Urteil des LG Frankfurt am Main vom 28.01.2004

LG Frankfurt: wiederkehrende leistung, verjährungsfrist, darlehen, schadenersatz, anwaltskosten, unterlassen, beratung, zustellung, zwangsversteigerung, immobilie

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Gericht:
OLG Frankfurt 19.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
19 U 73/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 195 BGB, § 195aF BGB, §
197 BGB, § 197aF BGB, § 252
BGB
(Rechtsanwaltshaftung: Verjährungsfrist für
Schadensersatzansprüche wegen durch
Beratungsverschulden entgangener Mieteinnahmen aus
einem Kapitalanlageobjekt)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und zu 2) wird das am 13. Februar 2003
verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main
abgeändert:
Die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren
Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zu 1 und 2 vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadenersatz wegen
Beratungsverschuldens aus einem zwischen den Parteien als Sozietät
bestehenden anwaltlichen Mandatsverhältnisses seit Frühjahr 1994.
In den Jahren 1978 bis 1982 tätigte der Kläger beim Zeugen Z1 Geldanlagen. Das
Geld ging verloren, so dass zur Entschädigung des Klägers ein Konzept entwickelt
wurde, wonach der Kläger ein Darlehen bei der B1 ...Bank von 450.000,-- DM
aufnahm und er dieses Darlehen durch eine zu diesem Zweck für 750.000,-- DM
erworbene Immobilie in O1- O2, ... Straße ... besicherte, auf der eine Hypothek
eingetragen wurde. Den zum Erwerb fehlenden Betrag finanzierte der Kläger aus
eigenen Mitteln. Gemäß der zwischen dem Kläger und dem Zeugen Z1 im März
1983 getroffenen Vereinbarung, auf die im übrigen Bezug genommen wird (Bl. 16 -
17), erhielt der Kläger aus dem Darlehen 375.000,-- DM zur eigenen Verfügung,
während der Zeuge Z1 den Restbetrag für weitere Börsengeschäfte nutzen sollte.
Gemäß Ziffer 2 dieser Vereinbarung hatte Z1 ...alle mit der Hypothekenaufnahme
in Verbindung stehenden Kosten... zu tragen.
Das Darlehen war zunächst auf die Dauer von zwei Jahren mit 4 % zu verzinsen. Ab
April 1985 erhöhte sich der Zinssatz auf 8,3 %. Seit diesem Zeitpunkt verweigerte
Z1 den 4 % übersteigenden (Zins-) Betrag auf das Darlehen zu zahlen. Ab diesem
Zeitpunkt überwies er das Geld auf ein Konto des Klägers. Der Kläger zahlte diesen
und den Differenzbetrag bis Ende 1986 an die Hypothekengläubigerin. Danach
konnte er die Darlehenszinsen nicht mehr aufbringen.
Nachdem die Darlehensgeberin die Zwangsversteigerung betrieb, verkaufte der
Kläger im Frühjahr 1987 das Anwesen, um der Zwangsversteigerung zuvor zu
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Kläger im Frühjahr 1987 das Anwesen, um der Zwangsversteigerung zuvor zu
kommen. Mit dem erzielten Kaufpreis führte er das Darlehen zurück. Ursprünglich
sollte die Tilgung des Darlehens durch einen von Z1 zugunsten des Klägers
finanzierten Lebensversicherungsvertrag erfolgen, dessen Versicherungssumme
Ende März 2008 fällig sein sollte. Auch die hierfür geschuldeten Prämienzahlungen
stellte Z1 ein.
Der Kläger wandte sich sodann an Rechtsanwalt ... A., woraufhin dieser - über beim
Landgericht Frankfurt zugelassene Rechtsanwälte - gegen Z1 Zahlungsklage u.a.
wegen der Zinsdifferenz hinsichtlich der vom Kläger bis Ende Dezember 1986 an
die ...Bank erbrachten Zahlungen erhob. Die Klage hatte hinsichtlich der Zinsen
abzüglich des Steuervorteils des Klägers Erfolg (Bl. 5).
