Urteil des LG Frankfurt am Main vom 14.03.2017

LG Frankfurt: irreführende werbung, verbraucher, form, ernährung, anteil, zusammensetzung, einfluss, lebensmittel, mineralstoff, leistungsfähigkeit

Gericht:
LG Frankfurt 3.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2/3 O 634/06, 2-3
O 634/06, 2/03 O
634/06, 2-03 O
634/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 11 Abs 1 Nr 1 LFGB, § 27
LFGB, § 3 UWG, § 4 Nr 11 UWG
Wettbewerbswidrige Lebensmittelwerbung: Irreführende
Werbung für Nahrungsergänzungsmittel mit
Nanomineralien mangels eines wissenschaftlichen
Wirksamkeitsnachweises
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis Euro
250.000,–, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten,
die Ordnungshaft zu vollstrecken an ihrem Vorstand, für jeden Fall der
Zuwiderhandlung untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu werben
1. für das Mittel "...":
1.1. "Mineralstoff Siliciumdioxid, Magnesium und Calcium in Form von
Nanopartikeln zur Nahrungsergänzung.",
1.2. "unterstützen den Zellaufbau und den Zellstoffwechsel"
und/oder
"zur Aktivierung des Zellaufbaus und des Zellstoffwechsels",
1.3 "regulieren die Hydrierung der Haut"
und/oder
"Regulierung der Hydrierung der Haut",
1.4. "fördern die Nährstoffzufuhr zur Unterstützung gesunder Lebensfunktionen
während der biologischen Alterungsprozesse"
und/oder
"Nährstoffzufuhr zur Unterstützung gesunder Lebensfunktionen während des
biologischen Alterungsprozess (Anti-Aging)",
1.5. "verbessern das allgemeine Wohlbefinden und stärken das Immunsystem"
und/oder
"Das ganzheitliche Wohlbefinden wird verbessert und das Immunsystem
gestärkt",
1.6 "Nanomineralien werden besonders schnell vom Körper umgesetzt. Das
gesundheitliche Wohlbefinden wird verbessert und das Immunsystem gestärkt.",
2. für das Mittel "...":
2.1. "NanoMineralKomplex aus Silicium, Calcium und Magnesium in Form von
Nanopartikeln zur Nahrungsergänzung",
2.2. "Die in ... enthaltenen Mineralien wurden mit einem speziell entwickelten
Verfahren auf eine Größe im Nanometer Bereich zerkleinert. In dieser Form
können sie vom Körper leicht aufgenommen und verwertet werden."
und/oder
"Die in ... enthaltenen Mineralien wurden mit einem speziell entwickelten
Verfahren auf eine Größe von 3-10 nm zerkleinert. In dieser Form können sie vom
Körper leicht aufgenommen und verwertet werden.",
2.3. "wird vom Körper rasch aufgenommen",
2.4. "hohe Verfügbarkeit im Stoffwechsel",
2.5. "unterstützt das Immunsystem",
2.6. "zum Erhalt der natürlichen Leistungsfähigkeit",
2.7. "wurde speziell für den Profi- und Hochleistungsport zur Ergänzung des
erhöhten Mineralstoffbedarfes von Silicium, Calcium und Magnesium bei
sportlicher Betätigung entwickelt und erprobt.",
3. für das Mittel "...":
3.1. "Hautspray mit Nanomineralien",
3.2. "Die in ... enthaltenen Mineralien wurden mit einem speziell entwickelten
Verfahren auf eine Größe von 3 - 10 nm zerkleinert. In dieser Form können sie
leicht aufgenommen und verwertet werden.",
4. für das Mittel "...":
4.1. "Mineralstoff Siliciumdioxid mit Magnesium und Calcium in Form von
Nanopartikeln",
4.2. "Nanomieralien werden besonders schnell vom Körper umgesetzt. Das
gesundheitliche Wohlbefinden wird verbessert und das Immunsystem gestärkt.",
5. für das Mittel "...":
5.1. "Nanomineralien ... Mineralien in einer neuen Dimension";
5.2. "für bessere Regeneration von Muskeln, Bändern und Sehnen",
5.3. "Die in ... enthaltenen Nanomineralien wurden mit einem speziell entwickelten
und patentierten Verfahren, ohne Chemie und Gentechnik, auf eine Größe von 3 -
10 nm zerkleinert, in dieser Form können sie vom Körper leicht aufgenommen und
verwertet werden.",
5.4. "... wurden speziell für regelmäßig Sporttreibende und Leistungssportler zur
täglichen Ergänzung eines erhöhten Mineralstoffbedarfs von Silicium, Calcium und
Magnesium entwickelt und erprobt.",
5.5. "Der ... ergänzt den Mineralstoffbedarf der Muskeln, Sehnen und Bänder
während der Regenerationsphase nach dem Sport.",
6. für "..."-Produkte:
6.1. "Die Herstellung der ... Nanoprodukte erfolgt ausschließlich in Deutschland
unter strengen Auflagen bezüglich Umweltschutz, Hygiene und Arbeitssicherheit.",
6.2. "Wird Silicium in der für den Körper verwertbaren Form (Nanosilicium)
ausreichend zugeführt, unterstützt es das Verdauungssystem, die Immunabwehr,
stabilisiert den Säure-Basen-Haushalt und hilft bei Entgiftungsprozessen.",
6.3. "Mit ... unterstütze ich die Leistungsfähigkeit meines Körpers. Innerhalb
kürzester Zeit, nachdem ich ... eingenommen hatte, habe ich bereits die Wirkung
gespürt. Ich bin nach dem Training nicht mehr so ausgepowert und fühle mich
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gespürt. Ich bin nach dem Training nicht mehr so ausgepowert und fühle mich
einfach schneller wieder fit. Darüber hinaus war ich in der Saison 2004/2005
verletzt. Dank ... wurde der Heilungsprozess verkürzt und ich war schneller wieder
einsatzfähig", so "...."
