Urteil des LG Frankfurt am Main vom 25.05.2004

LG Frankfurt: einstweilige verfügung, verwertung, gütliche beilegung, sicherheit, bankgeheimnis, abtretungsverbot, versteigerung, agb, dringlichkeit, forderungsabtretung

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Gericht:
OLG Frankfurt 8.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 U 84/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 399 BGB, § 401 Abs 1 BGB, §
402 BGB, § 354a S 2 HGB, § 9
AGBG
(Verbraucherkreditgeschäft der Bank: Unwirksamkeit einer
Forderungsabtretung)
Tenor
Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 25.3.2004 verkündete Urteil
des Landgerichts Frankfurt am Main - A.: 2/23 O 78/04 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung fallen der Verfügungsbeklagten zur Last.
Die Kosten ist rechtskräftig.
Der Wert des Verfahrens beträgt 1.000.000,00 Euro.
Gründe
I. Die Verfügungskläger begehren, der Verfügungsbeklagten im Wege des
einstweiligen Rechtsschutzes die Verwertung eines Pfandes zu untersagen, das
aus Aktien der ... besteht.
Die Aktien wurden im Rahmen von Darlehensverträgen der Verfügungskläger mit
der inzwischen in Insolvenz befindlichen ... als Sicherheit geleistet. Über die
Wirksamkeit der Darlehensverträge besteht Streit. Zwischen dem Streithelfer und
den Klägern schwebt diesbezüglich ein Rechtsstreit am Landgericht Frankfurt a. M.
(Az.: 2/21 O 96/02).
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im übrigen wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils vom 25.3.2004 (Bl. 297-302 d. A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat am 16.3.2004 eine einstweilige Verfügung erlassen, wonach
der Verfügungsbeklagten untersagt wird, Aktien der ... , die sich in den bei der ...
i.I. geführten Aktiendepots der Verfügungskläger befinden oder befunden haben, in
jeder Weise börslich oder außerbörslich, insbesondere durch einen
Gerichtsvollzieher verkaufen oder versteigern zu lassen, zu veräußern oder auf
Dritte zu übertragen.
Gegen den betreffenden Beschluss hat die Verfügungsbeklagte Widerspruch
eingelegt.
Daraufhin hat das Landgericht durch ein am 25.3.2004 verkündetes Urteil die
einstweilige Verfügung aufrechterhalten. Seiner Auffassung nach steht den
Verfügungsklägern sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund
zur Seite. Die Abtretung der Forderungen auf Darlehensrückzahlung von der ...
an die Verfügungsbeklagte sei unwirksam. Damit habe die Bank gegen die
Verschwiegenheitspflicht gegenüber ihren Kunden verstoßen. Diese Pflicht ergebe
sich sowohl aus den AGB Banken als auch aus den AGB der ... . Hieraus wiederum
folge ein stillschweigend vereinbarter Abtretungsausschluss. Demnach sei auch
das Pfandrecht an den als Sicherheit geleisteten Aktien nicht auf die
Verfügungsbeklagte übergegangen.
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Eine Ausnahme aufgrund vertragswidrigen Verhaltens der Darlehensnehmer
könne der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden, weil die Verfügungskläger
das Bestehen der Darlehensrückzahlungsansprüche bestritten hätten und
diesbezüglich ein Rechtsstreit am Landgericht Frankfurt am Main anhängig sei
(Az.: 2/21 O 96/02). Die Verwertung der Forderungen durch die Darlehensgeberin
müsse nicht durch deren Verkauf bzw. Abtretung erfolgen, denn der
Insolvenzverwalter könne diese auch selbst versteigern. § 354 a HGB sei nicht
anwendbar, da es sich für die Verfügungskläger um kein gewerbliches Geschäft
handele. Die Verfügungskläger hätten ihre Einwendungen auch nicht durch das
Führen von Vergleichsverhandlungen verloren, da diese gescheitert und nicht mit
der Aufgabe von Rechten verbunden gewesen seien. Der Verfügungsgrund werde
dadurch nicht hinfällig.
