Urteil des LG Frankfurt am Main vom 14.03.2017

LG Frankfurt: unlauterer wettbewerb, schnittstelle, daten, willenserklärung, unterlassen, einverständnis, unternehmen, wettbewerbshandlung, widerruf, inhaber

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Gericht:
LG Frankfurt 11.
Kammer für
Handelssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3-11 O 227/06,
3/11 O 227/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 UWG, § 8 Abs 2 UWG
Unlauterer Wettbewerb: Ausspannen von Kunden durch
Umstellung eines Telefonanschlusses auf eine
Verbindungsnetzbetreiberkennzahl ohne entsprechenden
Auftrag des Anschlussinhabers; Haftung eines
Telekommunikationsnetzbetreibers für das
wettbewerbswidrige Verhalten eines Resellers
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes
in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft
bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen,
im Wettbewerb handelnd
die Telefonanschlüsse von Verbrauchern auf die von C. genutzte
Verbindungsnetzbetreiberkennzahl umzustellen und/oder umstellen zu lassen
und/oder eine solche Umstellung zu beauftragen und/oder beauftragen zu lassen,
wenn die Inhaber des von der Umstellung betroffenen Telefonanschlusses einen
solchen Auftrag nicht erteilt oder ihr Einverständnis zu einer solchen Umstellung –
sei es ausdrücklich oder konkludent – nicht erklärt haben;
2.
an den Kläger 189,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem
Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB 25.10.2006 zu bezahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 Euro vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger, der gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG umfassend klagebefugt ist, macht
einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch sowie einen Anspruch auf
Erstattung von Abmahnkosten gegen die Beklagte geltend.
Die Beklagte, eine Telekommunikationsnetzbetreiberin, stellt dritten
Telekommunikationsunternehmen, den Resellern, Netzdienstleistungen als
Vorprodukt zur Verfügung, damit diese Endkunden Telefondienstleistungen
anbieten können. Dazu wird der Telefonanschluß der Endkunden auf die von der
Beklagten genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl "01028" im Wege der
Preselection dauerhaft voreingestellt, so dass die Abwicklung des Telefonverkehrs
durch den Anschluß der Endkunden an das Telekommunikationsnetz der
Beklagten erfolgt. Die Endkundenbeziehung hält der Reseller, der die
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Beklagten erfolgt. Die Endkundenbeziehung hält der Reseller, der die
Telekommunikationsdienstleistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung
erbringt.
Wegen der Einzelheiten wird auf den von der Beklagten als Anlage B 1 vorgelegten
Reseller-Mustervertrag Bezug genommen.
Der Kläger wirft der Beklagten vor, dass der Telefonanschluß einer Vielzahl von
Endkunden auf die von der Beklagten genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl
dauerhaft voreingestellt worden sei bzw. werden sollte, ohne dass die Endkunden
einen entsprechenden Auftrag erteilt oder aber ihr Einverständnis hierzu erklärt
oder aber auch nur zu erkennen gegeben hätten.
Er hat die Beklagte daher mit Schreiben vom 23.06.2006 und 27.06.2006 (Anlage
K 8) abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung
aufgefordert.
So behauptet der Kläger, die Endkundin H, die – unstreitig – in der Zeit vom
03.01.2006 bis 13.09.2006 insgesamt 11 Mitteilungen der Deutschen Telekom AG
(DTAG) erhalten hat (Anlage K 11), wonach ihr Telefonanschluß dauerhaft auf die
von der Beklagten genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl voreingestellt
werden soll, habe zwar – unstreitig – am 12.12.2005 einen Preselectionsauftrag
(Anlage B 16) an den Reseller S unterzeichnet, diesen jedoch am 15.12.2006 per
Einschreiben/Rückschein (Anlage K 26) gegenüber S widerrufen, so dass zum
Zeitpunkt der Umstellungsbeauftragungen kein Vertrag (mehr) vorgelegen habe.
Hinsichtlich der weiteren von dem Kläger vorgetragenen Vorfälle (E, W, Elektro-M,
W, W, E, E, L, S, G, K, B, M, R, F, L) wird auf das entsprechende Vorbringen des
Klägers in der Klageschrift sowie den Schriftsätzen vom 16.02.2007, 25.05.2007,
08.06.2007, 12.07.2007 sowie 26.07.2007 Bezug genommen.