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 55.000,– vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die
Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung
darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden.
Die Beklagte befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Nanopartikeln,
unter anderem für Nahrungsergänzungsmittel. Nach eigener Aussage konzentriert
sie sich auf Nanopartikel in einer Größe von bis zu 3 - 10 nm. Sie bringt die Mittel
..., ..., ... als Mittel zur Nahrungsergänzung bzw. ... als Kosmetikum in Verkehr und
bewirbt diese im Internet unter ... wie aus dem Anlagenkonvolut K 2 (Bl. 29 62 d.A.)
ersichtlich. Wegen der Ausgestaltung der Umverpackungen dieser Produkte wird
auf Bl. 63 - 67 d.A. Bezug genommen.
Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Werbung verstoße gegen das
Irreführungsverbot der §§ 11 I Nrn. 1, 2 bzw. 27 I S. 2 Nr. 3b LBFG; § 5 II Nr. 1 UWG.
Er behauptet, die Zufuhr von Silicium habe keinerlei Bedeutung für die
menschliche Ernährung. Ebenso wenig sei die Aussage wissenschaftlich belegt,
wonach die Einnahme von Silicium in Form von Nanopartikeln irgendwelche
gesundheitlichen Vorteile hätte. In diesem Zusammenhang verweist er auf das
Werk Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, verantwortet von der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung, der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung, der
Schweizerischen Gesellschaft für Ernährungsforschung und der Schweizerischen
Vereinigung für Ernährung (Anlage K 16). Im Übrigen sei es herstellungsbedingt
unmöglich, dass die angepriesenen Produkte die Mineralstoffe Siliciumdioxid,
Magnesium und Calcium maßgeblich in Form von Nanopartikeln enthielten.
Zerkleinerungseffekte in dem hier beanspruchten Bereich von < 10 nm seien
mittels des verwendeten Mahlverfahrens (Kolloidmühlentechnologie) nicht
erzielbar. Derartige Partikel könnten also in den Mitteln nicht in nennenswerter
Menge enthalten sein. In diesem Zusammenhang verweist er auf das Gutachten
des Sachverständigen ... vom 01.04.2006 bezüglich des Mittels ... (Anl. K 9 – Bl. 72
- 127 d.A.) sowie dessen Ergänzungsgutachten vom 31.05.2006 (Anl. K 15) und
das analytische Kurzgutachten des Sachverständigen ... vom 21.02.0006
bezüglich fünf der angepriesenen "nano"-Produkte (Anl. K 10 Bl. 128 - 133 d.A.).
Der in den Mitteln enthaltene Anteil des Tagesbedarfs an Magnesium und Calcium
sei zu vernachlässigen, da der Mensch seinen Tagesbedarf an Magnesium bzw.
Calcium ohnehin in aller Regel aus der normalen täglichen Ernährung decke.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, in ihren Produkten seien Nanopartikel < 10 nm enthalten, wobei
mehr Nanopartikel vorhanden seien, als der natürlich vorkommende Anteil. Zu
deren Erzeugung setze sie ein mehrstufiges Verfahren ein. In der ersten Phase
seien modifizierte Kolloidmühlen im Einsatz. Das Zwischenprodukt aus diesen
Mühlen werde dann in einem zweiten Schritt zum Endprodukt verarbeitet. In
diesem Zusammenhang verweist sie auf die Gutachten der ... vom 30.06.2005
bezüglich "..." (Anl. B 4), welches die Grundsubstanz für alle ...
Nahrungsergänzungsprodukte darstellen soll, und vom 13.04.2006 bezüglich des
Produktes ... (Anl. B 5), das Gutachten der Sachverständigen ... vom 22.03.2006
(Anl. B 6) sowie deren Ergänzungsgutachten vom 30.01.2007 bzgl. ... (Anl. B 7),
den Analysenbericht der Messstelle ... vom 27.03.2006 (Anl. B 8) und die notarielle
Urkunde des Notars ... vom 11.09.2006 (Anl. B 9). Demgegenüber kämen die von
dem Kläger angeführten Gutachten zu unzutreffenden Ergebnissen, wie sich aus
den beiden Stellungnahmen von ... vom 21.05.2006 (Anl. B 1 und B 2) ergäbe.
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Ferner behauptet sie, es sei aus wissenschaftlicher Sicht unbestreitbar, dass
Silicium, Calcium und Magnesium für den Zellaufbau und den Zellstoffwechsel u.a.
für dessen Aktivierung verantwortlich seien. Aus wissenschaftlicher Sicht komme
diesen Mineralstoffen, und zwar auch in der vorliegend in Rede stehenden
Konzentration eine wichtige Funktion im Wasserhaushalt von Hautzellen zu.
