kam es zu einem Unfall.
Der gegenständliche Unfall des Klägers ereignete sich an der zweiten
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Der gegenständliche Unfall des Klägers ereignete sich an der zweiten
angefahrenen Insel mit Namen "Monkey Island". Auch hier wurden die Gäste ca.
200m vor dem Strand aufgefordert, die letzte Strecke schwimmend
zurückzulegen. Es wurde jedoch seitens der Bootsbesatzung versäumt, die Gäste
darauf hinzuweisen, dass offensichtlich aufgrund Niedrigwassers äußerst
gefährliche Korallenriffe bis ca. 50cm zur Wasseroberfläche heraufragten. Der
Kläger machte sich wie die anderen Gäste auch schwimmend auf den Weg. An der
vorbezeichneten Insel geriet der Kläger unversehens über die Korallenriffe. Diese
weiterhin schwimmend zu überqueren war wegen der geringen Wassertiefe
unmöglich, so dass der Kläger gezwungen war, über die Korallenriffe hinweg zu
klettern. Obwohl der Kläger nach den schlechten Erfahrungen, die er bei der ersten
angelaufenen Insel gemacht hatte, Schuhe angezogen hatte, rutschte er bei dem
Versuch, das Korallenriff gehend zu überqueren ab und zog sich am linken Fuß
eine tiefe Schnittwunde zu.
Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer
fest. Die Zeugin M., Lebensgefährtin des Klägers, bestätigte insoweit
vollumfänglich die Behauptungen des Klägers. Die Zeugin M. hat den Vorfall
ausführlich, nachvollziehbar und überzeugend geschildert. Die Aussage der Zeugin
M. ist auch glaubhaft. Dem steht nach Auffassung der Kammer auch nicht
entgegen, dass die Zeugin M. die Lebensgefährtin des Klägers ist. Vielmehr wird
die Aussage der Zeugin M. auch durch die übergebenen Lichtbilder betreffend die
erlittene Schnittverletzung gestützt.
b.
Die Beklagte ist auch passivlegitimiert.
Der Unfall des Klägers erfolgte nämlich während einer Reiseleistung der Beklagten.
Bei dem Bootsausflug, den der Kläger als Zusatzleistung vor Ort separat gebucht
hat, d. h. der Bootsausflug war also nicht Gegenstand des ursprünglich im Oktober
2006 geschlossenen Reisevertrages zwischen den Parteien, handelt es sich um
eine eigene Reiseleistung der Beklagten.
In dem vorliegenden Rechtsstreit geht es maßgeblich um die Frage, ob die
Beklagte hinsichtlich des vor Ort gebuchten Ausflugs als Reiseveranstalter oder
lediglich als Reisevermittler anzusehen ist.
Das Amtsgericht hat sich ausführlich mit der hier maßgeblichen
Grundsatzentscheidung des BGH vom 19.06.2007 (RRa 2007, 221 ff. = NJW-RR
2007, 1501 ff.) auseinandergesetzt.
Insbesondere hat das Amtsgericht nachvollziehbar die Maßstäbe dargelegt,
wonach sich die Abgrenzung zwischen Reiseveranstalter und Reisevermittler
richtet.
Dabei ist das Amtsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte hinsichtlich
des Ausflugs nicht als Reiseveranstalter tätig geworden ist sondern nur als
Reisevermittler.
Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände teilt die Kammer nicht die Auffassung
des Amtsgerichts.
Nach Ansicht der Kammer rechtfertigen die vorliegenden tatsächlichen
Gesamtumstände die Annahme, dass die Beklagte hinsichtlich des vor Ort
gebuchten Ausflugs als Reiseveranstalter zu werten ist.
Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist zunächst § 651 a II BGB.
Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist nach dem BGH (RRa 2007, 221, 223/224)
nicht so eng am Wortlaut zu haften, dass etwa aus dem Gesamtverhalten des
Reiseveranstalters zunächst seine Fremdleistungs- bzw. Vermittlungserklärung
ausgeblendet werden müsste, dann zu prüfen wäre, ob die übriggebliebenen
("sonstigen") Umstände seines Auftretens, allein betrachtet, auf eine Einbeziehung
der Zusatzleistung in den Reisevertrag hindeuten, und bejahendenfalls seine
Veranstalterhaftung anzunehmen wäre. § 651 a II BGB stellt eine Ausprägung des
auch bei der Auslegung von Verträgen zu beachtenden rechtlichen Grundsatzes
dar, dass widersprüchliches Verhalten unzulässig ist (venire contra factum
proprium), wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden
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proprium), wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden
ist und er im Hinblick darauf bestimmte Dispositionen getroffen hat. Dieses
Vertrauen kann indessen von vornherein scheitern bzw. nicht schutzwürdig sein,
wenn der Reiseveranstalter eine klare, unmissverständliche und unübersehbare
Fremdleistungserklärung abgibt und dadurch sein sonstiges, für sich genommen
auf eine Eigenleistung hindeutendes Verhalten in ein anderes Licht rückt. Es
kommt daher auf das Gesamtverhalten des Reiseveranstalters einschließlich einer
etwaigen Fremdleistungs- bzw. Vermittlungserklärung an. Wann er durch sein
sonstiges Verhalten einen so starken Anschein einer Eigenleistung begründet hat,
dass demgegenüber seine gegenteilige Erklärung in den Hintergrund tritt und
unberücksichtigt bleiben muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und
entzieht sich einer generellen Beurteilung.
Im Informationsteil des maßgeblichen Prospekts auf Seite 203 (Bl. 36. d. A.) unter
der Rubrik "Ausflüge" und auch auf Seite 33 in den Reiseinformationen Winter
2006/2007 wird darauf hingewiesen, dass die örtliche Reiseleitung ein
Ausflugsprogramm anbietet. Weiter heißt es dort wörtlich: "Wir sind Vermittler
dieser Ausflüge, die nach Landesgesetzen nur von einheimischen Unternehmen
und Fremdenführern durchgeführt werden dürfen und daher nicht der Haftung von
M. W. unterliegen."
Nach Auffassung der Kammer vermag diese Vermittlerklausel angesichts der
weiteren Gesamtumstände bei einer Gesamtwürdigung die Beklagte nicht zu
entlasten bzw. ihre Reiseveranstaltereigenschaft in Bezug auf den Bootsausflug
entfallen zu lassen.
Als eine als maßgeblich anzusehende Prämisse hat der BGH (NJW-RR 2007, 1501,
1503) formuliert:
"Allein der Werbezettel in Verbindung mit der Durchführung der Buchung,
Entgegennahme der Bezahlung und Aushändigung des Ausflugtickets reicht aus,
um das Auftreten der Beklagten als Veranstalter des Ausflugs zu bejahen und ihr
infolgedessen die vertragliche Haftung für den Unfall aufzuerlegen. Der weiteren
vom Berufungsgericht herangezogenen Indizien bedurfte es dazu nicht."
Auf der Grundlage der Angaben in den Reiseinformationen Winter 2006/2007 und
der Tatsache, dass der Ausflug über die örtliche Reiseleitung gebucht und bezahlt
worden ist und der Transfer zu dem Schnellboot durch die Beklagte erfolgt ist, ist
nach einer Gesamtwürdigung der Umstände von einer
Reiseveranstaltereigenschaft der Beklagten auszugehen.
Bereits im Begrüßungswort in den Reiseinformationen Winter 2006/2007, die allein
von der Beklagten herausgegeben und einzig ihr Logo tragen, weist die Beklagte
allgemein auf ihre zuverlässigen Partner vor Ort hin.
Unter der Rubrik "Thailand" unter "Wir sind für sie da..." (Seite 4) heißt es dann: "Ihr
Reiseleiter gibt ihnen nicht nur Insider-Tipps zu ihrem Urlaubsgebiet und berät Sie
fachmännisch über alle Ausflugsmöglichkeiten, sondern steht Ihnen insbesondere
bei allen außergewöhnlichen Vorkommnissen zur Seite.
Sollten Sie einmal mit den Leistungen unserer Vertragspartner nicht zufrieden sein
oder persönlich – aus welchem Grunde auch immer – Hilfe benötigen, so sollten
Sie sich umgehend mit unserer Vertretung vor Ort in Verbindung setzen."