Der Kläger ist der Ansicht, indem die Beklagte den Telefonanschluß der Kunden
dauerhaft auf die von ihr gehaltene Verbindungsnetzbetreiber-kennzahl umstelle,
spiegele sie Endkunden wettbewerbswidrig vor, es bestehe eine entsprechende
Rechtsgrundlage. Weiterhin erfülle das Vorgehen der Beklagten auch die Merkmale
eines unlauteren Ausspannens von Kunden sowie einer gezielten Behinderung.
Die Beklagte handele bei der Weiterleitung der Preselectionsaufträge an die DTAG
mit einer entsprechenden Wettbewerbsförderungsabsicht, da sie zur Erfüllung ihrer
vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Resellern handele und sie den
Resellern das Verbindungsaufkommen in Rechnung stelle.
Die Beklagte hafte als Täter, da sie die elektronische Schnittstelle zur Weiterleitung
der Preselection-Auftragsdaten bewußt eingerichtet habe und zumindest in Kauf
nehme, dass Daten ohne entsprechenden Auftrag weitergeleitet werden. Sie hafte
auch für ein pflichtwidriges Unterlassen aufgrund ihrer vertraglichen
Verpflichtungen gegenüber der DTAG sowie aufgrund von Verkehrspflichten, da sie
durch die Einrichtung der Schnittstelle die Gefahr begründet habe, dass Aufträge
ohne entsprechende Willenserklärung weitergeleitet werden.
Die Beklagte habe auch keinerlei Maßnahmen gegen einen Mißbrauch der
Schnittstelle getroffen und überprüfe die weitergeleiteten Daten nicht, so dass sie
jedenfalls als Mitstörer hafte.
Der Beklagten sei ferner das Verhalten der Reseller nach § 8 Abs. 2 UWG
zuzurechnen, da ihr das Handeln der Reseller zugute komme und sie aufgrund der
vertraglichen Vereinbarungen mit den Resellern auch eine Einflußmöglichkeit auf
diese habe.
Der Kläger beantragt mit der am 25.10.2006 zugestellten Klage,
die Beklagte zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen
Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft,
oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den
Geschäftsführern, zu unterlassen,
im Wettbewerb handelnd
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die Telefonanschlüsse von Verbrauchern auf die von C genutzte
Verbindungsnetzbetreiberkennzahl umzustellen und/oder umstellen zu lassen
und/oder eine solche Umstellung zu beauftragen und/oder beauftragen zu lassen,
wenn die Inhaber des von der Umstellung betroffenen Telefonanschlusses einen
solchen Auftrag nicht erteilt oder ihr Einverständnis zu einer solchen Umstellung –
sei es ausdrücklich oder konkludent – nicht erklärt haben;
2.
an den Kläger 189,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem
Basiszinssatz gemäß § 247 Abs. 1 BGB seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die DTAG, an deren Netz ein Endkunde in der Regel
angeschlossen sei, werde im Rahmen eines zwischen allen Netzbetreibern
abgestimmten Verfahrens darüber informiert, wenn ein Endkunde eine andere
Netzbetreiberkennzahl bei seinem Anschluß hinterlegt haben möchte. Die Reseller
teilten der DTAG ausschließlich mittels eines elektronischen Verfahrens zum
Austausch der Daten über eine von ihr, der Beklagten, vorgehaltene Schnittstelle
die Auftragsdaten für eine neue Preselection mit. Ihre elektronische CoCom-
Schnittstelle diene dazu, die Reseller technisch in die Lage zu versetzen, selbst wie
ein Telekommunikationsunternehmen zu agieren, ohne über die eigene technische
Infrastruktur verfügen. Die CoCom – Schnittstelle sei über eine weitere
elektronische Schnittstelle (X.400 Mailbox) an die relevante Infrastruktur der DTAG
angeschlossen. Die Reseller übermittelten ihre standardisierten
Preselectionsaufträge in das CoCom-System. Sie leite über ihre X.400 Mailbox
diese standardisierten Daten an die DTAG weiter. Diese übermittele ihre Antwort
vollautomatisch an das CoCom-System, die dort von den Resellern abgefragt und
auswertet werden müßten. Im regulären Betrieb sei damit für die Umstellung eines
Telefonanschlusses ein Tätigwerden eines ihrer Mitarbeiter nicht erforderlich.
Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen der Beklagten und der DTAG
geschlossene Vereinbarung zur elektronischen Übermittlung von Preselection-
Auftragsdaten (Anlage B 4) nebst Nebenvereinbarung (Anlage B 5) sowie die
Nutzungsbedingungen für die CoCom+-Schittstelle der Beklagten (Anlage B 3)
Bezug genommen.
Sie bestreitet, dass sie ohne vorliegende Willenserklärungen der Endkunden eine
dauerhafte Voreinstellung auf ihre Netzbetreiberkennzahl vorgenommen habe.
So habe die Endkundin H keinen Widerruf erklärt. Erst mit Schreiben vom
15.10.2006 sei dem Reseller der Widerruf nachträglich übersandt worden. Die
Rufnummer sei in ihrem Netz nicht mehr geschaltet.
Der Vorfall werde auch nicht von dem Unterlassungsantrag umfaßt, da ein Auftrag
vorlegen habe, es nur streitig sei, ob dieser gekündigt worden sei.
Hinsichtlich der weiteren Vorfälle (E, W, Elektro-M, W, W, E, E, L, S, G, K, B, M, R, F,
L) wird auf das Vorbringen der Beklagten in den Schriftsätzen vom 05.01.2007,
27.02.2007, 24.05.2007, 12.06.2007, 13.07.2007 sowie 30.07.2007 verwiesen.
Im übrigen bezögen sich sämtliche von dem Kläger vorgetragenen Vorfälle auf
Reseller, die allein für die Vertragsbeziehung mit den Endkunden verantwortlich
seien. Da sie lediglich die ihr von den Resellern übermittelten Daten an die DTAG
weiterleite, sei sie schon aus tatsächlichen wie aus rechtlichen Gründen für diese
Vorfälle nicht verantwortlich.
Ihr Verhalten stelle keine Wettbewerbshandlung dar, da sich ihre Tätigkeit darauf
beschränke, eine Schnittstelle bereitzustellen, über die im Rahmen eines
automatisierten Vorgangs Auftragsdaten, die sie weder aufgenommen habe noch
kenne, an die DTAG weitergeleitet werden. Dabei handele es sich um einen
internen Vorgang ohne Außenwirkung, dem auch der erforderliche Marktbezug
fehle, da sie nur im Rahmen eines zwischen einem Reseller und einem Endkunde
geschlossenen Vertragsverhältnisses tätig werden solle.
Für das Handeln der Reseller hafte sie weder als Täter noch als Störer.
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Die Umstellung eines Telefonanschlusses von einem Netz auf das andere sei ein
rein technischer Vorgang, der keine Wettbewerbsverletzung begründen könne.
Aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Unabhängigkeit der Reseller könnten
nur diese, die die Endkundenbeziehung halten, Täter sein.
Sie hafte auch nicht als Störer, da sie lediglich eine elektronische Schnittstelle zur
erleichterten Abwicklung des Preselectionsverfahrens vorhalte und keine
zumutbaren Prüfungspflichten verletze. Sie habe die Reseller vertraglich zu einem
vertragskonformen Verhalten angewiesen; als durchleitendes Unternehmen habe
sie keinen Kundenkontakt und keine Überprüfungsmöglichkeiten. Aufgrund der
hohen Anzahl von Preselectionsaufträgen sei eine Prüfung auch faktisch nicht
möglich.
Sie hafte für das Verhalten der Reseller auch nicht nach § 8 Abs. 2 UWG, da sie
keinen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluß auf die Reseller habe, die
selbständig agierende Unternehmen seien und den Verbindungsnetzbetreiber
jederzeit wechseln könnten. Sie profitiere auch nicht von möglichst vielen
Verträgen, sondern von einem hohen Verbindungsaufkommen.
Der geltend gemachte Zahlungsanspruch scheitere schon daran, dass sie für die
angebliche Wettbewerbsverletzung nicht verantwortlich sei.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 8
Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG zu, da jedenfalls der Telefonanschluß der Endkundin
Hornig ohne eine entsprechende Willenserklärung dieser Endkundin auf die von der
Beklagten genutzte Verbindungsnetzbetreiberkennzahl dauerhaft voreingestellt
wurde bzw. werden sollte und die Beklagte sich das Handeln des dafür
verantwortlichen Resellers gemäß § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen muß.
Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG umfassend berechtigt,
Unterlassungsansprüche gemäß § 8 Abs. 1 UWG geltend zu machen.
Es ist daher unerheblich, ob es der DTAG – wie die Beklagte meint – aufgrund der
zwischen der DTAG und der Beklagten bestehenden vertraglichen Vereinbarung
bezüglich der fehlerhaften Übermittlung von Preselection-Auftragsdaten verwehrt
wäre, ein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten zu rügen.
Nach dem Parteivortrag steht fest, dass die Endkundin H am 12.12.2005 einen
Preselectionsauftrag an den Reseller S unterzeichnet hat, diesen jedoch bereits
mit Schreiben vom 15.12.2005, zugegangen am 19.12.2005, gegenüber ...
widerrufen hat. Aus dem von dem Kläger als Anlage K 26 in Kopie vorgelegten
Widerrufsschreiben der Endkundin H an S sowie dem ebenfalls als Anlage K 26 in
Kopie vorgelegten Rückschein ergibt sich, dass das Widerrufsschreiben dem
Reseller S am 19.12.2005 zugegangen ist. Damit hat ab dem 19.12.2005 keine
Willenserklärung der Endkundin H mehr vorgelegen, die den Reseller S berechtigt
hätte, Preselection-Auftragsdaten der Endkundin H an die Beklagte zur
Weiterleitung an die DTAG zu übermitteln, um eine Umstellung des
Telefonanschlusses der Endkundin H f die von der Beklagten genutzte
Verbindungsnetzbetreiberkennzahl zu bewirken. Ausweislich der von dem Kläger
als Anlage K 11 vorgelegten Auftragsbestätigungen der DTAG sollte jedoch auch
nach diesem Zeitpunkt noch der Telefonanschluß der Endkundin Hornig auf die
Beklagte als Verbindungsnetzbetreiber umgestellt werden und zwar aufgrund von
11 Aufträgen, die die Endkundin H der Zeit vom 03.01.2006 bis zum 13.09.2006
erteilt haben soll. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass den
Auftragsbestätigungen der DTAG jeweils eine Übermittlung von Preselection-
Auftragsdaten zugrunde gelegen hat, die von ihr an die DTAG weitergeleitet
worden waren.
Die Übermittlung von Preselection-Auftragsdaten an die DTAG zur Umstellung von
Telefonanschlüssen auf die von der Beklagten genutzte
Verbindungsnetzbetreiberkennzahl, ohne dass dem ein entsprechender Auftrag
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Verbindungsnetzbetreiberkennzahl, ohne dass dem ein entsprechender Auftrag
eines Endkunden zugrunde liegt, stellt zweifellos eine unlautere
Wettbewerbshandlung gemäß § 3 UWG dar, da dadurch der Endkunde ohne eine
entsprechende Willenserklärung seinem bisherigen Verbindungsnetzbetreiber
ausgespannt wird.
Die Beklagte, nach deren Vortrag die von ihr über ihre X. 400 Mailbox an die DTAG
weitergeleiteten Daten für die Umstellungen des Telefonanschlusses der
Endkundin H von dem Reseller S in das CoCom-System eingegeben wurden, hat
sich das wettbewerbswidrige Verhalten ihres Resellers nach § 8 Abs. 2 UWG
zurechnen zu lassen, da dieser als Beauftragter der Beklagten im Sinne von § 8
Abs. 2 UWG anzusehen ist.
Nach dem Normzweck des § 8 Abs. 2 UWG, den Unternehmensinhaber für
Wettbewerbsverstöße haften zu lassen, die ihm zugute kommen und aus seiner
Risikosphäre stammen, ist der Begriff weit auszulegen. Er erfaßt alle Personen,
deren Tätigkeit zumindest auch dem Unternehmen in irgendeiner Weise nutzt und
auf die der Unternehmensinhaber in irgendeiner Form dahingehend einen
bestimmenden Einfluß ausüben kann, dass er das Risiko weiterer Rechtsverstöße
verringern kann (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., §
8 Rn. 2.41). Es muß daher weder eine enge Einbindung in die
Unternehmensorganisation noch ein besonderer Grad an Weisungsabhängigkeit
gegeben sein. Ferner kommen auch selbstständige Unternehmer als Beauftragte
in Betracht.
