Urteil des LG Frankfurt am Main vom 14.03.2017

LG Frankfurt: vergütung, dispositives recht, kauf, immobilie, kennzeichen, irreführung, form, dienstleistung, marke, firmenbezeichnung

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Gericht:
LG Frankfurt 6.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-6 O 554/08, 2/6
O 554/08, 2-06 O
554/08, 2/06 O
554/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 652 BGB, § 3 UWG, § 5 UWG,
§ 8 UWG
Wettbewerbsverstoß: Irreführung wegen eines
erfolgsunabhängigen Vergütungsanspruchs eines
Maklerunternehmens
Leitsatz
1. Aus Sicht des Rechtsverkehrs ist mit einem Auftritt unter der Bezeichnung „Makler“
nicht stets eine ausschließlich erfolgs- und gegebenenfalls objektswertabhängige
Vergütung verbunden.
2. Angesichts der von Immobilienmaklern regelmäßig zumindest auch angebotenen
weiteren Dienstleistungen kennt der Verkehr auch eine erfolgsunabhängige, am
Zeitaufwand orientierte Vergütung des Maklers.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 4.500,-- vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens auf
Unterlassung und Ersatz der Kosten für deren Abmahnung in Anspruch.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben
die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner der Immobilienwirtschaft
zugehörigen Mitglieder gehört.
Bei der Beklagten handelt es sich um eine u. a. von dem Immobilienmakler XY
(nunmehr Geschäftsführer der Beklagten) am 27.09.2002 gegründete und am
19.12.2003 eingetragene GmbH. Ihre Dienstleistungen rechnete die Beklagte bis
in den Oktober 2007 ausschließlich erfolgs- und objektwertabhängig (von der
Beklagten als „Maklerunternehmen klassischer Ausrichtung“ bezeichnet) ab. Das
nunmehrige Geschäftsmodell der Beklagten ist hingegen dadurch gekennzeichnet,
dass sie ganz überwiegend für den Verkäufer einer Immobilie Dienstleistungen
erbringt und dafür eine erfolgs- und objektwertunabhängige Vergütung in Höhe
von Euro 995,- unabhängig davon erhält, ob zwischen den Vertragspartnern und
einem Dritten ein die Immobilie betreffender Vertrag zustande kommt. Im Rahmen
ihrer Tätigkeit für einen Immobilienverkäufer richtet die Beklagte diesem
Auftraggeber zunächst einen persönlichen Bereich auf ihrer Internetplattform ein,
berät ihn bei der Angebotsaufnahme und Werteinschätzung und erstellt mit ihm
eine Objektpräsentation. Dieses Angebot wird dann sowohl auf der Internetseite
der Beklagten, als auch auf den Internetseiten weiterer Online-Dienste eingestellt.
Die dafür zu zahlende Vergütung wird gemäß der allgemeinen
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Die dafür zu zahlende Vergütung wird gemäß der allgemeinen
Geschäftsbedingungen der Beklagten (vgl. Anlage B 1) nach erfolgter
Angebotsaufnahme durch die Beklagte am Ort der Immobilie fällig.
Jedenfalls im Rahmen der Vermittlung von Miet- oder Kaufverträgen betreffend
Gewerbeimmobilien werden Unternehmen, die sich als „Makler“ oder
„Maklerunternehmen“ bezeichnen, regelmäßig erfolgs- und objektwertunabhängig
tätig.
Die Beklagte tritt im Geschäftsverkehr als „XYGmbH“ auf und verwendet dort die
Kennzeichen „XMakler“ und „xmakler“. Die vorbezeichneten Kennzeichen sind als
Wort- bzw. Bildmarken geschützt bzw. zumindest als solche angemeldet (vgl.
Anlagen K 4 bis K 6). Ausweislich ihres Internetauftritts (vgl. Anlage K 2) bezeichnet
sich die Beklagte unter anderem als „Immobilienmakler“, „IVD-Makler“ und
„Maklerunternehmen“. Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.09.2008 mahnte der
Kläger die Beklagte daraufhin ab, wobei er neben der Abgabe eine
Unterlassungserklärung die Einwilligung in die teilweise Löschung der beiden
bereits eingetragenen und die Rücknahme der Anmeldung einer weiteren Marke
durch die Beklagte begehrte.