Die Insolvenzgefahr für die ... und der damit verbundene mögliche Eintritt eines
großen Schadens berechtige die ... nicht zu einem rechtswidrigen Handeln. Auch
die Versteigerung der hier betroffenen Aktien würde ein weiteres Absinken ihres
Kurses zur Folge haben. Das Interesse der Verfügungskläger sei demjenigen der
Verfügungsbeklagten vorzuziehen, denn dieser blieben, falls die Verwertung der
Aktien zulässig sei, sie diese aber zeitweilig nicht vornehmen dürfe, immer noch
die Darlehensforderungen selbst, die sie durchsetzen könne.
Gegen diese Entscheidung hat die Verfügungsbeklagte in zulässiger Weise
Berufung eingelegt.
Ihrer Auffassung nach ist sie zur Verwertung der verpfändeten Aktiendepots ohne
weiteres berechtigt. Ein vertragliches Abtretungsverbot sei weder ausdrücklich
noch konkludent vereinbart worden. Die zugrunde liegenden AGB enthielten
detaillierte Rechtsfolgenregelungen einer Abtretung, so dass andere Rechtsfolgen,
die die Parteien angeblich vereinbaren wollten, nicht konstruiert werden könnten.
In Rechtsprechung und Literatur finde sich keine Grundlage für ein
Abtretungsverbot, das auf dem Bankgeheimnis beruhe.
Hier sei auch zu berücksichtigen, dass bei der Abtretung der Forderungen mit ihr,
der Verfügungsbeklagten, Geheimhaltung vereinbart worden sei.
Der Streitverkündete habe sie zudem hilfsweise zur Verwertung der Aktien in
seinem Namen ermächtigt.
Die Verfügungsbeklagte weist auf die gängige Bankpraxis hin, in der die Abtretung
von Kreditforderungen üblich sei. Im Streitfall müsse auch beachtet werden, dass
die Abtretungen erst erfolgt seien, als die ... bereits insolvent gewesen sei. In
dieser Situation sei der Insolvenzverwalter sogar verpflichtet, die Forderungen im
Gläubigerinteresse so effizient wie möglich zu verwerten, d.h. auch zu veräußern.
Dies sei besonders dann zu berücksichtigen, wenn die Kreditschuldner - wie hier
die Verfügungskläger - die gewährten und fälligen Kredite nicht zurück zahlten und
seit Jahren vertragsbrüchig seien. Die Darlehnsverträge seien wirksam zustande
gekommen. Sie verstießen weder gegen §§ 9, 24 a AGBG noch seien sie
sittenwidrig. Bei den Verfügungsklägern handle es sich nicht um unkundige
Verbraucher im Sinne der Europäischen Verbraucherschutzrichtlinie 93/13.
Die Darlehnsvaluta sei im Auftrag der Verfügungskläger an die ... geflossen, was
die Verfügungsbeklagte im einzelnen ausführt.
Das Bestehen der Darlehnsrückzahlungsansprüche sei zudem vom erkennenden
Oberlandesgericht bereits rechtskräftig festgestellt worden. Dabei handle es sich
ebenfalls um ein Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, das die
Verfügungskläger gegen die ... angestrengt hätten. Der Antrag sei vom 2. Senat
letztinstanzlich durch Beschluss vom 26.3.2002 zurückgewiesen worden (Az. 2 W
8/02). Diese Entscheidung entfalte gemäß § 325 ZPO auch für die
Verfügungsbeklagte als Rechtsnachfolgerin der Rechtskraft.
Es komme hinzu, dass die Parteien des Rechtsstreits mehrere Monate über eine
vergleichsweise Regelung verhandelt hätten, wobei es darum gegangen sei,
welche Summen an sie, die Verfügungsbeklagte, zu zahlen seien. Dadurch hätten
die Verfügungskläger die Abtretung, falls sie überhaupt unwirksam gewesen sein
sollte, jedenfalls nachträglich akzeptiert.
Im übrigen sei eine mögliche vertragliche Vereinbarung eines Abtretungsverbotes
hier gemäß § 354 a HGB ohnehin unbeachtlich. Zudem habe die ... keine
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hier gemäß § 354 a HGB ohnehin unbeachtlich. Zudem habe die ... keine
Einwendungen gegen den Forderungsverkauf erhoben.