Wissenschaftliche Studien, die den positiven Einfluss dieser Mineralstoffe auf das
Immunsystem bestreiten, seien nicht bekannt. Der positive Einfluss von Silicium
auf das Immunsystem sei wissenschaftlich belegt. Silicium sei außerdem wichtig
für Bänder und Sehnen sowie die in Muskeln enthaltenen Fasern. Calcium führe bei
Sportlern zu einer erhöhten muskulären Belastbarkeit und Belastbarkeit der
Knochen. Magnesium verbessere die Muskelfunktionen, verringere die Neigung
von Muskelkrämpfen und unspezifischen Muskelbeschwerden; bei Sportlern
verbessere es die muskuläre Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit. Des Weiteren
behauptet sie, Silicium sei im Bereich der Nahrungsergänzung anerkannt und
verbreitet. Es sei auch wissenschaftlich erwiesen, dass Silicium über die Nahrung
zugeführt einen positiven Einfluss auf Anzeichen biologischer Hautalterung beim
Menschen habe. Eine von ihr beauftragte Untersuchung zum Einfluss einer
Supplementierung von ... auf ausgewählte Leistungs- und
Befindlichkeitsparameter bei Freizeitsportlern durch das Institut für ... habe zu dem
Ergebnis einer messbaren Leistungssteigerung geführt (Anl. B 12). Die Beklagte ist
der Ansicht, damit sei der positive Effekt ihrer Produkte bewiesen. Im Übrigen
würde die als Anlagenkonvolut B 13 vorgelegte wissenschaftliche Literatur die
beworbenen Produkteigenschaften bestätigen. Zur Löslichkeit als Indikator für die
Bioverfügbarkeit von Silicium, Calcium und Magnesium aus ihren Produkten habe
das Lefo-Institut eigene Untersuchungen angestellt. Bezogen auf den
rezepturmäßigen Anteil seien 44 % des Siliciumoxides in Magensäuresimulanz
löslich gewesen (vgl. Anl. B 13 unter "L"). Aufgrund der hohen Löslichkeit der
eingesetzten Verbindungen sei eine hohe Bioverfügbarkeit und damit eine rasche
Körperaufnahme gegeben.
Schließlich behauptet die Beklagte, die Produktion erfolge – wie beworben –
ausschließlich in Deutschland.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
Der Kläger kann von der Beklagten Unterlassung der beanstandeten
Werbeaussagen gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 8 ff UWG verlangen.
Die Anspruchsberechtigung des Klägers zur Geltendmachung
wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche ergibt sich aus §§ 2 II, 3 I Nr. 2
UklaG. Dass der Kläger ein Verband der in § 3 I Nr. 2 UklaG bezeichneten Art ist,
ergibt sich ohne Weiteres daraus, dass er als branchenübergreifend und
überregional tätiger Wettbewerbsverband i.S. von § 13 V Nr. 2 UklaG festgestellt
ist (vgl. Anl. K 1 Bl. 28). Die hier in Rede stehenden Irreführungsverbote des
Lebensmittelrechts unterfallen den Verbraucherschutzvorschriften des § 2 II UklaG
(vgl. Palandt, BGB, 66 Aufl., § 2 UklaG Rn. 11; Hefermehl/Köhler/Bornkamm,
Wettbewerbsrecht, 25.Aufl., § 4 Rn. 11.136).
Die beanstandeten Aussagen im Internet unter der Domain ... und auf den
Umverpackungen der von der Beklagten vertriebenen ... verstoßen gegen §§ 3
UWG; 11, 27 LFGB.
Bei dem beworbenen Produkt ... handelt es sich um ein Lebensmittel gemäß § 2
LFGB.
Gemäß § 11 I Nr. 1 LFGB ist es verboten, bei einem Lebensmittel zur Täuschung
geeignete Aussagen über dessen Beschaffenheit zu verwenden. Aus dem
Schutzzweck von § 11 LFGB folgt, dass es nicht erforderlich ist, dass eine
Täuschung tatsächlich schon eingetreten ist; es genügt vielmehr, dass eine
Werbeangabe geeignet ist, einen beachtlichen Teil des angesprochenen
Verkehrskreises irrezuführen. Maßstab hierfür ist die berechtigte
Verbrauchererwartung des sog. Durchschnittsverbrauchers.
Nach § 11 I Nr. 2 LFGB liegt eine unzulässige Irreführung vor, wenn einem
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Nach § 11 I Nr. 2 LFGB liegt eine unzulässige Irreführung vor, wenn einem
Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die wissenschaftlich nicht hinreichend
gesichert sind (Verbot pseudowissenschaftlicher Aussagen). Dem liegt die
Erwägung zugrunde, dass im Interesse der Allgemeinheit Angaben über
gesundheitliche und ernährungsphysiologische Wirkungen nur dann zuzulassen
sind, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen (BGH GRUR
1971, 153 (155)). Der Werbende, der – wie hier die Beklagte –
gesundheitsbezogene Aussagen verwendet und damit den Eindruck einer
gesicherten Fachaussage vermittelt, hat die wissenschaftliche Absicherung seiner
Werbeangabe zu beweisen (OLG München.LMRR 2003, 88).
Die Voraussetzungen der Irreführung sind für die beanstandeten Aussagen erfüllt:
1.1.
Der Verbraucher versteht die unter Ziff. 1.1. angegriffene Werbeaussage
dahingehend, dass der gesamte Anteil der genannten, in dem Produkt
enthaltenen Mineralstoffe Siliciumdioxid, Magnesium und Calcium in der
beworbenen Maßeinheit vorliegt, d.h. diese komplett nanoskaliert sind. Dem ist
aber ausweislich der eigenen von der Beklagten vorgelegten Gutachten nicht so.
Nach der Definition in dem Gutachten ... welche auch von der Beklagten nicht
angegriffen wird, liegt eine vollständige Nanoskalierung bei einer Partikelgröße von
< 100 nm vor.
Soweit die Gutachten der ... vom 30.06.2005 (Anl. B 4) und vom 13.04.2005 (Anl.
B 5) sowie das Ergänzungsgutachten ... vom 30.01.2007 (Anl. B 7) die Substanz ...
betreffen, fehlt es bereits an dem Nachweis, dass diese Substanz (und in welcher
Menge ?) in dem konkret beworbenen Produkt der Beklagten enthalten ist. Solches
geht auch aus der Untersuchung selbst nicht hervor. Ebenso wenig werden
Aussagen gemacht zum Herstellungsverfahren sowie zur Verwendung dieses
Grundstoffs. So heißt es denn auch auf der Seite 2 des Gutachtens: "Anm.:
Interessant wären hier Untersuchungen an dem ungemahlenen
Ausgangsmaterial.". Gleiches gilt für dessen Zusammensetzung.