Weiter wird dann in den Reiseinformationen Winter 2006/2007 unter der Rubrik
"Thailand" (Seite 5) in Bezug auf den Reiseleiter Service für Phuket auf "c/o L. LTD."
hingewiesen.
Weiterhin befindet sich in den Reiseinformationen Winter 2006/2007 (Seiten 40 u.
41) eine genaue Beschreibung des von dem Kläger zusätzlich gebuchten
Bootsausfluges zu den Phi Phi Inseln. Dort heißt es auch: "Abholung von ihrem
Hotel mit unseren klimatisierten Minibussen und Transfer zum Bootssteg von Boot
Laguna."
Vor Ort wurde dem Kläger der hier in Rede stehende Bootsausflug von der
Reiseleiterin der Beklagten angeboten. Der Kläger buchte dann entsprechend bei
der Reiseleiterin der Beklagten den Bootsausflug für sich und seine
Lebensgefährtin für insgesamt 132,61 Euro und bezahlte diesen Bootsausflug bei
der Reiseleiterin der Beklagten.
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Der Kläger erhielt ein Tour Ticket, welches mit "L. LTD." überschrieben war (Bl. 16 d.
A.).
Unter dem 27.11.2006 erhielt der Kläger von der Reiseleiterin der Beklagten ein
Fax betreffend die Buchung des Ausflugs, welches wiederum mit "L. LTD."
überschrieben war (Bl. 51 d. A.). Weiterhin heißt es unter dem Namen der
Reisleiterin "Reiseleiterservice Phuket". Unten auf dem Fax befinden sich mehrere
Logos von Reiseveranstaltern, u. a. auch das der Beklagten.
Am 29.11.2006 erhielt der Kläger von einer Firma P. Ltd. per Hinweisschreiben
nähere Informationen zum Bootsausflug, insbesondere zu den Abholmodalitäten
(Bl. 15 d. A.).
Am 30.11.2006 fand der streitgegenständliche Bootsausflug statt.
Nach Auffassung der Kammer konnte ein durchschnittlicher Reisender anhand der
gegebenen Gesamtumstände trotz der Vermittlerklausel davon ausgehen, dass
die Beklagte den Bootsausflug zu den Phi Phi Inseln veranstaltet.
Die Beklagte hat mehrfach auf ihre zuverlässigen Partner vor Ort hingewiesen. Bei
Problemen sollte man sich insoweit an die Reiseleitung der Beklagten wenden.
Weiterhin ist mehrfach darauf hingewiesen worden, dass Ausflüge bei der
Reiseleitung der Beklagten gebucht werden können.
Auch die Abwicklung der Buchung spricht für eine Reiseveranstaltereigenschaft der
Beklagten bzgl. des Bootsausflugs. Der Bootsausflug wurde bei der Reiseleiterin
der Beklagten gebucht und bezahlt. Das Tour Ticket und das Fax vom 27.11.2006
trugen die Überschrift "L. LTD." Ausweislich der Reiseinformationen Winter
2006/2007 konnte ein durchschnittlicher Reisender davon ausgehen, dass es sich
bei der L. LTD. um die Reiseleitung der Beklagten gehandelt hat. Weiterhin trug
das Fax auch das Logo der Beklagten.
Auch erfolgte der Transfer zu dem Boot mit Bussen der Beklagten.
Nach all dem vertritt die Kammer die Auffassung, dass die Beklagte als
Reiseveranstalter des Bootsausfluges zu den Phi Phi Inseln anzusehen ist und der
Bootsausflug insoweit eine Reiseleistung der Beklagte dargestellt hat.
c.
Der Unfall und die daraus resultierenden urlaubsbeeinträchtigenden Folgen
rechtfertigen eine Minderung des Reisepreises.
Zunächst hält es die Kammer für angemessen den Reisepreis für den zusätzlich
gebuchten Bootsausflug um 100% zu mindern. Infolge des Unfalls mit seiner nicht
unerheblichen Folge für den Kläger war der Bootsausflug für den Kläger, aber auch
für die den Kläger betreuende Lebensgefährtin, wertlos. Nach dem Unfall konnte
der Kläger aufgrund seiner erlittenen Verletzung den Ausflug nicht fortsetzen.