Der Kläger ist der Auffassung, dass der Verkehr hinsichtlich eines Unternehmens,
dass sich als Makler bezeichnet, die ausschließliche Erwartung habe, dass dessen
Tätigwerden nur im Erfolgsfall (dem Abschluss eines Vertrages) zu
Vergütungsansprüchen desselben führe. Das Tätigwerden der Beklagten im
geschäftlichen Verkehr als „Makler“ sei mithin irreführend.
Der Kläger hat zunächst (auch) die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer
Einwilligungserklärung in die Teillöschung der deutschen Marken ... und ... und in
die Rücknahme der Markenanmeldung der deutschen Marke … beantragt;
diesen Antrag hat er mit Schriftsatz vom 28.08.2008 (Bl. 38 d.A.)
zurückgenommen.
Er beantragt zu erkennen, die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung
festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben
werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten
(Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens Euro 250.000,-; Ordnungshaft insgesamt
höchstens 2 Jahre) zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd ohne Makler im Sinn
des § 652 BGB zu sein,
a) für Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Kauf/Verkauf von Immobilien zu
verwenden
(1) die Firmenbezeichnung „xMakler GmbH“
(Es folgt eine Abbildung, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden
kann. – die Red.)
und /oder (2) das Kennzeichen „XMakler“ insbesondere in nachfolgender Form
(Es folgt eine Abbildung, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden
kann. – die Red.)
und/oder b) sich im Zusammenhang mit dem Kauf/Verkauf von Immobilien als
„Makler“ und/oder „Immobilienmakler“ zu bezeichnen. 2. an den Kläger Euro
1.780,20 nebst Zinsen darauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz ab
Rechtshängigkeit zu zahlen.
Hilfsweise beantragt der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, [wie vorstehender
Antrag zu Ziffer 1.], wenn sie für diese Tätigkeiten eine Vergütung auch für den Fall
beansprucht, dass der Vertrag über den Kauf/Verkauf der Immobilie nicht infolge
ihres Nachweises/ihrer Vermittlung zustande kommt.
Höchst hilfsweise beantragt der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, [wie
vorstehender Antrag zu Ziffer 1. b)], mit der Maßgabe, dass nach den Worten „von
Immobilien“ eingefügt wird, „wie auf den Seiten 2, 3, 29, 58, 59 und/oder 69 der
Anlage K 2 geschehen“.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, in Einzelfällen auch (weiterhin) auf Grundlage eines
Maklervertrages im Sinne des § 652 BGB tätig zu werden und verweist
diesbezüglich auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. Anlage K 2), die
unstreitig die Möglichkeit der „Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung“
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unstreitig die Möglichkeit der „Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung“
vorsehen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst den zu den Akten gelangten Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger kann von der Beklagten die begehrte Unterlassung nicht verlangen,
wobei dieser Anspruch insbesondere nicht aus den §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 1 Satz 1,
Satz 2 Nr. 2, 3 UWG folgt.
1. Der Kläger ist aktiv legitimiert gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Ihm gehört als
rechtsfähigem Verband zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher
Interessen eine erhebliche Zahl von Unternehmern an, die Vertragsgelegenheiten
im Zusammenhang mit dem Kauf bzw. Verkauf von Immobilien vermitteln, mithin
Dienstleistungen gleicher Art auf demselben Markt wie die Beklagte erbringen.
2. Die Beklagte handelt jedoch nicht unlauter, wenn sie ihre Dienstleistungen unter
der Firmenbezeichnung „XMakler GmbH“ und/oder den Kennzeichen „xMakler“
und/oder „x`makler“ und/oder unter der Bezeichnung „Makler“ und/oder
„Immobilienmakler“ anbietet. Dabei handelt es sich um keine irreführende
geschäftliche Handlung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG; insbesondere enthält
die geschäftliche Handlung der Beklagten keine unwahren Angaben oder sonstige
zur Täuschung geeignete Angaben über die Bedingungen, unter denen die
Dienstleistung erbracht wird, § 5 Abs. 1 Satz 2, Nr. 2 UWG. Aus Sicht des
Rechtsverkehrs und nach allgemeiner Publikumsansicht ist mit einem Handeln
unter der Bezeichnung „Makler“ – und dies stellt den Kern des vorliegend zu
entscheidenden Streits dar – nicht stets eine ausschließlich erfolgs- und
gegebenenfalls objektswertabhängige Vergütung verbunden.