Laut dem Gutachten ... vom 22.03.2006 (Anl. B 6) zeigt eine optische
Charakterisierung mittels REM mineralische Spuren im Nanometer Bereich (S. 15),
wobei Partikel von einer Größe < 10 nm optisch vermessen werden konnten (S.
16/17). Diese Untersuchung trifft aber keine Aussage zu dem nanoskalierten Anteil
an den Mineralien Silicium, Calcium und Magnesium bezüglich der
Gesamtformulierung des .... Eine statistische Teilchengrößenverteilung ist nicht
durchgeführt worden. Dass hier der gesamte Produktanteil der Mineralien oder
zumindest eine signifikante und eigenschaftsbestimmende Menge – welche nach
der unbestrittenen Aussage im Gutachten ... gewöhnlich > 50 % in der
naturwissenschaftlichen Terminologie beträgt – nanoskaliert ist, lässt sich heraus
nicht belegen. Im Übrigen geht aus der Untersuchung nicht hervor, um welches
Material es sich bei den mineralischen Strukturen/Partikeln im Bereich < 10 nm
handelt, insbesondere ob es sich bei den festgestellten Nanopartikeln gerade um
die von der Beklagten aufgeführten Mineralstoffe Silicium, Calcium und Magnesium
handelt. So ist eine elementspezifische Charakterisierung mittels EDX nicht
vorgenommen worden.
Gleiches gilt für den Analysenbericht der Messstelle ... vom 27.03.2006 (Anl. B 8).
Soweit es dort heißt, dass flockige Teilchen D < 100 nm bis zu ca. 10 nm
nachgewiesen wurden, welche Silicium enthalten, wobei die beobachtete Häufigkeit
dieser Teilchen nach aller Erfahrung mit einem Massenanteil im %bereich
vereinbar sei, fehlt es zum einen an der Darlegung, worauf diese Erfahrung
gründet. Ferner unterbleibt jegliche Konkretisierung zur Höhe des Anteils,
insbesondere welchen Anteil die Strukturen in dem hier beworbenen Bereich von
ca. 10 nm ausmachen. Darüber hinaus geht aus den Abbildungen nicht hervor, um
welches Material es sich bei den dort abgebildeten Objekten handelt, die in die
Größenordnung von 3 - 10 nm fallen. Auch in dem Bericht ist nicht dargelegt, wie
ermittelt wurde, dass es sich bei den festgestellten Nano-Partikeln gerade um
Silicium handeln soll.
Soweit die Beklagte schließlich auf die notarielle Urkunde des Notars ... vom
11.09.2006 (Anl. B 9) verweist, ist diese nicht geeignet, die Existenz von
Nanopartikeln zu belegen, da der Notar keine eigenen Feststellungen zu dem
Vorhandensein von Nanopartikeln < 10 nm getroffen, sondern lediglich die
Erklärungen der als "wissenschaftliche Experten" aufgeführten Personen
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Erklärungen der als "wissenschaftliche Experten" aufgeführten Personen
protokolliert hat.
Damit wird durch die von der Beklagten vorgelegten Gutachten nicht
nachgewiesen, dass sich in den von ihr beworbenen ... ein nennenswerter Umfang
von Nano-Partikeln befindet, der den Anteil von Nano-Partikeln, den abhängig von
Mineralstruktur und -härte ggf. auch die üblichen mechanischen
Mikronisierungsverfahren liefern, übersteigt und somit von Relevanz wäre. Der
bloße Nachweis von Nanomineralien überhaupt, ohne dass eine Aussage über
deren Anteil getroffen wird, ist als Beleg für die getroffene Aussage und die damit
verbundene Verbrauchererwartung nicht ausreichend.
1.2. - 1.6.
Der Verbraucher versteht die hier angegriffenen Wirkungsaussagen in Bezug auf
das konkrete Produkt. Soweit die fraglichen Wirkungsaussagen unmittelbar unter
der Überschrift "..." stehen, bezieht der Verbraucher die darunter getroffenen
Wirkungsbehauptungen nicht nur auf den Mineralstoff Silicium allgemein, sondern
gerade auch bezogen auf das konkrete Produkt, welches u.a. den Mineralstoff
Siliciumdioxid in Form von Nanopartikeln zur Nahrungsergänzung enthält. Die auf
der Umverpackung des Produktes befindlichen Wirkungsaussagen wird der
durchschnittliche Verbraucher naturgemäß in Beziehung zu dem konkreten
Produkt setzen.
Einen Nachweis dafür, dass die von ihr ausgelobten gesundheitsbezogenen
Aussagen in Bezug auf ihr Produkt ... in seiner konkreten Zusammensetzung und
der vorliegend in Rede stehenden Konzentration laut Packungsangaben auf
wissenschaftlichen Grundlagen beruhen und wissenschaftlich anerkannt sind, hat
die Beklagte nicht erbracht. Weder hat sie solches durch hinreichende praktische
Erfahrungen, z.B. durch kontrollierte klinische Versuche belegt, noch eigenes
wissenschaftliches (medizinisches oder ernährungsphysiologisches)
Erkenntnismaterial vorgelegt. Die von ihr vorgelegten Unterlagen beinhalten keine
aussagekräftigen Belege für die beworbene Wirkung und Wirksamkeit der .... Dass
die von der Beklagten beworbenen Wirkungen dieses Produktes von einer
wissenschaftlich qualifizierten Persönlichkeit nach wissenschaftlich allgemein
anerkannten und nachprüfbaren Methoden festgestellt worden sind, behauptet sie
im Übrigen selbst nicht.