Schließlich müsse bei der Prüfung des Verfügungsgrundes eine
Interessenabwägung vorgenommen werden, die zu Gunsten der
Verfügungsbeklagten ausfalle, denn sie habe keine andere Möglichkeit, die
Forderung zu verwerten, da die Verfügungskläger keinerlei Bestrebungen zeigten,
das empfangene Darlehen zurück zu gewähren.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Antrag auf Erlass der einstweiligen
Verfügung vom 12.3.2004 zurückzuweisen.
Der Streithelfer tritt den Ausführungen der Verfügungsbeklagten bei und ergänzt
ihren Vortrag dahingehend, dass die Abtretung der Darlehnsforderungen auch
deshalb zulässig sein müssten, weil derartige Rechtsgeschäfte für die
Refinanzierung der Banken erforderlich seien. Dies gelte ebenso für die Fälle der
sogenannten Asset Backed Securities und von Bankenfusionen.
Der Streithelfer schließt sich dem Antrag der Verfügungsbeklagten an.
Die Verfügungskläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil und wiederholen ihren Vortrag erster
Instanz.
Sie vertiefen insbesondere ihr Vorbringen zur Unwirksamkeit der
Darlehnsverträge, die ihrer Auffassung nach gegen §§ 9, 24 a AGBG und § 242
BGB verstoßen.
Außerdem bestreiten sie die Auszahlung der Darlehnsvaluta an die ... .
II. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Verfügungskläger können von der Verfügungsbeklagten verlangen, die
Verwertung der zur Sicherheit verpfändeten Aktien für den Zeitraum von 6
Monaten zu unterlassen.
Darauf steht ihnen ein Verfügungsanspruch zu.
Die Verfügungskläger können die Unterlassung der Verwertung der verpfändeten
Aktien durch Versteigerung als Eigentümer derselben gemäß § 1004 I BGB
geltend machen.
Die Verfügungsbeklagte hat dadurch, dass sie bereits einen Versteigerungstermin
durch den Gerichtsvollzieher anberaumen ließ, gezeigt, dass sie gewillt ist, die
Rechtsstellung der Verfügungskläger zu beeinträchtigen. Da sie weiterhin
beabsichtigt, die Verwertung der Aktien durchzuführen, besteht auch eine
Wiederholungsgefahr.
Die Verfügungsbeklagte ist zu einer derartigen Maßnahme nicht berechtigt. Die
Verpfändung der Wertpapiere erfolgte zur Sicherung von Ansprüchen der ... aus
den Darlehensverträgen mit den Verfügungsklägern. Die Abtretung der
Darlehnsrückzahlungsforderungen durch den Insolvenzverwalter der Bank an die
Verfügungsbeklagte ist wegen Verstoßes gegen das Bankgeheimnis unwirksam,
so dass auch die Pfandrechte wegen ihrer Akzessorietät (§ 401 Abs. 1 BGB) nicht
auf die Verfügungsbeklagte übergegangen sind.
Alle Banken sind ihren Kunden aufgrund des Bankvertrags auch ohne
ausdrückliche individuelle Vereinbarung zur umfassenden Geheimhaltung des
Geschäftsverkehrs, besonders von Stand und Bewegung der Konten des Kunden,
verpflichtet (Baumbach/Hopt, 31. Aufl., Bankgeschäfte (7) A/9, S. 1483). Das
Bankgeheimnis beruht im Übrigen auf dem gegenseitigen Vertrauensverhältnis
zwischen Kunden und Bank und der sich daraus ergebenden Treuepflicht. Es gilt
auch als Berufs- und Geschäftsgeheimnis im Kreditgewerbe. Im Schrifttum wird
die Auffassung vertreten, dass das Bankgeheimnis eine Ausprägung von Art. 2
Abs. 1 GG und des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ist
(Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 1. Aufl., Bd. I, § 39, Rn. 5 u. 6
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(Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, 1. Aufl., Bd. I, § 39, Rn. 5 u. 6
m.w.N.). Aufgrund dessen bedarf die Verpflichtung der Bank zur Verschwiegenheit
keiner besonderen Vereinbarung, um Gegenstand des Vertragsverhältnisses mit
ihren Kunden zu werden. Die Pflicht gilt vielmehr zumindest als Nebenpflicht stets
als vereinbart (a.a.O. Rn. 7).