Nach Abschluss dieses Rechtsstreits beauftragte der Kläger im Frühjahr 1994 die
Beklagten, Ansprüche des Klägers gegen Z1 zu prüfen. Im Rahmen
vorgerichtlicher Beratung verfasste der Beklagte zu 3) am 20.09.1994 ein
Schreiben, in dem er auf ein mögliches Beratungsverschulden des Rechtsanwalts
A. insofern hinwies, als dieser die entgangenen Mieteinnahmen durch den
Notverkauf im vorherigen Klageverfahren nicht geltend gemacht habe. Wegen der
Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 18 - 23 d.A. Bezug genommen.
Unter dem 31.05.1995 reichten die Beklagten (unterzeichnet vom Beklagten zu
3)) beim Landgericht Frankfurt Klage gegen Z1 ein, mit der von Z1 hinsichtlich
eines Teilbetrages von 100.000,-- DM Schadenersatz wegen der in der Zeit von
1987 bis März 2008 entgangenen Mieteinnahmen verlangt wurde. In beiden
Instanzen wurde die Klage wegen Verjährung abgewiesen (LG Frankfurt am Main
Az. 2/7 O 222/95/OLG Frankfurt am Main 19 U 137/97).
Der Kläger hat vorgetragen, dass die Beklagten - auch der in die Anwaltssozietät
unstreitig erst zum ...1995 eingetretene Beklagte zu 2) - bei sorgfältiger Prüfung
und Beratung den Misserfolg der Klage gegen Z1 aus dem Jahre 1995 hätten
vorhersehen und daher von einer Klageerhebung hätten abraten müssen. Da dies
nicht geschehen sei, seien dem Kläger die ihm entstandenen Gerichts- und
Anwaltskosten von insgesamt 25.365,25 DM (Bl. 8, 9) zu ersetzen.
Die Beklagten hätten es des weiteren versäumt, ihn (den Kläger) dahin gehend zu
beraten, gegen Rechtsanwalt A. vorzugehen, weil dieser es unterlassen habe, die
entgangenen Mieteinnahmen gegen Z1 in unverjährter Zeit geltend zu machen.
Verjährungsunterbrechende Maßnahmen hätten wegen des Verkaufs der
Immobilie Anfang 1987 spätestens bis Ende 1991 eingeleitet sein müssen. Mit
Ablauf des Jahres 1994 seien indes die Regressansprüche gegen Rechtsanwalt A.
verjährt. Deswegen hafteten nunmehr die Beklagten wegen des Schadens, der
dem Kläger hinsichtlich entgangener Mieteinnahmen in den Jahren 1987 bis März
2008 entstanden sei.
Der Schadenersatzanspruch belaufe sich auf wenigstens 1 Mio. DM (974.634,75
DM entgangene Mieteinnahmen zuzüglich 25.365,25 DM vorbezeichnete Gerichts-
und Anwaltskosten - Bl. 429). Hinsichtlich der entgangenen Mieteinnahmen sei Z1
nur im Umfang von 60 % verantwortlich, weil mit dessen zu tragenden
Hypothekenzinsen lediglich das Darlehen über 450.000,-- DM finanziert worden sei.
Der Mietausfallschaden sei bei dem Zeugen Z1 auch beitreibbar gewesen, denn
dieser sei seit vielen Jahren als Vermögensberater tätig und keineswegs
vermögenslos.
Der Kläger, der seinen Zahlungsantrag im erstinstanzlichen Prozessverlauf
mehrfach erweitert und zuletzt auf die Summe von 1 Mio. DM begrenzt hat, hat
zuletzt beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger 511.291,88 EUR
(= 1 Mio. DM) nebst 4 % Zinsen aus 123.408,10 EUR (= 241.365,25 DM) ab
Zustellung der Klageschrift, aus 180.404,24 EUR (= 352.840,04 DM) seit
Zustellung des Schriftsatzes vom 21.07.2000 und aus 207.479,54 EUR (=
405.794,71 DM) seit Zustellung des Schriftsatzes vom 12.08.2002 zu zahlen (Bl.
424).