Soweit die Beklagte zum wissenschaftlichen Nachweis, dass Silicium über die
Nahrung zugeführt einen positiven Einfluss auf Anzeichen biologischer
Hautalterung beim Menschen habe, die doppel-blinde Placebo-kontrollierte
Humanstudie der Universität Brüssel (Faculty of Physical Education and
Physiotherapy) und der Universität Antwerpen (Department of Pharmaceutical
Sciences, Faculty of Pharmaceutical, Biomedical and Veterinary Sciences) aus
dem Jahre 2005 anführt, betrifft diese ein Nahrungsergänzungsmittel mit Silicium,
nicht indes das beworbene Mittel der Beklagten. Angaben zu der
Zusammensetzung dieses Mittels fehlen, so dass nicht ersichtlich ist, ob und
inwieweit das Ergebnis dieser Studie irgendeine Aussagekraft in Bezug auf die hier
streitgegenständlichen nanosiliceo Kapseln hat.
Auch die von der Beklagten vorgelegte Studie des Instituts für Sporternährung e.V.
(Anl. B 12) trifft keine Aussage zu den ..., sondern erging zu der Supplementierung
von .... Eine Ampulle hiervon enthält indes durchschnittlich 235 mg Silicium, 150
mg Calcium und 52 mg Magnesium, während eine ... ausweislich der Angaben auf
der Packung 45,23 mg Silicium, 20,20 mg Magnesium und 33,00 mg Calcium
enthält. Aufgrund dieser unterschiedlichen Zusammensetzung ist nicht
nachvollziehbar, ob und inwieweit sich die Ergebnisse der Studie bezüglich ... auf
das hier beworbene Mittel übertragen lassen.
Ebenso wenig ist die Untersuchung des ... (Anl. B 13 unter "L") zur Löslichkeit als
Indikator für die Bioverfügbarkeit von Silicium, Calcium und Magnesium bezogen
auf das Produkt ... als wissenschaftlicher Nachweis für die unter Ziff. 1.
beworbenen Wirkungen der ... geeignet. Diese bestehen pro Kapsel aus 45,23 mg
Silicium, 20,20 mg Magnesium und 33,00 mg Calcium, während eine
Nanosilimagna Kapsel 45,08 mg Silicium, 53,30 mg Magnesium und 87,00 mg
Calcium enthält. Aufgrund dieser unterschiedlichen Zusammensetzung ist das
Ergebnis der Untersuchung mithin nicht aussagekräftig.
Auch die sonstigen von der Beklagten als Anlagenkonvolut B 13 vorgelegten
Unterlagen treffen keinerlei Aussage über die hier in Rede stehenden Wirkungs-
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Unterlagen treffen keinerlei Aussage über die hier in Rede stehenden Wirkungs-
und Wirksamkeitsbehauptungen der von ihr vertriebenen ... unter Berücksichtigung
der jeweiligen Konzentration, sondern lediglich zur Wirkungsweise der Mineralstoffe
Silicium, Magnesium und Calcium allgemein.
Soweit die Beklagte die behaupteten Wirkungen ihres Mittels auf den angegebenen
Gehalt an Silicium, Calcium und Magnesium zurückführt, ist eine nennenswerte
Aufnahme dieser Mineralstoffe aus dem konkreten Kapsel-Produkt der Beklagten
nicht belegt, zumal das Mittel ausweislich der Mengenangaben auf der Packung bei
bestimmungsgemäßer Verwendung lediglich 26,93% des Tagesbedarfs an
Magnesium und 16,5 % der Tagesdosis an Calcium deckt und – wie auch die
Beklagte selbst nicht in Abrede stellt – der Tagesbedarf an Magnesium bzw.
Calcium in aller Regel aus der normalen täglichen Ernährung gedeckt wird.
Soweit eine Kapsel 45,23 mg Silicium enthalten soll, kann dieses mangels
Löslichkeit vom menschlichen Körper nur aufgenommen und verwertet werden,
wenn es nicht in kristalliner Form vorhanden, sondern zu Nanopartikeln zermahlen
ist. Dass in dem Mittel der Beklagten im nennenswerten Umfang nanoskaliertes
Silicium vorhanden sind, ist indes nicht belegt. Darüber hinaus ergibt sich aus den
Ausführungen in dem Werk "Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr", verantwortet
von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, der Österreichischen Gesellschaft
für Ernährung, der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährungsforschung und der
Schweizerischen Vereinigung für Ernährung (Anl. K 16), dass die speziellen
Funktionen von Silicium nicht bekannt sind. Vielmehr deckt nach den dortigen
Ausführungen die Aufnahme von Silicium mit der Nahrung nach dem
gegenwärtigen Erkenntnisstand offensichtlich den Bedarf beim Menschen, da
einschlägige Mangelerscheinungen bisher nicht aufgetreten sind.
Wie bereits dargelegt, lässt sich den beklagtenseits vorgelegten Untersuchungen
auch nicht entnehmen, dass in den ... relevante Mengen an Silicium, Magnesium
und Calcium vorhanden sind, welche in ... zerkleinert sind. Damit fehlt den
angegriffenen Wirkungsbehauptungen ferner insofern die Grundlage und
Plausibilität, als die Beklagte diese aus der Behauptung ableitet, dass in ihrem
Produkt die Mineralstoffe als Nanopartikel vorliegen.
Dem Antrag der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens ist
nicht nachzukommen. Mit dem Beweisantrag will die Beklagte den
wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis nachholen. Das ist jedoch aus materiell-
rechtlichen Gründen unerheblich. Der Tatbestand des § 11 I Nr. 2 LFBG ist erfüllt,
wenn im Zeitpunkt der Werbung die dem Lebensmittel beigelegte Wirkung
wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert ist. Es kommt nicht darauf an, ob der
wissenschaftliche Wirkungsnachweis objektiv erbracht werden könnte.