Hier kommt hinzu, dass in den Darlehensverträgen auf S. 3 am Ende des Textes
die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der ... (Bl. 75-78 d. A.) als Bestandteil
vereinbart sind (Bl. 73 d.A.). In diesen Bedingungen ist unter Nr. 2, 1. Absatz
hinsichtlich des Bankgeheimnisses folgendes bestimmt:
"Die Bank ist zur Verschwiegenheit über alle kundenbezogenen Tatsachen und
Wertungen verpflichtet, von denen sie Kenntnis erlangt (Bankgeheimnis).
Informationen über den Kunden darf die Bank nur weitergeben, wenn gesetzliche
Bestimmungen dies gebieten oder der Kunde eingewilligt hat oder die Bank zur
Erteilung einer Bankauskunft befugt ist."
Die Allgemeinen Darlehnsbedingungen der ... (Bl. 380-383 d. A.) enthalten keine
abweichende Regelung. Insbesondere ist in Ziffer 12 derselben keine
entgegenstehende Bestimmung enthalten. Vielmehr werden in Ziffer 17 die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank in Bezug genommen.
Demnach ist die Vereinbarung einer Verschwiegenheitspflicht ... mit den
Verfügungsklägern im Streitfall nicht zweifelhaft.
In der Vereinbarung einer solchen Vertragspflicht ist in der Regel ein
stillschweigender Ausschluss der Abtretung gemäß § 399 BGB enthalten (OLG
Düsseldorf NJW-RR 1994, 438; Palandt/Heinrichs, 63. Aufl., § 399 Rn. 8). Da der
Zedent dem Zessionar bei der Abtretung regelmäßig die Information über die
vertragsgegenständliche Forderung zukommen lässt und zudem gemäß § 402
BGB einer Auskunftspflicht unterliegt, wonach er dem neuen Gläubiger jede zur
Geltendmachung der Forderung nötige Auskunft zu erteilen hat und die ihm zum
Beweis der Forderung dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitz
befinden, auszuliefern hat, ist damit die Verschwiegenheitspflicht bereits verletzt.
Bei Ärzten, Steuerberatern, Rechtsanwälten und Vertretern ähnlicher Berufe, die
wegen des Umgangs mit persönlichen und privaten Geheimnissen ihrer
Vertragspartner alle der Verschwiegenheitspflicht unterliegen, wird die Abtretung
von Forderungen gegen den Mandanten ohne Einwilligung desselben daher für
unzulässig gehalten (BGH NJW 1996, 2087 für Steuerberater; BGH NJW 1993, 1638
f. für Rechtsanwalt; neuerdings BGH NJW 2004, 1464 f. für Verfahrenspfleger).
Diese Regelung hat aus den gleichen Gründen auch für Banken zu gelten. Die
BGH-Rechtsprechung steht dem nicht entgegen. Der BGH hat zu der Frage -
soweit ersichtlich - noch nicht ausdrückliche Stellung genommen. In der
Entscheidung BGH NJW 1982, 2768-2770= WM 1982, 839-841 wird zwar die dort
vorliegende Abtretung einer Bank für wirksam gehalten, der BGH geht auf die
Problematik des Bankgeheimnisses jedoch in keiner Weise ein. Aus dem
Sachverhalt geht auch nicht hervor, ob die Abtretung in dem der Entscheidung
zugrunde liegenden Fall aus besonderen Gründen – etwa durch Einwilligung des
Forderungsschuldners oder gemäß § 345 a I S.1 HGB - gerechtfertigt war. Dieses
Urteil kann daher nicht zur Begründung einer ohne Einschränkung zulässigen
Abtretung von Forderungen aus Privatkrediten einer Bank angeführt werden.