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Beklagten zu 3) und 4) haben die Einrede der Verjährung erhoben. Des
weiteren hat sich der Beklagte zu 2) darauf berufen, dass er nur hinsichtlich der
Gerichts- und Anwaltskosten aus dem Vorprozess von 1995 passivlegitimiert sei,
nicht jedoch für den entgangenen Mietzins, weil er erst zum 01.10.1995 in die
Kanzlei eingetreten sei.
Dem Grunde nach sei allerdings eine Haftung aller Beklagten nicht gegeben. Vor
Einreichung der Klage gegen Z1 sei über die Risiken der Klage ausführlich
geschrieben worden. Insbesondere hätten sie, die Beklagten, vom Kläger keinen
Auftrag erhalten, ein eventuelles Anwaltsverschulden des Rechtsanwalts A. zu
prüfen und für verjährungsunterbrechende Maßnahmen zu sorgen. Allein aus den
vom Kläger vorgelegten Unterlagen habe ein Regressanspruch gegen
Rechtsanwalt A. nicht als gegeben angesehen werden können (Bl. 55). Ein
Beratungsverschulden liege jedenfalls nicht vor. Im übrigen habe ein Schaden des
Klägers seinen Grund allein in den - durch seine Misswirtschaft verursachten -
Zahlungsschwierigkeiten des Klägers. Dieser sei nicht zum Notverkauf gezwungen
gewesen und habe die Mieteinnahmen aus dem Anwesen ... Straße ... nicht zur
Darlehenstilgung verwandt. Des weiteren müsse sich der Kläger ein erhebliches
Mitverschulden anrechnen lassen, weil er es unterlassen habe, sein weiteres
Vermögen einzusetzen. Im übrigen sei Z1 vermögenslos.
Die Beklagten haben auch ebenso die Höhe des geltend gemachten
Mietausfallschadens bestritten.
Das Landgericht hat gemäß den Beschlüssen vom 20.01.2000 (Bl. 200), vom
12.02.2001 (Bl. 307) und vom 05.06.2001 (Bl. 364) durch Vernehmung des
Zeugen Z1 sowie durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens nebst
Gutachtenergänzung Beweis erhoben.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
Vernehmungsniederschrift vom 12.02.2001 (Bl. 306 - 310) sowie auf das
Gutachten des Sachverständigen S1 vom 15.10.2001 sowie dessen
Gutachtenergänzung vom 21.05.2002 (Bl. 412 - 413) Bezug genommen.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf
den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die in erster Instanz
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Mit der am 13.02.2003 verkündeten Entscheidung, auf die Bezug genommen wird,
hat das Landgericht der gegen die Beklagten zu 1) und 2) gerichteten Klage
stattgegeben und im übrigen die Klage abgewiesen.
Das Landgericht hat ausgeführt, der Kläger könne von den Beklagten zu 1) und 2)
aufgrund eines Beratungsverschuldens vollen Schadenersatz verlangen. Als BGB-
Gesellschafter hafte der Beklagte zu 2) gesamtschuldnerisch.
Da die Beklagten zu 1) und 2) auf die Einrede der Verjährung bis zum 31.12.1998
verzichtet hätten, sei der Schadenersatzanspruch ihnen gegenüber nicht verjährt,
während hinsichtlich der Beklagten zu 3) und 4) inzwischen Verjährung eingetreten
sei.
Den Beklagten zu 1) und 2) sei vorzuwerfen, dass sie zunächst nicht von der unter
dem 31.05.1995 gegen Z1 erhobenen Klage auf Ersatz des Mietausfallschadens
abgeraten hätten. Bei richtiger Prüfung und Beratung hätten die Beklagten
erkennen können, dass diese Zahlungsklage wegen Verjährung der Ansprüche
aussichtslos gewesen sei. Daher seien die dem Kläger entwachsenen Gerichts-
und Anwaltskosten in Höhe von 25.365,25 DM zu erstatten.