Dies konnte die Kammer aufgrund eigener Sachkunde und ohne Inanspruchnahme
sachverständiger Hilfe beurteilen. Die Mitglieder der Kammer gehören sämtlich zu
den angesprochenen Verkehrskreisen, so dass es grundsätzlich keines durch eine
Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens, um das
Verständnis des Verkehrs zu ermitteln, bedarf. Dies gilt unabhängig davon, ob das
Gericht im konkreten Fall eine Irreführung aufgrund eigener Sachkunde bejahen
oder verneinen möchte (vgl. BGH GRUR 2002, S. 550, 552 – Elternbriefe).
Der Verkehr assoziiert mit einer unter der Bezeichnung „Makler“ angebotenen
Dienstleistung (lediglich), dass ein „Makler“ derjenige ist, der Gelegenheiten zum
Abschluss eines Immobilienkaufvertrages nachweist bzw. vermittelt. Allgemeiner
gesprochen geht der Verkehr davon aus, dass ein „Makler“ Leistungen im
Zusammenhang mit Immobilien erbringt – von einer Beschränkung des
Verkehrsverständnis dieser von einem Makler zu erbringenden Leistungen auf den
einfachen Nachweis von Immobilien kann keine Rede sein. Dies sieht offensichtlich
auch der Dachverband des Klägers, der XY Bundesverband, ganz offensichtlich so.
Nach der von diesem herausgegebenen Checkliste „10 Merkmale seriöser Makler“
(vgl. Anlage B 5) ist das „Berufsbild des Immobilienmaklers sehr komplex
geworden. Schon längst beschränken sich Makler nicht mehr ausschließlich auf
das einfache Nachweisen von Immobilien. Sie begutachten Grundstücke und
Gebäude, erstellen Marktanalysen, prüfen Objektunterlagen, analysieren
bestehende Mietverträge, geben wertvolle Hinweise zum Kaufvertragsrecht und
helfen, die passende Finanzierung zu finden“.
Der Verkehr kennt jedoch nicht nur dieses vielfältige Leistungsangebot von
Maklerunternehmen, sondern geht entsprechend dieser Vielfalt auch davon aus,
dass die Möglichkeit der Vergütung der Tätigkeit eines Maklers in Form einer
erfolgs- und wertabhängigen Provision nur eine der in Frage kommenden
Vergütungsmöglichkeiten darstellt. Angesichts der von einem Makler zumindest
auch angebotenen weiteren Dienstleistungen kennt der Verkehr jedenfalls auch
eine erfolgsunabhängige, am Zeitaufwand orientierte Vergütung des Maklers.
Während diese Vergütungsform im Bereich der Gewerbeimmobilien
möglicherweise schon überwiegt, stellt im Segment der Wohnimmobilien
möglicherweise die erfolgs- und objektabhängige Vergütung noch die Regel dar.
Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Verkehr nicht per se eine solche
Vergütung erwartet, sondern löst allenfalls Hinweispflichten des Maklers über die
zu vereinbarende Vergütungsform aus. Dieses Verkehrsverständnis findet sich im
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zu vereinbarende Vergütungsform aus. Dieses Verkehrsverständnis findet sich im
Übrigen auch in anderen (ehemals) provisionszentrierten Wirtschaftsbereichen wie
bspw. jenem der Vermögensberatung, in dem Berater ebenfalls zunehmend auf
Zeithonorarbasis tätig werden.
Diese vorskizzierte Verkehrsauffassung deckt sich auch mit den gesetzlichen
Vorgaben. § 652 BGB sieht zwar den Vertragstyp des Mäklervertrages für das
Tätigwerden eines Maklers vor. Bei dem Maklerrecht des BGB handelt es sich
jedoch um dispositives Recht (vgl. Palandt, BGB, § 652, Rn. 63), sodass die
Vertragsparteien die wechselseitigen Leistungspflichten frei gestalten und
dementsprechend eben auch Dienstverträge abschließen können. Im Übrigen ist
es selbst für die Mischform des so genannten Maklerdienstvertrages, der im Kern
Mäklervertrag im Sinne des BGB (Palandt, BGB, Einführung vor § 652, Rn. 6),
anerkannt, dass jedenfalls individualvertraglich die Vereinbarung einer
erfolgsunabhängigen Vergütung möglich ist (vgl. BGH NJW-RR 1999, Seite 1499).
Daran wird deutlich, dass der rechtliche Begriff des Maklers als (ungeschützte)
Berufbezeichnung nicht zwingend eine erfolgsabhängige Vergütung umfasst. Aus
den gesetzlichen Regelungen folgt auf Grund von deren Dispositivität nicht, dass
eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Vergütung nur dann bestehen kann, wenn
ein Vertrag infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Maklers
zustande kommt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.