Die von der Verfügungsbeklagten im übrigen für die Zulässigkeit der Abtretung
angeführten Quellen sind im Ergebnis ebenfalls nicht überzeugend. Die
Entscheidung des OLG Celle vom 10.9.2003 (wiedergegeben Bl. 157 bis 164 d.A.)
befasst sich in erster Linie mit der Frage, ob eine Forderungsabtretung durch eine
Bank gegen das Datenschutzgesetz (BDSG) verstößt. Es wird lediglich ein Zitat
von Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, Bd. I, § 39, Rn.29
angeführt, in dem auch die Abtretung von Forderungen für zulässig gehalten wird,
allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich der Kunde in Verzug befindet
oder sich ein sonstiges rechtswidriges Verhalten zuschulden kommen ließ ( Bl.
1661 d. A.).
Letzteres ist aber hier gerade zweifelhaft, weswegen die Entscheidung im
vorliegenden Fall nicht als richtungweisend angesehen werden kann. Die weiter
zitierten Veröffentlichungen von Früh in WM 2000, 497 f., und Toth/ Feher/Schick in
ZIP 2004, 491 f. vermögen mangels überzeugender Argumente ebenfalls keine
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ZIP 2004, 491 f. vermögen mangels überzeugender Argumente ebenfalls keine
andere Auffassung zu rechtfertigen. Die Praxis und die Bedürfnisse der Banken
können eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses nicht ohne weiteres
begründen, zumal es sich bei der großen Mehrzahl aller abgetretenen
Forderungen um solche aus gegenseitigen Handelsgeschäften gemäß § 354 a I
S.1 HBG handeln dürfte, bei welchen die Abtretung trotz gegenteiliger
Vereinbarung wirksam ist.
Im Streitfall liegt kein derartiges Geschäft vor. Vielmehr haben die
Verfügungskläger bei der ... Privatdarlehn aufgenommen.
Dies zeigt sich bereits daran, dass den Darlehensverträgen Widerrufsbelehrungen
gemäß § 7 Verbraucherkreditgesetz beigegeben waren. Diese Darlehn sind keine
Geschäfte von Kaufleuten i. S. von § 343 HGB. Weder als Aktionäre noch als
Vorstandsmitglieder der ... sind die Verfügungskläger Kaufleute im Sinne von § 1
HGB, wenn sie nicht für die Gesellschaft, sondern im eigenen Namen handeln.
Hier haben sie lediglich zu dem Zweck, ihr privates Vermögen zu erhalten, Kredite
aufgenommen. Dass auch Aktien der ... zu ihrem Vermögen gehören, ändert
hieran nichts. Es ist darüber hinaus anzunehmen, dass es sich auch um keine
gewerbliche Tätigkeit handelt. Diese setzt eine planmäßige, auf Dauer angelegte
wirtschaftlich selbständige Tätigkeit unter Teilnahme am Wettbewerb voraus.
Dazu gehört nicht die Verwaltung eigenen Vermögens, die auch dann
grundsätzlich dem privaten Bereich zugerechnet wird, wenn es sich um die
Anlage beträchtlichen Kapitals handelt (BGHZ 149, 80 f. mit zahlreichen weiteren
Nachweisen).
Die Anwendung von § 354 a I S. 1HGB auf den vorliegenden Fall scheidet daher
aus.
Auch der Umstand, dass die AGB der ... nach Auffassung der
Verfügungsbeklagten detaillierte Rechtsfolgeregelungen (für eine unzulässige
Abtretung ?) enthalten, steht der Annahme, die Forderungsabtretungen seien
unwirksam, nicht entgegen. Ziff.3 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
gibt lediglich Haftungsgrundsätze in allgemein gehaltener Form wieder. Von einer
Verletzung des Bankgeheimnisses ist ebenso wenig die Rede wie von einer
unzulässigen Abtretung. Ziffer 18 betrifft das Kündigungsrecht des Kunden. Auch
hier wird ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht und ein Abtretungsverbot
nicht angesprochen. Es ist im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass eine
Vertragsverletzung erlaubt ist, wenn ihre Haftungsfolgen geregelt sind.