Des weiteren bestehe auch eine Haftung der Beklagten wegen des entgangenen
Mietausfallschadens, denn es habe den Beklagten oblegen, den Kläger im Rahmen
des Mandats (gegen Z1) auch auf die drohende Verjährung der Ansprüche gegen
Rechtsanwalt A. hinzuweisen und dem Kläger verjährungsunterbrechende
Maßnahmen anzuraten bzw. solche vorzunehmen. Für die Beklagten sei ohne
weiteres erkennbar gewesen, dass Regressansprüche gegen Rechtsanwalt A. in
Betracht gekommen seien. Durch den Fehler der Beklagten sei dem Kläger der
geltend gemachte Schaden entstanden. Gegenüber Rechtsanwalt A. habe ein
Anspruch aus Beratungsverschulden bestanden, weil dieser es versäumt habe, Z1
wegen der entgangenen Mieteinnahmen in unverjährter Zeit in Anspruch zu
nehmen. Da Z1 abredewidrig die Zinszahlung schuldig geblieben sei, habe er den
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nehmen. Da Z1 abredewidrig die Zinszahlung schuldig geblieben sei, habe er den
Hausverkauf zu verantworten, mit dem der Kläger der Zwangsvollstreckung der
Hypothekengläubigerin zuvor gekommen sei. Der Schaden bestehe in den ab
1987 bis 2008 hypothetisch erzielten Mieteinnahmen des Klägers, wobei der
Haftungsanteil des Beklagten auf 60 % begrenzt sei.
Der entstandene Schaden sei auch nicht dadurch hinfällig, dass die
Schadenersatzforderung gegen Z1 von vornherein vermeintlich uneinbringlich
gewesen sei. Für eine solche Zahlungsunfähigkeit des Zeugen Z1 gebe es - auch
nach dem Beweisergebnis - keine greifbaren Anhaltspunkte.
Ein Mitverschulden bei der Schadensentstehung sei dem Kläger nicht anzulasten.
Der Schaden liege in der entgangenen Nutzung des Hauses begründet. Aufgrund
des Gutachtens des Sachverständigen S1 sei für die Zeit von 1987 bis 2008 von
einem entgangenen Mietzinsüberschuss von über 2 Mio. DM auszugehen. Dabei
habe der Sachverständige auch die unter gewöhnlichen Umständen
aufzuwendenden Instandhaltungskosten hinreichend schadensmindernd
berücksichtigt. Auch unter Berücksichtigung der 60 %igen
Verschuldensbegrenzung verbleibe einschließlich der zu ersetzenden Gerichts-
und Anwaltskosten in Höhe von 25.365,25 DM ein Schadenersatzbetrag von
(wenigstens) 1 Mio. DM (= 511.291,88 EUR) nebst Zinsen).
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Berufung der Beklagten zu 1) und 2).
Der Beklagte zu 2) hafte allenfalls für die Anwalts- und Gerichtskosten aus dem
Rechtsstreit mit Z1, nicht jedoch für die geltend gemachten entgangenen
Mieteinnahmen. Zum Zeitpunkt des Eintritts des Beklagten zu 2) in die Sozietät
am ...1995 seien nämlich eventuelle Regressansprüche gegen Rechtsanwalt A.
bereits mit Ablauf des 31.12.1994 verjährt gewesen. Nach bisheriger
Rechtsprechung des BGH hafte ein Anwalt für Altverbindlichkeiten erst ab dem
Zeitpunkt des Eintritts in die Sozietät. Im übrigen entfalle eine Haftung der
Beklagten dem Grunde nach schon deswegen, weil ihnen ein
Beratungsverschulden nicht angelastet werden könne. Das Landgericht
überspanne die Hinweis- und Aufklärungspflichten eines Rechtsanwaltes deutlich.
Allein der Kläger habe es versäumt, weitergehende Unterlagen vorzulegen und
Informationen zu erteilen. Trotz des Schreibens vom 20.09.1994 seien bis Ende
Dezember 1994 keine weitergehenden Unterlagen vorgelegt worden. Schließlich
habe der Kläger aus finanziellen Beweggründen sowie auf ausdrückliche Weisung
nach umfassender Aufklärung über die Prozessrisiken hin allein auf eine Klage
gegen Z1 gedrängt und zudem die Weisung erteilt, aus Kostengründen auf die
Prüfung weitergehender eventueller Ansprüche - somit auch gegen Herrn
Rechtsanwalt A. - zu verzichten.