Grundsätzlich dürfen der Werbung für Lebensmittel nur tatsächlich erwiesene
Wirkungen zugrunde gelegt werden (vgl. Zipfel, Rathke, Lebensmittelrecht, § 11
Rn. 191). Da der Unterlassungsantrag auf die Zukunft gerichtet ist, könnte der
Beklagten die beanstandete Werbung nicht untersagt werden, wenn die beworbene
Wirkung ihrer Produkte inzwischen der wissenschaftlichen Meinung entspricht. Dies
müsste jedoch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingetreten sein, was
vorliegend nicht der Fall ist.
Damit ist eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung der beworbenen
Wirkung und Wirksamkeit der nanosiliceo Kapseln nicht nachgewiesen.
2.1. - 2.3.
Auch betreffend das Mittel ... vermögen die von der Beklagten vorgelegten
Unterlagen nicht zu belegen, dass die darin befindlichen Mineralstoffe Silicium,
Calcium und Magnesium entsprechend der Verbrauchererwartung in
nennenswertem Umfang nanoskaliert vorliegen.
Nach dem Gutachten ... vom 22.03.2006 (Anl. B 6) zeigt eine optische
Charakterisierung mittels REM mineralische Spuren im Nanometer Bereich (S. 10,
12). Aus dieser Aussage lässt sich aber weder die Höhe des nanoskalierten Anteils
der Gesamtformulierung des Produktes herleiten, noch ist ersichtlich, um welches
Material es sich bei den festgestellten Nanopartikeln handelt. Hinsichtlich des
Analysenberichts der Messstelle ... (Anl. B 8) gelten die oben unter Ziff. 1.1.
gemachten Ausführungen.
Soweit sich die Beklagte in ihrer Werbeaussage Ziff. 2 (2.Teil) einer Größe der in ...
enthaltenen Mineralien von 3 - 10 nm berühmt, konnte die behauptete
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enthaltenen Mineralien von 3 - 10 nm berühmt, konnte die behauptete
Partikelgröße sogar nur in geringem Umfang bestätigt werden. Ausweislich des
Gutachtens ... konnten nur Partikel bis zu einer Größe von ca. 20 nm (S. 11) bzw.
nur wenige Partikel von einer Größe <10 nm optisch vermessen werden (S. 13,
26). Auch nach dem Ergebnis des Analysenberichts der Messstelle ... wiesen die
nachgewiesenen Teilchen eine Größe D < 100 nm bis zu ca. 10 nm auf.
Darüber hinaus sei angemerkt, dass nach den Ausführungen in dem Gutachten ...
(Anl. K 9) mittels Kolloidmühlentechnologie Zerkleinerungseffekte insbesondere
mit definierter Trennschärfe < 10 nm nicht erzielbar sind. Übereinstimmend hierzu
führt auch das Gutachten ... (Anl. K 10) aus, dass die Möglichkeit, ein Pulver auf
eine mittlere Größe von 3 - 10 nm herunter zu mahlen, aus jetziger
wissenschaftlicher Sicht als unmöglich gilt. Dem ist auch die Beklagte nicht
substantiiert entgegengetreten. Sie behauptet lediglich, ein mehrstufiges
Verfahren unter Einsatz modifizierter Kolloidmühlen zu verwenden, wobei das
Zwischenprodukt aus diesen Mühlen dann in einem zweiten Schritt zum
Endprodukt verarbeitet werde. Wie es hierbei herstellungsbedingt möglich sein soll,
die behauptete Partikelgröße zu erzielen, legt die Beklagte nicht dar.
Damit ist aber auch der Behauptung die Grundlage entzogen, dass die in ...
enthaltenen Mineralien leicht aufgenommen und verwertet werden. Dies gilt auch
für die Werbeaussage Ziff. 2.3., welche der Verbraucher in Bezug auf das konkrete
Produkt versteht. Denn die Beklagte begründet diese mit dem Umstand, dass
aufgrund der hohen Löslichkeit der eingesetzten Verbindungen eine hohe
Bioverfügbarkeit und damit eine rasche Körperaufnahme gegeben sei, wobei sich
die hohe Löslichkeit bei dem fraglichen Produkt daraus ergeben soll, dass die darin
enthaltenen Mineralien auf eine Größe im Nanometer-Bereich zerkleinert wurden.
Dass in ... Nanomineralien in relevanter Menge enthalten sind, lässt sich aus den
beklagtenseits vorgelegten Untersuchungen indes nicht herleiten.
2.4. - 2.7.
Durch die Überschrift "...:" wird der Bezug der angegriffenen Werbeaussagen Ziff.
2.4. - 2.6. zu dem beworbenen Mittel hergestellt. Hierdurch werden die
nachfolgenden gesundheitlichen und ernährungsphysiologischen Wirkungen nach
dem Verständnis des Verbrauchers dem konkreten Produkt der Beklagten
beigelegt.
Die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen sind aber nicht geeignet, eine
hinreichende wissenschaftliche Absicherung ihrer Werbeangaben in Bezug auf ...
zu belegen.
Zwar verfügten nach dem Ergebnis der Studie des Instituts für Sporternährung
(Anl. B 12) die Versuchspersonen unter Einnahme von ... – bezogen auf die
sechsstündige Urinmenge – im Median über einen 323 % erhöhten
Ausscheidungswert von Calcium und einen 49 % erhöhten Ausscheidungswert für
Magnesium im Vergleich zu Placebo (S. 22). Auch konnte ein positiver Einfluss
einer Supplementierung von ... mit zwei Trinkampullen pro Tag über einen
Zeitraum von vier Wochen auf die Leistungsfähigkeit dokumentiert werden (S. 24;
27 ff). Diese Studie wurde im Cross-Over-Design, randomisiert, placebokontrolliert
und doppelblind konzipiert (S. 9) und genügt damit medizinisch-wissenschaftlichen
Ansprüchen.