Auch das Argument der Verfügungsbeklagten, im Streitfall sei besonders zu
berücksichtigen, dass die Forderungen der ... gegen die Verfügungskläger ihr erst
zu einem Zeitpunkt abgetreten wurden, als sich die Bank bereits in Insolvenz
befand und der Insolvenzverwalter verpflichtet sei, die Forderungen im
Gläubigerinteresse so effizient wie möglich zu verwerten, also auch zu veräußern,
bleibt ohne Erfolg. Die Vereinbarung eines Abtretungsverbots muss auch der
Insolvenzverwalter wie bisher der Konkursverwalter gegen sich gelten lassen. Er
tritt nämlich mit der Übernahme seines Amtes lediglich in die Rechte und Pflichten
des Insolvenzschuldners ein und kann daher für die Masse grundsätzlich nicht
mehr und keine anderen Rechte beanspruchen als dem Insolvenzschuldner
zustehen (BGHZ 55, 228-242 m.w.N. = NJW 1971, 1750 ff. für den
Konkursverwalter). Dies gilt nur dann nicht, wenn sich aus der InsO etwas anderes
ergibt. Das ist allerdings nicht der Fall. Aus § 159 InsO – Verwertungspflicht – und §
60 InsO – Haftung des Insolvenzverwalters – kann entgegen der Auffassung der
Verfügungsbeklagten eine weitergehende Berechtigung des Verwalters nicht
entnommen werden.
Im Übrigen ist der Insolvenzverwalter – wirksame Darlehensverträge und
begründete Darlehensrückzahlungsansprüche vorausgesetzt – nicht gehindert,
die zur Sicherheit verpfändeten Aktien selbst zu verwerten, etwa an der Börse zu
verkaufen. Eine Benachteiligung des Streithelfers bei der Verwertung der
Sicherheiten kann daher nicht festgestellt werden.
Der Verfügungsbeklagten ist auch nicht gestattet, die den Verfügungsklägern
gehörigen Aktien im Namen des Streithelfers zu verwerten. Sie hat behauptet,
dieser habe sie hilfsweise zur Verwertung der Aktien in seinem Namen
bevollmächtigt (Bl. 797 d. A.). Eine solche Rechtsstellung würde lediglich der
Umgehung des Abtretungsverbotes dienen und dem mit der beschränkten
Übertragbarkeit der Forderung der Insolvenzschuldnerin von den damaligen
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Übertragbarkeit der Forderung der Insolvenzschuldnerin von den damaligen
Vertragspartnern verfolgten Zweck zuwiderlaufen (BGHZ 56, 228 ff.=NJW 1971,
1750 ff. für den gleichgelagerten Fall einer Ermächtigung zur Prozeßführung).
Die Abtretung ist auch nicht aufgrund besonderer Umstände gerechtfertigt.
Die Berufungskläger haben dem Rechtsgeschäft nicht zugestimmt und es auch
nicht genehmigt.
Der Umstand, dass die ... von dem Forderungsverkauf informiert wurde und keine
Einwendungen erhoben hat, ist für die Entscheidung des Verfahrens nicht von
Belang, da eine Genehmigung der Abtretungen durch die ... gesetzlich nicht
vorgesehen ist.
Auch die Tatsache, dass die Parteien des Rechtsstreits mehrere Monate darüber
verhandelt haben, welche Summe die Verfügungskläger im Wege einer
vergleichsweisen Regelung an die Verfügungsbeklagte zahlen sollten, bewirkt
nicht, dass das Abtretungsverbot entfällt. Das Verhalten der Verfügungskläger
stellt keine Genehmigung der Abtretung dar. Das Landgericht hat zutreffend
ausgeführt, dass Vergleichsbestrebungen voraussetzen, dass jede Partei nachgibt
und der anderen Seite entgegenkommt. Dies bedeutet aber kein Anerkenntnis
des Rechtsstandpunkts der Gegenseite, zumal wenn die Vergleichsgespräche
scheitern. Deswegen kann hier nicht angenommen werden, dass die
Verfügungskläger durch solche Verhandlungen den Forderungsübergang auf die
Verfügungsbeklagte nachträglich akzeptiert hätten.