Schließlich habe das Landgericht rechtsfehlerhaft einen Schaden in Höhe von
511.291,88 EUR angenommen. Das Landgericht habe bereits versäumt, den
jetzigen Eigentümer (Thomas Richter) zu dessen ganz erheblichen Investitionen zu
vernehmen, was bei der Schadensermittlung zu berücksichtigen sei. Das
Landgericht hätte im Rahmen der Schadensdarlegung einen
Gesamtvermögensvergleich vornehmen müssen und sich nicht lediglich auf
einzelne Rechnungsposten beschränken dürfen. So seien Steuernachteile des
Geschädigten dem Schädiger gutzubringen. Im vorliegenden Falle hätte der Kläger
bei nicht durchgeführtem Notverkauf sämtliche Mieteinnahmen als Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung versteuern müssen. Bei einem unterstellten
Steuersatz von 40 % ergebe sich ein anzurechnender Steuervorteil in Höhe von
gut 205.000,-- EUR.
Darüber hinaus habe das Landgericht Zinsvorteile anrechnen müssen, zumal es
um künftige Mietzinseinnahmen bis einschließlich 2008 gehe und der Kläger die
Schadenersatzzahlung bereits zum jetzigen Zeitpunkt erhalte.
Des weiteren müsse sich der Kläger auch den Differenzbetrag anrechnen lassen,
der darin bestehe, dass bei einer Veräußerung des Hauses im Jahre 2008 nur noch
ein deutlich niedrigerer Veräußerungsgewinn habe erzielt werden können. Im
Steuerrecht seien Anschaffungs- oder Herstellungskosten mit 2 % jährlich
abzuschreiben.
Auch die Anwalts- und Gerichtskosten stellten im vorliegenden Falle keinen
Schaden dar. Der Kläger sei vor Klageerhebung unstreitig auf die bestehenden
Risiken eines Prozesses gegen Z1 hingewiesen worden. Das Misserfolgs- und
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Risiken eines Prozesses gegen Z1 hingewiesen worden. Das Misserfolgs- und
Kostenrisiko trage indes allein der Auftraggeber. Zumindest sei im Rahmen der
Prüfung möglicher Ansprüche gegen Z1 eine 10/10-Geschäftsgebühr aus
100.000,-- DM angefallen, selbst wenn keine Klage erhoben worden wäre. Ein
Betrag von 2.125,-- DM könne deshalb nicht als Schaden angesehen werden.
Schließlich habe der Kläger die Voraussetzungen einer Schadensentstehung zu
beweisen - insbesondere hier, dass er bei sachgerechtem Vorgehen des Anwaltes
Leistungen erhalten hätte und der Schuldner nicht vermögenslos ist bzw. gewesen
sei. Der Aussage des Zeugen Z1 könne allerdings nicht entnommen werden, dass
dieser über eine hinreichende Vermögensmasse verfüge, um die entgangenen
Mieteinnahmen auszugleichen; u.a. sei ungeklärt, ob aufgrund beträchtlicher
Steuerschulden des Zeugen Z1 im Ergebnis nicht doch eine Vermögenslosigkeit
des Zeugen angenommen werden müsse. Nicht zuletzt sei auch das
fortgeschrittene Alter des Zeugen Z1 bei der Beurteilung der Vermögenslosigkeit
zu berücksichtigen.
Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,
die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Es bestehe eine uneingeschränkte
gesamtschuldnerische Haftung beider Beklagten, die es unterlassen hätten, den
Kläger eindeutig und unmissverständlich zu beraten. Der zuerkannte
Schadenersatzbetrag sei ohne Abzug in Höhe des Bruttobetrages der
entgangenen Mieteinnahmen zu leisten, so dass die Anrechnung eines
Steuervorteils des Klägers auf seinen Schaden nicht in Betracht komme. Eine
Abzinsung sei mit dem gesetzlichen Zinssatz von 4 % erfolgt. Im Rahmen der
Mietüberschussberechnung seien die Kosten für Instandhaltung und
Instandsetzung bereits mit überdurchschnittlichen Ansätzen berücksichtigt. Es sei
auch von einer hinreichenden Leistungsfähigkeit des Z1 auszugehen, bei deren
Beurteilung doch auf dessen Vermögens- und Einkommensverhältnisse seit 1991
abzustellen sei, die - auch im Hinblick auf die vorgelegten Steuerausweise des
Steueramtes der Stadt O3 - in jedem Falle hinreichend werthaltig gewesen seien.