Insoweit war es auch der Lebensgefährtin des Klägers nicht zuzumuten, den
Ausflug fortzusetzen. Vielmehr ist es nachvollziehbar und nicht zu beanstanden,
dass sich die Lebensgefährtin des Klägers um diesen gekümmert hat.
Danach ist der Reisepreis für den Bootsausflug in Höhe von insgesamt 132,61
Euro seitens der Beklagten an den Kläger zurückzuzahlen.
Im Übrigen war der Reisepreis für die verbleibende Urlaubszeit zu mindern.
Diesbezüglich war zwischen dem Kläger selbst und seiner Lebensgefährtin zu
unterscheiden.
Aufgrund der erlittenen Schnittverletzung am Fuß war der restliche Urlaub des
Klägers nicht unwesentlich beeinträchtigt. Er konnte nicht mehr baden. Weiterhin
war er durch die Fußverletzung nicht unwesentlich in seiner Mobilität
beeinträchtigt, z. B. konnten keine weiteren Ausflüge unternommen werden.
Hinsichtlich des Klägers hält die Kammer eine Minderung von 30% für angemessen
und ausreichend.
Auch die Reise der Lebensgefährtin des Klägers ist durch den Unfall ihres
Lebensgefährten beeinträchtigt worden. Insoweit musste sich die Lebensgefährtin
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Lebensgefährten beeinträchtigt worden. Insoweit musste sich die Lebensgefährtin
auch um ihren verletzten Lebensgefährten kümmern. Jedoch hält die Kammer
diese Beeinträchtigungen im Ergebnis für nicht so gravierend.
Hinsichtlich der Lebensgefährtin des Klägers hält die Kammer eine Minderung von
10% für angemessen und ausreichend.
Eine Minderung kommt nur für die Zeit nach dem Unfall in Betracht, also für die
Zeit vom 01.12. – 04.12.2006.
Die Reise nach Phuket dauerte 10 Tage. Nach dem unstreitigen Parteivortrag
belief sich der diesbezügliche Reisepreis auf 1.724,– Euro. Insoweit ergibt sich ein
Tagesreisepreis von 172,40 Euro. Danach ergibt sich für vier Tage bei einer
Minderungsquote von insgesamt 40% ein Minderungsbetrag von 448,24 Euro.
2.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Schadenersatz in Höhe von
insgesamt 102,38 Euro gem. § 651 f I BGB.
a.
Wie oben bereits dargelegt hat ein Reisemangel in Form des Unfalls des Klägers
vorgelegen, da der Kläger seitens des Bootspersonals nicht auf die gefährlichen
Korallenriffe hingewiesen worden ist und es insoweit zu einer Fußverletzung des
Klägers gekommen ist.
Ebenfalls wie bereits oben dargelegt stellte der Bootsausflug, bei dem der Unfall
passierte, eine Reiseleistung der Beklagten dar.
Die Beklagte hat diesen Reisemangel auch zu vertreten. Gem. § 651 f I BGB wird
ein Verschulden des Reiseveranstalters vermutet. Vorliegend hat die Beklagte
weder sich noch ihre Erfüllungsgehilfen, für die sie einzustehen hat (§ 278 BGB),
entlastet.
b.
Als adäquat kausale Schäden sind folgende vom Kläger durch Unterlagen
nachgewiesene Schadenspositionen zu ersetzen:
Dies ergibt einen Gesamtbetrag von 102,38 Euro.
Nach Auffassung der Kammer ist der Schadenersatzanspruch nicht gem. § 254
BGB wegen eines Mitverschuldens des Klägers zu kürzen.
Der Kläger hat eine ausreichende Sorgfalt walten lassen. Aufgrund der
Vorkommnisse bei der zuvor besuchten Insel hat der Kläger ja gerade
Konsequenzen gezogen und hat extra Badeschuhe angezogen. Jedoch haben
auch die bei dem hier in Rede stehenden Korallenriff nichts mehr geholfen. Grund
der Verletzung war, dass das Korallenriff nicht mehr überschwommen werden
konnte, worauf der Kläger jedoch nicht hingewiesen worden ist. Um an Land zu
kommen, musste der Kläger das Korallenriff zwangsläufig überklettern.