Die Abtretung ist auch nicht durch Vertragsbruch der Verfügungskläger
gerechtfertigt.
Zwar haben sie die fällig gestellten Kredite bisher nicht zurückgezahlt. Jedoch
bestreiten sie den wirksamen Abschluss der Kreditverträge mit schlüssiger
Begründung. Ein Verstoß gegen die §§ 9, 24 a Nr. 3 AGBG, Art. 3 Abs. 3
Verbraucherschutzrichtlinie 93/13 erscheint aufgrund ihres Vortrags ebenso
möglich wie die Sittenwidrigkeit der Verträge. Die Anwendung des AGBG auf die
Kreditverträge kommt in Betracht, da die Verfügungskläger – wie oben dargelegt –
bei Abschluss der Verträge nicht gewerblich tätig waren.
Die Verfügungsbeklagte hält die Verträge dagegen für ordnungsgemäß zustande
gekommen.
Angesichts der außerordentlich komplizierten Konstruktion dieser Kreditgeschäfte
und der umfangreich vorgetragenen, zum größten Teil streitigen
Begleitumstände, ist es nicht Sache des Senats, im Rahmen eines auf
einstweiligen Rechtsschutz gerichteten Eilverfahrens diesen Sachverhalt
aufzuklären und eine abschließende Entscheidung über die Wirksamkeit der
Kreditverträge zu treffen.
Vielmehr erscheint es angesichts der Tatsache, dass der Streithelfer die
(rückabgetretenen ?) Forderungen in einem Verfahren beim Landgericht Frankfurt
a. M. gegen die Verfügungskläger geltend macht (Az. 2/ 21 O 96/02),
angemessen, die Verwertung der verpfändeten Aktien für einen begrenzten
Zeitraum zu unterbinden, damit zwischenzeitlich eine weitere Klärung der
Rechtslage erfolgen kann.
Im Übrigen erscheint die Aktivlegitimation der Verfügungsbeklagten in Anbetracht
des genannten Rechtsstreits, der möglicherweise auf einer Rückabtretung der
streitigen Forderungen basiert, zusätzlich in Frage gestellt.
Zwar hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem Beschluss vom
26.3.2002 (Az. 2 W 8/02, Bl. 103 bis 113 d.A.) die Darlehensverträge für wirksam
gehalten. Diese Entscheidung ist für den Senat jedoch nicht maßgeblich. Sie
entfaltet keine Rechtskraft zugunsten der Verfügungsbeklagten als
Rechtsnachfolgerin der ... gemäß § 325 I ZPO, solange die Wirksamkeit der
Abtretung nicht feststeht. Dies ist aber im vorliegenden Verfahren gerade nicht
der Fall.
Der Verstoß gegen das Abtretungsverbot hat nicht nur die Unwirksamkeit des
Forderungskaufs als Verpflichtungsgeschäft, sondern auch diejenige der Abtretung
als Verfügung zur Folge (h. M., Palandt-Heinrichs, 63. Aufl., § 399 Rn. 11 m.w.N.;
Erman-H. P. Westermann, 11. Aufl. § 399, Rn. 3 m.w.N.). Die Wirkung ist zudem
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Erman-H. P. Westermann, 11. Aufl. § 399, Rn. 3 m.w.N.). Die Wirkung ist zudem
absolut und gilt daher auch für den Insolvenzverwalter, wie oben bereits dargelegt.
Den Verfügungsklägern steht auch ein Verfügungsgrund zur Seite. Die
Versteigerung der Aktien würde ihnen einen unwiederbringlichen Nachteil zufügen.