Wegen der Berufungserwiderung im einzelnen wird auf Bl. 571 - 605 d.A. Bezug
genommen wie auch im übrigen auf das zweitinstanzliche schriftliche Vorbringen
der Parteien nebst Anlagen verwiesen wird.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.
Sie führt auch zum Erfolg.
Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 2 auf Ersatz des geltend
gemachten Mietausfallschadens, der darauf gestützt ist, daß die Beklagten nicht
dafür gesorgt haben, daß Ansprüche gegen Rechtsanwalt A. vor Ablauf der bis 31.
12. 1994 laufenden Verjährungsfrist eingeklagt wurden, besteht schon deshalb
nicht, weil der Beklagte zu 2 unstreitig erst ab ...1995 in die Anwaltssozietät
eingetreten ist und deshalb auf die bis dahin unterlassene Geltendmachung von
Schadensersatzansprüchen keinen Einfluß nehmen konnte.
Nach bisheriger (traditioneller) Auffassung in Rechtsprechung und Literatur haften
assoziierte Rechtsanwälte für Verbindlichkeiten einer als BGB-Gesellschaft
auftretenden Anwaltssozietät zwar als Gesamtschuldner (BGH VersR 1971, 1119
(1120) st. Rspr.; Borgmann/Haug, Anwaltshaftung 3. Aufl. [1995], § 36 Rn. 1 m.N.).
Bei Neueintritt eines Anwalts in die Sozietät beschränkt sich eine Haftung indes
auf das (eingebrachte) Gesellschaftsvermögen, so dass er nicht persönlich als
Gesamtschuldner haftet, da insofern kein besonderer rechtlicher
Verpflichtungsgrund vorhanden ist - d.h. der Anwalt haftet persönlich lediglich für
solche Pflichtverletzungen, die ab seinem Eintritt in die Sozietät erfolgt sind, nicht
jedoch für vor seinem Eintritt entstandene (bekannte oder unbekannte)
Regressansprüche gegen die Sozietät (Borgmann/Haug, a.a.O., § 36 Rn. 20 m.N.;
BGH WM 1979, 774; WM 1988, 457 - Haftung nur kraft besonderer Vereinbarung
mit dem Gläubiger; OLG Hamburg VersR 1980, 1073; OLG Düsseldorf ZIP 2002,
616 [617] m.N.).
Zwar wird inzwischen nach Anerkennung der (Teil-) Rechtsfähigkeit der GbR durch
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Zwar wird inzwischen nach Anerkennung der (Teil-) Rechtsfähigkeit der GbR durch
den BGH im Urteil vom 29.01.2001 (NJW 2001, 1056 f.) anerkannt, dass der in eine
BGB-Gesellschaft eintretende Gesellschafter in entsprechender Anwendung des §
130 HGB für Altschulden auch mit seinem Privatvermögen haftet (z.B. OLG
Hamm, BB 2002, 370 (371)). Allerdings gewährt auch der BGH in seiner neueren
Entscheidung (NJW 2003, 1804 [1805]) in grundsätzlicher Anerkennung der
Haftung des neu eintretenden GbR-Gesellschafters für Altverbindlichkeiten der GbR
- für sog. "Altfälle" wie hier - Vertrauensschutz auf die bisherige Rechtsauffassung,
zumal der Eintretende in seinem Vertrauen auf die eine persönliche Haftung des
Neugesellschafters für Altverbindlichkeiten ablehnende bisherige Rechtsprechung
geschützt werde (BGH a.a.O. S. 1805). Schon deswegen kann auch dahinstehen,
ob bei einer Sozietät, die keine Partnerschaft im Sinne des PartGG und somit eine
GbR ist (vgl. Palandt-Sprau, BGB 61. Aufl., § 705 Rn. 49), Verbindlichkeiten aus
beruflichen Haftungsfällen entsprechend § 8 Abs. 2 PartGG überhaupt der
persönlichen Haftung des Neugesellschafters für Altverbindlichkeiten unterfallen
können (offen gelassen von BGH NJW 2003, 1804 [1805]) - abgesehen davon, dass
das PartGG erst seit dem 01.07.1995 in Kraft ist.