Vorliegend kommt die Tätigkeit der Reseller der Beklagten unmittelbar zugute, da
die Akquise von Preselectionskunden durch die Reseller es der Beklagten
ermöglicht, ihre Telekommunikationsdienstleistungen gegenüber den Kunden der
Reseller zu erbringen und für die von den Endkunden in Anspruch genommenen
Leistungen von den Resellern gemäß Ziff. 6.1 des Reseller-Mustervertrages die im
einzelnen festgelegten Preise zu fordern.
Die Reseller sind gemäß den Regelungen in dem Reseller-Mustervertrag und den
Nutzungsbedingungen für die CoCom+-Schnittstelle auch in die geschäftliche
Organisationen der Beklagten – bezogen auf den Vertrieb ihrer
Telekommunikationsdienstleistungen – eingegliedert. Die Beklagte kann über
diese Regelungen ferner den erforderlichen bestimmenden Einfluß auf die Nutzung
der Schnittstelle durch die Reseller und deren Datenübermittlung ausüben und
damit das Risiko der Übermittlung von Auftragsdaten ohne Vorliegen eines
entsprechenden Auftrags verringern. So macht die Beklagte unter Ziff. 2.3 und 2.4
der Nutzungsbedingungen für die CoCom+-Schnittstelle den Resellern Vorgaben
hinsichtlich des Vorliegen eine Auftrags und behält sich unter Ziff. 3.4 das Recht
vor, das Vorliegen eines Auftrags stichprobenweise zu kontrollieren. Dass der
Reseller gegenüber dem Endkunden als selbständiger Unternehmer auftritt und
die Möglichkeit hat, den Verbindungsnetzbetreiber zu wählen ist unerheblich.
Solange der Reseller seine Preselectionskunden auf die Beklagte als
Verbindungsnetzbetreiber umstellen läßt, kommt dies der Beklagten zugute und
unterliegt der Reseller auch dem bestimmenden Einfluß der Beklagten.
Damit hat die Beklagte für das Handeln ihrer Reseller gemäß § 8 Abs. 2 UWG
einzustehen. Es ist daher unerheblich, ob auch eine Haftung der Beklagten als
Mitstörer oder wegen Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht in
Betracht kommt.
Sofern die Übermittlung der Preselection-Auftragsdaten an die DTAG im Fall der
Endkundin H – entgegen dem Vortrag der Beklagten – unmittelbar durch sie
veranlaßt worden sein sollte, würde die Beklagte für die wettbewerbswidrige
Übermittlung unmittelbar als Verletzer haften.
Die Übermittlung der Preselection-Auftragsdaten der Endkundin H an die DTAG zur
Umstellung ihres Telefonanschlusses auf die von der Beklagten genutzte
Verbindungsnetzbetreiberkennzahl wird von dem geltend gemachten
Unterlassungsanspruch erfaßt, da zum Zeitpunkt der beauftragten Umstellungen
von der Endkundin H kein derartiger Auftrag erteilt worden war und damit den
beauftragten Umstellungen keine entsprechende Willenserklärung zugrunde
gelegen hat.
Die vorliegende Verletzungshandlung rechtfertigt den von dem Kläger gestellten
Unterlassungsantrag. Da sich der Unterlassungsantrag nicht auf die konkrete
Verletzungshandlung beschränken muß, sondern auch eine Verallgemeinerung
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Verletzungshandlung beschränken muß, sondern auch eine Verallgemeinerung
enthalten darf, sofern in dieser der Kern der Verletzungshandlung zum Ausdruck
kommt, sind die in dem Antrag enthaltenen Handlungsalternativen nicht zu
beanstanden. Sämtliche Handlungsalternativen erfordern, dass die Umstellung
eines Telefonanschlusses veranlaßt wird, ohne dass dieser Umstellung eine
entsprechende Willenserklärung des betroffenen Verbrauchers zugrunde liegt.
Damit ist der geltend gemachte Unterlassungsanspruch begründet.
Dem Kläger steht auch der geltend gemachte Zahlungsanspruch zu, da die
Abmahnungen vom 23.06.2006 und 27.06.2007 berechtigt waren und er daher
gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG von der Beklagten den Ersatz der für die Abmahnung
erforderlichen Aufwendungen verlangen kann.
Die Zinsentscheidung beruht auf §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB.
Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, §
91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.