Die Verfügungskläger haben nachvollziehbar vorgetragen, dass die Verwertung der
zur Sicherheit verpfändeten Aktien der ... ihnen schwere wirtschaftliche und
rechtliche Nachteile zufügen würde. Der Aktienkurs würde dadurch, dass ihre
"Aktienpakete auf den Markt geworfen" würden, umgehend erheblich sinken. Dies
hätte zur Folge, dass sie jeden Einfluss auf die von ihnen gegründete ... verlieren
würden. Es sei nach der Verwertung der Aktien nicht mehr möglich, die
Wertpapiere wieder zu erlangen. Damit drohe ihnen ein nicht wieder gut zu
machender Schaden. Daraus folgt, dass die Verwirklichung der
Individualansprüche der Verfügungskläger durch die Versteigerung ihrer Aktien
vereitelt werden kann oder zumindest gefährdet ist. Diese Gefahr ist durch die
vorläufige Sicherung ihrer Ansprüche an den Aktien abzuwenden.
Die Dringlichkeit ergibt sich daraus, dass die Verfügungsbeklagte, nachdem der
auf den .3.2004 angesetzte Versteigerungstermin verstrichen ist, jederzeit einen
neuen Termin ansetzen lassen kann.
Der Verfügungsgrund entfällt auch nicht etwa dadurch, dass die Verfügungskläger
mit der Beantragung einstweiligen Rechtsschutzes zu lange gewartet hätten. Zwar
kann der Verfügungsgrund bei derartigen Sachverhalten nach den Grundsätzen
der Selbstwiderlegung entfallen. Ein Verfügungsgrund fehlt nämlich, wenn der
Antragsteller trotz ursprünglich bestehenden Regelungsbedürfnisses lange
zugewartet hat, bevor er die einstweilige Verfügung beantragt (Zöller/Vollkommer,
24. Aufl., § 940, Rn. 4 am Ende). Dieser Grundsatz kommt hier jedoch nicht zur
Anwendung, weil die Verfügungskläger sich zunächst in einer Situation befanden,
in der keine Dringlichkeit bestand. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass sie
einen längeren Zeitraum ungenutzt verstreichen ließen, da sie unstreitig mit der
Verfügungsbeklagten Verhandlungen über eine gütliche Beilegung des wegen der
Darlehensforderung bestehenden Streites führten. Da dies aber keinen Erfolg
hatte, ergab sich die Dringlichkeit aus dem zwischenzeitlich herangerückten
Versteigerungstermin vom ...3.2004, so dass die Beantragung der einer
einstweiligen Verfügung am 12.3.2004 gerechtfertigt war.
Der schließlich von der Verfügungsbeklagten angeführte Gesichtspunkt, im
Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung seien ihre Interessen denjenigen
der Verfügungskläger vorzuziehen, weil sie keine andere Möglichkeit habe, die
Forderungen zu verwerten, da die Verfügungskläger keine Anstalten machten, die
aufgenommenen Darlehen zurück zu zahlen, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Die
Verfügungsbeklagte kann sich mit dieser Argumentation letztlich nicht über den
Ausschluss der Abtretung hinweg setzen. Ein derartiger Forderungskauf, wie ihn
die Verfügungsbeklagte getätigt hat, birgt regelmäßig hohe Risiken, und zwar bis
hin zum völligen Ausfall der Forderung. Dieses Risiko umfasst auch die
Unzulässigkeit der Abtretung. Von einem derartigen Risiko kann die
Verfügungsbeklagte durch Interessenabwägung zu ihren Gunsten im Rahmen
dieses Verfahrens nicht entlastet werden, da es einem solchen Rechtsgeschäft
immanent ist. Es kann nicht angehen, dass das Recht der Verfügungskläger auf
Wahrung des Bankgeheimnisses durch solche Überlegungen eingeschränkt wird.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Streithelfer nicht gehindert war, die
Sicherheiten selbst zu verwerten. Er ist sogar in der Lage, die Darlehnsforderungen
gegen die Verfügungskläger in einem Rechtsstreit geltend zu machen. Daran zeigt
sich, dass die Verfügungsbeklagte und ihr Streithelfer den Ansprüchen der
Gegenseite keineswegs wehrlos gegenüberstehen.
Nach alledem erweist sich die landgerichtliche Entscheidung, eine einstweiligen
Verfügung zugunsten der Verfügungskläger zu erlassen, als zutreffend.
Wie bereits dargelegt, erscheint es auch angebracht, die vom Landgericht für
erforderlich erachtete Befristung der Verfügung zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.