Gerade unter Zugrundelegung der Auffassung der Parteien, wonach die
Regressansprüche gegen Rechtsanwalt A. hinsichtlich der entgangenen
Mieteinnahmen des Klägers mit Ablauf des 31.12.1994 bereits verjährt und die in
dem Zusammenhang begangene Pflichtwidrigkeit der Anwaltssozietät zu diesem
Zeitpunkt bereits "vollendet" gewesen wäre, hatte der ab ...1995 neu eintretende
Beklagte zu 2) auf die vermeintlich unterlassene Geltendmachung von
Schadenersatzansprüchen gegen Rechtsanwalt A. keinen Einfluss mehr.
Darüber hinaus ist der auf Ersatz der entgangenen Mieteinnahmen gerichtete
Schadenersatzanspruch des Klägers gegenüber den Beklagten zu 1) und zu 2)
auch deshalb nicht begründet, weil den Beklagten eine anwaltliche
Pflichtverletzung nicht angelastet werden kann, die nach der Darstellung des
Klägers darin gelegen haben soll, dass sie es unterließen, den Kläger - vor Ablauf
des Jahres 1994 - auf die Notwendigkeit verjährungsunterbrechender Maßnahmen
hinzuweisen bzw. den Verjährungseintritt zu verhindern.
Der Schadenersatzanspruch des Klägers gegen Z1 war nämlich noch nicht Ende
1991 verjährt, so dass die Beklagten dem Kläger - im Hinblick auf die dreijährige
Verjährungsfrist des § 51 b BRAO - auch nicht einen Regressanspruch gegen
Rechtsanwalt A. hätten anraten müssen.
Der Senat ist in seiner gegenwärtigen Besetzung der - geänderten - Auffassung,
dass der Schadenersatzanspruch des Klägers gegen Z1 nicht der vierjährigen
Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. unterlag.
Nach der genannten Vorschrift verjähren in vier Jahren u.a. Ansprüche auf
regelmäßig wiederkehrende Leistungen. Zwar heißt es bei Palandt-Heinrichs, BGB
60. Aufl., § 197 Rn. 6, dass in vier Jahren auch Schadenersatzansprüche wegen
entgangener Miete bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses verjähren;
ebenso unterliegen im Sinne der Entscheidung des OLG Düsseldorf (NJW-RR 1994,
11) auch Ansprüche aus einer Mietgarantie der 4-jährigen Frist.
Betrachtet man aber die zu § 197 BGB im einzelnen ergangenen Entscheidungen,
gilt folgendes:
Die Entscheidung in NJW 1968, 692, auf die sich Palandt-Heinrichs (a.a.O.) beruft,
betrifft den Fall, dass wegen Verzuges mit Mietzahlungen das Mietverhältnis
gekündigt und für die anschließende Zeit Schadenersatz wegen der entgangenen
Mieten verlangt wurde. Hierbei argumentiert der BGH, der Schadenersatz
entspreche wirtschaftlich dem Vergütungsanspruch, so dass die für den
Vergütungsanspruch geltende Verjährungsfrist eingreife.
Auch die Entscheidung des OLG Düsseldorf (a.a.O.) stellt darauf ab, dass die
Mietgarantie wirtschaftlich an die Stelle des Mietzinses treten solle. Die
Entscheidung nimmt Bezug auf BGHZ 98, 174 f., wo ein Bereicherungsanspruch
aus einem Ratenkreditvertrag streitgegenständlich war. Hierbei wurde ausgeführt,
dass die einzelnen Ratenzahlungen ihre Ursache in der Vorstellung des
Kreditnehmers hatten, er sei zu einer regelmäßigen Leistung verpflichtet, der
Anspruch sei deshalb von vornherein und seiner Natur nach auf Zahlungen
gerichtet, die nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu
erbringen seien; das aber sei das bestimmende Merkmal eines Anspruchs auf
regelmäßig wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 197 BGB a.F..