Angesichts der geringen Probandenzahl von 12 Personen kommt ihr allerdings nur
eine geringe Aussagekraft zu. Darüber hinaus vermag sie auch deshalb keinen
verwertbaren Wirksamkeitsnachweis zu begründen, da sie nicht in seriösen
medizinischen Fachzeitschriften publiziert wurde, also nicht durch die dort übliche
Qualitätskontrolle (Peer-Review-System) gegangen und schließlich nicht frei
zugänglich ist. Des Weiteren steht ihr Ergebnis im Widerspruch zu dem Ergebnis
der Pilotstudie des Nürnberger Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische
Forschung (IBMP) mit 6 Teilnehmern. Danach waren die beiden Mineralienwerte
durch Einnahme der ... nur geringfügig gesteigert (vgl. Artikel in ... "..." vom ... Anl.
K 13).
Soweit dem Vorbringen der Beklagten zufolge ferner wissenschaftliche Studien
existierten, wonach im Durchschnitt 41 % des aufgenommenen Silicium wieder
durch den Urin ausgeschieden würde, ist nicht ersichtlich, inwieweit diesen
Aussagekraft in Bezug auf das hier konkret beworbene Produkt zukommen sollen.
Der unter Ziff 2.7. angegriffenen Werbung entnimmt der Verbraucher schließlich
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Der unter Ziff 2.7. angegriffenen Werbung entnimmt der Verbraucher schließlich
eine Wirkungsaussage dahingehend, dass das konkrete Produkt den erhöhten
Mineralstoffbedarf von Silicium, Calcium und Magnesium bei Profi- und
Hochleistungssportlern ergänzt. Dass solches wissenschaftlich belegt ist, lässt sich
den beklagtenseits vorgelegten Unterlagen jedoch nicht entnehmen, zumal ...
lediglich 37,5 % des Tagesbedarfs an Calcium und 34,7 % an Magnesium deckt.
3.1. - 3.2.
Da es sich bei dem hier beworbenen ... um ein äußerlich anzuwendendes Mittel,
mithin um ein Kosmetikum handelt, beurteilt sich in diesem Fall die Irreführung
nach § 27 I S. 2 Nr. 3 b LFGB.
Der Verbraucher versteht die unter Ziff. 3.1. getroffene Werbeaussage im Kontext
mit der ebenfalls auf der Umverpackung des Produktes befindlichen
Werbeaussage Ziff. 3.2.. Dort konkretisiert die Beklagte die Partikelgröße der in
ihrem Hautspray befindlichen Nanomineralien auf 3 - 10 nm. Aus dem von ihr
vorgelegten Gutachten ... (Anl. B 6) geht indes hervor, dass nur wenige Partikel
von einer Größe < 10 nm optisch vermessen werden konnten (S. 8, 26). Auch die
Feststellung in dem Gutachten, dass eine optische Charakterisierung mittels REM
mineralische Spuren im Nanometer-Bereich zeigt (S. 7), ist nicht geeignet, das
Vorliegen von Nanomineralien in relevantem Umfang nachzuweisen. Insoweit wird
auf die Ausführungen unter Ziff. 1.1. Bezug genommen.
4.1. - 4.2.
Soweit die Beklagte auf der Umverpackung ihres Produktes ... mit dem
Vorhandensein der darin enthaltenen Mineralstoffe Siliciumdioxid, Magnesium und
Calcium in Nanopartikelform wirbt, wird auf die Ausführungen unter Ziff. 1.1.
verwiesen. Die in dem Gutachten ... (Anl. B 6) festgestellten mineralische
Strukturen im Nanometer-Bereich anhand einer optischen Charakterisierung
mittels REM (S. 19), wobei Partikel von einer Größe < 10 nm optisch vermessen
werden konnten (S. 20/21), sind nicht geeignet, die von dem Verbraucher aufgrund
der Werbeaussage erwartete komplette Nanoskalierung der fraglichen Mineralien
zu belegen. Dass entsprechend der unter Ziff. 1.1. gemachten Ausführungen eine
signifikante und eigenschaftsbestimmende Menge von > 50 % des gesamten
Produktanteils als Nanomineralien vorliegt, lässt sich auch nicht dem
Ergänzungsgutachten ... (Anl. B 7) entnehmen. Dort heißt es lediglich, dass in der
Probe ... eine optische Charakterisierung mittels REM deutlich eine große Anzahl
an synthetisch zugesetzten Partikeln im Nanometer-Bereich zeigte, wobei
Strukturen/Partikel von einer Größe < 10 nm nachgewiesen werden konnten (S.
20/21); eine mengenmäßige Bestimmung des nanoskalierten Anteils bezüglich der
Mineralien der Gesamtformulierung des Kapselproduktes unterbleibt indes.
Damit entfällt auch die Grundlage für die unter Ziff. 4.2. gemachte Werbeaussage.
Insoweit wird auf das unter Ziff. 1.6. Gesagte Bezug genommen.
5.1. und 5.3.
Auch hier ergibt sich der Produktbezug aus dem Umstand, dass die
beanstandeten Werbeaussagen sich auf der Umverpackung von ... befindet. Dabei
erfasst der Verbraucher die in der Überschrift unter Ziff. 5.1. allgemein gehaltene
Aussage im Kontext mit Ziff. 5.3., welche in unmittelbarem textlichen
Zusammenhang hierzu steht und die in der Überschrift gemachte Aussage näher
erläutert. Darin bewirbt die Beklagte eine Partikelgröße der in ihrem Produkt
enthaltenen Nanomineralien von 3 - 10 nm.