Zwar findet sich in den Reise-Informationen bei dem Ausflug zu den Phi Phi Inseln
ein Hinweis auf vorgelagerte Korallenriffe. Jedoch ergibt sich aus diesem Hinweis
nicht, dass man diese Korallenriffe ggf. überklettern muss. Ein Mitverschulden des
Klägers lässt sich daraus nicht ableiten.
3.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines
Schmerzensgeldes in Höhe von 375,– Euro gem. §§ 651 f I, 253 II BGB.
a.
Wie oben bereits dargelegt hat ein Reisemangel in Form des Unfalls des Klägers
vorgelegen, da der Kläger seitens des Bootspersonals nicht auf die gefährlichen
Korallenriffe hingewiesen worden ist und es insoweit zu einer Fußverletzung des
Klägers gekommen ist.
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Ebenfalls wie bereits oben dargelegt stellte der Bootsausflug, bei dem der Unfall
passierte, eine Reiseleistung der Beklagten dar.
Die Beklagte hat diesen Reisemangel auch zu vertreten. Gem. § 651 f I BGB wird
ein Verschulden des Reiseveranstalters vermutet. Vorliegend hat die Beklagte
weder sich noch ihre Erfüllungsgehilfen, für die sie einzustehen hat (§ 278 BGB),
entlastet.
b.
Nach einer Gesamtwürdigung der Umstände hält die Kammer für die vom Kläger
erlittene Verletzung ein Schmerzensgeld von 375,– Euro für angemessen und
ausreichend.
Der Kläger erlitt an dem Korallenriff eine Schnittwunde am linken Fuß. Die Wunde
wurde ausweislich der ärztlichen Bestätigung vom 30.11.2006 (Bl. 18 d. A.) mit 5
Stichen genäht. Insoweit war der Kläger in seiner Mobilität eingeschränkt. Der
Kläger musste sich wegen seiner Verletzung auch mehrfach in ärztliche
Behandlung begeben. Ausweislich des ärztlichen Attests vom 29.06.2007 (Bl. 55 d.
A.) ergab sich Folgendes: Am 07.12.2006 zeigte sich die Wunde gerötet, entzündet
und druckschmerzhaft mit leichter Schwellung der umgebenden Weichteile. Am
12.12.2006 wurden die Fäden entfernt. Am 16.12.2006 wurde die Behandlung
komplikationslos abgeschlossen. Auf Grund des Befundes hätte der Kläger
Arbeitsunfähigkeit vom 07.12. bis 16.12.2006 attestiert werden müssen, die der
Kläger jedoch nicht in Anspruch genommen hat.
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes war kein Mitverschulden des Klägers
zu berücksichtigen. Wie oben bereits ausgeführt traf den Kläger im Rahmen seiner
Verletzung kein Mitverschulden.
Nach all dem ist ein Schmerzensgeld von 375,– Euro gerechtfertigt.
4.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 I, 288 I, 247 I BGB.
5.
Ein weiterer Schadenersatzanspruch in Höhe von 105,02 Euro ist nicht ersichtlich.
Insbesondere ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Ersatz von
Anwaltskosten scheidet aus.
Ein solcher Anspruch ist weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich schlüssig
vorgetragen worden.
Zum einen hat der Kläger nicht vorgetragen, dass ihm selbst gem. § 10 I 1 RVG
eine Rechnung seitens des Anwalts gestellt worden ist und zum anderen hat er
nicht vorgetragen, dass er die Anwaltskosten bereits gezahlt hat.
Weiterhin lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, dass seine
Prozessbevollmächtigten mit einer (ausschließlich) vorgerichtlichen Tätigkeit
beauftragt worden sind (vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 2006, 242 ff.).
Da es sich um eine Nebenforderung handelt, bedurfte es auch keiner
weitergehenden Hinweise (vgl. § 139 II ZPO).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I, 97 I ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht
vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.