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Der Unterschied dieser Entscheidungen zum vorliegenden Rechtsstreit liegt in
folgendem:
Der Kläger hatte gegen Z1 einen Anspruch auf Zinsen, die in regelmäßig
wiederkehrenden zeitlichen Abständen zu erfüllen waren. Er wollte im Vorprozess
Z1 aber nicht auf Schadenersatz in Höhe der ihm zukünftig entgehenden Zinsen
(entsprechend den entgangenen Mieteinnahmen in den genannten
Entscheidungen) in Anspruch nehmen, sondern auf Ersatz seines entgangenen
Gewinns, der durch den Zahlungsverzug des Z1 und den anschließenden Verkauf
verursacht worden sein sollte.
Dieser Schadenersatzanspruch war aber dem Grunde nach schon entstanden, als
der Kläger das Objekt wegen Zahlungsverzugs des Z1 verkaufte. Der Anspruch
war deshalb auf eine einheitliche Leistung gerichtet, (vgl. auch BGH NJW 2001,
1063), die sich aus einem Vergleich des Vermögens des Klägers zum Zeitpunkt
des schädigenden Ereignisses mit seinem Vermögen bei ordnungsgemäßer
Erfüllung ergab. Der Schadenersatzanspruch war mithin nicht auf eine
wiederkehrende Leistung gerichtet. Wiederholt hat der BGH ausgeführt, dass die 4-
jährige Verjährungsfrist nur für Schadenersatzansprüche gilt, die auf regelmäßig
wiederkehrende Leistungen gerichtet sind (NJW 1993, 1384; NJW-RR 1989, 215 f.),
so dass im vorliegenden Falle die 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F.
maßgebend ist.
Da hiernach die Schadenersatzforderung hinsichtlich entgangener Mieteinnahmen
gegen Z1 nach wie vor nicht verjährt ist, scheidet eine Haftung der Beklagten
wegen des Vorwurfs, der Gegenstand der vorliegenden Klage ist, aus.
Aus dem gleichen Grund scheitert die Klage auf Ersatz der dem Kläger im
Vorverfahren 2/7 O 222/95 des Landgerichts Frankfurt am Main entstandenen
Kosten. Den Beklagten kann nicht vorgeworfen werden, sie hätten den Kläger von
der in diesem Verfahren erhobenen Klage abraten müssen. Diese Klage hätte
richtigerweise nicht wegen Verjährung abgewiesen werden dürfen. Ob dem Kläger
deshalb ein Anspruch auf Ersatz dieser Verfahrenskosten zusteht, weil die
Beklagten es unterlassen haben, ihm die Einlegung der Revision anzuraten, kann
offen bleiben. Die Klage ist, obwohl diese Frage im Senatstermin angesprochen
worden ist, auf einen solchen Vorwurf nicht gestützt.
Der nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingereichte nicht nachgelassene
Schriftsatz des Klägers vom 13. 1. 2004 gibt keinen Anlaß, erneut in die mündliche
Verhandlung einzutreten. In ihm sind keine neuen entscheidungserheblichen
Tatsachen vorgetragen. Die in dem Schriftsatz dargelegten rechtlichen
Gesichtspunkte hat der Senat bei seiner Beratung berücksichtigt.
Der Senat hat über den Rechtsstreit abschließend beraten, bevor der Richter am
Oberlandesgericht ... aus dem Senat ausgeschieden ist. Der Senat konnte deshalb
über die Frage der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund des
Schriftsatzes des Klägers vom 13. 1. 2004 in der verbleibenden Besetzung
entscheiden (BGH NJW 2002, 1426 ff).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10,
711, 709 ZPO.
Der Senat hat die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
zugelassen, weil der Senat in seiner jetzigen Besetzung in der Beurteilung der
Verjährungsfrage von seiner früheren Entscheidung abweicht (§ 543 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.