Solches wird durch die von ihr vorgelegten Unterlagen jedoch nicht belegt. Zwar
wurden ausweislich des Gutachtens ... (Anl. B 6) bei einer optischen
Charakterisierung mittels REM mineralische Strukturen im Nanometer-Bereich
festgestellt (S. 23), wobei Partikel von einer Größe < 10 nm optisch vermessen
werden konnten (S. 16/17). Auch nach der Untersuchung der ... vom 13.04.2006
(Anl. B 5) konnten im TEM Nanoteilchen < 10 nm, vereinzelt auch im Bereich von
20 nm visuell optisch darstellt werden (S. 9). In beiden Untersuchungen wird aber
keine Aussage zu dem Anteil der auf diese Partikelgröße zerkleinerten
Nanomineralien getroffen. Insoweit greifen auch hier die unter Ziff. 1.1. gemachten
Ausführungen.
5.2. und 5.4. - 5.5.
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Auch bezüglich der hier angegriffenen Werbebehauptungen ergibt sich der
Produktbezug für den Verbraucher zwanglos aus dem Umstand, dass diese sich
auf der Umverpackung des Produktes ... befinden.
Ein Nachweis dafür, dass die unter Ziff. 5.2. und Ziff. 5.5. gemachten
gesundheitlichen Wirkungsbehauptungen in Bezug auf das konkrete Produkt der
Beklagten wissenschaftlich hinreichend gesichert sind, lässt sich den von ihr
vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen. Diese verhalten sich allesamt nicht auf
das hier beworbene Mittel. Dies gilt auch für die von der Beklagten in Bezug
genommene Studie des Instituts für Sporternährung (Anl. B 12). Gegenstand
dieser Studie war das Mittel ..., welches pro Ampulle 235 mg Silicium, 150 mg,
Calcium und 52 mg Magnesium enthält, während sich die Werbeaussage auf das
Produkt ... bezieht, dessen Zusammensetzung mit 45,08 mg Silicium, 87,00 mg
Calcium und 53,30 mg Magnesium pro Kapsel angegeben wird. Ob und inwieweit
sich das Ergebnis der Studie des Instituts für Sporternährung auch auf die Wirkung
von ... übertragen lässt, ist angesichts dieser unterschiedlichen
Zusammensetzung der in den beiden Mittel enthaltenen Mineralstoffe nicht
ersichtlich.
Hinsichtlich der Werbeaussage unter Ziff. 5.4. gilt das zu Ziff. 2.7. Ausgeführte.
6.1.
Soweit die Beklagte für ihre neosino Nanoprodukte außerdem damit wirbt, dass
diese ausschließlich in Deutschland unter strengen Auflagen bezüglich
Umweltschutz, Hygiene und Arbeitssicherheit hergestellt werden und damit bei
dem Verbraucher eine besondere Erwartung hinsichtlich Güte und Qualität ihrer
Produkte hervorruft, steht dies im Widerspruch zu den Angaben auf der
Umverpackung für ... sowie für ... wo als Hersteller eine ... mit Sitz in ... angegeben
ist. Die Beklagte hat auch für ihre von dem Kläger bestrittene Behauptung, dass
die Produktion aller Produkte ausschließlich in Deutschland erfolge, keinen
geeigneten Beweis angetreten.
6.2.
Auch die von der Beklagten im Internet unter ... gemachte Wirkungsbehauptung
wird von dem Verbraucher im Zusammenhang mit den von ihr vertriebenen
neosino-Produkten verstanden. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die
Beklagte auf ihrer Website die hier in Rede stehenden ... damit bewirbt, dass diese
u.a. den Mineralstoff Silidiumdioxid in Form von Nanopartikeln zur
Nahrungsergänzung enthalten.
Dass die hier beworbenen gesundheitlichen Wirkungen bei Anwendung der von ihr
vertriebenen Nanoprodukten gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht,
lässt sich den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen indes nicht entnehmen.
Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
6.3.
In der unter Ziff. 6.3. angegriffenen Werbeaussage gibt ... zwar ersichtlich sein
persönliches Empfinden bzw. das seines behandelnden Arztes wieder. Der
Verbraucher versteht diese Aussage aber so, dass sie repräsentativ ist und die
dargestellten Wirkungen des Mittels generell, also auch bei ihm eintreten und nicht
nur auf die konkrete Person von ... bezogen. Insoweit fehlt es aber an einer
hinreichenden wissenschaftlichen Absicherung der hier gemachten
Wirkungsbehauptungen in Bezug auf die beworbenen ...-Produkte.
Die Irreführung durch die angegriffenen Werbeaussagen liegt darin, dass hier der
Verbraucher die wissenschaftliche Richtigkeit der Aussagen erwartet. Dass es
gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht, dass die Anwendung der
von der Beklagten vertriebenen ... Produkte zu den von ihr in den beanstandeten
Werbeaussagen beschriebenen Wirkungen führt, wurde seitens der Beklagten aber
nicht nachgewiesen.
Diese Irrtum erzeugende Werbung der Beklagten ist auch geeignet, den
Kaufentschluss des Werbungsadressaten irgendwie zu beeinflussen und damit den
Wettbewerb auf dem Markt zu beeinflussen.
Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist
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Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist
gegeben. Bei einem bereits vorangegangenen Wettbewerbsverstoß – wie hier –
besteht einen tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr,
welche seitens der Beklagten auch nicht durch Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung bzw. einer Abschlusserklärung ausgeräumt wurde.
Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung beantragt hat, ihm auf
den Schriftsatz der Beklagten vom 30.04.2007 Schriftsatznachlass zu gewähren,
war dem nicht nachzukommen, da in diesem Schriftsatz kein
entscheidungserheblicher neuer Vortrag der Beklagten enthalten war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §
709 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.