Urteil des LG Frankfurt am Main vom 14.11.2008

LG Frankfurt: kost und logis, geldstrafe, asylbewerber, beschränkung, pass, taschengeld, duldung, donau, rechtskraft, existenzminimum

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Gericht:
LG Frankfurt 10.
Kleine
Strafkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5/10 - 3640 AR
261237/08 Ns, 5-
10 - 3640 AR
261237/08 Ns
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 40 StGB
Geldstrafe: Höhe des Tagessatzes bei einem Asylbewerber
Tenor
Auf die Berufung des Angeklagten wird das angefochtene Urteil im Strafausspruch
dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Geldstrafe von
80 Tagessätzen zu je 1,– EUR
verurteilt wird.
Die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die notwendigen Auslagen des
Angeklagten im Berufungsrechtszug tragen der Angeklagte zu 1/3 und die
Staatskasse zu 2/3.
Gründe
(abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO)
Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom
26.05.2008 wegen wiederholter Zuwiderhandlung gegen eine räumliche
Beschränkung (§§ 61 I. 1, 95 I 7 AufenthG) zu einer Geldstrafe von 120
Tagessätzen á 5,– EUR verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung
eingelegt und sein Rechtsmittel auf den Strafausspruch beschränkt. Damit ist der
Schuldspruch des angefochtenen Urteils in Rechtskraft erwachsen; die ihn
tragenden Feststellungen sind bindend geworden. Es steht mithin fest, dass der
Angeklagte sich am 14.05.2008 zum wiederholten Male in Frankfurt am Main
aufhielt, obwohl seine aufenthaltsrechtliche Duldung räumlich auf den Alb-Donau-
Kreis beschränkt war.
Sein Rechtsmittel führte zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils im
Strafausspruch.
I.
Der jetzt 27 Jahre alte Angeklagte hat sich zu seinem Werdegang und zu seinen
persönlichen Verhältnissen unwiderlegt wie folgt eingelassen:
Er habe in Gambia 4 Jahre lang eine Schule besucht und anschließend in dem
Lebensmittelgeschäft seines Vaters mitgearbeitet. Im Jahre 2004 habe er seine
Heimat aus politischen Gründen verlassen und sei nach Deutschland gekommen.
Hier wohne er in einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber und bekomme
ein monatliches Taschengeld von 40,– EUR. Er sei am 14.05.2008 nach Frankfurt
gekommen, um seine hier wohnende Freundin zu besuchen. Er halte die
erstinstanzlich verhängte Geldstrafe für zu hoch.
Der Angeklagte ist bislang wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
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1. Am 06.04.2005 verurteilte ihn das Amtsgericht Ulm wegen unerlaubten Besitzes
von Betäubungsmitteln (Tatzeit 26.01.2005) zu einer Geldstrafe von 40
Tagessätzen zu je 5,– EUR.
2. Am 20.10.2005 verurteilte ihn das Amtsgericht Ulm wegen Betruges (Tatzeit
22.05.2005) zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 5,– EUR.
3. Am 11.02.2008 verurteilte ihn das Amtsgericht Ulm wegen wiederholten
Verstoßes gegen eine räumliche Beschränkung nach dem Aufenthaltsgesetz zu
einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 5,– EUR. Er hatte sich am 06.12.2007
ohne behördliche Erlaubnis in Frankfurt am Main aufgehalten.
4. Am 04.04.2008 verurteilte ihn das Amtsgericht Frankfurt am Main wegen
Aufenthaltes in der Bundesrepublik ohne Pass oder Passersatz zu einer Geldstrafe
von 40 Tagessätzen zu je 8,– EUR. Er hatte sich am 06.12.2007 ohne Pass oder
Passersatz in Frankfurt am Main aufgehalten.
II.
§ 95 I AufenthG sieht zur Ahndung der Tat Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr oder
Geldstrafe vor. Bei der Findung der konkret verwirkten Strafe hat die Kammer dem
Angeklagten seine Geständigkeit, die erlittene Untersuchungshaft von 11 Tagen
sowie den Grund für seinen unerlaubten Aufenthalt in Frankfurt (Besuch der
Freundin) zu Gute gehalten. Gegen ihn sprach seine einschlägige Vorstrafe (die
beiden Verurteilungen I. 3. und 4. betreffen ein und dieselbe Tat). Auf der
Grundlage dieser Erwägungen hielt die Kammer zur Ahndung der Tat vom
14.05.2008 eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen für ausreichend und hat auf diese
erkannt. Die Höhe des Tagessatzes hat das Gericht auf 1,– EUR festgesetzt, weil
der Angeklagte lediglich ein monatliches Taschengeld in Höhe von 40,– EUR nach
dem Asylbewerberleistungsgesetz erhält; die Sachleistungen (Kost und Logis)
mussten hier außer Ansatz bleiben, da sie lediglich das Existenzminimum sichern
und der Angeklagte über sie nicht verfügen kann.
Das angefochtene Urteil war daher wie aus dem Tenor ersichtlich abzuändern.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 464 d StPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.